Curriculum
04: Gefecht
Der Ball war vorbei. Yamagi stolperte,
angeheitert durch die viele Bowle, die er getrunken hatte, etwas
unsicher in das Quartier, das er mit Roose teilte. Sein Kamerad
war viel früher als alle anderen zu Bett gegangen und
Anwärter Nr. 86 konnte es ihm nicht verübeln. Auch er
hatte mehr aus Frust denn aus Durst den Alkohol in sich hinein
gekippt. Morgen würde er einen schrecklichen Brummschädel
haben. Ach - Eifersucht war eine blöde Angelegenheit.
Erstens machte das einen total fertig und zweitens benahm man
sich wie ein Idiot. Er seufzte. Tsukasa, seine Partnerin - er
hatte bei ihrer ersten Begegnung einen regelrechten Schock
bekommen, als er zu seinem Missvergnügen hatte feststellen
müssen, dass sie mindestens einen guten Kopf größer
war als er. Als wäre es nicht schon ärgerlich genug
gewesen, dass er unter seinen Kommilitonen der Kleinste war,
nein, er wurde auch noch der größten
Fluglotsenschülerin zugeteilt! Nach und nach merkte er
jedoch, dass sie eigentlich ganz in Ordnung war. Sie erfüllte
ihren Job mit Bravour und wegen ihres überlegten, besonnenen
Wesens verstand sie es stets, ihn davon abzuhalten, wenn er
wieder einmal "dank" seines Temperaments kurz davor
war, über die Stränge zu schlagen bzw. Azumas
Geduldsfaden zu zerreißen. In diesem Punkt kam er zwar noch
nicht an Zero heran, aber dessen Rekord zu brechen, darauf hatte
Yamagi nun wirklich keine Lust. Tsukasa. Sie war wie eine
erfrischende Quelle, die still und unbeachtet vor sich hin
plätscherte, aber immer für einen da war, wenn man das
Gefühlt hatte, auszutrocknen. Und wenn es darauf ankam,
konnte dieses zurückhaltende Bächlein zu einem wahren
Sturzbach werden. Doch jetzt drängte es sie, in Richtung
Solares zu fließen, diesem verfluchten Angeber! Ein
eingebildeter Schönling, der sich für wer weiß
wie toll hielt und....
"Scheiße!" entfuhr es
Yamagi und er warf sich auf sein Bett. Roose regte sich ein
bisschen im Schlaf.
Obgleich er es nie zugegeben hätte,
beneidete er Zero und Clay (Hiead war sowieso ein Sonderfall) um
die Beziehungen, die sie mit ihren Lotsen führten. Missmutig
erhob er sich und verschwand im Badezimmer. Nachdem er sich
geduscht und seinen Pyjama übergestreift hatte, blieb er
noch einen Moment vor dem Spiegel stehen. Es stimmte. In den
vergangenen zwei Jahren hatte er hinsichtlich seiner Größe
einiges aufgeholt - immerhin waren er und seine Partnerin jetzt
gleich groß. Und soooo schlecht sah er ja nun auch wieder
nicht aus....Im Gegenteil. Genug Mädchen hatten ihm schon
durch anonyme Liebesbriefe mitgeteilt, dass er "mega-süß"
sei (Selbst Hiead bekam welche....obwohl, wenn man es recht
bedachte, er kriegte eigentlich die meisten....ach zum Teufel!).
Sein Blick fiel auf die unterste Schublade seines Schrankes. Er
öffnete sie und zog unter einem Wäschestapel eine
eingerahmte Fotografie hervor, die ihn und Tsukasa zeigte. Es war
zum Verrücktwerden! Da liefen nun so viele andere hübsche
Mädchen auf GOA herum, und er....Ein verbittertes Lachen
entschlüpfte ihm. Ja, und er....er musste sich ausgerechnet
in seine eigene Partnerin verlieben! Sorgsam verstaute er das
Bild wieder und kuschelte sich unter die Decke. Verdammt! Wenn
sein Herz dabei nur nicht so weh täte....! Blöder
Solares! Mistkerl! Mistkerl! Mistkerl....! Er erstickte einen
Schluchzer in seinem Kissen. Yamagi schlief sehr schlecht in
dieser Nacht.
Ein dröhnender Alarm riss ihn aus
seinen unruhigen Träumen. Verwirrt schaute er sich um. "Hey,
Yama-kun, pennst du immer noch?! Los! Ein Rudel Victims wurde
gesichtet! Wir rücken aus!" Roose schlüpfte in
seine Schuhe und rannte aus dem Zimmer. Ganze zwei Minuten
starrte der lilahaarige Junge auf die geschlossene Tür. Sein
Kopf schmerzte. Dann richtete er sich blitzartig auf.
