Disclaimer: siehe Kapitel 1

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A/N: Ja, Zita, wir sind eine seltsame Zusammenrottung. Ist ja auch egal. Aber wie kommst Du auf die Idee, Ashari wär mein Hauptchara (obwohl, wenn ichs mir recht überlege)?

Jetzt kommt ein klitzkleiner Zeitsprung. Ich denke Legolas hat schon genug zu leiden, da lasse ich ihn in den Mienen von Moria mal in Ruhe und wir hüpfen direkt nach Lorien.

Lothlorien - Galadriel

Einer von ihnen war gegangen. Entschwunden in die Schatten. Gandalfs Tod schwang als tiefe Trauer in ihren Seelen wieder. Und man sah es in der Art wie der Schmerz ihre Schritte beschwerte und ihre Schultern niederdrückte.

Der Graue war gegangen im Kampf gegen den Balrog, jene finstere Kreatur, die in den Abgründen Morias lauerte, von der Habgier der Zwerge geweckt. Ohne den Zauberer war der Weg der Gefährten noch beschwerlicher, noch aussichtsloser, denn sie hatten seiner Führung vertraut, seinem Wissen.

Nun waren es nur noch die vier Hobbits, die beiden Menschen, der Zwerg und der Waldelb. Acht Gefährten, die in mein Reich kamen, Zuflucht zu suchen, Rast und Ruhe nach den Entbehrungen der Reise. Und es war etwas anderes unter ihnen, dessen war ich mir bewußt. Noch vermochte ich es nicht zu erkennen, doch tief in meiner Erinnerung hallten längst vergessene Gesänge wieder.

Der Aufenthalt in Lorien würde den Gefährten jedoch nicht nur Gelegenheit bieten ihre Kräfte aufzutanken, sondern ich könnte dem unbestimmten Gefühl nachgehen, etwas altes, böses schlüge an die Grenzen der Wälder. Und habe von einem der Gefährten Besitz ergriffen.


Bruchtal - Elrond


Ich spürte die Erschütterungen. Gandalf der Graue war auf der Reise in die Schatten entschwunden. Wie würden sich die Gefährten auf ihrer Reise weiter bewehren? War ohne Gandalf das Unternehmen nicht schon gescheitert? Ich blickte über Bruchtal und versuchte die Vorzeichen der Zukunft zu deuten. Zu viele mögliche Wege lagen vor dem Ringträger, zu viele mögliche Gefahren lauerten in der Dunkelheit. Ich vermochte keine Aussage zu treffen.

Ich grübelte über das Danach. Was wenn Sauron vernichtet, der Ring zerstört? Wie würde Mittelerde nach dem zweiten Ringkrieg aussehen? Wenn Aragorn den Thron ersteigen würde, wäre es ihm möglich Mittelerde zu einen?

Und es gab eine weitere Frage. Wenn auch Machod den Krieg überstand, würde sich Sha'uris Volk mit dem kleinen Reich zufrieden geben. Dreihundert Jahre lebten sie nun schon in dem engen Tal, rasteten, beobachteten und schmiedeten wahrscheinlich Pläne, die letzte Heimat zu erobern...

Ich kehrte zurück in meine Bibliothek. Aus dem oberen Regalen raffte ich einige Pergamente zusammen. Es war Geschichte, Sha'uris Geschichte. Sie hatte mir den Weg ihrer Ahnen fein säuberlich niedergeschrieben. Jedes Dorf aus dem sie vertrieben worden waren, jedes Gebiet, das sie durchquert hatten. Das ewige Fliehen, Ziehen bis zurück zu der ersten Heimat und den Elben, die sich gegen Sha'uris Volk vereint hatten. So viele elbische Namen, alle aus dem unsterblichen Gedächtnis der jungen Frau. Es waren viele Namen darunter, die ich kannte. Alte Namen. Doch nur einer stach hervor und brannte in meinen Augen.


Lothlorien - Galadriel


Lang war es her. So lang, daß selbst ich tief in meiner Erinnerung forschen mußte, dem eigenartigen Gefühl auf den Grund zu gehen, das mich seit der Ankunft der Gefährten ergriffen hatte. Es war ein Gefühl von Hass. Hass und einem seltsamen innerlichen Zurückweichen. Vielleicht Angst? Etwas war damals geschehen. Etwas von dem niemand mehr sprach, weil es zu... abwegig war? Ich strich unruhig durch die Wälder ein Geräusch zu finden, einen Geruch oder ein Gefühl, das meine Erinnerungen wecken konnte. Ich öffnete meine Sinne, fühlte die Kühle der Nacht, die Präsenz der Bäume, den weichen Boden unter meinen Füßen...

