Eifersucht? Und Traum
Wir standen nun schon eine ganze Weile vor dem Palast. Die Sonne ging langsam unter und ich war eigentlich bereit nach Hause zu gehen. Die Stille hier war unangenehm und langsam wurde sie unerträglich. Den ganzen Ritt über hatten wir kein Wort miteinander gewechselt. Wir wussten nicht wirklich was wir miteinander reden sollten.
Wir hatten uns nichts zum sagen. Das war ja das Problem.
Legolas schaute die ganze Zeit auf ‚mein' Pferd, seines war ja weggelaufen. Er wollte mich nicht wirklich ansehen. Und ich? Nun ja, der Boden war irgendwie interessanter als er.
‚Mein Gott, Deli. Werd Erwachsen. Werd Erwachsen.'
Das hier war wirklich lächerlich. Ich wollte endlich Heim.
„OK ich nehme mal an, dass ich jetzt nach Hause gehen kann."Er sah vom Pferd zu mir, sichtlich froh, dass ich etwas gesagt hatte und nickte.
Und jetzt kam eigentlich das, wo ich mir nicht sicher war. Was nun? Ich hatte Angst vor der Reaktion des Prinzen.
„Ähm...Also...b-bis m-morgen dann."Ich drehte mich um, wollte schnellen Schrittes gehen, bevor er etwas sagen konnte. Aber es war wohl zu spät dafür.
„Bis morgen?"Mist. Ich wusste es. Seine Stimme klang überrascht, amüsiert und ein klein wenig spöttisch.
„Nach diesem Tag, sagst du im Ernst: bis morgen?"Er schritt auf mich zu und stand nun vor mir. Ich musste hart schlucken. Je näher er war, desto nervöser war ich.
„Ja?"‚Bitte keinen Konflikt mehr. Ich kann nicht mehr.'
„Hör zu. Deli."er seufzte. 'Immerhin nennt er mich bei meinem Spitznamen'.
„Ich danke dir dafür, dass du mich nicht einfach dort zurückgelassen hast, nachdem ich dich in den See geschubst habe,"Er grinste schelmisch bei dem Gedanken und ich verdrehte die Augen. Das versprach ja wieder interessant zu werden.
„Ich finde wir sollten es bei dem Tag belassen. Du hast meinen Respekt verdient, nachdem was du für mich getan hast, aber ich glaube einen weiteren Tag überleben wir beide nicht."Sein Ton war kein wenig spöttisch mehr und er lächelte belustigt.
Ein kleines Lächeln bildete sich auch auf meinen Lippen. Ich verstand ihn, aber jetzt war es zu spät.
„Also hättest du dich nicht wie ein totaler Volltrottel aufgeführt, wärest du nicht so stur gewesen und hättest einfach dein Schicksal akzeptiert, dann wäre der Tag wahrscheinlich viel angenehmer verlaufen."Mist! Warum sagte ich das jetzt? Wollte ich mir mein eigenes Grab schaufeln? Musste ich immer das sagen, was mir gerade in den Sinn kam? Wo war das Nachdenken?
Ich klappte mir die Hand vor dem Mund, als seine amüsierten Augen sich zu verdunkeln begannen. Sein Gesicht zeigte einen mürrischen und sauren Ausdruck.
„Lady! Ihr werdet schon wieder frech. Und Ihr solltet nicht vergessen, dass Ihr vor einem Prinzen steht. Wie schon am Anfang, sage ich es jetzt auch. Ich brauche keinen Aufpasser."Er verschränkte die Arme und blickte mich beleidigt an.
Nein bitte nicht schon wieder! Das hatten wir schon mal.
Ich seufzte genervt. Ich war es müde, wieder von vorne anzufangen. Er sprach mit mir wieder in der Höflichkeitsform und behandelte mich schon wieder wie am Anfang. Wie eine vollkommen Fremde. OK. Ich war ja selbst Schuld. Ich sollte mehr auf meine Zunge achten.
