Stunden der Ruhe
Eleya erwachte aus einem tiefen und Energie spendenden Schlaf und rekelte sich genüsslich in den warmen Decken. Die Kälte entzog sich immer weiter ihrem Körper, doch ihre Schulter schmerzte noch recht stark und gab ihr bei weitem nicht die Möglichkeit ihren rechten Arm zu hundert Prozent zu nutzen.
Jemand strich ihr sanft über die Stirn und Eleya erkannte ihre alte Amme, die ebenfalls bei den Zwillingen ihres Bruders die gleiche Rolle eingenommen hatte und der das kleine Gasthaus am Fuße des Drachenberges gehörte.
"Faithea?" ungläubig blinzelte sie einen Moment auf die Elbe, welche seelenruhig neben ihr auf einem Stuhl saß und sie anlächelte.
"Ja, Mylady! Ich bin es. Ihr glaubt doch nicht, dass ich mir eine Reise in den Düsterwald entgehen lasse", mit etwas mehr Traurigkeit in ihrer Stimme fügte sie noch hinzu "Auch unter solch dunkeln Umständen."
"Es ist schön euch zu sehen", Eleya setzte sich langsam auf und schaute aus dem Fenster, welches sich jetzt in Höhe ihres Kopfes befand. Etwas stimmte nicht. Niemand war zu sehen, keine Menschen- oder Elbenseele war dort, nur ein paar Wachen gingen in regelmäßigen Abständen über die Pfade am Rand des Lagers.
"Sie sind alle bei dem Fest, das der König Thranduil heute zu feiern beschlossen hat" erklärte Faithea, während sie aufstand und ein Kleid über ihren Arm legte "Ihr solltet aufstehen, wenn ihr nicht arg zu spät kommen wollt."
Eleya folgte den Anweisungen und ehe sie sich versehen konnte, trug sie ihr Lieblingskleid, welches Faithea nebst einigen anderen Sachen ihrer Garderobe aus der Heimat mitgebracht hatte.
Da stand sie nun in einem bis zum Boden reichenden Rock, der aus feinster sanft grüner Seide gefertigt war und dazu passend eine kurze Tunika, welche gerade mal ihre Hüften umspielte. Der Stoff ihres Hemdes war beinahe durchsichtig, nur die meisterlich in dunklem Grün gehaltenen Stickereien in Mustern von unzähligen Ranken waren auf ihrer Haut zu sehen. Eine Elfenbein gefärbte und ebenfalls bestickte Schärpe vollendete das Bild.
Die eifrige dunkelhaarige Elbe hatte bereits begonnen ihr Haar zu bürsten und mehrere hauchdünne Flechten in die Längen einzuarbeiten. Zu guter Letzt teilte Faithea von den Seiten zwei dicke Strähnen und befestigte diese mit einer kleinen silbernen Spange am Hinterkopf, da sie genau wusste, wie sehr es Geritors Tochter hasste, wenn jegliches Haar in ihr Gesicht fiel.
Eleya blickte ihre alte Bekannte fragend an. Sie konnte sich einfach nicht erklären, warum Faithea ausgerechnet eines ihrer besten Kleider für sie gewählt hatte und das noch zu einem so einfachen Fest, ohne jeglichen besonderen Anlass. Doch eines wusste Eleya genau, es musste einen Grund geben, warum sie das tat!
"Wir sollten gehen, die ersten Musikanten haben schon begonnen zu spielen", im gleichen Atemzug gab die Amme der noch immer etwas irritierten Elbe ein sanften Schups aus der Tür hinaus.
Sie gingen auf eine Art Lagerplatz zu, welcher im Normalfall zum gemeinsamen Waschen und dergleichen Dinge genutzt wurde. Der Anblick, der sich Eleya bot war außergewöhnlich, denn alle Völker, die sich hier eingefunden hatten schienen sich prächtig zu verstehen.
Ihr Bruder Aryalon hatte sie sogleich erblickt und kam ihr bereits entgegen. Faitheas kurzer Bericht über ihre Ankunft, ließ Eleya nicht weiter verwundern, als hinter ihm zwei ziemlich laut kreischende Elbenkinder herstürmten.
Algar und Saramin klammerten sich strahlend an ihre Tante, von der sie noch nicht viel länger als ein paar Tage getrennt gewesen waren und froh waren sie wieder in ihrer Nähe zu haben. "Nicht so wild", tadelte sie ihre Mutter sogleich und verschaffte der Elbe etwas Luft zum Atmen.
