Curriculum
08: Versprechen
Phil Phleira näherte sich ihrer Freundin
Tune sehr umsichtig. Sie hoffte inständig, dass sie ihr helfen
konnte. Behutsam legte sie ihr die Hand auf die Schulter und die
junge Frau drehte sich um.
"Wie geht es dir?"
Zaghaft
öffnete Tune den Mund. "Ich habe über das nachgedacht,
was du und Rio mir gesagt habt. Und ich habe auch über Gareas
nachgedacht. Es....es tut mir leid, dass ich Rioroute und dich so
verurteilt habe....Du....ihr....liebt euch wirklich, nicht wahr?"
"Ja. Ich bin so glücklich darüber, dass wir
zueinander gefunden haben. Wenn ich ihn verlieren würde, würde
ich gewiss genauso traurig und verzweifelt sein wie du. Aber auf ewig
in deinem Schmerz gefangen zu sein, zerstört dich ganz langsam
von innen. Du musst neuen Lebensmut fassen, Tune. Wir alle werden
dich dabei unterstützen. Vertrau uns und vertrau dir selbst.
Noch ist es nicht zu spät, umzukehren, meine Freundin."
Phil Phleira umarmte sie und unterdrückte ihre Tränen.
Sie wollte jetzt nicht weinen, sie musste jetzt stark sein! Die
Lotsin der Reneighd Klein spürte ihre Wärme, ihren Beistand
und ihren Wunsch, sie von dem Abgrund des Leids zurück zu
reißen. Ein Gefühl der Scham stieg in ihr hoch. Wie hatte
sie nur jemals an den Menschen zweifeln können, mit denen sie
Schrecken und Furcht während des Krieges geteilt hatte? Und
Galew....er litt genauso wie sie. Auch er hatte Ernest....geliebt,
und ihn genauso verloren. Und er lebte in dem Bewusstsein, dass
Ernest gestorben war, um ihn zu schützen. Verbitterung. Hass.
Wut. Sie hatte sich blenden lassen, sich aufgegeben. Das musste ein
Ende haben!
"Ich....ich danke euch....euch allen...."
Sie brach in Tränen aus und Phil Phleira strich ihr
fürsorglich über den Rücken.
"Es ist alles
gut. Du bist nicht allein. Wir sind alle bei dir. Wenn du Probleme
hast, kannst du zu uns kommen, jederzeit. Du hast uns durch deine
Güte, deine Sanftheit und deine Ruhe viel Kraft gegeben. Jetzt
ist es an uns, dir etwas davon zurückzugeben."
Unterdessen
war Rio auf der Krankenstation. Er besuchte Yu, der, einen Verband um
Schulter und Brust gewickelt, aufrecht in seinem Bett saß.
"Wie fühlst du dich?"
"Etwas besser. Dr.
Croford ist eine hervorragende Ärztin. Kazuhi war schon hier.
Sie macht sich große Sorgen um mich, obwohl ich beteuert habe,
dass es mir gut geht. Arme kleine Schwester."
"Das
wundert dich doch wohl nicht, oder? Immerhin bist du der einzige, der
ihr noch geblieben ist. Eure Eltern sind tot. Als ihr großer
Bruder bist du für sie verantwortlich. Sie liebt dich sehr. Dich
zu verlieren wäre das schlimmste, was ihr passieren könnte.
Du beschützt sie vor allen Gefahren....und vor dummen Anmachen
anderer Leute." Er grinste. Yu schmunzelte (!).
"Ach?
Meinst du etwa dich damit?"
"Ja. Aber mal ehrlich, du
hast doch gemerkt, dass es mir nicht ernst war, es sollte bloß
eine Neckerei sein. Schließlich gehört mein Herz nur einer
und das für immer."
"Phil Phleira?"
"Bingo!
He, du kriegst ja doch mehr mit, als ich dachte! Außerdem ist
Kazuhi nun mal...."
"Du brauchst nicht weiterzureden.
Ich weiß, dass sie süß ist. Übrigens, worüber
ich sowieso mit dir sprechen wollte...." Rio nickte ermunternd.
"Du warst in unmittelbarer Nähe während des
Kampfes. Sag mir die Wahrheit - Kallisto hat mich gerettet, oder?"
"Das hat sie. Die Göttinnen sind etwas Besonderes,
keine Frage."