",Yama-kun'?!?! Nenn mich gefälligst nicht
Yama-kun!!!"
Wenig später saß er in seinem
PRO-ING, flankiert von seinen Freunden. Tsukasa trat ans
Schaltpult und ihre Finger flogen über die Tasten. Er
schluckte eine Welle der Traurigkeit hinunter, die in ihm hoch
schwappen wollte. Jetzt sollte er nur an den Kampf denken und an
nichts anderes! Azuma musterte die Einheiten der Reihe nach und
befahl ihnen, sich bereit zu machen, als auf einmal die Tür
zur Gefechtsbrücke aufschwang und Clay hereinkam. Saki
stürzte auf ihn zu, als sie ihn sah.
"Was tust du
hier?! Du darfst doch noch nicht kämpfen!"
"Sir!
Ich bin soweit wieder hergestellt, dass ich mich am Gefecht
beteiligen kann!"
"Tatsächlich, Nr. 89? Das
ist keine Zuwiderhandlung gegen die Anweisungen von Dr. Croford?"
Der Junge schlug die Haken zusammen.
"Nein! Aber ich bin
einer der Top-Schüler von GOA! Es ist meine Pflicht, dabei
zu sein und die unerfahreneren Rekruten zu beschützen!"
Der Ausbilder versank eine Weile in tiefem Schweigen. Saki
musterte ihn in bangem Warten. Hoffentlich verbot er ihrem
Partner, in den Kampf zu ziehen. Er konnte das noch nicht
durchhalten! Sie begann zu zittern. Oh bitte!
"Dann
streng dich mal an!"
"Jawohl!" Er eilte zu
seinem PRO-ING, dicht gefolgt von dem rothaarigen Mädchen.
Er war schnell und so blieb ihr nur eine Möglichkeit, ihn
anzuhalten - sie warf sich in seine Arme.
"Clay!"
Verwirrt blickte er auf sie hinunter, wie sie sich an seinen
Hals klammerte wie eine Ertrinkende. Ihre Tränen tropften
auf seine Uniform und durchdrangen den dünnen Stoff.
Unsicher und bekümmert streichelte er ihr über den
Kopf.
"Geh nicht! Ich habe solche Angst, dich niemals
mehr wieder zusehen!" Er hob ihr Gesicht sanft an und
betrachtete sie ernst.
"Saki - meine Aufgabe ist es, die
Victims zu besiegen. Ich bin ein Pilotenanwärter! Mein Leben
ist der Kampf. Dafür bin ich hierher gekommen. Ich werde
zurückkehren, ich verspreche es dir. Mach dir keine Sorgen.
Und hör auf zu weinen. Ich ertrage es nicht, dich so zu
sehen."
"Aber...."
"Saki...." Er
beugte sich vor und küsste sie zärtlich auf den Mund.
Dann war er verschwunden. Kizuna trat auf sie zu und legte ihr
behutsam die Hand auf die Schulter.
"Er ist dein
Partner. Er wird dich brauchen."
"Ja...."
Rio näherte sich der Agui Keameia. Phil Phleira
wandte sich ihm zu und zwang sich zu einem Lächeln. Ihre
Blicke kreuzten sich für einen flüchtigen Moment.
"Ich
komme zurück. Vertrau mir."
"Aber natürlich
vertraue ich dir. Es ist nur....wenn die Victims zu stark sind
oder...."
"Das ist nicht mein erstes Gefecht. Ich
werde es überleben. Ich muss. Schließlich bist du
diejenige, die auf mich wartet. Ich...."
Langsam senkten
sich seine Lippen zu ihrem Ohr und er flüsterte etwas, das
die junge Frau unwillkürlich den Atem anhalten ließ.
"Ich liebe dich."
".......Rio......."
Seine Hand glitt über ihre Wange und wischte die Träne
fort, die dort hinab rann. Sie ergriff diese Hand und schmiegte
sich an sie.
"Komm wieder." flehte sie leise.
"Ich....ich liebe dich auch."
Er lächelte warm
und glücklich. Seine braunen Augen strahlten vor Dankbarkeit
und unbändiger Freude. "Ja. Ich weiß."
"Piloten
bereit machen!"
Ruhig und konzentriert stieg er in die
Göttin ein. Das Cockpit schloss sich und Phil Phleira winkte
zum Abschied. Sie wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte,
nun, da er ihr gestanden hatte, was er für sie empfand.