Saramin strich vorsichtig über die noch immer bandagierte Schulter "Tut es noch sehr weh?" Eleya zerschmolz bei diesen traurigen Kinderaugen beinahe das Herz und sie drückte den Jungen sanft an sich.
"Es geht schon", versuchte sie den Zwilling zu beruhigen. Saramin war schon immer der wesentlich sensiblere der Beiden gewesen, stand aber trotz allem seinem Bruder mit nichts im Geringsten nach.
Eleyas Blick flog über den Festplatz, doch das Gesicht, nach dem sie Ausschau hielt, war nicht zu finden. "Ich bin dankbar, dass es euch wieder gut geht Mylady", brummte es plötzlich von der Seite und ein schwaches Lächeln flog über ihre Lippen.
"Ich werde euch niemals genug dafür danken können, was ihr für mich getan habt Herr Zwerg", sprach sie sanft und unendliche Dankbarkeit unterwanderte ihre Worte. Ein unverständliches Brummeln, das sich nach "warum sind es immer nur Elben" anhörte, kam noch von dem zurücktretenden Gimli, der dann seine Frau Myra zu einer der nächsten Sitzgelegenheiten führte. Die Ankunft ihres Kindes konnte jetzt jederzeit beginnen und Erschöpfung lag in ihren Gliedern, doch schien sie stets ihren Willen durchzusetzen. Das vorsichtige Tun ihres Gatten boykottierte sie und befreite sich immer wieder aus seinem Griff.
Aryalon schaffte es selbst nun endlich auch seine Schwester zu umarmen und sah Eleya mit einem tadelnden Blick an. "Du kannst es einfach nicht lassen", grinste er und gab seinem Vater den Weg frei.
Geritor musste nicht ein Wort sagen, allein an seiner Haltung und Gestik wusste sie sofort, welche Frage in seinem Innern wieder und wieder hochkam.
"Ich weiß es nicht Vater, ich wünschte ich könnte dir sagen, ob Odine noch lebt", Tränen stiegen in ihre Augen und Eleya bettete ihren Kopf an die Brust des um Beherrschung ringenden Elben.
Geritor drückte seine Tochter an sich und versuchte gemeinsam mit ihr etwas Trost zu finden. Er spürte die heißen Tränen, die sein Gewand durchnässten. Da er von Gimli zumindest ansatzweise wusste, was in den Tiefen des Palastes vorgefallen war, konnte er erahnen, wie sehr es Eleya getroffen hatte. Sie und Odine hatte schon von Anfang an eine mehr als intensive Beziehung zueinander gehabt, auch wenn das Mädchen eine leider viel zu offensichtliche Schwäche für Glamour und Reichtum in sich trug.
Im Tal des Drachenberges war Odine gut vor solchen schlechten Einflüssen geschützt gewesen und Geritor machte sich Vorwürfe ihr Mitkommen erlaubt zu haben. Doch auch wenn sie schwach geworden war unter Kardels Verlockungen, schlussendlich jedoch hatte sie zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zurückgefunden.
^^^^^^
Thranduil hatte sich zusammen mit seinem Sohn etwas abseits von dem Platz auf einen ungefähr drei Mann hohen Felsblock gesetzt, von wo aus sie eine gute Aussicht auf die Feier hatten.
"Warum sprichst du deine Frage denn nicht aus?" Schon seit einer ganzen Weile spürte Legolas den kritischen und stets beobachtenden Blick seines Vaters, auch wenn er nicht einmal im Entferntesten in dessen Richtung sah.
Ein leises Lachen, das typisch für den König war, erklang "Weil du deine Entscheidung doch schon längst getroffen hast, mein Sohn!" Ein Kribbeln durchzog den Körper des Prinzen und das Gefühl erwischt worden zu sein machte sich plötzlich in ihm breit. "Weißt du, manchmal frage ich mich wirklich, wie du so etwas immer machst?" grinste er aber anschließend Thranduil an.
"Weil ich Augen habe!" kam eine gelassene Antwort, doch damit erntete der König nur einen verdutzten Blick.
"Es ist noch gar nicht lange her, da hat schon jemand genau die gleichen Worte zu mir gesagt", murmelte Legolas wohl eher zu sich selbst, als etwas oder besser jemand seine ganze Aufmerksamkeit raubte. Eleya hatte mit der Amme der beiden Zwillinge den Festplatz betreten und wurde gerade von ihrer Familie freudig begrüßt.
