Disclaimer: siehe Kapitel 1
Rating: PG-13 wegen Horror
A/N: Alle Dialoge in Sindarin "".
Serena, sorry, ich weiß, ich brauch mitunter ewig für neue Kapitel, aber leider hat mich das wahre Leben fest im Griff und verursacht nicht nur Zeitmangel, sondern auch (und ich hoffe, das hab ich erst mal hinter mir) Schreibblockaden. Dafür gibts wie versprochen auf ein Review (DANKE!) ein neues Kapitel.
Legolas - Machod
Ich starrte entsetzt in mein Spiegelbild. Ehe ich mich abwenden oder davonlaufen konnte, verschwamm die Welt um mich herum. Sha'uri wurde zu einem vagen Schemen und löste sich schließlich auf. Der Raum verlor alles an Farbe und Licht und schließlich fand ich mich in absoluter Dunkelheit wieder. Meine Ohren schienen taub. Kein Geräusch war zu hören, nicht einmal das Pochen meines wild schlagenden Herzens konnte ich vernehmen. Das Blut gefror mir in den Adern. Wo immer ich mich auch befand, ich war allein. Ich sog Luft in meine Lungen, die kalt und undurchdringbar schien. Die Kälte war allgegenwärtig, stach Millionen Nadeln gleich in meine Haut. Ich setzte vorsichtig einen Fuß vor den anderen. Scheinbar bewegte ich mich vorwärts, doch kein Lufthauch streifte mein Gesicht, nichts schien unter meinen Füßen zu sein, kein Boden.
Die Stille quälte mich. Ich klatschte fast panisch in die Hände. Spürte nicht das Aufeinandertreffen meiner Handflächen, kein Laut. Ich öffnete meinen Mund, doch nur ein Wimmern entfuhr meiner Kehle. Nicht das ich es gehört hätte. Ich spürte nur das Vibrieren meiner Stimmbänder. Ich schrie lautlos in die Stille hinein. Schlug um mich. Nichts. Kein Laut.
Mein Atem ging schneller, und doch konnte ich nicht sagen, ob sich meine Lungen überhaupt noch mit Luft füllten. Ich bohrte meine Fingernägel in die Handflächen, doch kein Schmerz.
Ein Gedanke reifte langsam und träge in meinem Bewußtsein. Erreichte widerwillig die oberen Schichten meines Bewußtseins. Ich war in die Schatten gefallen. Der Anblick meines Spiegelbilds hatte mir den letzten Lebensfunken ausgehaucht. Ich war geschwunden, von einem Moment zum anderen. Doch warum stand ich nicht in Mandos Hallen? Warum war ich hier in kalter Dunkelheit?
Ich versuchte mich an die letzten Minuten zu erinnern. Bevor ich in den Spiegel geschaut hatte. Sha'uri hatte erzählt. Mit ruhiger Stimme. Hatte mich in ihrem seltsamen Sindarin eingewoben. Ich verfluchte mich selbst, daß ich zugelassen hatte, daß sie mir wieder so nahe kam.
Die Kälte drang im tiefer. Noch einen Moment länger, glaubte ich, und ich müsse erfrieren.
Licht erstrahlte und ich kniff unwillkürlich die Augen zusammen. Langsam öffnete ich sie wieder und erkannte grünschimmernde Augen in der Dunkelheit, die mich blendeten.
"Ssch!", das leise Hauchen ließ mich taumeln, so laut erschien es mir. Das Strahlen der Augen verebbte, doch das grünliche Licht, das sie verbreitet hatten blieb, hing weiter in der Luft.
Ich betrachtete mein Gegenüber ungläubig. Erinnerungen krochen langsam meinen Rücken empor. Gedankenblitze ließen mich zusammenzucken. Ich hatte ihn schon einmal gesehen. Oben auf dem Gipfel des Caradhras, als die Stimmen auf mich eingestürmt waren und tausend finstre Gestalten mich bedroht hatten.