Gareas war längst in Eeva Leenas Inneres eingetaucht,
ebenso wie Teela, die sich bereits in der Weißen Ingrid
befand. Kazuhi hatte die Szene zwischen Rioroute und seiner
Partnerin aus einiger Entfernung beobachtet und ihr Blick wurde
weich, als ihr Bruder sie antippte.
"Was gibt es da zu
sehen, Schwesterherz?"
"Glück, Onii-san.
Glück."
Yu ließ sich zu einem wohlwollenden
Nicken herab, bevor er fragte: "Ist Kallisto soweit?"
Sie bejahte und fügte hinzu: "Pass auf dich
auf."
"Das werde ich."
Erts traf als
Letzter bei seiner Einheit ein. Er wurde freundlich von Tune
begrüßt und er berührte flüchtig ihre
Schulter, als er an ihr vorbeiging. Erinnerungen flackerten durch
seinen Geist. Gedanken. Träume. Bilder. Gefühle.
Und
er.
Ernest.
Während er in die Luhma Klein einstieg,
betrachtete er seine Lotsin besorgt und traurig. Wie es schien,
hatte sie den Tod seines Bruders immer noch nicht überwunden.
Auch er wurde ab und an von Schmerz und Trauer gequält, doch
er wusste, dass ein Teil von Ernest in der Ingrid zurückgeblieben
und nun bei ihm war. Das spendete ihm Trost. Doch gab es diesen
Trost auch für Tune? Sollte sie denn ewig unglücklich
bleiben? Er schloss die Augen und seufzte. Ein Ruck durchlief die
Göttin und sie fuhr langsam heraus zu ihrer Abschussrampe.
Teela
spürte die Bewegung, als der Mecha durch die Röhre
(also, ich nenn das Teil, wo die hochgefahren werden, jetzt mal
so, ja?) ins Weltall geschossen wurde. Sie breitete die Arme aus
und die Ernn Laties flog einer neuen Schlacht entgegen. Heute war
der Tag. Heute würde sie "ihm" begegnen.
Der
Countdown erfolgte. In zehn Sekunden würden die PRO-INGs ein
weiteres Mal mit den Victims konfrontiert werden. Saki hatte vor
ihrem Pult Aufstellung genommen und dachte an den zarten Kuss,
den Clay ihr gegeben hatte, bevor er aufgebrochen war. Seine
Lippen waren genauso, wie sie sich diese immer vorgestellt hatte
- sanft, warm, geschmeidig....Ob sie ihm wirklich etwas
bedeutete? Sie musste ihm endlich sagen, was sie für ihn
empfand! Sobald er zurück war, würde sie es tun!
"Abschuss!!"
Roose spürte die Schwärze
des Alls um sich herum. Kalt und undurchdringlich....und doch
wunderschön. Sein Blick fiel auf Zion. Eine strahlend blaue
Kristallkugel inmitten der Finsternis....wert, beschützt zu
werden.
"Achtung!"
Der Warnschrei kam zu spät.
Der Victim hinter Einheit #85 schlug zu. Der Junge unterdrückte
ein Stöhnen und presste seine Hand auf eine Wunde an seinem
linken Arm. Verdammt! Plötzlich wurde das missgestaltete
Wesen in Stücke geschossen. Ein anderer PRO-ING ragte vor
ihm auf. Nummer 97. Solares.
"Hm. Danke." erwiderte
Roose säuerlich und änderte seinen Kurs, um zu seinen
Freunden zu fliegen. Natürlich war es nett von dem Burschen,
ihm zu helfen, aber....ach, verfluchte Eifersucht! Dennoch war es
weitaus schlimmer und schmerzhafter, dass Wrecka offensichtlich
wirklich blind war und nicht im Entferntesten daran dachte, dass
er ihr Gefühle entgegenbringen könnte. Rick sah ihm
eine Weile nach. Es tat ihm leid, dass die Partnerin des Jungen
nichts begriff. Ob er einmal versuchen sollte, sie darauf
anzusprechen....?
"Schlaf nicht ein!! Kämpf!!"
Er grummelte vor sich hin. Die temperamentvolle Stimme
gehörte seiner Zwillingsschwester Miranda, die ihm zwar
äußerlich ähnlich war, aber charakterlich hatten
sie nicht allzu viel gemein. Na ja, bis auf die Tatsache, dass
sie beide dazu neigten, sich schnell zu verlieben....
"Schalt
dein Hirn ein, Bruderherz!! Wie oft soll ich dich noch anhauen?!
Ein Victim auf drei Uhr! Konzentrier dich!"