Weicher Boden unter meinen Füßen. Ich muß noch jung gewesen sein, so jung, daß sich die Ereignisse im Strudel der Zeit mit den Märchen der nachfolgenden Generationen vermischt hatten. Jung, aber alt genug ein Schwert zu tragen. Ich hielt es blind vor mich, immer in der Erwartung eines plötzlichen Angriffs. In der Luft hing der Geruch von verbranntem Stroh und - süßlich - verkohltem Fleisch. Wo sind nur die anderen, dachte ich beunruhigt. Eben waren sie noch an meiner Seite gewesen. Jetzt konnte ich sie nicht mehr spüren. Ich war allein. Allein, durchnäßt, frierend.

Ich tastete mich voran auf dem durchweichtem Boden. Mehrmals drohte ich zu stolpern, doch immer wieder fand ich rechtzeitig genug das Gleichgewicht wieder. Kaum konnte ich meine Augen öffnen, sie waren so schwer. Ich beugte mich hinunter und schöpfte etwas Wasser aus einem Rinnsal am Boden um mir mit meiner freien Hand das Gesicht zu waschen. Ich rieb meine Augen, versuchte sie zu öffnen. Einen Moment schloß ich sie wieder, geblendet von der schwachen Sonne. Dann blinzelte ich und starrte vor mich auf den Boden. Meine nackten Füße waren besudelt. Alles war besudelt. Der Boden, meine Füße, meine Kleidung, mein Gesicht, alles war rot von Unmengen von Blut. Ich drehte mich entsetzt um die eigene Achse, nahm jetzt neben den tausenden Rinnsalen aus rotem Lebenssaft die toten Körper war. Leichen, so viele Leichen. Bis an den Horizont erstreckte sich das Heer der Toten, nicht nur getötet, dahingemetzelt. Zerfleischt. Zerfetzt.

Ich blickte auf das Schwert in meiner Hand. Getrocknetes Blut verhüllte seinen einstigen Glanz. Ich erstarrte. Das waren wir gewesen. Wir...

Ich erwachte aus der Vision. Keine Vision, nur Erinnerungen an die Vertreibung IHRES Volkes. Längst hatte ich all das aus meinem Denken verbannt gehabt. Hatten mich alte Sorgen nicht mehr belästigt.

Doch nun war er aufgetaucht. Ich wußte, es war der Waldelb Legolas, der die Stimmen in seinem Herzen trug, sie bis an die Grenzen Lothloriens getragen hatte. Aber dies war mein Reich. Hier hatten sie keinen Zugang, konnten keine Gedanken vergiften.

Ich streifte weiter durch die Wälder. Zu lang hatte ich IHR Volk nicht mehr beachtet. Zu lang.

Lothlorien - Aragorn


Wir waren in Sicherheit. Zumindest für den Moment. Zu acht ohne Gandalf hatte wir die uralten Wälder von Lothlorien erreicht. Nach den Abgründen von Moria, jenen tiefen Minen, die mehr als nur Orks beherbergten, konnten wir endlich zur Ruhe kommen, wenigstens für ein paar Tage. Oder vielleicht auch mehr, wenn sich unsere Abreise so lange hinauszögern ließ. Der Ring mußte vernichtet werden, doch noch war Sauron nicht auf dem Höhepunkt seiner Stärke. Es schien mir angebrachter zu rasten und abzuwarten, anstatt sich ausgelaugt auf den gefährlichen Rest der Reise zu begeben.

Die anderen Gefährten, besonders die Hobbits waren über diese Entscheidung erfreut. Zu nah noch waren die Geschehnisse an der Brücke von Khazad-Dum und der furchtbare Tod Gandalfs. Auch Galadriel und Celeborn waren von der Nachricht erschüttert. Gern ließen sie Quartiere für uns herrichten. Am Abend unserer Ankunft klang ein Trauerlied durch die Baumkronen der Waldstadt.

Wir schliefen die nächsten Tage fast durchgehend. Begierig genoßen wir warme Bäder und gutes Essen. Die Reise hatte uns ausgezerrt, dabei hatten wir erst einen kleinen Teil des Weges hinter uns gebracht. Tagsüber streiften wir einzeln durch die Umgebung, ließen die Schönheit der Wälder auf uns wirken. Mir war nicht viel zum Reden zumute. Mehr verbrachte ich die Tage in Erinnerungen an Gandalf. Nun war es an mir, Frodo zum Schicksalsberg zu führen.