Parwne und sie schienen einen sehr guten Kontakt zu einander zu haben, der weit mehr als nur freundschaftlich schien. Es war bei weitem nicht immer so, dass man angeheiratete Frauen so offenherzig und warm in der eigenen Familie aufnahm. Zwar behandelte man sie höflich und mit dem größten Respekt, doch bis diese vollständig integriert waren, konnte es manchmal mehrere Jahrhunderte dauern und Aryalon hatte ihm erzählt, dass er Parwne erst vor gerade Mal dreißig Jahren die Ewigkeit versprochen hatte.
Doch das war es nicht, was ihm den Atem nahm. Eleya war kaum wieder zu erkennen. Der Stoff ihres Hemdes gab ihm einen aufregenden Blick auf ihre sanfte glatte Haut, da die Tunika die sie trug keinerlei Ärmel besaß und der Ausschnitt tief in ihrem Dekollete endete. Einzig die blütenförmigen Ranken verbargen einzelne wichtige Details.
Es war deutlich zu sehen, dass sie nach jemandem Ausschau hielt, aber anscheinend nicht fand was sie suchte, denn Gimli lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Doch die Trauer in ihren Augen war nicht zu übersehen und Legolas wusste, dass das Schicksal ihrer menschlichen Freundin schwer auf ihrem Gemüt lastete. Nur zu gerne würde er sie anstelle von Geritor in seinen Armen wiegen und ihr beistehen diesen Verlust zu verarbeiten.
Doch er konnte nicht einfach hinunterlaufen und sie an sich ziehen. Es war nicht üblich, dass man sich in Elbenkreisen so offen gab, es sei denn man war mit demjenigen verwandt oder verheiratet. Zu dem hatte er schon einmal gegen diese Sitte verstoßen und als Sohn des Königs hatte man mehr als jeder andere auf geziemtes Benehmen Acht zu geben.
"Hast du mir überhaupt zugehört, Legolas?" erschrocken flog sein Gesicht zu der Seite, an der Thranduil saß und seufzend den Kopf schüttelte. "Nun geh schon zu ihr", lächelte der König sanft und sah kurz in Eleyas und Geritors Richtung und legte, wie zur zusätzlichen Bestätigung noch eine Hand auf die Schulter seines Sohnes, der sogleich wortlos aufsprang und verschwand. "Du bist eine weise Frau Maleyna, aber hättest du auch damit gerechnet?" fragte er noch leise zu den Sternen hinauf.
Legolas lief mit schnellen Schritten zurück zu den tanzenden und fröhlichen Menschen, Elben, Zwergen und auch Hobbits. Noch niemals in seinem Leben hatte er eine solch bunt gemischte Gesellschaft gesehen, die ohne größere Probleme mit einander zurechtkam.
Aber in diesem Moment wollte der Prinz nur eins, Eleya in seinen Armen halten, so wie es vor anscheinend einer Ewigkeit geschehen war. Ohne mit jeglichen Blut verschmiert zu sein und die Kraft sich nicht mehr alleine auf den Beinen halten zu können.
"Legolas, komm zu uns", begrüßte Geritor ihn und munterte ihn auf doch näher zu treten. Ihm war nicht entgangen, dass der Prinz einen respektvollen Abstand gelassen hatte, um das erste Zusammentreffen der Familie nicht zu stören.
Langsam trat er zu ihnen und wurde sogleich von Saramin in Beschlag genommen. "Tante Eleya geht es wieder besser, siehst du!" Der Junge packte ihn bei der Hand und zog ihn, tatkräftig von seinem Bruder unterstützt, zu seiner Tante. Aryalon und seine Frau stöhnten leicht schmunzelnd auf und stellten sich die Frage, wann ihre Zwillinge sich endlich einmal wie Elben und nicht mehr wie vorlaute Kinder benehmen würden. Doch bis dahin waren wohl noch so einige Jahrzehnte zu überstehen.
Legolas Gesichtszüge versteinerten sich bewusst, als er vor Eleya stand, um nicht zu deutlich seiner Außenwelt zu zeigen, wie sehr sein Herz gerade in Aufruhr war. Doch in seinen Augen konnte die Elbe wie in einem Buch lesen und etwas Neues stand in ihnen. Sie war aber nicht in der Lage zu verstehen, was es war.
"Setz dich schon", Aryalon drückte den Prinzen auf den Platz neben sich und füllte einen Becher mit Wein. Eleya nahm auf der anderen Seite neben Pippin Platz und schielte des Öfteren lächelnd zu Legolas herüber.
