Disclaimer: siehe Kapitel 1

Rating: R wegen Gewalt

@ Zita: Äh, wie man gemerkt hat, werden Spiegel noch ne große Rolle spielen und was den Vater betrifft....

@ Ithiliell: Keine Angst, die Vorgeschichte zu Sha'uris Volk und der Sache mit den Elben kommt noch...allerdings häppchenweise *hehehe*

Machod - Ashari

Schon wieder ist es Nacht. Kommt es mir nur so vor oder rasen die Tage tatsächlich dahin. Ich schlafe bis in den Mittag hinein, erschöpft von der Nacht. Erst wenn die verräterische Sonne schon hoch am Himmel stand, gelang es mir mich aus meinen Träumen zu reißen und träge aufzustehen. Vater fällt es nicht auf, zu sehr hängt er seinen eigenen Gedanken nach. Wenn er überhaupt spricht, redet er davon seine Heimat zu besuchen. Dabei erkenne ich die Traurigkeit in seinen Augen. Wohl weiß ich über seine Bannung bescheid. Ich grübele. Immer schien er mir hier glücklich. Selten hat er Machod nach dem Ringkrieg verlassen. Mit Eifer hat er es wieder aufgebaut. Selbst ich kann mich noch an schlechtere Zeiten erinnern. An Mißernten in den ersten Jahren und harte Winter. Doch nun strahlt Machod wieder in seinem alten Glanz.

Einzig die Ruinen der alten Burg stehen noch immer einem Denkmal gleich auf den Grundfesten. Drum herum ist die neue Stadt entstanden. Eine Stadt ohne Wehre und Verteidigungsanlagen. Es sei nicht mehr nötig, so hat er gesagt.

Ich klettere zwischen den Ruinen. Suche die alten Keller auf. Schon als Kind waren mir die Gemäuer vertraut. Ich erreiche den ehemaligen Vorratsraum. Verwesungsgeruch schlägt mir entgegen. Verdammt, ich sollte die Kadaver endlich beseitigen.

Ich hole einige Kerzen hervor und mache Licht. Auf dem Boden gerade an der Stelle, wo meine Mutter gestorben ist, liegen die Überreste meiner letzten Opfer. Ein paar Ratten, Vögel, ein streunender Hund. Das Kerzenwachs auf dem Boden mischt sich mit getrocknetem Blut.

Zu faszinierend waren die Geräusche gewesen, die sie in ihrem Sterben verursacht hatten. Es klang anders. Ein brechender Vogelknochen klang anders als der einer Ratte. Eine Wirbelsäule anders als ein Beinknochen. Das Todesgeschrei eines Huhnes anders als das des Hundes.

Ich lege den Kopf zur Seite und lausche. Selbst die Würmer, die nun die Leichen zerfressen, klingen von Tier zu Tier verschieden.

'Wer weiß', denke ich. 'Wie wohl ein Menschenknochen klingt, wenn er bricht?'

Hat Dir Dein Spiegelbild gefallen, Ashari?

Machod - Teno

Ich beobachte sie. Mit jedem Tag wird sie schöner. Noch so jung und doch schon so stark.

Mir entgeht nicht, daß sie Nacht um Nacht durch die Ruinen schleicht. Kleine Tiere jagt. Danach am Brunnen steht und versucht das Blut unter ihren Fingernägeln wegzuwaschen. Mir ist auch nicht entgangen, wie ihr Vater mit Eifer jeden Spiegel in seinem Haus verhängt und Ashari mit noch größerem Eifer die Tücher wieder herunterreißt.

Ich lächle versonnen. Ich hatte jede Hoffnung verloren. Obwohl noch jung an Jahren, war sie zu alt für die Stimmen. So hatte ich geglaubt. Doch nun war ich mir sicher.