Sein dunkelblondes Haar hing in wirren Strähnen ungebändigt um den Kopf. Die Augen grün, umrandet von roten Lidern. Einzelne Hautfetzen pellten sich faulig von Fleisch. Und dennoch. Dieser Mann hatte meine Gesichtszüge, konnte mein Zwilling sein.
Er lächelte ein verstümmeltes Lächeln, streckte seine knochige Hand nach mir aus, legte sie mir auf den Arm. In einer absurd beruhigenden Weise.
Ich keuchte. Hörte mein Keuchen. Fand eine einzelne logische Frage inmitten des Gefühlschaos, das mein Denken bestimmte: "Wer bist Du?"
Mein Ebenbild seufzte und strich mir über den Arm, wie man ein Kind tröstete: "Der, der wär, gäb es ihn und nicht nur die schwindende Erinnerung an den toten Vorfahr, als die Ahnenreihe endete."
Ich spürte meine Füße nicht mehr, nahm kaum wahr, wie ich endlos langsam in die Knie ging: "Was?", meine Stimme war kaum ein heiseres Wispern.
Er folgte mir in die Knie und musterte mich neugierig: "Als die Sonne vergaß den Mond zu grüßen und ihre Strahlen nicht zu übertreffen waren, verendete der letzte meiner Vorfahren in der Hitze ohne ein Kind gezeugt zu haben und seitdem warte ich."
Ich erschauerte in der Kälte: "Worauf?"
Mein Gegenüber runzelte verwirrt die Strin: "Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Daß jemand kommt und mich von der Dunkelheit befreit?"
Er hob langsam den Arm und nahm mein Kinn zärtlich in seine tote Hand: "Aber Du wirst mich nicht befreien, oder?"
Seine Berührung brannte wie Feuer und dennoch schmiegte ich mein Gesicht enger in seine Hand. Einen Augenblick hörte ich nur unseren Atem, der seltsam gleichförmig in der Dunkelheit widerhallte: "Ich verliere den Verstand."
Er strich mir behutsam über den Kopf. Dann legte er mir einen Arm um die Schultern und begann mich sanft zu wiegen: "Verloren ist der Verstand von Anfang an. Bemühen sich die Lebenden doch bis zu ihrem Tod ihn zu finden. Nur ist da nichts."
Ich sah mich um, konnte noch immer nichts anderes erkennen als mein Gegenüber und das matte grüne Leuchten, daß die Luft selbst zu sein schien: "Wo sind wir hier?"
Er blickte um sich, überlegte einen Moment, schien sich selbst orientieren zu müssen: "In den Schatten. Hier warten wir.", seine Stimme hatte einen festen Klang, fast als wäre es die einzig sichere Erkenntnis.
"Wir?"
"Ja, jeder für sich allein. Ein Jeder schreit sein Leid in die Schatten und hofft von den seinigen gehört zu werden. Aber es kommt keine Antwort. Ich habe nie eine Antwort bekommen."
Mein Herz stach, als ich begann seine Worte zu verstehen: "Aber DIE Stimmen..."
Er blickte mich an. In seinen Augen standen Unschuld und Hoffnung: "Es gibt noch Stimmen, die gehört werden?"
Ich nickte nur.
"Sind sie lieblich?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Dann lohnt sich das Warten nicht, oder?"
Legolas - Machod
Ich schlug benommen die Augen auf. Ich konnte die Zimmerdecke über mir erkennen, lag weich. In einem Bett. Verwirrt blickte ich mich um. War ich denn nicht mehr in den Schatten?
Sha'uri saß mir gegenüber auf der Bettkante und betrachte mich ruhig: "Aufgewacht?"
Ich riß meinen Kopf herum und starrte zu der Stelle an der der Spiegel hing. Er war wieder verhangen, genau wie die Bilder.
"Was ist geschehen?", knurrte ich Sha'uri an.
Sie neigte den Kopf leicht zur Seite, ihre Augen schimmerten schwach: "Du hast Dein Spiegelbild gesehen. Hast Du noch nie in einen Spiegel geschaut?"
