Schwere Entscheidungen
Schweigend ging der König zurück in Richtung des Kessels und führte noch immer Odine mit leichtem Druck auf ihren Rücken mit sich. Er konnte verstehen, dass das Mädchen mit sich haderte. Jeder Elb vom Schattenvolk kannte sie und hatte sie jederzeit wie eine leibliche Tochter Geritors behandelt.
Viele Stunden und auch Nächte hatte er mit seinem alten Freund verbracht, welcher stets an seinem Krankenlager gesessen hatte, seit Eleya ihn aus den moderigen Kerkern befreit hatte. Er erzählte ihm über seine Familie und über den schmerzhaften Abschied von Maleyna, die gezwungen war mit seinem jüngsten Kind in den Westen zu gehen. Auch, dass er noch eine letzte Aufgabe in Mittelerde zu erfüllen hätte, bevor er seiner Frau endlich folgen konnte. Doch was genau diese war, behielt Geritor für sich und Thranduil akzeptierte das ohne jeglichen Widerspruch.
Es war nicht zu leugnen, Odine hatte den Namen ihres Ziehvaters befleckt, doch war es in den Augen des Königs die natürliche Schwäche der Menschen, welche das Mädchen in ihren Bann zog.
Aber das alles war zur Zeit nicht im Geringsten von Wichtigkeit, denn sie hatte vollkommen Recht. Kardel wartete auf seine Truppen und würde in dem Fall, dass sie nicht eintreffen sollten, bestimmt schon einen anderen Hintergedanken haben. Die Frage war nur, wie konnte man ihn glauben lassen, dass das Heer nicht komplett erschlagen hier auf dem Berg lag?
Als sie die Wegbiegung zum Inneren des Kessels betraten, wurde erst das ganze Ausmaß des Kampfes sichtbar. Elben liefen zwischen den leblosen Körpern umher und suchten nach überlebenden ihrer Seite.
Es hatte sie viele Opfer gefordert, die Urukais aufzuhalten und zu Thranduils Erstaunen war es sogar gelungen, sie bis auf den letzten Mann zum ewigen Stillschweigen zu bringen. Das konnte der König mit bester Gewissheit sagen, da er in der Weite Orpheus zurückkehren sah, der mit einer Handvoll der anderen darauf geachtet hatte, dass es keinem Boten gelang Kardel mit einer Nachricht zu erreichen.
Eleya kniete sich hin und strich vorsichtig über die langen silberblonden Haare, die wild zerzaust über den Boden verteilt waren. Sie gehörten der jungen Waldelbe, welche sich so bereitwillig angeboten hatte die Truppen gegen den Feind zu unterstützen und allen Zögernden Mut zugesprochen hatte, ebenfalls nicht tatenlos herumzusitzen. Eine tiefe Wunde klaffte aus ihrer Schulter und noch immer rann Blut daraus. Doch ihre Augen waren leer und blickten ausdruckslos in den grau bewölkten Himmel, der eine schwere Stimmung in den Herzen der Bewohner Mittelerdes hinterließ.
Warum nur hatte sie die Bitte Eleyas nicht erhört und sich weiterhin der Rückendeckung ihrer Kameraden gewidmet? Erschreckend viel der blonden Elbe auf, dass sie nicht einmal ihren Namen wusste.
Offensichtlich war sie die Tochter eines höher gestellten Elben, allein ihre Kleidung ließ darauf schließen, ebenso wie ihr gesamtes Auftreten. Aber sie hatte sich bei weitem überschätzt und so tapfer sie sich auch gewehrt haben mag, es war vergebens.
Eleya beobachtete währenddessen das Aufleuchten in den Augen des Königs, welcher zwischen den toten Urukais und dem Pfad, der in Richtung der Schlacht führte, hin und her schaute. Es war deutlich zu erkennen, dass er etwas ausheckte und bereits dabei war seine Idee in Feinheiten auszubauen.
"Hat Kardel dich jemals in der Kleidung der Orks gesehen, oder wie du mit ihnen geflüchtet bist?" wollte Thranduil plötzlich von der Elbe wissen. Er sah das Bild vor Augen wie Legolas eine dreckige und in einfach nur abscheulichen Kleidern gehüllte Gestalt in die Hütte seiner Frau hineingetragen und mit größter Sorgfalt auf das Bett gelegt hatte. Wäre das lange blonde Haar nicht so offensichtlich gewesen, hätte man sich im ersten Moment gut täuschen können. "Nein", antwortete Odine anstatt ihrer Freundin "Er hat sich nie genau erklären können, wie Eleya und Gimli unbemerkt in den Keller gelangen konnten. Da er nicht an ihren freiwilligen Tod in die Stromschnellen glaubte, suchte er nach der Lösung, hat sie aber bis zuletzt nicht finden können."
