Aufbruchstimmung

Ein hektisches und doch zugleich ruhiges Tun begann bei den ersten Sonnenstrahlen des nächsten Morgens im gesamten Lager. Sämtliche Vorbereitungen mussten eiligst getroffen werden und doch wollte man vermeiden zuviel Aufmerksamkeit zu erregen. Es sollte so wie am letzen Nachmittag scheinen, als man sie ausspioniert hatte. Es wurden zwar weitere Wachen und Trupps aufgestellt um eventuelle Orks ausfindig zu machen, aber man versuchte dennoch sich doppelt abzusichern. Fässer wurden mit den besten Nahrungsmitteln gefüllt, obwohl man für die eigenen riesigen Massen kaum genug hatte. Es wurden Fische gefangen, Obst aller Art zusammengepackt und die Menschen aus der Seestadt spendeten drei der besten Fässer mit Wein, die sie besaßen. Eleya hatte Odine gebeten sich um die Verstecke ihrer Waffen zu kümmern und so ritt diese zusammen mit Meradeth ein Stück in Richtung der Seestadt, wo Geritor einen kaum fünfzig Fuß langen Seitenarm des Waldflusses kannte, welcher für jemanden, der nicht wusste, dass er existierte, nur schwer sichtbar war.

Als das Mädchen neben dem Elben ritt, blickte sie unauffällig auf seinen Körper. Er war groß und schlank wie der Prinz, doch sein Verhalten und die Gestik waren ungehemmter und lockerer. Auf seinen Schultern lag wahrscheinlich auch nicht eine solche Verantwortung. Seine weichen Züge und das dunkle Haar, das in einem einfachen dünnen Zopf auf dem Kopf zusammengebunden war, ließen ihn auf Anhieb sympathisch erscheinen. Alle Elben, denen Odine jenseits ihres Tales begegnet war, unterschieden sich gewaltig von denen, die sie kannte. Ihr ganzes Leben lang hatte sie unter ihnen gelebt. Als ihre Eltern, die sie niemals kennen lernen durfte, verstorben waren, nahm Geritor das Mädchen in seinem Heim auf und zog sie wie eines seiner eigenen Kinder auf. Anfangs war es für sie unheimlich, dass die Tochter des Hauses sie mit großzog und mit den Jahren eine Freundin wurde. Aber jetzt standen sich zwei junge Frauen gegenüber und sie waren unzertrennlich geworden. "Dort vorne müssen wir absteigen und zu Fuß weiter gehen", Meradeth deutete auf ein verwachsenes Gestrüpp hin.

Odine nickte ihm zu und stieg von ihrem Pferd ab. Sie band das Bündel hinter ihrem Sattel los und nahm es vorsichtig unter den Arm. Es sah von weitem so aus, als wenn sie dem Pferd die Last des Feuerholzes während ihrer Rast abnehmen wollte und noch weitere trockene Äste dazu legte. Der Elb nahm einige wirr liegende Zweige vom Floß, die zur zusätzlichen Tarnung darauf lagen und gab ihr einen der beiden Manns großen Wanderstäbe.

"Wozu sollen denn die gut sein?" das Mädchen betrachtete ihn kritisch und blickte erstaunt zu Meradeth hoch, der von einem der Bögen eine Sehne löste und diesen langsam in den nicht auffallenden Hohlraum des Stabes schob. "Mein Vater hat seine Waffe so immer auf seinen Wanderschaften getarnt. So haben sie zumindest ein Chance sich zu wehren", erklärte er Odine und wies ihr an, das Gleiche mit dem Bogen von Eleya zu machen.

Aus dem Feuerholz zog sie dann noch mehrere kleine zusammengebundene Pfeilbündel, zwei größere Messer für die Hobbits und eine Axt. "Die Waffen werden wir mit auf den Boden der Fässer packen müssen, da sie kaum Zeit und Möglichkeit haben werden sie in den Palast zu bringen und zu verstecken. "Meradeth?" fragte Odine dann seltsam zögerlich. Der Elb drehte sich um, er ahnte schon was sie beschäftigte. "Eleya hat eine Chance wieder heil zurückzukommen", antwortete er, ohne dass sie überhaupt weiter gesprochen hatte und setzte sich zu dem Mädchen. "Mmh", war alles was sie erwiderte, doch auf ihrem Gesicht stand einzig Sorge und Zweifel. "Du bist sehr eng mit Geritors Tochter befreundet, nicht wahr?", stellte Meradeth, der aber nur schwer verstehen konnte, dass eine Elbe einen Sterblichen als engsten Vertrauten hatte, fest.