Den anderen sah man die Erholung bald an. Die Hobbits begannen wieder munter durcheinander zu reden. Gimli hatte anscheinend seine Meinung hinsichtlich der Elben geändert - zumindest war nun ab und an ein positives Wörtchen über sie aus seinem Mund zu hören. Boromir verbrachte die Tage damit, zusammen mit einigen der Elben im Wald Wild zu jagen. Und selbst Legolas war gesprächig. Er wirkte befreit von schier unendlicher Last. Was immer sein Gemüt belastet hatte, schien sich verflüchtigt zu haben.

Eines Abends gesellte ich mich zu den anderen Gefährten, die zusammen mit einigen Elben in der Mitte der Stadt zusammenstanden und sich leise, aber ausgelassen unterhielten. Ich lächelte Frodo zu, der gerade Merry und Pippin eine von Bilbos vielen Geschichten erzählte.

Legolas stand zusammen mit Gimli und Haldir an einem kleinen Lagerfeuer und hörte schräg lächelnd dem Zwerg zu, der Haldir von den Vorzügen einer Axt zu überzeugen suchte. Ich winkte den Elben unauffällig zu mir. Wir gingen zusammen ein paar Meter, bis wir außer Hörweite der anderen waren.

*Euch scheint es besser zu gehen, mein Freund.*, bemerkte ich knapp.

Er sah mich verwundert an: *Ihr habt die Beobachtungsgabe eines Elben. Es ist wahr. Seit wir Lothlorien betreten haben, verfolgen mich keine Träume mehr. Und auch nichts anderes.*

Ich runzelte die Stirn: *Nichts anderes?*

Er zögerte. Offenbar überlegte er, was er sagen sollte: *Es ist... Ich habe Stimmen gehört. Viele Stimmen, tausende. Zuerst nur in den Träumen. Doch nach und nach erreichten sie mich auch im Wachzustand. Außerdem sah ich ... hatte ich Halluzinationen. Schreckliche Visionen.

Jetzt aber, schweigen die Stimmen. Alles ist wieder gut.*

Ich zündete meine Pfeife an: *Ihr hättet mit Gandalf reden sollen, bevor er in die Schatten fiel. Das was Ihr mir erzählt, beunruhigt mich. Wer weiß, warum dies alles geschieht. Lothlorien mag Euch im Moment vor diesen Stimmen bewahren. Doch wir werden nicht ewig hier verweilen. Und ich befürchte fast, daß die Ruhe dann für Euch vorbei ist. Sagt mir auf jeden Fall bescheid, wenn irgendetwas passiert.*

Er nickte. In seinen Augen sah ich einen sanften Widerhall von Angst. Er lächelte schief, drehte sich um und gesellte sich wieder zu den anderen.


Lothlorien - Legolas

Die Stimmen waren gegangen. In dem Moment als wir Lothlorien betraten, erfaßte mich ein sonderbares Gefühl. Der Wald brüllte. Die Bäume knarrten ohrenbetäubend, das Zwitschern der Vögel stürzte auf mich ein. Die Konturen der Umgebung zeichneten sich unerträglich scharf ab. Und der Geruch! Feuchte Erde, Moos, Blumen, Laub ließen Übelkeit in mir aufsteigen. Die Kleidung auf meiner Haut schien sich in mein Fleisch zu schneiden. Die Intensität der Sinneseindrücke ließ mich kurz taumeln. Dann gewöhnte sich mein Körper daran. Es war nicht anders als sonst. Nur hatte die ständige Anwesenheit der Stimmen meine Wahrnehmung betäubt. Hatte ich fast vergessen, wie die Welt wirklich war. Doch nun waren sie fort.

Im selben Maß, in dem mich die Geräusche und Gerüche des Waldes im ersten Moment überwältigt hatten, erfreuten sie mich jetzt. Alles wieder so sehen, hören, riechen und fühlen zu können, wirkte befreiend.

Wir blieben vorerst in Lothlorien. Die kleinen Häuser, die die Elben uns als Quartiere zur Verfügung stellten, waren schlicht doch bequem eingerichtet. Fast instinktiv verhang ich den einzigen Spiegel in den Räumen und als ich mich am ersten Abend in ein heißes Bad gleiten ließ, achtete ich darauf nicht auf die Wasseroberfläche zu schauen.

Die nächsten Tage schlief ich fast ununterbrochen. Ruhiger, traumloser Schlaf umhüllte mich. Die Schrecken der letzten Wochen verloren an Bedeutung, nur Gandalfs Tod zerrte unvermindert stark an meinem Herzen. Ich verdrängte den Gedanken an die Abreise. Ich versuchte mir einzureden, daß was auch immer von mir Besitz ergriffen hatte, in die Schatten entschwunden war.