Der König blickte triumphierend seine Schwiegertochter an und winkte Orpheus zu sich herüber. "Sammelt alle Leichen der Urukais an der vom Weg nicht einsehbaren Seite, aber haltet für jeden von uns Kleidung und Waffen zurück", befahl er und machte sich noch während seiner Worte daran den erstbesten leblosen Körper an den Schultern zu packen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schaffte der König es ihn mit sich zu ziehen, gab aber sogleich wieder auf.
"Ihr seid noch nicht soweit", vorsichtig legte Eleya eine Hand auf Thranduils Oberarm und lächelte aufmunternd. Missmutig ließ der Elb von dem Urukai ab und setzte sich in den Schatten eines Steines, der etwas abseits vom Geschehen lag. Eleya kniete sich zu ihm, holte wieder das kleine Fläschchen, in welchem sie immer die bernsteinfarbene Flüssigkeit mit sich führte, heraus und reichte diese dem König.
"Danke, aber es geht schon", winkte dieser ab, doch die Elbe blieb hart. "Trinkt, es bleibt uns nicht die Zeit, jetzt die Nötigkeit auszudiskutieren", keinen Widerspruch erduldend drückte sie Thranduil die Flasche in die Hand und konnte nur noch ein "Wie der Vater" verstehen, als sie zurückging, um den anderen zu helfen.
Schneller als erwartet, häufte sich der Berg mit den gegnerischen Leichen und Eleya musste sich ein Lächeln unterdrücken, als sie die angeekelten Gesichter der Elben beim überziehen der widerlichen Rüstungen sah. Nur zu gut konnte sie sich noch an den kratzigen Stoff und den widerlich riechenden Wams erinnern, den sie gezwungen war in den Tiefen des Palastes zu tragen. Leider würde sie es erneut über sich ergehen lassen müssen, aber was sich der König erdacht hatte, war ein sehr guter Plan, der ihnen mit etwas Glück den Sieg bescheren könnte.
"Bitte, du darfst nicht mit ihnen gehen"; Odine hielt ihre Hand fest, als sie gerade eines der rauen und kratzigen Hemden nehmen wollte. Fragend sah die Elbe ihre Freundin an und erwartete offensichtlich eine Erklärung. "Keiner der Urukais hat auch nur gewagt dich anzugreifen, das ist dir doch sicherlich aufgefallen", die Stimme des Mädchens war unterlegt von Drängen und großer Besorgtheit. Eleya blickte sie nur starr an und nickte Odine nur mit einem seltsamen Blick zu.
"Kardel will dich! Als Rache für deinen Vater, sowie Thranduil und den gesamten Düsterwald. Und glaube mir, er wird dich niemals gehen lassen, wenn er dich in die Finger bekommt", bittend sah sie das Mädchen an "Du darfst nicht mit in die Schlacht ziehen und wenn nicht für mich, dann tue es wenigstens für den Prinzen."
Der Blick der Elbe fiel über die Menschen und Elben, welche sich bereit für den Kampf machten, egal wie erschöpft sie waren, oder die Angst in ihren Augen nicht mehr zu verbergen wussten. Sie konnte doch nicht alle, die sich mutig hinter sie gestellt hatten einfach so im Stich lassen und sich wie ein ängstliches Kind mit in den Höhlen verstecken.
Eine starke Hand, welche sich auf ihre Schulter legte, riss sie aus ihren Gedanken. "Das Mädchen hat recht, du hast jetzt eine Pflicht zu erfüllen, du bist zu einem Teil meiner Familie geworden", der König hatte die Unterhaltung der beiden Frauen mit anhören können, sowie einige der anderen auch. Auch wenn es nicht im Geringsten ein Befehl war, den Thranduil ihr gab, war die Bitte nur allzu deutlich verständlich. Eleya durchsuchte jedes Gesicht, welches sie geradewegs ansah und fand ausnahmslose Zustimmung.
"Eleya", Thranduils Stimme war nun die eines Königs "Es ist nicht deine Aufgabe mit in die Schlacht zu ziehen. Du bist keine Kriegerin wie Melyanna es in ihrer Jugend einmal war. Deine Stärke liegt woanders und da solltest du sie auch nutzen!"
Die Elbe blickte ihren Schwiegervater lange an und musste zugeben, dass er absolut Recht behielt. Sicherlich wurde sie von ihrem Vater weitaus mehr in der Kampfkunst ausgebildet, als es üblich war, doch war es nicht der Zweck gewesen sie zu einem Heeresführer zu machen, sondern lediglich um sie die Kampfkunst besser verstehen zu lassen.