"Es ist wunderlich, ich weiß, aber auch ich habe elbische Vorfahren. Meine Großmutter war von deiner Art, doch mein Vater wählte ein anderes Schicksal und der Fluch hat sich auf mich übertragen, auch wenn ich es gerne anders gesehen hätte. Aber immerhin werde ich wesentlich länger leben, als andere Menschen." Das Mädchen seufzte und wollte sich gerade wieder an die Arbeit machen, als der Elb sie aufhielt und lange ansah. Odine blickte ihm selbstsicher und standhaft in die wasserfarbenen blauen Augen und wartete geduldig, bis er seinen Kopf zuerst leicht abwendete. "Was hat dieses Tal nur an sich, dass alle Frauen dort so dickköpfig sind?" lachte er plötzlich los, zog sie auf die Füße und warf ihr zwei der dünnen Messer, die Eleya gewöhnlich benutzte, zu.

Diese waren etwa zwei Hand lang und kaum so breit wie ein kleiner Finger und mit zwei zusätzlichen kurzen unter dem Griff gebogenen Klingen versehen. Odine wurde ebenfalls gelehrt, mit ihnen umzugehen und sie waren hervorragend dafür geeignet einen Gegner, gleich welche Waffe er in den Händen hielt, zu entwaffnen. Zudem waren sie recht unauffällig und von einer Frau fast unbemerkbar mitzuführen.
^^^^^^^
"Polstert ja die Fässer gut aus!" scherzte Merry, der mittlerweile wieder Farbe bekommen hatte. Die beiden Hobbits wurden von der Königin um ihre Mithilfe gebeten und genau wie bei Eleya war ihnen schlagartig sämtliche Färbung aus dem Gesicht gewichen. Da die Halblinge aber Gefallen an Abenteuern gefunden hatten, stimmten sie sofort zu. Obwohl Melyanna sie noch einmal ausdrücklich darauf hinwies, dass Abenteuer wohl nicht die richtige Beschreibung sei, standen Merry und Pippin zu ihrem Wort. Eleya lächelte die beiden an. Diese lebenslustigen und immer gut gelaunten Wesen waren schon etwas Besonderes und in Sachen Mut stand ihnen selbst so mancher Elb nach. Aragorn, der gerade noch einmal den doppelten Boden überprüfte, konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen. Jeder der Beteiligten versuchte seine Furcht vor dem was vor ihm lag auf seine Art zu verbergen. Aber ihm selbst würde es wohl keinen Deut besser gehen. Leider gab es für ihn nur die Möglichkeit neben Legolas im Heer zu reiten.

"Und welches von denen soll nun für mich sein?" brummte es missmutig hinter ihnen "Glaubt ja nicht, dass ich mich unter diesen mit den Schuppen besetzten, stinkenden Dingern verstecke." Der ehemalige Waldläufer lachte herzhaft, als er den angewiderten Blick von Gimli auf das Fischfass sah. Schon während der Ringgemeinschaft, hatte der Zwerg bei jeder sich bietenden Gelegenheit darauf hingewiesen, wie sehr er diese zappelnden und glitschigen Wesen verabscheute. "Warum sollte eines für dich sein?" Eleya blickte Gimli erschrocken an "Es war doch beschlossen worden, dass du bei Myra bleiben solltest!" "Ich lasse aber keinen Freund im Stich und wie meine Frau darüber denkt, wisst ihr bereits!" entschlossen sah der Zwerg die Elbe direkt vor ihm an und starrte auf eines der spitzen Ohren, bevor er sich wieder den Hobbits zuwandte. Eleya glaubte nicht richtig zu hören, als sie sein Nuscheln vernahm, dass sich nach so viel wie "Elben, immer nur Elben" anhörte.