Abends saß ich oft mit Gimli und den Hobbits zusammen. Aragorn hing eigenen Gedanken nach und Boromir streifte fast jeden Tag mit einigen Elben durch die Wälder. Es war offensichtlich, daß er uns und vor allem Frodo aus dem Weg ging.

Als Aragorn mich ansprach, hatte ich die Stimmen fast vergessen. Unvermittelt drängten sich die Gedanken wieder an die Oberfläche und es war mir unbegreiflich, daß sie beinahe meiner Erinnerung entschlüpft waren. Ich streifte nach dem Gespräch durch die nahe Umgebung und versuchte mich an Einzelheiten der Träume und Halluzinationen zu entsinnen. Doch wie sehr ich mich auch bemühte, immer wenn ich glaubte eines der Bilder wieder vor Augen zu haben, löste es sich in Luft auf. Allein an das Gefühl, das mich erfaßt hatte, konnte ich erinnern. Wogende Angst, gemischt mit Abscheu und ...war es wirklich Sehnsucht?



Ich blieb unvermittelt stehen. Vor mir, keine zehn Schritt entfernt, befand sich Galadriels Spiegel. Ohne mir Gedanken um den Weg zu machen, den ich beschritt, war ich direkt hierher gelaufen. Ich wagte nicht, mich zu bewegen. Der Spiegel übte eine betörende Faszination aus. Zugleich widerte mich der Gedanke an, in einen Spiegel, magisch oder nicht, zu blicken.

*Ihr seid es, Legolas!*, vernahm ich Galadriels weiche Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und blickte in das Gesicht der Elbenkönigin. Das schwache Licht des aufgegangenen Mondes verfing sich in ihren Haaren und ließ sie strahlen. Galadriel schritt langsam auf mich zu.

*Ich habe Euch beobachtet, Legolas.* Erst jetzt nahm ich die Karaffe in ihren Händen wahr. Sie schwebte scheinbar zu dem Spiegel und goß bedächtig Wasser in das flache Becken. Ich wich unwillkürlich zurück. Galadriel bemerkte meine Reaktion aus den Augenwinkeln und ich konnte ein mildes Lächeln auf ihren Lippen bemerken.

*Wie nennt SIE sich jetzt?*, fragte sie leise. Ich runzelte verwirrt die Stirn.

*Wen meint Ihr?*

Galadriel drehte sich zu mir und erforschte mein Gesicht: *Die Frau, die Euer Herz gestohlen hat, Legolas.*

Ich schüttelte nur den Kopf.

Sie trat an mich heran: *Ihr wißt, wen ich meine, Legolas. Die Frau, deren Volk die Elben so sehr haßt. SIE tragen immer die selben Namen. Welcher ist es? Shanaru? Noruu? Shatauri?* Sie zischte die Namen.

Ich verstand. Fast automatisch erwiderte ich: *Sha'uri.*

Sie lachte: *Nun ja, auch IHRE Sprache hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Durch viele Länder sind SIE seither gewandert.*

Ich zögerte einen Moment: *Sie hat mir erzählt Elben hätten ihr Volk einst vertrieben. Ihr wart eine dieser Elben, nicht wahr?*

Galadriel nickte mit einem versonnenem Lächeln: *Ja. Das ist lange her.*

Mich fröstelte beim Klang ihrer Stimme: *Warum habt Ihr sie vertrieben?*

Sie runzelte verwirrt die Stirn: *Ich weiß es nicht mehr.*, erwiderte sie unsicher.

*Ihr wart dabei als ein ganzes Volk vertrieben wurde und könnt Euch nicht mehr an den Grund dafür erinnern?*

Sie richtete sich auf: *Nein. Aber das spielt auch keine Rolle. Nur das Hier und Jetzt ist wichtig. Und die Zukunft. Sha'uri hat Euch Euer Herz genommen, Legolas. Mehr noch. Indem Ihr Euch auf SIE eingelassen habt, habt Ihr IHREM Volk Stärke gegeben. Eine Stärke, die SIE nie wieder hätten besitzen dürfen. Wir haben es damals versäumt dieses... Problem entgültig aus Mittelerde zu tilgen. Wir dachten, SIE seien zu schwach je wieder Schaden anzurichten. Doch ich befürchte, durch Euer Handeln werden SIE eines Tages die letzte Heimat in Anspruch nehmen.*

*Die letzte Heimat?*, fragte ich leise.