Da bemerkte ich plötzlich was er gerade gesagt hatte und Delyn fiel mir wieder ein.
‚Er braucht keinen Aufpasser. Er braucht einen Freund.'
Genau. Warum versuchte ich das wohl immer zu verdrängen? Ganz einfach. Ich war der beste Beweis dafür, dass man ihn nicht alleine lassen konnte.
Doch mein Herz erweichte sofort, wenn ich an das Bild zurückdachte. Es hatte sicher seinen Grund warum er das gemalt hatte. Es war so viel Gefühl in diesem Gemälde. Ich konnte ja selbst nicht meine Augen davon ablassen.
Ich sah ihn an und ich fühlte auf einmal ein wenig Mitleid in mir hochsteigen.
„Entschuldige. Ich weiß, dass du keinen Aufpasser brauchst. Vielleicht sollten wir es anders versuchen."
Legolas war vollkommen überrumpelt. Er sah mich verwirrt an und fragte sich bestimmt, warum ich so schnell nachgab. Seine Augen suchten meine um irgendetwas zu finden, was ihm vielleicht nicht gefallen könnte. Doch als er merkte, dass ich es ehrlich meinte, entspannten sich seine Gesichtszüge und seinen Augen erhellten sich wieder.
„Und was sollen wir tun?"Seine Stimme war sehr ruhig und leise.
Das was ich jetzt tat werde ich wahrscheinlich niemals wieder vergessen. Es war wahrscheinlich das bescheuertste, was ich je in meinem Alter getan hatte.
Enthusiastisch streckte ich ihm meine Hand entgegen und grinste dämlich.
„Hi! Ich bin Deliwiel. Und wer bist du?"
Legolas blinkte zweimal ungläubig und sah mich dann einfach nur verdutzt an.
‚Warum kannst du nicht einfach im Erdboden versinken? Das wäre viel besser findest du nicht?'
Ich stand noch immer blödgrinsend da und streckte ihm die Hand entgegen. Wenn er nicht bald irgendeine Reaktion zeigte, dann würde ich als Statue enden.
Und ich bekam meine Reaktion. Ehrlich gesagt, genau die, die ich erwartet hatte. Legolas Mundwinkel wurden immer breiter. Und bevor ich mich versah brach er in lautes und schallendes Gelächter aus. Er hielt seinen Bauch und schüttelte nur seinen Kopf.
"Also du bist unglaublich."
Ich ließ meine Hand sinken und lächelte amüsiert.
"Hehehe." Ich kratzte mich am Hinterkopf. Untypisch für mich.
Hatte ich jetzt gewonnen?
"Deliwiel!!!!!!!!!!" Ich erschrak ganz kurz und stöhnte dann laut auf. Die Stimme war mir sehr bekannt und es war nicht das erste Mal, dass sie so nach mir schrie.
Die Stimmung war zerstört. Legolas hörte auf zu Lachen und schaute in die Richtung aus der die Rufe kamen. Und schon war ich wieder vergessen.
‚Toll. Elaviel du hast alles ruiniert.'
Schnellen Schrittes eilte sie zu mir her und war so dermaßen auf mich konzentriert, dass sie Legolas gar nicht bemerkte. Sie packte mich an den Schultern und schüttelte mich leicht.
„Sag mal wo warst du??? Deine Mutter kam fast um vor Sorge. Ich kam fast um vor Sorge. Was hast du bloß getrieben. Ich wollte dich heute morgen besuchen, doch deine Mutter sagte sie hatte dich nicht mehr gesehen seit gestern Abend. Ich glaube ich habe ganz Düsterwald nach dir abgesucht. Und nun finde ich dich hier???"
Ich riss mich von ihr los und schaute sie leicht genervt an. Dann sah ich zu Legolas, dessen Blick ausdruckslos geworden war. Ich seufzte.