"Ich....bin ohnmächtig
geworden."
"Du warst verletzt, da kann das schon mal
passieren! Du....Yu?"
"Es ist nicht nur das. Während
des Gefechts fühlte ich mich schwächer als
sonst....ich....ich habe Angst, dass....dass...."
"....dass
dein EX nachlässt? Damit quäle ich mich schon lange. Unsere
Zeit als Piloten ist dabei, abzulaufen, daran können wir drehen
und wenden, wie wir wollen, das ist eine Tatsache. Wir wussten doch
von Anfang an, dass wir diesen Job nicht lange machen würden.
Deswegen existiert GOA, deshalb werden neue Piloten ausgebildet. Aber
ich bin nicht böse darum. Wenn wir nicht mehr durchhalten, ist
es gut zu wissen, dass es andere gibt, die Zion gegen die Victims
verteidigen können und dass unsere Arbeit nicht umsonst war,
sondern weitergeführt werden wird. Wer weiß, vielleicht
werde ich Ausbilder auf GOA, wenn meine Pilotenkarriere endet? Es
gibt genug Anwärter, die diesen Weg gegangen sind. Ich bin
sicher, meine Schüler würden mich lieben!"
"Wie
meinen?"
".....HE?! Soll das heißen, du traust
mir den dynamischen Junglehrer nicht zu?! Eine bodenlose Unver...."
Ein schriller Alarm unterbrach seine Entrüstung.
"Zwei
Victims gesichtet! Sie sind in Zone 6 eingedrungen! Piloten
bereitmachen!"
"Na toll...."
Die
Fluglotsen hatten vor den Kontrollpulten der Ingrids Stellung
bezogen. Leena überprüfte noch einmal die Bewaffnung und
den Atomic-Kern. Phil Phleira zeigte ein entschlossenes Gesicht. Sie
hatte ihren Partner stark gemacht, er würde zurückkommen
und sie wieder in seine Arme schließen! Tune, deren Augen immer
noch gerötet waren, wirkte wieder heiterer und gelöster und
schien sich mit vollem Einsatz auf ihre Aufgabe zu konzentrieren.
"Eeva Leena bereit!"
"Agui Keameia
bereit!"
"Reneighd Klein bereit!"
Teela traf
ein. Ihre türkisfarbenen Augen richteten sich ruhig und
unerschütterlich auf die Weiße Göttin. Es war soweit.
Heute würde sich ihr Schicksal erfüllen....
"Ernn
Laties bereit! Telia Kallisto bleibt wegen des verwundeten Piloten
zurück! Alle Maschinen fertig? Piloten auf ihre Plätze!"
Erts lächelte Tune freundlich zu, bevor er im Inneren seiner
Einheit verschwand und sie erwiderte es zögernd. Er wiegte
leicht mit dem Kopf. Ja. Ihr Sturz in den Abgrund war gebremst
worden, sie hatte sich auffangen lassen. Dieser Gedanke erzeugte eine
tiefe Erleichterung in ihm, denn wie stets schmerzte es ihn, wenn
seine Freunde litten.
Bevor Rio in die Keameia einstieg, gab er
seiner Partnerin noch einen süßen Kuss und drückte
ihr fest die eisigen Hände.
"Sorge dich nicht. Du
weißt...."
".....dass du zurückkehren wirst?
Natürlich. Dennoch - sei nicht leichtsinnig, mute dir nicht zu
viel zu und...."
Er legte ihr den Finger auf den Mund.
"Sag
nichts mehr. Ich bin unbesiegbar, weil ich dich habe, weil du mich
liebst und auf mich wartest. Bei so einem Ansporn kann ich ja gar
nicht verlieren!" Mit einem letzten, fröhlichen Zwinkern
verabschiedete er sich von ihr und das Cockpit schloss sich.
Gareas
kam zu spät. Leena hatte die Arme verschränkt und stampfte
ungeduldig mit dem Fuß auf. Wo blieb dieser verantwortungslose,
hitzköpfige, absolut taktlose Kerl? Zu ihrem Ärger
beobachtete sie, wie die drei anderen Göttinnen ihre Stellplätze
bereits verließen - logisch, Teela war ja auch schon an Bord!
Endlich erschien er, nach Atem ringend und um mindestens einen Meter
zusammenschrumpfend, als er Leenas dunkelblaue Augen erbost blitzen
sah.