Wie konnte Legolas nur so etwas Undankbares tun? Gimli und Myra konnten jeden Moment ihr erstes Kind bekommen und dieser Prinz spielte ihre Freundschaft aus um ihn zu so einer Entscheidung zu drängen. Unsägliche Wut stieg in ihr auf und sie wandte sich von den anderen ab und stieß dabei fast mit Odine zusammen, die mit Meradeth mittlerweile zurückgekehrt war und nur schnell einen kleinen Imbiss zu sich genommen hatte. "Es ist alles bereit Eleya, ich.", das Mädchen stoppte, als sie die Funken sprühenden Augen bemerkte "Was ist denn geschehnen?" "Das wirst du gleich erfahren!" bei dem Anblick des vertrauten Gesichtes, fing sich die Elbe wieder "Hast du den Herrn Prinzen zufällig gesehen?" "Er hat sich eine ganze Zeit mit Meradeth unterhalten und dann sind sie zusammen in Richtung des Berges gegangen. Aber das ist schon eine ganze Weile her." Ohne ein weiteres Wort entfernte sich Eleya, denn sie wusste genau, wohin die beiden verschwunden waren.

"Würdest du bitte mal kurz warten und mir endlich sagen, was hier los ist", verwirrt hielt das dunkelhaarige Mädchen Eleya am Arm fest und zwang sie stehen zu bleiben. Die Elbe besann sich, dass sie ihr eine Erklärung schuldig war und erzählte der immer mehr stutzenden Odine von ihrer Vermutung. "Das kann ich einfach nicht glauben", war deren einziger Kommentar und sie ging jetzt ihrerseits mit schnellen Schritten den Weg weiter. "Eleya, Odine? Was sucht ihr beide denn hier?" Meradeth war überrascht von dem Felsen, auf dem er saß und anscheinend Wache hielt, aufgesprungen. Die Frauen gingen ohne ihn weiter zu beachten an dem Elben vorbei und als er versuchte, sich vor sie zu stellen, beförderte eine noch immer grummelnde Odine eine Faust in seinen Magen. "Wo ist Legolas? Ich muss sofort zu ihm", Eleya stürmte wütend zwischen den Felsen hinunter, die zu dem kleinen Wasserloch führten.

"Ihr könnt jetzt beim besten Willen nicht mit ihm sprechen Mylady", Meradeth versuchte, sich noch immer den Magen haltend , mit ihr Schritt zu halten. Er fragte sich, was in die Zwei gefahren war? "Ihr werdet schon sehen, ob ich kann!" Die Elbe hörte immer deutlicher das Wasser, das aus einem Felsvorsprung in den kleinen See fiel. Doch was sie dann sah, verschlug ihr den Atem. Eigentlich eher wer und wie er unter dem Vorsprung stand. Ein mit dem Rücken zu ihr gedrehter nackter Elb duschte in dem Wasserstrahl. Sie konnte nicht ihren Blick von ihm abwenden. Wie eine meisterlich gehauene Statue stand er da. Sein breites Kreuz, bis hin zu seinen schlanken Hüften mit wohlproportionierten Armen und sinnlichen Fingern. Seine kräftigen und muskulösen Beine und sein wohl gerundetes Gesäß. "Legolas hier verlangt jemand unverzüglich mit dir zu sprechen!" schallte es von Meradeth in die kleine Schlucht hinein. Erst jetzt nahm Eleya ihren Blick von dem Prinzen und schaute zur Seite, doch die leichte Röte in ihrem Gesicht verriet sie.

Der Prinz verschwand hinter dem Wasser und entzog sich so dem Blickfeld der anderen. "Ihr hättet wenigstes etwas sagen können", zischte Odine den Elben an und war mehr als nur etwas versucht noch einmal ihre Faust in seinen Magen zu befördern. "Ich habe doch gesagt, dass er gerade nicht in der Lage ist mit euch zu sprechen", verteidigte sich Meradeth, doch der tötende Blick der Frau war nicht die Antwort, die er sich erhofft hatte. "Was gibt es denn so Dringendes, Meradeth?" schallte es plötzlich von unten. Legolas kam nur mit Hose, einem halb geöffnetem Hemd und der Tunika unter dem Arm bekleidet den Hügel hinaufgelaufen. Er stockte als er Eleya, die ihn wütend anschaute, sah. Doch das war nicht alles. Warum war sie gleichzeitig so verlegen ihn zu sehen? Konnte es sein? Der Prinz verkniff sich sein Schmunzeln, da es eindeutig war, dass ihre Wut Oberhand behielt.