Ich richtete mich auf, starrte ihr wütend in die Augen: "Nicht so! Ihr habt mich in die Schatten gestoßen. Da sah ich IHN. Dann verschwand er und ich war allein. Ewigkeiten."
Sie schüttelte den Kopf: "Du hattest nur für einige Minuten das Bewußtsein verloren."
Ich keuchte: "Minuten? Es erschien mir wie tausende von Jahren."
"Ja!", hauchte sie leise. "Der, den Du gesehen hast, wartet schon seit Jahrtausenden. Was glaubst Du, wie er die Zeit empfindet?"
Ich schluckte ungläubig. Dann stand ich auf vom Bett und stellte mich auf Beine, die ich scheinbar ewig nicht benutzt hatte: "Ich hätte wegen Dir beinahe den Verstand verloren."
Sie zuckte mit den Schultern: "Oh, das hast Du tatsächlich ein paar Mal. Aber welche Rolle spielt das. Du hast nur für ein paar Minuten geschlafen, mehr nicht."
Ich packte sie unsanft beim Arm und zog sie zu mir hoch: "Sha'uri, ob Schattenelb oder nicht, aber warum spielst Du diese Spielchen mit mir?", fauchte ich. "Warum quälst Du mich?"
Sie riß sich los: "Ich habe Dich nicht in die Schatten gestoßen. Ich quäle Dich nicht. Ich spiele KEINE Spielchen." Ich sah Wut in ihren Augen. "Ich kann nicht mehr rückgängig machen, was geschehen ist, Legolas. Aber ich kann wenigstens versuchen, Dir zu helfen."
Ein Laut des Entsetzens entfuhr meinen Lippen: "Mir helfen? Das nennst Du helfen. Danke, ich verzichte auf Deine Hilfe."
Ich wand mich zum gehen, doch sie hielt mich zurück: "Legolas, willst Du ewig davonlaufen. Willst Du ewig alle Spiegel in Deiner Umgebung verhängen, ruhige Gewässer meiden? Du wirst nicht sterben, wenn Du in einen Spiegel schaust. Du mußt nur die Stimmen ignorieren."
Ich blickte noch einmal zurück, schaute sie klagend an: "Das versuche ich seit Wochen."
Aragorn - Machod
Legolas wich meinem Blick aus: "Ich wünschte, ich könnte sie hassen."
er hielt einen Moment lang inne, als suche er nach den richtigen Worten: "Dafür, daß ich die Stimmen höre. Dafür, daß ich seit Wochen nicht mehr ich selbst bin, aber...", wieder zögerte er. "...sie weckt nur Abscheu in mir. Abscheu und Mitleid."
Ich blickte ihn überrascht an: "Mitleid?"
Er schüttelte den Kopf: "Es ist nichts, mein Freund."
'Er wird weiter von den Stimmen gequält.', dachte ich besorgt. Sha'uri war die Ursache seiner Qualen. Wie konnte er Mitleid für diese Frau aufbringen? Ein Stechen ging durch meine Schulter. 'Die Frau, die mir das Leben gerettet hat.', rief ich mir zurück ins Gedächtnis. Es war kein Wunder, daß Legolas verwirrt war. Ich war mir ja selbst nicht sicher, was ich von der Frau Abrecs halten sollte. Erst gab sie sich als einfache Botin aus, dann befielen Legolas die Träume und Stimmen und nun hatte sie mich aus den Schatten zurückgeholt.
Die Wolkendecke über uns brach unvermittelt auf und offenbarte den Blick auf einige Sterne. Legolas kniff einen Moment die Augen zusammen, fast als blendete ihn der schwache Schein der Himmelskörper. Ein Ruck ring durch seinen Körper und ich vernahm das leise Seufzen, das seiner Kehle entrann.
"Legolas? Was habt Ihr?"
Der Elb senkte den Kopf: "Wie ich sagte, mein Freund. Es ist nichts."
Damit wandte er sich um und eilte mit langen Schritte zurück in das innere der Burg.