"Entschuldige, ich....eh....also, ich hab meine
Ohrringe nicht gefunden...."
"Bravo, Galew, bravo!
Steig endlich ein, du hältst den ganzen Verkehr auf!"
"Wie
die Herrin befehlen!"
Das Training der Top-Schüler
ging seinen gewohnten Gang. Azuma nickte zufrieden und zündete
sich eine Zigarette an. Seine Kadetten waren wirklich gut geworden!
Nachdem Zero seinen ersten Kampf für heute beendet hatte (Yamagi
war irgendwie schlecht gelaunt gewesen, er konnte den Grund dafür
nur vermuten), verließ er mit Kizuna das Übungsgelände.
Schweigend liefen sie nebeneinander her. Kizunas Herz klopfte zum
Zerspringen. In seiner Nähe zu sein, verwirrte und beglückte
sie zugleich. Plötzlich nahm er sie bei der Hand und sagte:
"Ich
muss etwas mit dir besprechen. Komm mit."
Ohne auf ihre
protestierenden Ausrufe zu achten, zog er sie hinter sich her zu dem
Quartier, das er sich mit Clay und Hiead teilte. Dort drückte er
sie aufs Bett und marschierte vor ihr auf und ab. Sie wusste nicht,
was sie von diesem Benehmen halten sollte.
"Erinnerst du
dich an das Gefecht, in dem Yamagi verletzt wurde? Mir ist dabei
etwas Seltsames....widerfahren, und ich wollte dich fragen, was du
davon hältst....Hör zu."
Er erzählte ihr, was
an jenem Tag im Cockpit seines PRO-ING vorgefallen war.
"......Ich....ich weiß nicht. Das klingt alles sehr
mysteriös. Und du bist dir sicher, dass es Teela Zain Elmes
war?"
"Wenn sie es nicht war, war es jedenfalls eine
hervorragende Nachahmung. Aber im Ernst: Sie war es,
hundertprozentig. Ich weiß, was sie gesagt hat, aber ich weiß
nicht, was sie meint." Hm. Da kann ich dir auch nicht
weiterhelfen, ich bin mindestens so schlau wie du. Wie lautet dein
richtiger Name gleich noch mal?"
"Rei. Das ist der Name,
den mein Vater mir gab. Er bedeutet ,Null'. Die Kinder auf meiner
Kolonie sagten immer, dieser Name sei veraltet, deshalb nannten sie
mich ,Zero'. Mit der Zeit habe ich mich daran gewöhnt, so sehr,
dass ich den Namen übernahm. Aber eigentlich heiße ich
Rei. Das ist der Name, auf den ich stolz sein wollte, und ihn statt
dessen ablegte. Woher könnte Teela ihn kennen? Ich bezweifele,
dass sie geraten hat."
"Rei....das ist ein schöner
Name." meinte Kizuna nach einer Weile.
"Vielen Dank.
Aber ich mache mir Vorwürfe, dass ich ihn nicht aufrecht und
ehrlich getragen habe. Ich wollte ihn immer in Ehren halten und was
habe ich letztendlich getan? Ich habe das Erbe meines Vaters
verleugnet und....und meine Mutter allein gelassen."
Ein
harter Zug erschien um seinen Mund und mit einem Mal wirkte er wie
jemand, der ernst zu nehmen war. Kein Kind mehr, sondern ein junger
Mann. Der Eindruck war so intensiv, dass das Mädchen nervös
schlucken musste. Unter seiner fröhlichen und ausgelassenen
Fassade verbarg sich so viel; eine Stärke und Reife, die sie nie
in ihm vermutet hätte und ein tapferes Herz.
"Na ja,
irgendwie werde ich des Rätsels Lösung schon finden.
Spätestens wenn ich Teela wieder begegne. Mein Kopf ist voll und
entsetzlich schwer. Und das Training war anstrengend. Ich glaube, ich
dusche noch eine Runde."
"Das ist eine gute Idee. Ruh
dich ein wenig aus und versuch, dich zu entspannen. Darüber
nachgrübeln kannst du.....immer...........noch........."
Kizunas Gesicht vollführte mit einem Mal eine beachtliche
Bandbreite an Verfärbungen, die meisten davon eine Variation von
rot. Zero hatte sein Hemd ausgezogen und es auf sein Bett geworfen.