SIE sind wieder erwacht. Fast kann ich ihr Raunen vernehmen, wenn sie an mir vorbeischreitet. Die Stimmen meiner anderen Herrinnen. Als begrüßen sie mich freudig. Noch sind sie leise. Die anderen können sie noch nicht hören. Leben ihr Leben hinter der verhaßten Maske und warten auf den Tag IHRER Wiederkehr. Hoffen, dass dies nicht die letzte Heimat ist. Träumen von Macht...

Noch will ich ihre Hoffnung nicht schüren. Dafür ist das Erwachen noch nicht weit genug vorangeschritten. Zu groß die Gefahr, daß sie ihre Masken leichtfertig fallen lassen und die Menschen sich erinnern.

Ich folge Ashari leise durch die Nacht. Sie ist nicht wachsam genug. Ihr Vater könnte ihr genauso geräuschlos folgen. Ich sollte sie zurechtweisen. Noch braucht sie jemanden, der sie anleitet.

Sie hockt im Sterbezimmer ihrer Mutter zwischen Kadavern, die einen süßlichen Geruch verbreiten. Naja, zumindest hat sie schon gewisse Freuden entdeckt.

„Ashari!"

Sie dreht sich ruckartig um, ertappt, die Angst steht ihr in den Augen.

„Ganz ruhig, Ashari. Hör auf die Stimmen!", versuche ich sie zu beruhigen. Sie blickt mich verständnislos an. Dann scheint sie zu verstehen. Ashari, schsch, er ist einer von uns. Vertrau ihm! Ich deute auf die Kadaver: „Du solltest das da nicht einfach so herumliegen lassen. Ich weiß, es riecht gut. Aber wenn es jemand entdeckt, tauchen nur Fragen auf."

Wie hypnothisiert nickt sie, starrt mir in die Augen. Ich seufze. Also ist sie noch nicht soweit hinter die Maske zu sehen. Nun gut, das würde sie auch noch lernen. Ich lasse einen Augenblick meine Konzentration fallen, zeige ihr meine wahre Gestalt.

Kurz steigt Panik in ihr auf, dann geht ein Zittern durch ihren Körper und ich höre den sanften Widerhall der Stimmen in ihren Gedanken. Sie lächelt. Mit einem versonnenen Gesichtsausdruck steht sie auf und tritt einen Schritt auf mich zu. Ihre Augen beginnen zu leuchten und ich entdecke Risse in ihrer Fassade. Also waren SIE tatsächlich erwacht, daran gibt es nun absolut keinen Zweifel mehr.

Ich nähere mich ihr bis auf einen halben Meter und strecke ihr den linken Arm entgegen. Sie blickt fasziniert darauf.

„Nur zu, Ashari. Ich weiß, daß Du es willst."

Wieder Verständnislosigkeit in ihren Augen.

„Brich ihn mir! Du willst doch wissen, wie es sich anhört, oder?"

Noch steht Abscheu in ihrem Gesicht. Abscheu, die sich allmählich in Vorfreude wandelt: „Darf ich... wirklich?"

Ich lächle ihr ermutigend zu: „Aber ja doch!"

Sie ergreift meinen Arm, betastet ihn behutsam. Ist nicht imstande ihren Blick abzuwenden. Plötzlich, mit einer ruckartigen Bewegung, bricht sie ihn. Der zersplitterte Knochen bohrt sich durch mein Fleisch, dringt durch die blaße Haut.

Asharis Gesicht ist entspannt. Das Geräusch meines zerberstenden Knochen hat sie verzückt. Dankbar nickt sie mir zu.

„Und jetzt!", sage ich bestimmt. „Räum die Unordnung hier auf! Du mußt Dich noch an gewisse Regeln halten. Es ist zu früh, entdeckt zu werden. Die Zeit ist noch nicht reif." Mit diesen Worten wende ich mich um, verlasse die Ruinen wieder. Unbeachtet pendelt mein gebrochener Arm an der Seite. Ich muß wohl einen der menschlichen Heiler aufsuchen. Diese Körper zu reparieren ist so unnötig kompliziert....