Galadriel hob ihre Stimme: *Mittelerde. Mit weniger werden SIE sich nicht zufriedengeben. SIE werden nicht länger ruhen bis Mittelerde allein IHNEN gehört.*

Ich schüttelte ungläubig den Kopf: *Aber wer sind SIE?*

Wieder sah ich in ihren Augen Unsicherheit: *Ich weiß es nicht mehr.*

Sie nahm meine Hand und führte mich zu ihrem Spiegel. Ich blieb wie angewurzelt stehen. Sie strich sanft über meinen Arm: *Schau in den Spiegel, Legolas.*

*Nein!*, antwortete ich barsch, als Erinnerungen auf mich einfluteten. Der Gedanke wieder in einen Spiegel zu sehen, noch dazu diesen, um dessen Fähigkeiten ich wußte, verursachte Übelkeit in mir.

Sie überlegte einen Moment: *Die Stimmen haben also zu Euch gesprochen, Legolas. Aber hier seid Ihr sicher vor Ihnen. Lothlorien können sie nicht erobern.*

Ich schüttelte energisch den Kopf: *Aber Euer Spiegel zeigt nicht nur Lothloriens Wälder.*

Sie nickte: *Also werde ich für Euch in den Spiegel sehen, wenn Ihr einverstanden seid, Legolas?*

Ich stimmte stumm zu. Galadriel stieg die niedrigen Stufen zum Spiegel empor und blickte ruhig auf die Wasseroberfläche. Sekunden geschah überhaupt nichts, als sich plötzlich ihre Miene verzerrte und sie vom Spiegel weggeschleudert wurde. Regungslos blieb sie am Boden liegen. Ich eilte zu ihr und rüttelte sie sanft: *Galadriel, wacht auf. Galadriel!*

Sie öffnete die Augen und lächelte gequält: *Es ist wahrlich zu spät, Legolas. Die Geschehnisse lassen sich nicht mehr aufhalten. Euer Herz ist verloren.*

Sie richtete sich auf: *Es ist Zeit für Euch zu gehen. Die Gefährten sollten ihren Weg fortsetzen. Morgen werdet Ihr aufbrechen.*

Damit erhob sie sich und schritt eilig hinfort. Ich blickte ihr nach und Kälte erfüllte mein Inneres.


Lothlorien - Galadriel


Nie hatte mich der Spiegel weggestoßen. Er hatte mir im Laufe der Zeit viele Dinge gezeigt. Doch nie war eine Vision von solch einer Heftigkeit gewesen. Es war mir kaum möglich die einzelnen Bilder zu trennen und zu einem sinnvollen Ganzen zusammenzufügen. Bilder der Vernichtung, des Leid, der Dunkelheit. Aber keine Antworten. Wie erschreckend das Spiegelbild auch gewesen sein mag, es sagte mir nichts. Es war Legolas Zukunft gewesen, das wußte ich. Jedoch ahnte ich, daß sein Schicksal eng verwoben mit dem von ganz Mittelerde war.

Ich konnte nicht schlafen diese Nacht. Die Gefährten würden auf mein Geheiß aufbrechen und sich auf den Weg zum Schicksalsberg begeben. Doch wenn die Zukunft so finster war, wie ich es gesehen hatte, welchen Sinn machte dann die Zerstörung des Ringes noch. War es nicht besser, das Licht, solange es noch strahlte, zu genießen, anstatt die acht auf eine Reise voll Entbehrungen zu schicken. Auch Sam und Frodo hatten in den Spiegel geschaut. Auch ihre Visionen waren erfüllt mit Dunkelheit. Warum nicht einfach aufgeben?

Nein!, dachte ich mir. Noch bestand Hoffnung. Der Spiegel zeigte nur eine Möglichkeit. Vielleicht ließen sich die Dinge doch noch lenken. Auf jeden Fall war es besser bis zum Ende zu kämpfen.

Der Morgen brach an und die Gefährten schickten sich an Lothlorien zu verlassen. Ich überreichte einige Gaben, die ihnen den Weg erleichtern sollten. Lieber hätte ich ihnen meinen Rat mit auf den Weg gegeben, doch war ich mir nicht einmal selbst über das Werden im klaren. Allein Legolas gab ich einen letzten Rat. Er kam auf eine Geste von mir herüber und blickte mich erwartungsvoll an.

*Legolas, nehmt Euch in acht. Versucht nichts von dem, was Ihr auf der Reise erfahren werdet zu vergessen. Die Ahnungslosigkeit ist manchmal verlockend, aber tückig. Und den Dolch, den Ihr bei Euch tragt. Legt ihn nicht ab. Gebt ihn niemand anderen in die Hände. Er ist alt und gefährlich. Ihn nicht zu tragen, könnte jedoch Euer Verderben sein.*

Er setzte zu einer Antwort an, doch ich legte ihm ruhig den Finger auf die Lippen. Dann wand ich mich um und verabschiedete die Gefährten.