Nun suchte er in den Wirren seines Schrankes nach einem Handtuch. Es
war weniger seine von ihr kaum erwartete plötzliche
Offenherzigkeit, die sie anrührte, als die Schönheit seines
königlichen Rückens. Sie, die, obwohl sie es nie zugegeben
hätte, eine schwer zufrieden stellende Ästhetin und es
außerdem gewohnt war, die Schönheit der Männer zu
zergliedern, war durch sie geblendet worden. Hier, im Halbdämmer
des Zimmers, traf diese sie mit unbändiger Kraft. Der Glanz
seiner gebräunten Haut, die Bewegung der vollen, fleischigen und
dennoch anmutig und rein geformten Schultern, die glatten, kräftigen
Arme, das schimmernde Haar, ein fließender Schmuck aus dunklem
Holz, der aus dieser Pracht sich lösende Nacken....all das
drohte ihr den Atem zu rauben. Wie schön er doch war!
"Hey,
Kizuna, meinetwegen musst du wirklich nicht hier bleiben. Du kannst
ruhig gehen."
Da sie nichts erwiderte, wandte er sich um und
musterte sie fragend.
"Was ist los? Du siehst so....ernst
aus."
Er betrachtete ihr Gesicht, die fein geschnittenen
Züge, die langen Wimpern, die glatte, weiche Haut und die
rosigen Lippen, die ihn an köstliche frische Früchte
erinnerten. In ihren großen, ausdrucksvollen Augen, die im
Licht der Lampe strahlten, spiegelten sich Sehnsucht und....und
Liebe? Konnte das sein? Ihr warmer weiblicher Duft drohte ihn um den
Verstand zu bringen. Noch niemals zuvor war er sich seiner
Männlichkeit so bewusst geworden wie in diesem Moment. Wie
hypnotisiert starrten sie einander an. Mehrere Sekunden verstrichen.
Dann löste sich die Spannung. Zero zog Kizuna zu sich herauf und
küsste sie hingebungsvoll. Als sein Mund den ihren berührte,
erfasste sie ein Schwindel. Sie hatte nicht gewusst, dass die Lippen
eines jungen Mannes diese Blütenfrische, diese schmelzende
Weichheit haben konnten. Gegen seinen entblößten
Oberkörper gepresst, spürte sie ein Feuer in sich
aufsteigen, das sie verzehrte. Schließlich löste er sich
von ihr und strich mit dem Finger über ihre erhitzten Wangen.
Aufgewühlt öffnete sie die Augen, schwankend und sich
danach sehnend, noch einmal geküsst zu werden.
"Warum....?"
"Warum?" Er schloss die Arme um sie und bettete sein
Kinn in ihrem rosafarbenen Haar. "Du kennst doch die Antwort.
Weil ich....weil ich dich liebe, Kizuna Towryk. Für immer."
Ihr Glück überrollte sie wie eine Flutwelle. Sie
drückte sich an ihn und umschlang ihn, als wolle sie ihn nie
mehr loslassen.
"Ich....ich liebe dich auch....Rei."
Er lächelte zärtlich, als sie ihn bei seinem richtigen
Namen nannte. Wie sehr wünschte er, dieser Augenblick möge
endlos sein....
"Zwei Victims in Zone 6 gesichtet! Die
Göttinnen fordern Hilfe an! Schüler und PRO-INGs
bereitmachen!"
"Wie schade." grinste sie
schelmisch und küsste ihn auf die Nasenspitze. Er zuckte die
Schultern. Seine Dusche musste er wohl oder übel verschieben. Er
stülpte sich sein Hemd wieder über und beide rannten zur
Gefechtsbrücke der Anwärter.
Yamagi war bereits
eingestiegen, doch er schien Tsukasas traurigen Blick nicht zu
bemerken. Er war mit Miranda zusammen, daran konnte sie nichts
ändern. Im Grunde konnte es ihr egal sein. Aber es war ihr nicht
egal! Wieso nur?! Auch Wrecka, normalerweise vergnügt und
locker, schien Sorgen zu haben. Als Roose in seiner Einheit
verschwunden war, verkrampften sich ihre Hände. Verloren! Bei
Gott, sie hatte ihn verloren! Wie hatte sie nur so unsäglich
dumm sein können?! Zu spät! Es war zu spät!