"Ich werde Odine zu den Höhlen begleiten und dort sehen, was als nächstes zu tun ist", Entschlossenheit stand in ihren Zügen und Thranduil lächelte zufrieden auf.
^^^^^^
Traurig blickte Eleya zurück und wollte schon beginnen ihre Entscheidung in Frage zu stellen, als Odine mit einmal stehen blieb und sie ernst ansah. "Es war richtig so, Kardel will, dass du leidest. Und glaube mir, das was er mir hat angedeihen lassen, war nur ein blasser Schatten dessen, was dir bevorstehen würde."
Die Elbe blickte einige Zeit zu Boden und schien hart mit sich zu hadern "Ist es richtig mein Leben über das von vielen anderen zu setzen?"
Das dunkelhaarige Mädchen seufzte nur kopfschüttelnd auf und verzog ihren Mund "Du bist die Zukunft des Düsterwaldes, zusammen mit dem einzigen Erben dieses Reiches! Deine Aufgaben sind jetzt wichtiger denn je und weitreichender, als ich es mir in meiner geringfügigen Lebenszeit jemals bewusst werden könnte."
Eleya lächelte auf, endlich fand sie wieder eine kleine Spur der Freundin, die sie einmal an ihrer Seite hatte. Doch würde diese jemals wieder vollständig zu der Person werden, die ihr so am Herzen lag? Die Elbe musste schwer schlucken, denn zum ersten Mal seitdem Odine befreit wurde, hatte sie Zeit genug um sich darüber wahrlich bewusst zu werden, was der Tyrann alles Unvorstellbares hatte anstellen müssen, um den nahezu unerschütterlichen Stolz zu brechen.
Odine bemerkte wohl die vorsichtigen Blicke ihrer Freundin, welche es aber nicht wagte ihre Fragen auszusprechen. "Es war meine Wahl zu bleiben und auch habe ich von den unstillbaren Hunger Kardels nach einer Frau gewusst", es war an der Zeit offen mit Eleya zu sein und sie wissen zu lassen, was genau geschehen war "und höre bitte auf, dein Zustimmen die Chance zur Flucht zu nutzen jetzt anzuzweifeln". Es war die richtige Entscheidung der Elbe gewesen und nichts hätte Odine vor der Macht Kardels schützen können.
Plötzlich hörte Eleya auf und horchte angestrengt. Das Mädchen schwieg schlagartig, denn nur zu gut kannte sie dieses Verhalten. Odine deutete ihr fragend, ob sie sich verstecken solle, doch Eleya lächelte leicht auf und schüttelte nur mit entspannten Zügen ihren Kopf. Jedoch blieb sie wachsam und etwas anderes zeichnete sich in ihrem Gesicht ab.
"Eleya", der panische Schrei holte die Elbe wieder aus der Konzentration zurück und eine kleine Gestalt, die sich gerade über einen kleinen Felsabhang herunterquälte, wurde sichtbar. "Das ist Merry", entfuhr es dem blonden Wesen, "was um alles in der Welt macht der hier draußen und dazu noch alleine?"
Die Frage schien mehr an sie selber gerichtet gewesen zu sein, denn ihre Augen hafteten weiterhin auf dem Hobbit und die Umgebung um ihn herum. Ein ferner Schatten strich über ihr Gemüt, war aber noch zu weit weg, um mit Merrys Eile zu tun zu haben. Ein kurzer Blick zu Odine genügte und diese verstand. Gemeinsam liefen die beiden Frauen dem Hobbit entgegen, welcher schwer atmend und keuchend in die Arme der Elbe fiel.
Merry stockte und sah verwundert auf das dunkelhaarige Mädchen, welches in zerlumpten Kleidern da stand und nur in einen Umhang des Schattenvolkes gewickelt war und eigentlich doch tot geglaubt wurde. "Du musst helfen. bitte. Myra" presste er schließlich mühsam hervor und blickte fast schon flehend zu Eleya.
"Was ist mit Myra?" doch eine Ahnung hatte die Elbe bereits beschlichen. "Das Baby, es kommt! Sie hat verlangt, dass man sie alleine zurücklässt und so haben es die Zwerge dann schlussendlich auch getan". Der Hobbit stemmte seine Hände in die Hüften "Ich und Pippin waren der Meinung, dass es falsch ist und beschlossen, Hilfe zu holen." Die Entschlossenheit in seiner Stimme war nicht zu überhören und gleichzeitig zog er unsanft an den Ärmeln der Beiden. Sie würden der Zwergenfrau schon helfen können, immerhin waren sie zumindest Frauen.