"Wie geht es dir", fragte sie den Hobbit, der gerade dabei war schon den zweiten Teller mit einem Berg von Essen zu verschlingen. Also ging es ihm eindeutig besser, da sein Hunger schon wieder ganz der Alte zu sein schien.
Es wurde eine Weile über dieses und jenes geplaudert, aber ein Lachen war nur selten zu hören, denn niemand konnte komplett vergessen, was noch auf sie zukommen würde. Legolas fiel ein sehr seltsamer Blickwechsel zwischen Geritor und seinem Sohn auf, der sich gleich darauf mit seiner Familie entschuldigte, um ein kleinen Spaziergang zu machen.
"Ich habe noch ein paar Dinge mit Thranduil zu besprechen", murmelte Geritor nur schnell seiner Tochter zu und verschwand ebenfalls in den Bäumen.
Kopfschüttelnd sah Eleya ihrem Vater hinterher und konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Zu auffällig war doch die Absicht dahinter gewesen. In Legolas Zügen fand sie ein ähnliches Schmunzeln. Der ergriff sogleich die Möglichkeit und hielt ihr seine Hand hin. Ohne ein Wort verstand sie ihn und hakte sich in seinem Arm ein und folgte Legolas, ohne zu wissen, wohin er wollte.
Sie gingen ein Stück fernab des Lärmes und kaum, dass er sich sicher war außer Sichtweite zu sein, zog er Eleya an sich und hielt sie wie ein Ertrinkender in seinen Armen. So standen sie lange da, bis der Prinz mit beiden Händen ihren Kopf sanft anhob und seine Finger in ihrem Haar vergrub. Langsam senkten sich Legolas Lippen auf die ihren und er schreckte bei der ersten sanften Berührung fast schon zurück, als er erkannte, dass sie Wirklichkeit war und nicht wie in seinen Träumen an dieser Stelle wieder verschwand.
Vor Wonne hätte er aufschreien können und was jetzt sein Herzschlag ausfüllte, brannte sich auf ewig in seine Seele. Niemals wieder würde er eine Frau so lieben und so berühren wie Eleya. Sein zärtlicher Kuss wurde mit großer Hingabe erwidert und vertrauensvoll schmiegte sich die Elbe in seine Arme.
Ein Kichern im Gebüsch ließ die Beiden schlagartig hochschrecken und Eleya war halb böse und halb belustigt, als sie lautlos zu dem Busch schlich und zwei dunkle Haarschöpfe zum Vorschein brachte.
"Könnt ihr mir erklären, was ihr hier zu suchen habt?" fauchte sie die beiden Zwillinge zusammen und der Ärger war ihr deutlich anzusehen. Schuldbewusst zuckten Algar und Saramin zusammen, denn sie wussten, dass ihre Tante solche Dinge zutiefst verabscheute.
"Entschuldige", war alles, was die Beiden mühsam hervorpressen konnten und sie traten dabei unruhig von einem Bein auf das andere, doch das schakalartige Blitzen in ihren Augen vermochten sie noch nicht zu verbergen.
Legolas war schmunzelnd neben die drei getreten und schwieg, da er merkte, dass Eleya die beiden Racker noch ein bisschen zappeln lassen wollte. Schon längst hatte sich ihre Wut in Arglistigkeit gewandelt und sie war bereit ihnen einen kleinen Denkzettel zu verpassen. Als die Nervosität der Jungen noch ein wenig gestiegen war, lächelte die Elbe auf "Seht zu, dass ihr zurück zu Parwne kommt."
Nach einem kurzen Seitenblick zum Prinzen, der noch leicht seinen Kopf schüttelte, geleiteten sie die grummelnden Zwillinge ein Stück zum Festplatz. Eleya wusste wohl, warum die Beiden so missmutig wurden, denn wenn ihre Mutter das hörte, würde eine lange Predigt auf sie zukommen.
Legolas blieb mit ihr stehen, als sie aus der Entfernung einen guten Blick auf das Geschehen hatten und Aryalon und seine Frau erblickten, die anscheinend schon einen suchenden Blick in die Runde warfen. Als die Kinder wieder da waren, wo sie hingehörten, griff der Prinz nach der Hand seiner Geliebten und ging wieder zurück in die Abgeschiedenheit mit ihr.