"Verfluchte Oberflächlichkeit! Du bist so eine blöde
Kuh, Wrecka!" schalt sie sich selbst. "Rick hat dir nie
wirklich etwas bedeutet! Du wolltest ihn, weil er gut aussieht! Dabei
hattest du die ganze Zeit einen Jungen an deiner Seite, dem du
tausendmal wichtiger warst! Du bist so blöd, so hoffnungslos
blöd!"
Ikhny war noch stiller als sonst. Sicher, sie
hatte Rick abblitzen lassen, aber noch schlimmer war der Grund, warum
sie ihm einen Korb gegeben hatte. Nachdem sie Hiead ihre Meinung
gesagt und ihn angeschrieen hatte, dass sie ihn hasse, hatte sie den
restlichen Tag nur noch weinen können. Er war dabei gewesen, ihr
sein Herz zu öffnen und jetzt hatte sie selbst wieder alles
zerstört! "Ich hasse dich" - eine Lüge, nichts
als eine grauenhafte Lüge! Sich zu dieser Erkenntnis
durchzuringen, war schwer genug gewesen. Sie hörte ein Klacken
und wusste, dass ihr Partner in seinen PRO-ING geklettert war.
Hassen! Wie könnte sie ihn je hassen, ihn, der doch nur nach
Hilfe schrie, der sich nichts weiter wünschte, als Liebe und
Geborgenheit, ihn, der an seiner eigenen Einsamkeit zu zerbrechen
drohte! Tränen traten ihr in die Augen und sie wischte sie rasch
fort, damit keiner es mitbekam. "Ich liebe dich, Hiead!"
pochte ihr Herz unglücklich. "Ich liebe dich!"
Kizuna
fühlte ein kaltes, mitleidloses Gefühl nach ihrer Seele
greifen. Angst kroch in ihr hoch. Ein Kampf. Und Zero - nein, Rei -
musste ausrücken! Ihre Finger zitterten, als sie die nötigen
Daten eintippte. Er warf ihr einen letzten Blick zu, den sie mit
erzwungenem Lächeln erwiderte.
"Bitte komm wieder!"
flehte sie leise. "Bitte komm wieder!"
Saki war noch
nicht eingetroffen. Sie wartete auf Clay, der irgendetwas in seinen
Laptop einspeicherte.
"Meine Theorien über die
Göttinnen und warum man sie als ,lebende Mechas' bezeichnet."
"Ich fasse es nicht! Das hättest du auch nachher machen
können!"
Sie schob ihn zur Gefechtsbrücke,
begrüßte die anderen und trat an ihr Kontrollpult.
"Typ
und Anzahl der Victims?" erkundigte sich Clay, bevor er zu
seiner Einheit eilte.
"Es sind zwei. Vom Typ....Typ R!"
Also die gefährlichste Sorte (ich nehme das mal an,
angesichts Tunes erschrockener Reaktion aus der Serie)! Kampfeswille
zeichnete sich in seinen Zügen ab und er wollte eben gehen, als
Saki ihn noch einmal zurückhielt.
"Ich weiß, ich
soll mir keine Sorgen machen - aber ich kann nicht anders! Es ist
nicht so einfach, die erforderliche emotionale Distanz zum
Kampfgeschehen einzunehmen, wenn man.... wenn man seinen
Partner....von ganzem Herzen liebt...." Er schwieg eine Minute.
"Komm mit."
Rasch führte er sie vor die Tür
der Brücke, denn er wollte nicht, dass alle Umstehenden
mitbekamen, was er vorhatte. Saki war verwirrt, doch sie wartete
geduldig ab. Clay nahm seine Brille ab und reichte sie dem Mädchen.
"Was....was soll ich damit? Du brauchst sie doch!"
Er
schüttelte den Kopf.
"Nein. Ich brauche sie nicht.
Nicht in dem Sinn. Ich bin kurzsichtig geboren worden, das stimmt.
Aus diesem Grund erhielt ich zwei Atomics, eins für jedes Auge."
"Ja, aber.....wenn es so ist, warum trägst du dann
überhaupt eine Brille?"