Eleya konnte nur noch nicken und sah Merry kehrt machen und bereits wieder zurücklaufen. "Noch niemals habe ich einen Halbling so schnell laufen sehen!" grinste sie und folgte seinem Weg.
Doch der Schatten, der sich ihrer bemächtigt hatte, wollte nicht weichen, im Gegenteil, es kam ihr so vor, als ob dieser unausweichlich näher kommen würde. Unbewusst fasste sie an den kleinen Beutel, den sie immer bei sich trug, wenn sie als Kriegerin auftreten musste. Das Amulett, das Maleyna, ihre Mutter, ihr bei ihrem schmerzlichen Abschied als Andenken hinterlassen hatte, befand sich in seinem Inneren. Es sollte sie beschützen und ihr in ausweglosen Situationen Kraft schenken.
Nicht einen Moment ließ Eleya ihre Umgebung aus den Augen und suchte den Ursprung, von jeglichem Geräusch oder jeglicher Bewegung zu finden, doch was auch immer sie verfolgte, es würde sie sicherlich über kurz oder lang erreichen.
Ohne wirklich darauf gefasst gewesen zu sein, meinte Eleya kurz in der Ferne zwei große Gestalten über die Bergkuppe rennen zu sehen, welche sich exakt in die Richtung der drei bewegten.
Als die beiden Frauen anfangs auf einen sicheren Weg in Richtung der Drachenhöhlen gingen, den Norin ihnen beschrieben hatte, waren sie geschützt vor neugierigen Augen gewesen, doch jetzt liefen sie über eine weit einsehbare Ebene und hatten keine große Chance unerkannt zu bleiben.
Merry achtete in seinem panischen Lauf nicht darauf, welchen Pfad er benutzte, sondern war deutlich auf der kürzesten Strecke unterwegs, da er weder Steine, Mulden, noch kleine Bäche auch nur um einen Schritt auswich.
Dann wollte Eleya schon beginnen sich einzugestehen, dass sie sich eventuell doch getäuscht haben könnte, denn schlagartig waren die dunklen Gestalten verschwunden. Die Elbe meinte sich einzubilden, dass der Schatten nicht mehr arg so stark auf ihrem Gemüt lastete.
Eines konnte sie mit Sicherheit sagen, ihre Verfolger waren mehr als nur einfache Beauftragte ihres Herren, was auch immer ihre Mission sein würde. Kardel musste ihnen gelehrt haben, wie man sich zumindest für kurze Zeit den starken Instinkt der Elben entzieht, so dass man nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, wie nahe sich die Feinde in Wahrheit schon befanden. Doch es sollte der Elbe keine Zeit bleiben sich noch länger den Kopf zu zerbrechen, denn Merrys Angst durchtränkter Schrei offenbarte, dass man bereits bei ihnen war. Es war also keine Täuschung gewesen!
Zwei riesige Urukais, welche selbst noch einen Elben bei weiten überragten, standen mit einer Seelenruhe vor ihnen. Einer der beiden hielt achtlos den zappelnden und um sich tretenden Hobbit unter dem Arm, schenkte Merry aber weiter keinerlei Beachtung.
"Nun lass schon von dem kleinen Bastard ab", sprach der andere sichtlich gereizt, "brich ihm schon das Genick und lass uns endlich unseren Auftrag vollenden." Gehässig wurde der Hobbit von seinem Peiniger angegrinst und dann brutal gegen einen Felsen geschleudert, so dass er nur noch alles benebelt aus weiter Ferne mitbekam.
"Ich werde mir später etwas viel besseres für ihn ausdenken, immerhin hat er versucht mich zu verletzen", knurrte der Angesprochene mit einem höhnischen Blick und schenkte nun ebenfalls seine volle Aufmerksamkeit den beiden Frauen.
Anzüglich starrten beide kurz auf Odine und für einen Moment blitzte so etwas wie Belustigung in ihren aschgrauen Augen auf.
Eleya zog ihre Messer und wartete geduldig, bis die Urukais den ersten Schritt machen würden und sie angriffen, doch zu ihrer Verwunderung geschah nichts dergleichen. Das Mädchen schob sich mutig, aber keinen Widerspruch duldend vor sie und das obwohl Odine keinerlei Waffe besaß, da man ja geglaubt hatte, dass man sich auf sicheren Wegen halten würde.
Ohne weiter auf Odine einzugehen, stieß man diese zur Seite und die Urukais stellten sich direkt vor die Elbe. "Mit oder ohne Gegenwehr, wirst du deinem Schicksal nicht entgehen", knurrte es und unsanft presste sich eine Hand in Eleyas Oberarm.