Eleya erwachte aus einem tiefen und Energie spendenden Schlaf und rekelte sich genüsslich in den warmen Decken. Die Kälte entzog sich immer weiter ihrem Körper, doch ihre Schulter schmerzte noch recht stark und gab ihr bei weitem nicht die Möglichkeit ihren rechten Arm zu hundert Prozent zu nutzen.
Jemand strich ihr sanft über die Stirn und Eleya erkannte ihre alte Amme, die ebenfalls bei den Zwillingen ihres Bruders die gleiche Rolle eingenommen hatte und der das kleine Gasthaus am Fuße des Drachenberges gehörte.
"Faithea?" ungläubig blinzelte sie einen Moment auf die Elbe, welche seelenruhig neben ihr auf einem Stuhl saß und sie anlächelte.
"Ja, Mylady! Ich bin es. Ihr glaubt doch nicht, dass ich mir eine Reise in den Düsterwald entgehen lasse", mit etwas mehr Traurigkeit in ihrer Stimme fügte sie noch hinzu "Auch unter solch dunkeln Umständen."
"Es ist schön euch zu sehen", Eleya setzte sich langsam auf und schaute aus dem Fenster, welches sich jetzt in Höhe ihres Kopfes befand. Etwas stimmte nicht. Niemand war zu sehen, keine Menschen- oder Elbenseele war dort, nur ein paar Wachen gingen in regelmäßigen Abständen über die Pfade am Rand des Lagers.
"Sie sind alle bei dem Fest, das der König Thranduil heute zu feiern beschlossen hat" erklärte Faithea, während sie aufstand und ein Kleid über ihren Arm legte "Ihr solltet aufstehen, wenn ihr nicht arg zu spät kommen wollt."
Eleya folgte den Anweisungen und ehe sie sich versehen konnte, trug sie ihr Lieblingskleid, welches Faithea nebst einigen anderen Sachen ihrer Garderobe aus der Heimat mitgebracht hatte.
Da stand sie nun in einem bis zum Boden reichenden Rock, der aus feinster sanft grüner Seide gefertigt war und dazu passend eine kurze Tunika, welche gerade mal ihre Hüften umspielte. Der Stoff ihres Hemdes war beinahe durchsichtig, nur die meisterlich in dunklem Grün gehaltenen Stickereien in Mustern von unzähligen Ranken waren auf ihrer Haut zu sehen. Eine Elfenbein gefärbte und ebenfalls bestickte Schärpe vollendete das Bild.
Die eifrige dunkelhaarige Elbe hatte bereits begonnen ihr Haar zu bürsten und mehrere hauchdünne Flechten in die Längen einzuarbeiten. Zu guter Letzt teilte Faithea von den Seiten zwei dicke Strähnen und befestigte diese mit einer kleinen silbernen Spange am Hinterkopf, da sie genau wusste, wie sehr es Geritors Tochter hasste, wenn jegliches Haar in ihr Gesicht fiel.
Eleya blickte ihre alte Bekannte fragend an. Sie konnte sich einfach nicht erklären, warum Faithea ausgerechnet eines ihrer besten Kleider für sie gewählt hatte und das noch zu einem so einfachen Fest, ohne jeglichen besonderen Anlass. Doch eines wusste Eleya genau, es musste einen Grund geben, warum sie das tat!
"Wir sollten gehen, die ersten Musikanten haben schon begonnen zu spielen", im gleichen Atemzug gab die Amme der noch immer etwas irritierten Elbe ein sanften Schups aus der Tür hinaus.
Sie gingen auf eine Art Lagerplatz zu, welcher im Normalfall zum gemeinsamen Waschen und dergleichen Dinge genutzt wurde. Der Anblick, der sich Eleya bot war außergewöhnlich, denn alle Völker, die sich hier eingefunden hatten schienen sich prächtig zu verstehen.
Ihr Bruder Aryalon hatte sie sogleich erblickt und kam ihr bereits entgegen. Faitheas kurzer Bericht über ihre Ankunft, ließ Eleya nicht weiter verwundern, als hinter ihm zwei ziemlich laut kreischende Elbenkinder herstürmten.
Algar und Saramin klammerten sich strahlend an ihre Tante, von der sie noch nicht viel länger als ein paar Tage getrennt gewesen waren und froh waren sie wieder in ihrer Nähe zu haben. "Nicht so wild", tadelte sie ihre Mutter sogleich und verschaffte der Elbe etwas Luft zum Atmen.