Caradhras - Legolas

Schnee, Unmengen von Schnee. Das Weiß brannte in meinen Augen. Und dumpf hallten die Schreie jener Kreaturen in meinem Kopf wieder, die Saruman als Späher ausgeschickt hatte uns zu finden.

Verlor ich allmählich den Verstand. Ich hatte ihre krächzenden Laute gehört, bevor ich den Schwarm mit meinen Augen hatte entdecken können. Sanft klangen sie, umschmeichelnd. Fast gurrend waren ihre Lockrufe gewesen und meine Beine hatten kaum an sich halten können. Zu gerne wäre ich ihnen entgegengerannt, ließen sie mich doch glauben, zu ihnen zu gehören. Erst im letzten Moment hatte mein Verstand gesiegt, hatte die Gefahr gespürt und ich war, den anderen gleich, in die Schatten der Felsen gesprungen, um nicht entdeckt zu werden.

Wer wußte schon, über welche Mächte Saruman verfügte? Ob es ihm möglich war, in meine Gedanken einzudringen, mich innerlich zu vergiften?

Immer schwerer fiel es mir, den Weg fortzusetzen. Über den Caradhras, den eisigen Berg. Der Kälte widerstehen und den Gedanken, die mich immer öfter befielen.

Sah ich die Hobbits an, erblickte ich nur schwatzende, langsame, nervende Winzlinge. Der Zwerg war mir schon von Anfang an zu wider. Boromirs gierige Blicke auf den Einen Ring weckten Eifersucht. Aragorns Erhabenheit erschien mir einfach nur noch lächerlich. Und Gandalfs Führungsansprüche waren schlicht haltlos. Wie oft mußte ich mich zusammennehmen, um nicht einem von ihnen einfach den Hals umzudrehen...

Ich war erfüllt von Scham, ob dieser Gedanken. Gandalf oder Aragorn von diesem Frevel zu erzählen, war unvorstellbar. Eher wäre ich im Boden versunken.

Ich versuchte mich auf die Umgebung zu konzentrieren, lief voraus und spähte durch das Schneegestöber nach Gletscherspalten und Feinden. Die Kälte nagte an meinen Knochen, viel schlimmer mußte es den Hobbits gehen.

Das Raunen der Stimmen in meinem Kopf war nunmehr allgegenwärtig. Es fand sich in den Geräuschen der Schritte im knirschenden Schnee, dem schweren Atem des Zwerges, den aufeinanderprallenden Schneeflocken...

Ich drückte sie mühsam nieder, hörte nicht auf ihre Worte, nahm nur noch den bloßen Klang war.

War ich der einzige, der die schleichenden Schatten bemerkte, die über die Landschaft krochen? Sie tauchten das beißende Weiß in Dunkelheit, trieben auf mich zu...

Ich schüttelte den Kopf, schloß die Augen, atmete tief durch. Es half nichts. Die Schatten verschwanden nicht. Sie zogen Kreise um unsere Gruppe. Entsetzt beobachtete ich, wie sie sich langsam erhoben und Gestalt annahmen. Vor mir im tobenden Sturm der Schneeflocken manifestierten sich Kreaturen. Unzählige Kreaturen. Tausend Kreaturen.

Sie waren abscheulicher als jedes Wesen, daß ich in meinem Leben erblickt hatte. Verstümmelte Körper in Lumpen. Tausend grün schimmernde

Augenpaare stierten mich an, aus Gesichtern von Würmern zerfressen. Und durch die Überbleibsel des verfaulten Fleisches strahlte schwarzes Licht. Sie schlurften langsam auf mich zu und ich hörte ihre Stimmen, lauter als die Welt. Legolas, Freund, hab keine angst. Du brauchst nichts zu befürchten. Legolas.

Ich wich zurück, als mein Blick an einer Stelle haftenblieb. Mitten unter ihnen, genauso verunstaltet wie sie, erblickte ich...mich.