Schweigend ging der König zurück in Richtung des Kessels und führte noch immer Odine mit leichtem Druck auf ihren Rücken mit sich. Er konnte verstehen, dass das Mädchen mit sich haderte. Jeder Elb vom Schattenvolk kannte sie und hatte sie jederzeit wie eine leibliche Tochter Geritors behandelt.
Viele Stunden und auch Nächte hatte er mit seinem alten Freund verbracht, welcher stets an seinem Krankenlager gesessen hatte, seit Eleya ihn aus den moderigen Kerkern befreit hatte. Er erzählte ihm über seine Familie und über den schmerzhaften Abschied von Maleyna, die gezwungen war mit seinem jüngsten Kind in den Westen zu gehen. Auch, dass er noch eine letzte Aufgabe in Mittelerde zu erfüllen hätte, bevor er seiner Frau endlich folgen konnte. Doch was genau diese war, behielt Geritor für sich und Thranduil akzeptierte das ohne jeglichen Widerspruch.
Es war nicht zu leugnen, Odine hatte den Namen ihres Ziehvaters befleckt, doch war es in den Augen des Königs die natürliche Schwäche der Menschen, welche das Mädchen in ihren Bann zog.
Aber das alles war zur Zeit nicht im Geringsten von Wichtigkeit, denn sie hatte vollkommen Recht. Kardel wartete auf seine Truppen und würde in dem Fall, dass sie nicht eintreffen sollten, bestimmt schon einen anderen Hintergedanken haben. Die Frage war nur, wie konnte man ihn glauben lassen, dass das Heer nicht komplett erschlagen hier auf dem Berg lag?
Als sie die Wegbiegung zum Inneren des Kessels betraten, wurde erst das ganze Ausmaß des Kampfes sichtbar. Elben liefen zwischen den leblosen Körpern umher und suchten nach überlebenden ihrer Seite.
Es hatte sie viele Opfer gefordert, die Urukais aufzuhalten und zu Thranduils Erstaunen war es sogar gelungen, sie bis auf den letzten Mann zum ewigen Stillschweigen zu bringen. Das konnte der König mit bester Gewissheit sagen, da er in der Weite Orpheus zurückkehren sah, der mit einer Handvoll der anderen darauf geachtet hatte, dass es keinem Boten gelang Kardel mit einer Nachricht zu erreichen.
Eleya kniete sich hin und strich vorsichtig über die langen silberblonden Haare, die wild zerzaust über den Boden verteilt waren. Sie gehörten der jungen Waldelbe, welche sich so bereitwillig angeboten hatte die Truppen gegen den Feind zu unterstützen und allen Zögernden Mut zugesprochen hatte, ebenfalls nicht tatenlos herumzusitzen. Eine tiefe Wunde klaffte aus ihrer Schulter und noch immer rann Blut daraus. Doch ihre Augen waren leer und blickten ausdruckslos in den grau bewölkten Himmel, der eine schwere Stimmung in den Herzen der Bewohner Mittelerdes hinterließ.
Warum nur hatte sie die Bitte Eleyas nicht erhört und sich weiterhin der Rückendeckung ihrer Kameraden gewidmet? Erschreckend viel der blonden Elbe auf, dass sie nicht einmal ihren Namen wusste.
Offensichtlich war sie die Tochter eines höher gestellten Elben, allein ihre Kleidung ließ darauf schließen, ebenso wie ihr gesamtes Auftreten. Aber sie hatte sich bei weitem überschätzt und so tapfer sie sich auch gewehrt haben mag, es war vergebens.
Eleya beobachtete währenddessen das Aufleuchten in den Augen des Königs, welcher zwischen den toten Urukais und dem Pfad, der in Richtung der Schlacht führte, hin und her schaute. Es war deutlich zu erkennen, dass er etwas ausheckte und bereits dabei war seine Idee in Feinheiten auszubauen.
"Hat Kardel dich jemals in der Kleidung der Orks gesehen, oder wie du mit ihnen geflüchtet bist?" wollte Thranduil plötzlich von der Elbe wissen. Er sah das Bild vor Augen wie Legolas eine dreckige und in einfach nur abscheulichen Kleidern gehüllte Gestalt in die Hütte seiner Frau hineingetragen und mit größter Sorgfalt auf das Bett gelegt hatte. Wäre das lange blonde Haar nicht so offensichtlich gewesen, hätte man sich im ersten Moment gut täuschen können. "Nein", antwortete Odine anstatt ihrer Freundin "Er hat sich nie genau erklären können, wie Eleya und Gimli unbemerkt in den Keller gelangen konnten. Da er nicht an ihren freiwilligen Tod in die Stromschnellen glaubte, suchte er nach der Lösung, hat sie aber bis zuletzt nicht finden können."