Saramin strich vorsichtig über die noch immer bandagierte Schulter "Tut es noch sehr weh?" Eleya zerschmolz bei diesen traurigen Kinderaugen beinahe das Herz und sie drückte den Jungen sanft an sich.
"Es geht schon", versuchte sie den Zwilling zu beruhigen. Saramin war schon immer der wesentlich sensiblere der Beiden gewesen, stand aber trotz allem seinem Bruder mit nichts im Geringsten nach.
Eleyas Blick flog über den Festplatz, doch das Gesicht, nach dem sie Ausschau hielt, war nicht zu finden. "Ich bin dankbar, dass es euch wieder gut geht Mylady", brummte es plötzlich von der Seite und ein schwaches Lächeln flog über ihre Lippen.
"Ich werde euch niemals genug dafür danken können, was ihr für mich getan habt Herr Zwerg", sprach sie sanft und unendliche Dankbarkeit unterwanderte ihre Worte. Ein unverständliches Brummeln, das sich nach "warum sind es immer nur Elben" anhörte, kam noch von dem zurücktretenden Gimli, der dann seine Frau Myra zu einer der nächsten Sitzgelegenheiten führte. Die Ankunft ihres Kindes konnte jetzt jederzeit beginnen und Erschöpfung lag in ihren Gliedern, doch schien sie stets ihren Willen durchzusetzen. Das vorsichtige Tun ihres Gatten boykottierte sie und befreite sich immer wieder aus seinem Griff.
Aryalon schaffte es selbst nun endlich auch seine Schwester zu umarmen und sah Eleya mit einem tadelnden Blick an. "Du kannst es einfach nicht lassen", grinste er und gab seinem Vater den Weg frei.
Geritor musste nicht ein Wort sagen, allein an seiner Haltung und Gestik wusste sie sofort, welche Frage in seinem Innern wieder und wieder hochkam.
"Ich weiß es nicht Vater, ich wünschte ich könnte dir sagen, ob Odine noch lebt", Tränen stiegen in ihre Augen und Eleya bettete ihren Kopf an die Brust des um Beherrschung ringenden Elben.
Geritor drückte seine Tochter an sich und versuchte gemeinsam mit ihr etwas Trost zu finden. Er spürte die heißen Tränen, die sein Gewand durchnässten. Da er von Gimli zumindest ansatzweise wusste, was in den Tiefen des Palastes vorgefallen war, konnte er erahnen, wie sehr es Eleya getroffen hatte. Sie und Odine hatte schon von Anfang an eine mehr als intensive Beziehung zueinander gehabt, auch wenn das Mädchen eine leider viel zu offensichtliche Schwäche für Glamour und Reichtum in sich trug.
Im Tal des Drachenberges war Odine gut vor solchen schlechten Einflüssen geschützt gewesen und Geritor machte sich Vorwürfe ihr Mitkommen erlaubt zu haben. Doch auch wenn sie schwach geworden war unter Kardels Verlockungen, schlussendlich jedoch hatte sie zu den wirklich wichtigen Dingen des Lebens zurückgefunden.
^^^^^^
Thranduil hatte sich zusammen mit seinem Sohn etwas abseits von dem Platz auf einen ungefähr drei Mann hohen Felsblock gesetzt, von wo aus sie eine gute Aussicht auf die Feier hatten.
"Warum sprichst du deine Frage denn nicht aus?" Schon seit einer ganzen Weile spürte Legolas den kritischen und stets beobachtenden Blick seines Vaters, auch wenn er nicht einmal im Entferntesten in dessen Richtung sah.
Ein leises Lachen, das typisch für den König war, erklang "Weil du deine Entscheidung doch schon längst getroffen hast, mein Sohn!" Ein Kribbeln durchzog den Körper des Prinzen und das Gefühl erwischt worden zu sein machte sich plötzlich in ihm breit. "Weißt du, manchmal frage ich mich wirklich, wie du so etwas immer machst?" grinste er aber anschließend Thranduil an.
"Weil ich Augen habe!" kam eine gelassene Antwort, doch damit erntete der König nur einen verdutzten Blick.
"Es ist noch gar nicht lange her, da hat schon jemand genau die gleichen Worte zu mir gesagt", murmelte Legolas wohl eher zu sich selbst, als etwas oder besser jemand seine ganze Aufmerksamkeit raubte. Eleya hatte mit der Amme der beiden Zwillinge den Festplatz betreten und wurde gerade von ihrer Familie freudig begrüßt.