Unterdessen
hatte Zero bereits erfolgreich gegen vier dieser Wesen gesiegt,
die ihn hatten einkreisen wollen. Dank seines EX hatte er jedoch
für einen kurzen Moment die Zeit anhalten und die Kreaturen
in ihre Einzelteile zerlegen können. Seine EX-Reaktion war
zudem nicht unbemerkt geblieben. Die Weiße Göttin
schwebte wie erstarrt vor sich hin und Teela drehte sich suchend
um. Diese Kraft! Kontrolle über die Zeit! Er war hier! In
ihrer Nähe! Ihre scharfen Augen flirrten über die
verschiedenen Bilder, die sich ihr boten: Eeva Leena, ausgerüstet
mit einer ihrer großkalibrigen Waffen, vernichtete einen
der Feinde, während Telia Kallisto mit dem Schwert zu Werke
ging und in einem weit ausholenden Bogen eine blutrote Schneise
zwischen einen Trupp der abscheulichen Gegner schlug. Agui
Keameia errichtete für ein paar PRO-INGs ein Schutzschild
und die Luhma Klein flog hoch über dem Schlachtfeld, wo Erts
damit beschäftigt war, nach dem Anführer des Rudels zu
forschen.
Da!
Nummer 88!
Zero wischte sich den Schweiß
von der Stirn und rang erschöpft nach Atem. Der Kampf
kostete stets viel Energie. Aber diese grässlichen Ungeheuer
mussten zerstört werden....! Er hielt inne, als die
Erinnerung an den Schmerzensschrei durch seinen Kopf flimmerte.
Jedes Wesen fühlte Schmerz....Aber nein! Er durfte nicht an
seiner Aufgabe zweifeln! Als er eine Art Surren hinter sich
vernahm, wandte er sich um und stockte. Ernn Laties. In seinem
Cockpit breitete sich plötzlich ein helles Licht aus und
eine Frau erschien vor ihm. Verwirrt betrachtete er sie. Sie
hatte langes türkisfarbenes Haar und ebensolche Augen. Schon
wollte er sie berühren, doch da erkannte er, dass sie nicht
echt war.
"Wer....?"
"Ich bin Teela."
stellte sie sich vor und lächelte ihm dezent zu.
"Teela?
Die Top-Pilotin?! Aber wie....kommst du hier rein?"
"Das,
was du siehst, ist eine Projektion meines Geistes. Ich wusste,
dass es bald soweit sein würde - dass wir uns bald begegnen
würden."
"Dass wir uns....begegnen würden?
Woher willst du das gewusst haben?"
Sie näherte sich
ihm und schaute ihm tief in die Augen. Wie sie es vermutet hatte.
Auch er verströmte jene Aura der Macht, die nur den
"Perfekten" zu Eigen war....Ihr Scan hatte es richtig
erfasst. Kein Atomic. Er war ein Zenoah. Wie der andere, der
silberhaarige Anwärter namens Hiead.
"Ich wusste es
einfach. Dir ist es vorherbestimmt, eine Göttin zu steuern.
Halte an deinem Traum fest, denn aus ihm erwächst deine
Stärke. Wir sind gleich. Du wirst diese Welt retten...."
Ihre Erscheinung verblasste nach und nach. "....Rei."
Damit war sie verschwunden und die Weiße Ingrid widmete
sich wieder ihrer eigentlichen Funktion - dem Kampf. Wie
versteinert blieb Zero im Cockpit zurück und hielt noch
immer die Hand nach der jungen Frau ausgestreckt. Dieser Name!
Der, den sein Vater ihm gegeben hatte! Woher....?!
"Pass
auf!! Angreifer von links!!"
Kizunas verzweifelter
Aufschrei riss ihn aus seinem gelähmten Zustand. Er hatte
keine Zeit, um sich über wunderliche Begegnungen den Kopf zu
zerbrechen! Er zielte und schoss in fast derselben Sekunde. Der
Victim wurde frontal getroffen und trudelte zur Seite. Von
irgendwoher tauchte Clay auf, zog das Schwert seiner Einheit und
schnitt den Gegner in zwei gleichmäßige Hälften.
Saki schnippte einmal begeistert, um ein "Klasse!"
damit auszudrücken, als sie die Aktion ihres Partners auf
dem Bildschirm verfolgte. Ihre Angst war geblieben, doch sein
kämpferisches Können löste eine beruhigende
Zuversicht in ihr aus. Er hatte versprochen, dass ihm nichts
passieren würde. Daran glaubte sie.
"YAMAGI!!!!"