Der König blickte triumphierend seine Schwiegertochter an und winkte Orpheus zu sich herüber. "Sammelt alle Leichen der Urukais an der vom Weg nicht einsehbaren Seite, aber haltet für jeden von uns Kleidung und Waffen zurück", befahl er und machte sich noch während seiner Worte daran den erstbesten leblosen Körper an den Schultern zu packen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht schaffte der König es ihn mit sich zu ziehen, gab aber sogleich wieder auf.
"Ihr seid noch nicht soweit", vorsichtig legte Eleya eine Hand auf Thranduils Oberarm und lächelte aufmunternd. Missmutig ließ der Elb von dem Urukai ab und setzte sich in den Schatten eines Steines, der etwas abseits vom Geschehen lag. Eleya kniete sich zu ihm, holte wieder das kleine Fläschchen, in welchem sie immer die bernsteinfarbene Flüssigkeit mit sich führte, heraus und reichte diese dem König.
"Danke, aber es geht schon", winkte dieser ab, doch die Elbe blieb hart. "Trinkt, es bleibt uns nicht die Zeit, jetzt die Nötigkeit auszudiskutieren", keinen Widerspruch erduldend drückte sie Thranduil die Flasche in die Hand und konnte nur noch ein "Wie der Vater" verstehen, als sie zurückging, um den anderen zu helfen.
Schneller als erwartet, häufte sich der Berg mit den gegnerischen Leichen und Eleya musste sich ein Lächeln unterdrücken, als sie die angeekelten Gesichter der Elben beim überziehen der widerlichen Rüstungen sah. Nur zu gut konnte sie sich noch an den kratzigen Stoff und den widerlich riechenden Wams erinnern, den sie gezwungen war in den Tiefen des Palastes zu tragen. Leider würde sie es erneut über sich ergehen lassen müssen, aber was sich der König erdacht hatte, war ein sehr guter Plan, der ihnen mit etwas Glück den Sieg bescheren könnte.
"Bitte, du darfst nicht mit ihnen gehen"; Odine hielt ihre Hand fest, als sie gerade eines der rauen und kratzigen Hemden nehmen wollte. Fragend sah die Elbe ihre Freundin an und erwartete offensichtlich eine Erklärung. "Keiner der Urukais hat auch nur gewagt dich anzugreifen, das ist dir doch sicherlich aufgefallen", die Stimme des Mädchens war unterlegt von Drängen und großer Besorgtheit. Eleya blickte sie nur starr an und nickte Odine nur mit einem seltsamen Blick zu.
"Kardel will dich! Als Rache für deinen Vater, sowie Thranduil und den gesamten Düsterwald. Und glaube mir, er wird dich niemals gehen lassen, wenn er dich in die Finger bekommt", bittend sah sie das Mädchen an "Du darfst nicht mit in die Schlacht ziehen und wenn nicht für mich, dann tue es wenigstens für den Prinzen."
Der Blick der Elbe fiel über die Menschen und Elben, welche sich bereit für den Kampf machten, egal wie erschöpft sie waren, oder die Angst in ihren Augen nicht mehr zu verbergen wussten. Sie konnte doch nicht alle, die sich mutig hinter sie gestellt hatten einfach so im Stich lassen und sich wie ein ängstliches Kind mit in den Höhlen verstecken.
Eine starke Hand, welche sich auf ihre Schulter legte, riss sie aus ihren Gedanken. "Das Mädchen hat recht, du hast jetzt eine Pflicht zu erfüllen, du bist zu einem Teil meiner Familie geworden", der König hatte die Unterhaltung der beiden Frauen mit anhören können, sowie einige der anderen auch. Auch wenn es nicht im Geringsten ein Befehl war, den Thranduil ihr gab, war die Bitte nur allzu deutlich verständlich. Eleya durchsuchte jedes Gesicht, welches sie geradewegs ansah und fand ausnahmslose Zustimmung.
"Eleya", Thranduils Stimme war nun die eines Königs "Es ist nicht deine Aufgabe mit in die Schlacht zu ziehen. Du bist keine Kriegerin wie Melyanna es in ihrer Jugend einmal war. Deine Stärke liegt woanders und da solltest du sie auch nutzen!"
Die Elbe blickte ihren Schwiegervater lange an und musste zugeben, dass er absolut Recht behielt. Sicherlich wurde sie von ihrem Vater weitaus mehr in der Kampfkunst ausgebildet, als es üblich war, doch war es nicht der Zweck gewesen sie zu einem Heeresführer zu machen, sondern lediglich um sie die Kampfkunst besser verstehen zu lassen.