Parwne und sie schienen einen sehr guten Kontakt zu einander zu haben, der weit mehr als nur freundschaftlich schien. Es war bei weitem nicht immer so, dass man angeheiratete Frauen so offenherzig und warm in der eigenen Familie aufnahm. Zwar behandelte man sie höflich und mit dem größten Respekt, doch bis diese vollständig integriert waren, konnte es manchmal mehrere Jahrhunderte dauern und Aryalon hatte ihm erzählt, dass er Parwne erst vor gerade Mal dreißig Jahren die Ewigkeit versprochen hatte.
Doch das war es nicht, was ihm den Atem nahm. Eleya war kaum wieder zu erkennen. Der Stoff ihres Hemdes gab ihm einen aufregenden Blick auf ihre sanfte glatte Haut, da die Tunika die sie trug keinerlei Ärmel besaß und der Ausschnitt tief in ihrem Dekollete endete. Einzig die blütenförmigen Ranken verbargen einzelne wichtige Details.
Es war deutlich zu sehen, dass sie nach jemandem Ausschau hielt, aber anscheinend nicht fand was sie suchte, denn Gimli lenkte ihre Aufmerksamkeit auf sich.
Doch die Trauer in ihren Augen war nicht zu übersehen und Legolas wusste, dass das Schicksal ihrer menschlichen Freundin schwer auf ihrem Gemüt lastete. Nur zu gerne würde er sie anstelle von Geritor in seinen Armen wiegen und ihr beistehen diesen Verlust zu verarbeiten.
Doch er konnte nicht einfach hinunterlaufen und sie an sich ziehen. Es war nicht üblich, dass man sich in Elbenkreisen so offen gab, es sei denn man war mit demjenigen verwandt oder verheiratet. Zu dem hatte er schon einmal gegen diese Sitte verstoßen und als Sohn des Königs hatte man mehr als jeder andere auf geziemtes Benehmen Acht zu geben.
"Hast du mir überhaupt zugehört, Legolas?" erschrocken flog sein Gesicht zu der Seite, an der Thranduil saß und seufzend den Kopf schüttelte. "Nun geh schon zu ihr", lächelte der König sanft und sah kurz in Eleyas und Geritors Richtung und legte, wie zur zusätzlichen Bestätigung noch eine Hand auf die Schulter seines Sohnes, der sogleich wortlos aufsprang und verschwand. "Du bist eine weise Frau Maleyna, aber hättest du auch damit gerechnet?" fragte er noch leise zu den Sternen hinauf.
Legolas lief mit schnellen Schritten zurück zu den tanzenden und fröhlichen Menschen, Elben, Zwergen und auch Hobbits. Noch niemals in seinem Leben hatte er eine solch bunt gemischte Gesellschaft gesehen, die ohne größere Probleme mit einander zurechtkam.
Aber in diesem Moment wollte der Prinz nur eins, Eleya in seinen Armen halten, so wie es vor anscheinend einer Ewigkeit geschehen war. Ohne mit jeglichen Blut verschmiert zu sein und die Kraft sich nicht mehr alleine auf den Beinen halten zu können.
"Legolas, komm zu uns", begrüßte Geritor ihn und munterte ihn auf doch näher zu treten. Ihm war nicht entgangen, dass der Prinz einen respektvollen Abstand gelassen hatte, um das erste Zusammentreffen der Familie nicht zu stören.
Langsam trat er zu ihnen und wurde sogleich von Saramin in Beschlag genommen. "Tante Eleya geht es wieder besser, siehst du!" Der Junge packte ihn bei der Hand und zog ihn, tatkräftig von seinem Bruder unterstützt, zu seiner Tante. Aryalon und seine Frau stöhnten leicht schmunzelnd auf und stellten sich die Frage, wann ihre Zwillinge sich endlich einmal wie Elben und nicht mehr wie vorlaute Kinder benehmen würden. Doch bis dahin waren wohl noch so einige Jahrzehnte zu überstehen.
Legolas Gesichtszüge versteinerten sich bewusst, als er vor Eleya stand, um nicht zu deutlich seiner Außenwelt zu zeigen, wie sehr sein Herz gerade in Aufruhr war. Doch in seinen Augen konnte die Elbe wie in einem Buch lesen und etwas Neues stand in ihnen. Sie war aber nicht in der Lage zu verstehen, was es war.