Machod - Teno

Ich kochte vor Wut. Mit langen, lauten Schritten stürmte ich aus der Burg, die angstvollen Blicke der Menschen ignorierend. Sie wichen vor mir zurück, kannten sie doch keinen von uns in solcher Gemütslage. Wie sollten sie wissen, zu was wir fähig waren?

Ich lief zu den Ställen, schubste ein, zwei Bauern achtlos zur Seite, die nicht den Verstand besaßen rechtzeitig genug aus dem Weg zu gehen.

Mein Pferd stand in den hinteren Ställen und ich konnte schon von weitem sein nervöses Wiehern hören. Ich packte es bei den Zügeln, schwang mich empor und trat dem Hengst hart in die Seiten. Ich wollte nur weg von hier, weg von IHR.

Mehr als eine Stunde muß ich geritten sein, das Pferd immer weiter antreibend, indem ich es in die Seite trat und schlug. Schließlich spürte ich wie die Energie in dem muskulösen Körper des Pferdes schwand. Kurz bevor es drohte unter mir zusammenzubrechen, sprang ich ab. Und landete weich auf nachgebenden Waldboden. So widerlich weich. Genau wie Sha'uri. Zu lange hatte sie unter den Menschen gelebt. Nicht nur daß sie sie akzeptierten, sie mochte dieses schwache Volk sogar, anstatt sie als Mittel zum Zweck zu sehen. Ich stürmte auf zwei Bäume zu und fällte sie mit einem Schlag meiner Hand.

Doch das war nicht einmal das schlimmste. Sha'uri hatte ihr Volk verraten. Mit gesengtem Kopf hatte sie mir davon erzählt. Ausgerechnet ein Elb! Anstatt einen von uns, hatte sie einen vom verhaßten Volk gewählt. Ich sprang auf einen niedrigen Felsen zu und sprengte ihn mit meiner Faust.

Legolas war nicht der erste Elb, der Sha'uri verfallen war. Mir war nicht der wahre Grund entgangen, warum ausgerechnet Sha'uri selbst als Botin nach Bruchtal aufbrach. Doch der Elbenlord würde eines Tages seinen Zweck erfüllen. Legolas hingegen am Leben zu lassen, war sinnlos, er hatte seine Aufgabe vollbracht. Doch Sha'uri hatte ihn nicht getötet, hatte zwar sein Herz genommen, aber nicht vom süßen Geschmack seines Blutes zu kosten. Hatte sich nicht daran gelabt.

Stattdessen lief der Elb nun lebendig durch Mittelerde. Den einzigen Trost den ich empfinden konnte, waren die Schmerzen, die ihn nun quälen mußten. Die Stimmen waren zu gewaltsam für sein zartes Gemüt, er konnte ihnen nicht widerstehen und es war nur eine Frage der Zeit bis sein Verstand an ihnen zerbrechen würde. Ich lächelte bei dem Gedanken, was er wohl empfand wenn er jetzt in einen Spiegel blickte.

Ein leises Knacken im Unterholz erweckte meine Aufmerksamkeit. Zwischen den Bäumen erkannte ich einen der Menschen. Ein junger Jäger, ein frisch erlegtes Reh baumelte über seinen Schultern. Er trat auf die Lichtung und betrachtete verwundert die Schäden, die meine Wut angerichtet hatte. Dann erblickte er mich und lächelte freundlich.

Er war jung, kräftig, frisch. Genau das, was ich jetzt brauchte. "Ah, Taron. Komm her junger Jäger Machods, ich habe etwas mit Dir zu besprechen."

Er legte das Reh ins feuchte Gras und kam leichten Fußes auf mich zu. Sein Lächeln erstarb und verwandelte sich in Entsetzen, als ich ruhig meine Maske fallenließ. Welche Wonne ihn so zu sehen. Ich entzückte mich daran, all den Geräuschen lauschen zu dürfen, die der Sterbende verursachte.