"Ich werde Odine zu den Höhlen begleiten und dort sehen, was als nächstes zu tun ist", Entschlossenheit stand in ihren Zügen und Thranduil lächelte zufrieden auf.
^^^^^^
Traurig blickte Eleya zurück und wollte schon beginnen ihre Entscheidung in Frage zu stellen, als Odine mit einmal stehen blieb und sie ernst ansah. "Es war richtig so, Kardel will, dass du leidest. Und glaube mir, das was er mir hat angedeihen lassen, war nur ein blasser Schatten dessen, was dir bevorstehen würde."
Die Elbe blickte einige Zeit zu Boden und schien hart mit sich zu hadern "Ist es richtig mein Leben über das von vielen anderen zu setzen?"
Das dunkelhaarige Mädchen seufzte nur kopfschüttelnd auf und verzog ihren Mund "Du bist die Zukunft des Düsterwaldes, zusammen mit dem einzigen Erben dieses Reiches! Deine Aufgaben sind jetzt wichtiger denn je und weitreichender, als ich es mir in meiner geringfügigen Lebenszeit jemals bewusst werden könnte."
Eleya lächelte auf, endlich fand sie wieder eine kleine Spur der Freundin, die sie einmal an ihrer Seite hatte. Doch würde diese jemals wieder vollständig zu der Person werden, die ihr so am Herzen lag? Die Elbe musste schwer schlucken, denn zum ersten Mal seitdem Odine befreit wurde, hatte sie Zeit genug um sich darüber wahrlich bewusst zu werden, was der Tyrann alles Unvorstellbares hatte anstellen müssen, um den nahezu unerschütterlichen Stolz zu brechen.
Odine bemerkte wohl die vorsichtigen Blicke ihrer Freundin, welche es aber nicht wagte ihre Fragen auszusprechen. "Es war meine Wahl zu bleiben und auch habe ich von den unstillbaren Hunger Kardels nach einer Frau gewusst", es war an der Zeit offen mit Eleya zu sein und sie wissen zu lassen, was genau geschehen war "und höre bitte auf, dein Zustimmen die Chance zur Flucht zu nutzen jetzt anzuzweifeln". Es war die richtige Entscheidung der Elbe gewesen und nichts hätte Odine vor der Macht Kardels schützen können.
Plötzlich hörte Eleya auf und horchte angestrengt. Das Mädchen schwieg schlagartig, denn nur zu gut kannte sie dieses Verhalten. Odine deutete ihr fragend, ob sie sich verstecken solle, doch Eleya lächelte leicht auf und schüttelte nur mit entspannten Zügen ihren Kopf. Jedoch blieb sie wachsam und etwas anderes zeichnete sich in ihrem Gesicht ab.
"Eleya", der panische Schrei holte die Elbe wieder aus der Konzentration zurück und eine kleine Gestalt, die sich gerade über einen kleinen Felsabhang herunterquälte, wurde sichtbar. "Das ist Merry", entfuhr es dem blonden Wesen, "was um alles in der Welt macht der hier draußen und dazu noch alleine?"
Die Frage schien mehr an sie selber gerichtet gewesen zu sein, denn ihre Augen hafteten weiterhin auf dem Hobbit und die Umgebung um ihn herum. Ein ferner Schatten strich über ihr Gemüt, war aber noch zu weit weg, um mit Merrys Eile zu tun zu haben. Ein kurzer Blick zu Odine genügte und diese verstand. Gemeinsam liefen die beiden Frauen dem Hobbit entgegen, welcher schwer atmend und keuchend in die Arme der Elbe fiel.
Merry stockte und sah verwundert auf das dunkelhaarige Mädchen, welches in zerlumpten Kleidern da stand und nur in einen Umhang des Schattenvolkes gewickelt war und eigentlich doch tot geglaubt wurde. "Du musst helfen. bitte. Myra" presste er schließlich mühsam hervor und blickte fast schon flehend zu Eleya.
"Was ist mit Myra?" doch eine Ahnung hatte die Elbe bereits beschlichen. "Das Baby, es kommt! Sie hat verlangt, dass man sie alleine zurücklässt und so haben es die Zwerge dann schlussendlich auch getan". Der Hobbit stemmte seine Hände in die Hüften "Ich und Pippin waren der Meinung, dass es falsch ist und beschlossen, Hilfe zu holen." Die Entschlossenheit in seiner Stimme war nicht zu überhören und gleichzeitig zog er unsanft an den Ärmeln der Beiden. Sie würden der Zwergenfrau schon helfen können, immerhin waren sie zumindest Frauen.