"Setz dich schon", Aryalon drückte den Prinzen auf den Platz neben sich und füllte einen Becher mit Wein. Eleya nahm auf der anderen Seite neben Pippin Platz und schielte des Öfteren lächelnd zu Legolas herüber.
"Wie geht es dir", fragte sie den Hobbit, der gerade dabei war schon den zweiten Teller mit einem Berg von Essen zu verschlingen. Also ging es ihm eindeutig besser, da sein Hunger schon wieder ganz der Alte zu sein schien.
Es wurde eine Weile über dieses und jenes geplaudert, aber ein Lachen war nur selten zu hören, denn niemand konnte komplett vergessen, was noch auf sie zukommen würde. Legolas fiel ein sehr seltsamer Blickwechsel zwischen Geritor und seinem Sohn auf, der sich gleich darauf mit seiner Familie entschuldigte, um ein kleinen Spaziergang zu machen.
"Ich habe noch ein paar Dinge mit Thranduil zu besprechen", murmelte Geritor nur schnell seiner Tochter zu und verschwand ebenfalls in den Bäumen.
Kopfschüttelnd sah Eleya ihrem Vater hinterher und konnte sich das Lachen nicht verkneifen. Zu auffällig war doch die Absicht dahinter gewesen. In Legolas Zügen fand sie ein ähnliches Schmunzeln. Der ergriff sogleich die Möglichkeit und hielt ihr seine Hand hin. Ohne ein Wort verstand sie ihn und hakte sich in seinem Arm ein und folgte Legolas, ohne zu wissen, wohin er wollte.
Sie gingen ein Stück fernab des Lärmes und kaum, dass er sich sicher war außer Sichtweite zu sein, zog er Eleya an sich und hielt sie wie ein Ertrinkender in seinen Armen. So standen sie lange da, bis der Prinz mit beiden Händen ihren Kopf sanft anhob und seine Finger in ihrem Haar vergrub. Langsam senkten sich Legolas Lippen auf die ihren und er schreckte bei der ersten sanften Berührung fast schon zurück, als er erkannte, dass sie Wirklichkeit war und nicht wie in seinen Träumen an dieser Stelle wieder verschwand.
Vor Wonne hätte er aufschreien können und was jetzt sein Herzschlag ausfüllte, brannte sich auf ewig in seine Seele. Niemals wieder würde er eine Frau so lieben und so berühren wie Eleya. Sein zärtlicher Kuss wurde mit großer Hingabe erwidert und vertrauensvoll schmiegte sich die Elbe in seine Arme.
Ein Kichern im Gebüsch ließ die Beiden schlagartig hochschrecken und Eleya war halb böse und halb belustigt, als sie lautlos zu dem Busch schlich und zwei dunkle Haarschöpfe zum Vorschein brachte.
"Könnt ihr mir erklären, was ihr hier zu suchen habt?" fauchte sie die beiden Zwillinge zusammen und der Ärger war ihr deutlich anzusehen. Schuldbewusst zuckten Algar und Saramin zusammen, denn sie wussten, dass ihre Tante solche Dinge zutiefst verabscheute.
"Entschuldige", war alles, was die Beiden mühsam hervorpressen konnten und sie traten dabei unruhig von einem Bein auf das andere, doch das schakalartige Blitzen in ihren Augen vermochten sie noch nicht zu verbergen.
Legolas war schmunzelnd neben die drei getreten und schwieg, da er merkte, dass Eleya die beiden Racker noch ein bisschen zappeln lassen wollte. Schon längst hatte sich ihre Wut in Arglistigkeit gewandelt und sie war bereit ihnen einen kleinen Denkzettel zu verpassen. Als die Nervosität der Jungen noch ein wenig gestiegen war, lächelte die Elbe auf "Seht zu, dass ihr zurück zu Parwne kommt."
Nach einem kurzen Seitenblick zum Prinzen, der noch leicht seinen Kopf schüttelte, geleiteten sie die grummelnden Zwillinge ein Stück zum Festplatz. Eleya wusste wohl, warum die Beiden so missmutig wurden, denn wenn ihre Mutter das hörte, würde eine lange Predigt auf sie zukommen.
Legolas blieb mit ihr stehen, als sie aus der Entfernung einen guten Blick auf das Geschehen hatten und Aryalon und seine Frau erblickten, die anscheinend schon einen suchenden Blick in die Runde warfen. Als die Kinder wieder da waren, wo sie hingehörten, griff der Prinz nach der Hand seiner Geliebten und ging wieder zurück in die Abgeschiedenheit mit ihr.