„Elaviel. Darf ich vorstellen. Das ist Prinz Legolas."Ich stellte mich ein wenig zur Seite so, dass sie ihn endlich bemerken konnte. „Und Prinz Legolas. Darf ich dir vorstellen. Meine beste und nervigste Freundin, Elaviel."
Elaviel's Augen weiteten sich und ihre Mund öffnete sich ein wenig.
„Oh." Ich war froh, dass Elaviel's Enthusiasmus verschwunden war. Sie konnte soviel reden, dass ich manchmal einfach nur daneben stand, ohne auch nur einmal den Mund zu öffnen. Und das stundenlang.
„Mylady?" Legolas schritt an mir vorbei und nahm Elaviel's Hand in seine. Er hauchte einen sanften Kuss drauf und sah ihr dann verführerisch in die Augen.
Sie war noch immer ein wenig perplex, doch kam sie schnell wieder auf den Boden der Tatsachen.
„Mein Prinz?"Sie machte einen kurzen Knicks und sah ihn dann schüchtern an. Er grinste auf sie herunter.
Mir fiel die Kinnlade runter. Ich konnte es nicht glauben. Was tat er da??? Was sollte das? Hatte er heute früh nicht dieselbe Masche bei mir probiert?
„Elaviel ich glaube Ihr seid die schönste Elbin, die ich je in meinem Leben gesehen habe."Er strich mit seinem Handrücken kurz über ihre zarte Wange.
Sie kicherte mädchenhaft. Für ihr Alter war es einfach nur lächerlich. Was tat er mit seinem unechtem Charme bloß den Frauen an?
Ich konnte es nicht fassen. Er kannte sie doch überhaupt nicht!!! Er spielte nur mit ihr. Und was war mit mir?
Erst war ich nur genervt gewesen, jetzt war ich wütend, doch versuchte ich das so gut wie möglich zu verbergen.
Ich stellte mich neben Elaviel und hackte mich bei ihrem Arm ein.
„OK du hast mich nun gefunden und wir können endlich gehen."
Bloß schnell weg von hier, bevor er noch versuchte die Sache zu vertiefen und ich für immer Luft war.
Legolas' Blick schweifte endlich wieder zu mir. "Warum so eingeschnappt Deli." Er tat so unwissend und wusste wahrscheinlich genau, was mit mir los war.
"Etwa eifersüchtig?" Er grinste schelmisch.
"Pah. Das ich nicht lache. Das hättest du wohl gerne. Elaviel? Wir gehen. Legolas? Bis morgen."
Ich zog meine Freundin mit mir und versuchte Legolas amüsiertes Lachen zu ignorieren, dass mir noch lange im Gedächtnis blieb.
Der Tag war schon anstrengend genug gewesen und wenn dann noch Elaviel, meine Mutter und Delyn mich mit Fragen durchbohrten, war es kein Wunder, wenn meine Nerven total blank lagen.
Ich war wirklich schon erleichtert, als ich endlich in die Badewanne schlüpfen konnte und das warme Wasser meine Seele endlich etwas entspannen konnte.
Doch meine Gedanken waren unruhig.
Warum musste der Prinz so, so, so...ach oh man. Ich fand nicht einmal das richtige Wort. Erst einmal war er charmant, dann durfte ich die arrogante Seite kennen lernen. Später zeigte er seine teuflisch spielerische Seite und dann war er auf einmal freundlich und ganz normal.
Wir hätten uns fast geeinigt, doch meine beste Freundin hatte mir alles zu Nichte gemacht. Sie war soviel älter als ich. Besser gesagt um 56 Jahre älter als ich und praktisch eine Frau. Doch wenn es um Männer ging war ihr nicht zu helfen. Wenn ihr jemand schöne Komplimente machte, war sie in ihrem Zauber gefangen. Ich verdrehte meine Augen.
Und warum musste der Prinz auch mit ihr flirten? Warum ausgerechnet dann? Und warum ausgerechnet mit ihr? Ich war doch auch...
Ich setzte mich erschrocken auf und schlug meine Augen vor mein Gesicht.