Eleya konnte nur noch nicken und sah Merry kehrt machen und bereits wieder zurücklaufen. "Noch niemals habe ich einen Halbling so schnell laufen sehen!" grinste sie und folgte seinem Weg.
Doch der Schatten, der sich ihrer bemächtigt hatte, wollte nicht weichen, im Gegenteil, es kam ihr so vor, als ob dieser unausweichlich näher kommen würde. Unbewusst fasste sie an den kleinen Beutel, den sie immer bei sich trug, wenn sie als Kriegerin auftreten musste. Das Amulett, das Maleyna, ihre Mutter, ihr bei ihrem schmerzlichen Abschied als Andenken hinterlassen hatte, befand sich in seinem Inneren. Es sollte sie beschützen und ihr in ausweglosen Situationen Kraft schenken.
Nicht einen Moment ließ Eleya ihre Umgebung aus den Augen und suchte den Ursprung, von jeglichem Geräusch oder jeglicher Bewegung zu finden, doch was auch immer sie verfolgte, es würde sie sicherlich über kurz oder lang erreichen.
Ohne wirklich darauf gefasst gewesen zu sein, meinte Eleya kurz in der Ferne zwei große Gestalten über die Bergkuppe rennen zu sehen, welche sich exakt in die Richtung der drei bewegten.
Als die beiden Frauen anfangs auf einen sicheren Weg in Richtung der Drachenhöhlen gingen, den Norin ihnen beschrieben hatte, waren sie geschützt vor neugierigen Augen gewesen, doch jetzt liefen sie über eine weit einsehbare Ebene und hatten keine große Chance unerkannt zu bleiben.
Merry achtete in seinem panischen Lauf nicht darauf, welchen Pfad er benutzte, sondern war deutlich auf der kürzesten Strecke unterwegs, da er weder Steine, Mulden, noch kleine Bäche auch nur um einen Schritt auswich.
Dann wollte Eleya schon beginnen sich einzugestehen, dass sie sich eventuell doch getäuscht haben könnte, denn schlagartig waren die dunklen Gestalten verschwunden. Die Elbe meinte sich einzubilden, dass der Schatten nicht mehr arg so stark auf ihrem Gemüt lastete.
Eines konnte sie mit Sicherheit sagen, ihre Verfolger waren mehr als nur einfache Beauftragte ihres Herren, was auch immer ihre Mission sein würde. Kardel musste ihnen gelehrt haben, wie man sich zumindest für kurze Zeit den starken Instinkt der Elben entzieht, so dass man nicht mit Bestimmtheit sagen konnte, wie nahe sich die Feinde in Wahrheit schon befanden. Doch es sollte der Elbe keine Zeit bleiben sich noch länger den Kopf zu zerbrechen, denn Merrys Angst durchtränkter Schrei offenbarte, dass man bereits bei ihnen war. Es war also keine Täuschung gewesen!
Zwei riesige Urukais, welche selbst noch einen Elben bei weiten überragten, standen mit einer Seelenruhe vor ihnen. Einer der beiden hielt achtlos den zappelnden und um sich tretenden Hobbit unter dem Arm, schenkte Merry aber weiter keinerlei Beachtung.
"Nun lass schon von dem kleinen Bastard ab", sprach der andere sichtlich gereizt, "brich ihm schon das Genick und lass uns endlich unseren Auftrag vollenden." Gehässig wurde der Hobbit von seinem Peiniger angegrinst und dann brutal gegen einen Felsen geschleudert, so dass er nur noch alles benebelt aus weiter Ferne mitbekam.
"Ich werde mir später etwas viel besseres für ihn ausdenken, immerhin hat er versucht mich zu verletzen", knurrte der Angesprochene mit einem höhnischen Blick und schenkte nun ebenfalls seine volle Aufmerksamkeit den beiden Frauen.
Anzüglich starrten beide kurz auf Odine und für einen Moment blitzte so etwas wie Belustigung in ihren aschgrauen Augen auf.
Eleya zog ihre Messer und wartete geduldig, bis die Urukais den ersten Schritt machen würden und sie angriffen, doch zu ihrer Verwunderung geschah nichts dergleichen. Das Mädchen schob sich mutig, aber keinen Widerspruch duldend vor sie und das obwohl Odine keinerlei Waffe besaß, da man ja geglaubt hatte, dass man sich auf sicheren Wegen halten würde.
Ohne weiter auf Odine einzugehen, stieß man diese zur Seite und die Urukais stellten sich direkt vor die Elbe. "Mit oder ohne Gegenwehr, wirst du deinem Schicksal nicht entgehen", knurrte es und unsanft presste sich eine Hand in Eleyas Oberarm.