"Wie kannst du einen deiner besten Freunde nur um so einen Gefallen bitten? Und dann auch noch zu einem so wichtigen Zeitpunkt?" fauchte sie ihn plötzlich an und Legolas wusste sofort, was und wen Eleya meinte. "Ich hätte niemals gewagt Gimli zu bitten so etwas zu tun. Ich weiß sehr wohl, dass sein Nachwuchs jederzeit kommen kann" versuchte er sie zu besänftigen. "Und warum hat er mir eben erklärt, dass er mich begleiten will?" Der Elb verzog das Gesicht und es dauerte etwas bevor er antwortete "Weil er sich um dich Sorgen macht und nicht möchte, dass dir etwas geschieht!" Eleya fiel die Kinnlade nach unten und sie sah ihn entgeistert an "Sorgen? Aber warum sollte er sich ausgerechnet um mich sorgen?" "Weil er ein besonderer Zwerg ist und ein treuer Freund, der seine Freunde nicht im Stich lässt! Es war alleinig sein Entschluss", lächelte der Prinz, wurde dann aber sehr ernst, als er sie wieder ansah.

"Aber ich habe es trotz allem gewagt, einen solchen Gefallen zu erbitten" er konnte kurze Verwirrung in den grünen Augen sehen "Meradeth wird dich als Schutz begleiten." Eleya schüttelte den Kopf und schnaufte "Aber warum tust du so etwas, ich kann sehr wohl auf mich achten." "Das weiß ich", antwortete der Prinz leise. "Aber warum dann?" Legolas schwieg. Ihm war, als wenn etwas seine Kehle zuschnürte. Er konnte nicht einmal den Gedanken ertragen, dass sie sich in eine solche Gefahr stürzen wollte. Sie gesund in seiner Nähe wissen und . Er stockte, als er sich zum ersten Mal wirklich sicher war, was ihm diese Elbe bedeutete. Eleya hatte ihn nicht nur bezaubert. Er hatte sein Herz verloren!

Eleya hielt den Blick der Indigo farbenen Augen stand und versank in ihnen. In ihren Tiefen stand wie noch niemals zuvor Sehnsucht und Verlangen. Sie bemerkten beide nicht, dass Meradeth seinen Arm Odine reichte und ihr wissend schmunzelnd den kleinen Pfad hinauf half um mit ihr zurück zum Lager zu gehen. Legolas trat ohne es wirklich zu bemerken einen Schritt näher und fuhr mit den Fingerspitzen seiner rechten Hand zärtlich über Eleyas Wange und ließ sie unter dem Kinn ruhen, während der andere Arm sich um ihre Hüfte legte und sie mit leichtem Druck an ihn zog. Die Elbe ließ es geschehen, es gab nichts, dass sie jetzt in diesem Moment anderes wollte. Der Prinz winkelte seinen Kopf leicht an, als er gleichzeitig ihr Kinn etwas anhob. Als seine Lippen sie sanft berührten, glaubte sie, das Gefühl, das in diesem Moment in ihrem Herzen auflebte nicht länger ertragen zu können. Eleya schloss die Augen und Enttäuschung brach über sie herein, als er sich wieder von ihr löste. Aber nur, um erneut über ihre Wangenknochen zu streicheln und sie in seine Arme zu betten.

"Darum habe ich das getan", seine Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und ein kurzes grünes Aufleuchten ihrer Augen war die einzige Antwort, die er bekam. Der Kuss, den sie jetzt spürte, war noch intensiver und Legolas machte nicht ein Anzeichen mehr sich auch nur im Geringsten von ihr zu lösen. Seine Hand vergrub sich in ihrem Haar, als ihre Arme sich um seinen Nacken legte und über die Schulter strichen. Eleya öffnete leicht ihre Lippen, um seinen Kuss mit aller Zärtlichkeit zu erwidern. Der Prinz schwor sich in diesem Moment, dass er dieses Wesen niemals wieder würde gehen lassen und erforschte mit leichten Berührungen ihren Rücken, als sich die Elbe vertrauensvoll noch enger an ihn schmiegte.