‚Deliwiel. Reis dich zusammen. Du bist nicht eifersüchtig.'
Ich war sicher nur beleidigt, dass er mich so schnell vergessen konnte, obwohl wir uns in dem kurzen Moment zuvor doch noch so gut verstanden hatten.
Nach meinem nicht so entspannenden Bad, trocknete ich mich noch schnell ab und zog mir mein Nachthemd über.
‚Du brauchst Schlaf Deliwiel.'
Meine braunen Haare, die heute schon zweimal nass geworden waren, flocht ich schnell zu einem Zopf und schlüpfte dann erleichtert ins Bett. Nach so einem Tag war das Bett einfach himmlisch.
Meine Augen waren sofort geschlossen und ich ging schnell ins Traumland über.....
Ich stand schon wieder bei demselben See. Doch es war diesmal Nacht und der Mond spiegelte sich im Wasser wieder. Wie im Trance entledigte ich mich meiner Kleidung und schritt in den See. Langsam erreichten meine Füße den Boden nicht mehr und ich fing an zu schwimmen.
In der Mitte angekommen blickte ich hinauf und schloss meine Augen. Meinen Kopf ließ ich nach hinten sinken und atmete tief ein. Mein ganzer Körper glitt auf dem Wasser.
‚Deli.'
Ich öffnete meine Augen und richtete mich auf. Ich drehte mich auf jede Seite. Doch ich vernahm nichts und niemanden. Im Wald war niemand. Am Ufer? Niemand. Und der See war nur von mir besetzt.
‚Deli.' Die Stimme war auf einmal hinter mir und ich wusste genau wer es war. Meine Augen weiteten sich. 'Oh Gott.'
Ich drehte mich gar nicht um und wollte losschwimmen, bloß weg von hier, doch die Person packte sanft meinen Arm und drehte mich zu ihr um.
‚Legolas..' Ich konnte kaum noch atmen. Was machte er hier?
Seine Augen glänzten mich glücklich an. Sein Lächeln wurde breiter als er sah, wie ich versuchte nicht seinen Oberkörper anzublicken. Gut, dass das Wasser den Rest bedeckte.
Moment.
Warum konnte er stehen und ich nicht?
Und schon als ich das Gedacht hatte, war ich schon auf der selben Höhe wie er. Erschrocken verschränkte ich meine Arme vor meinen Brüsten, die jetzt leicht zu sehen waren. Mein Gesicht wurde ziemlich rot und ich wagte nicht ihn anzusehen.
‚Deli. Bitte. Lauf nicht weg.' Er fuhr mit seiner Hand zu meinem Kinn und hob mein Gesicht an. Ich blickte ihm in die Augen. Er lächelte noch immer. Er sah so zufrieden aus.
‚Du bist so wunderschön.' flüsterte er in mein Ohr und ich erschauderte. Ich schloss kurz meine Augen und atmete tief durch.
Mein Herz raste vor Aufregung. Ich konnte nicht mehr kontrolliert atmen und starrte immer wieder flüchtig auf seinen gutgebauten Oberkörper.
„I-i-ich...ich geh jetzt.'
Doch ich bewegte mich nicht und er wusste es. Zufrieden lächelnd nahm er mein Gesicht in seine Hände. Seine Lippen kamen meinen immer näher.
„OH MEIN GOTT!!!"
Ich schreckte hoch und versuchte tief durch zuatmen.
Kurz darauf wurde schnell die Tür aufgerissen und Delyn stand mit einem Schwert bewaffnet in meinem Zimmer.
„Was? Was ist passiert?"Er sah sich verwirrt in meinem Zimmer um und dann auf mich herab.
„Na? Wohl einen aufregenden Traum gehabt?"Er grinste auf einmal. Konnte man etwa meine geröteten Wangen im Dunkeln sehen?
Ich blickte ihn kurz an und dann ins Leere. Vertieft in meine Gedanken.
"Wohl eher ein Alptraum."