"Mein Vater war Kapitän
eines Handelsschiffes, das viele Güter zu anderen Kolonien
transportierte. Seine Flüge waren nie ohne Risiko, denn die
Victims lauerten überall. Eines Tages wurde sein Schiff von
einer dieser Kreaturen angegriffen und er und seine gesamte Besatzung
getötet. Ich war drei Jahre alt, als ich ihn verlor. Alles, was
man von meinem Vater fand, als die Wachposten unserer Kolonie
eintrafen, um das Wrack und die toten Menschen zu bergen, war seine
Brille. Ich habe keine richtige Erinnerung mehr an ihn, aber ich
weiß, dass ich ihn geliebt habe, Saki. Und deshalb trage ich
seine Brille, denn sie ist das letzte Erinnerungsstück an ihn
und alles, was mir noch von ihm geblieben ist."
"Aber....ich
kann doch unmöglich....ich kann sie doch unmöglich
annehmen, wenn sie dir so wichtig ist!"
"Doch, das
kannst du. Du musst sogar. Ich werde jetzt da rausgehen und kämpfen.
Vergiss also nicht, mir diese Brille unter allen Umständen
wiederzugeben! Hast du verstanden?"
Sie sah ihn an, mit
bebenden Lippen.
"Ich will sie auf alle Fälle
wiederhaben! Versprich mir, dass du gut darauf aufpasst. Du musst sie
mir heil wieder in die Hand drücken, wenn ich zurückkomme.
Versprich es mir!"
"Ja, Clay. Ich....ich verspreche es."
Sie küsste ihn zum Abschied und er begab sich endlich zu
seinem PRO-ING. Sorgsam verwahrte sie die Brille in ihrer
Jackentasche und suchte ihren angestammten Platz auf, um ihrem
Partner beizustehen. Kapitän Hijikata Azuma erschien und
musterte die kampfbereite Reihe der Top-Schüler.
"Maschine
#85!"
"Ja!"
"Maschine #86!"
"Ich
bin soweit!"
"Maschine #87!"
"Bereit!"
"Maschine #88!"
"Es kann losgehen!"
"Maschine
#89!"
"Alles klar!"
"Gut! Der Countdown
läuft!"
Roose konzentrierte sich. Wrecka hatte traurig
ausgesehen. Ob er sich das nur eingebildet hatte? Offensichtlich lief
ihre Beziehung mit Solares nicht ganz so, wie sie sich das
vorgestellt hatte. Oder sollte sie etwa....?
"10 - 9 - 8
-...."
Yamagi grübelte missmutig vor sich hin. Er war
wütend auf sich selbst. Warum zum Teufel hatte er sich mit
Miranda eingelassen? Sicher, sie war sehr hübsch und nett, aber
eigentlich war sie ihm für seinen Geschmack zu leichtherzig.
Außerdem war er ja auch in eine andere verliebt! Tsukasa hatte
ihn aus tränenverhangenen Augen betrachtet. Ob sie eifersüchtig
war? Aber sie war doch an Solares interessiert, deswegen war er doch
mit Miranda zusammen, um seine Partnerin aufzurütteln! Rah, was
war er bloß für ein Idiot!
"....7 - 6 -
5...."
Hiead musterte seine Partnerin. Ihrem Gesicht nach zu
urteilen, hatte sie Angst um ihn. Aber warum sollte sie? Sie hatte
ihm deutlich gesagt, was sie von ihm hielt! Er spürte einen
schmerzhaften Stich in der Brust. Oh Ikhny....! Wieso....?
"....4
- 3 - 2...."
Zero grübelte. Was würde passieren,
wenn er Teela heute ein zweites Mal sah? Ob sie ihm Antworten auf
seine Fragen geben würde? Das schien ihm eher unwahrscheinlich.
Sein Blick ruhte auf Kizuna. Egal, was ihn erwartete, er musste zu
ihr zurück, so oder so!
"....1 - 0!!! Start!"
Clay
fühlte den vertrauten Ruck im Körper, als der Mecha nach
unten gefahren wurde. Er wollte seine Brille hochschieben, bis ihm
einfiel, dass er sie gar nicht trug. Sie war bei Saki und sie hatte
ihm versprochen, sie ihm zurückzugeben. Da empfing das All die
fünf Top-Schüler und die anderen Anwärter. Zion erhob
sich über GOA wie eine blaue Perle, davor die beiden Victims,
die es den Göttinnen ziemlich schwer machten. Die PRO-INGs
gingen in Formation....
Wer träumt, dem wachsen
Flügel.
Die nächste Folge heißt: "Curriculum
09: Bestimmung"