Roose fing seinen Freund auf, als dieser von einem Victim
brutal zurückgeschleudert wurde. Die Klauen der Bestie
hatten den Mecha entlang des rechten Beines aufgeschlitzt. Rasend
vor Schmerz und Zorn wand sich Yamagi aus dem Griff von Kandidat
Nr. 85, packte sein Schwert und stieß es tief in die
Eingeweide des Wesens. Von weitem drang der Befehl zum Rückzug
an seine Ohren. Erts hatte den Anführer der Schar entdeckt
und Galew und Teela hatten ihm geschickt und schnell den Garaus
gemacht. Nachdem alle Schüler wieder nach GOA zurückgekehrt
waren, eilte Tsukasa mit einer Bahre zu PRO-ING #86, um ihren
Partner zur Krankenstation zu bringen, denn nicht nur das Bein
der Einheit, auch der Oberschenkel des Jungen war aufgerissen
worden. Ein Arbeiter half ihr, Yamagi vorsichtig umzuladen,
während sich auf seinem Gesicht bereits feine Schweißperlen
bildeten. Eine unerträgliche Pein durchzuckte ihn. Um ihr zu
entkommen, versank er in tiefer Bewusstlosigkeit. Miranda
musterte den lilahaarigen Rekruten eingehend, während er
behutsam auf die Trage verfrachtet und weggefahren wurde. Rick
trat zu ihr und blickte sie erstaunt an. Na? Wo blieben ihre
üblichen Schimpftiraden, von wegen, dass er im Gefecht nicht
pennen dürfe und sich gefälligst am Riemen zu reißen
habe? Er wedelte mit seiner Hand vor ihren Augen herum, sie
reagierte aber nicht.
"Hallo? Jemand zu Hause?"
"Kennst
du den?"
"Wen?"
"Anwärter Nr.
86."
"Hä? Also, wen's dich interessiert - ich
glaube, er heißt Yamagi Kushida. Aber leg mich nicht fest,
ich bin nicht sicher, ob das stimmt. Weiß ich nur vom
Hörensagen. Wieso?"
Ein langes Schweigen antwortete
ihm. Mit Schrecken nahm Rick den verschleierten Glanz in ihren
Augen wahr. Außerdem - bildete er sich das nur ein, oder
stieg ihr tatsächlich eine leichte Röte in die Wangen?
Du meine Güte! Er kannte diese Anzeichen!
Verzückt
schlug Miranda die Hände zusammen, als würde sie beten
und rief glücklich:
"Was für ein süßer
Typ!!!"
!KRACH!
"Bruderherz? Was machst du denn
da unten? Tut dir was weh?"
".........Wie kommst du
darauf?"
Die fünf Göttinnen hatten ihre
Arbeit für heute beendet. Die Piloten wurden freudig von
ihren Lotsen empfangen, bis auf Teela, die keinen Partner hatte,
aus was für Gründen auch immer. Phil Phleira fiel Rio
in die Arme und presste sich eng an ihn. Es ging ihm gut! Er
strich ihr liebevoll über den kurzen Haarschopf und meinte:
"Siehst du? Ich bin gesund und munter. Niemals würde
ich dich allein lassen."
"Ja."
Ihre
dunkelgrünen Augen schwammen in Tränen der
Erleichterung. Rio traf dieser Anblick mit unwiderstehlicher
Kraft. Er brachte keinen Ton hervor. Aber das war auch gar nicht
mehr nötig, denn sein Herz diktierte ihm, was er zu tun
hatte. Seine Arme schlossen sich fest um ihre Taille, er nahm all
seinen Mut zusammen und küsste sie. Phil Phleira war
überrumpelt davon, doch bald erlag sie den wohligen
Schauern, die durch ihren Körper strömten und erwiderte
seinen Kuss mit aller Leidenschaft. Die Umgebung verschwamm zu
einem Nichts.
Galews
Unterkiefer krachte durch mehrere Etagen, bevor Leena, die
strahlte wie ein Honigkuchenpferd, sich erbarmte und ihm den Mund
wieder zudrückte. Yu wagte ein schmales Lächeln, so
schmal, das man es nur mit einer Lupe erkennen konnte. Bei Kazuhi
hingegen war es deutlicher. Auch Erts sah die Szene mit Freude
und Wohlwollen. Tune, die neben ihm stand, hatte jedoch einen
traurigen Ausdruck auf dem hübschen Antlitz. Liebe. Sie
spürte, wie eine gewaltige Tränenflut in ihr hochkroch.
Sie machte auf dem Absatz kehrt und lief davon, als wäre der
Leibhaftige selbst hinter ihr her. Nie wieder! Sie würde nie
wieder lieben....!
"Tune! Was hast du?!" rief Erts
ihr nach.
Doch er kannte den Grund ihrer Qual bereits.
Ernest.
Wer träumt, dem wachsen Flügel.
Die
nächste Folge heißt: "Curriculum 05: Kummer"
