Vielen Dank für eure Reviews!

Das Kapitel hier widme ich Moonshine, denn ich glaube Bridgers Worte können dir in dieser Zeit vielleicht ein wenig helfen. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich wirklich genau das habe zum Ausdruck bringen können, was ich wollte, doch er hat ziemlich viele Dinge gesagt und dieses sogar zweimal.

Zu "Beziehungen" sollte aufgefallen sein, dass da ein Update aussteht. Ähm... ja, das liegt daran, dass Chaosengel Yury zugeschlagen hat. Mitten im vierten Kapitel habe ich beim schreiben einen Sprung zum nächsten Handlungsplot gemacht, weil ich in einer Sackgasse gelandet bin und habe irgendwie diese Lücke vergessen. Jetzt ist da inmitten der Geschichte das Loch, das ich noch nicht so ganz habe stopfen können. Ein bisschen Geduld also, ich bin dran, dann geht es wieder flotter weiter.

Das Innere des Hauses war ganz und gar nicht so, wie man es von außen erwarten mochte. Sehr zum Erstaunen des älteren Mannes, musste er hier feststellen sich in einer ansehnlichen und durchaus gemütlichen Umgebung zu befinden.

Im Kamin loderte ein Feuer. Die davon ausgehende Wärme ließ ihm augenblicklich einen wohligen Schauer über den Rücken laufen. Daneben standen bis zur Decke reichende Bücherregale. Nichts deute in diesem Zimmer auf die Technologie hin, die er eigentlich von Lucas gewohnt war. Es gab noch nicht einmal ein Telefon in dieser Wohnung von der er einen langen, dunklen Flur und das Wohnzimmer nicht mehr zu sehen bekommen würde.

Lucas setzte sich mit überkreuzten Beinen auf den Teppich vor dem Kamin. Es war ein Fellimitat. Bridger beobachtend, wartete er darauf, dass dieser sich setzen würde. Als Nathan das bemerkte, versuchte er sich von der Einrichtung zu lösen. Es wirkte alles fehl am Platze, wenn man das wahre Wesen des Computergenies kannte.

Er ließ sich in den weichen Ohrensessel seitlich des Kamins sinken. Augenblicklich überkam ihn das Bedürfnis die Augen schließen zu wollen und einfach ein wenig vor sich hin dösen zu wollen.

"Ich dachte wir wollen reden und nicht schlafen.", holte ihn die Stimme seines Freundes in die Wirklichkeit zurück. Er hatte tatsächlich die Augen geschlossen gehabt und war kurz vor dem einschlafen gewesen.

"Tut mir leid. Hier ist alles zu verlockend." Nathan rutschte auf dem Sessel hin und her und brachte sich in eine weniger gemütlichere Position. So lief er vielleicht nicht Gefahr, gleich wieder einzuschlafen.

"Ich weiß. Es ist einfach zu fantastisch um wirklich real zu sein und gleichzeitig ist es das wieder nicht. Die guten Seiten überwiegen nicht die schlechten und die schlechten Seiten nicht die guten. Ein ewiger Teufelskreis."

"Warum das alles? Willst du nicht zu deinen Freunden zurück? Bist du hier in dieser Absteige denn glücklicher?" Schmerz klang in seiner Stimme mit.

"Das ist keine Absteige. Es ist der Ort an dem ich mich wohl fühle. Frei von allen Sorgen."

"Für mich ist das einfach nur ein Weglaufen. Viele vermissen dich und wollen dich wieder sehen, doch du triffst dich hier mit Darwin und veranstaltest Billardturniere. Es ist nicht die Wirklichkeit, auch wenn du das glaubst." Er selber hatte es ja bis vor einigen Stunden noch als einen Teil der Wirklichkeit gesehen gehabt. Hielt er sich nicht für den Captain eines großen Segelschiffes? Aber das war jetzt ganz weit weg. Er hatte erkannt, was um ihn herum geschah und würde sich nicht von einer fremden Realität blenden lassen.

"Ich glaube es nicht nur, sie ist es. Im Moment ist es die einzige Wirklichkeit die ich kenne. Ich laufe nicht davon. Alles was ich will ist eine kurze Pause fernab von allem, was mich bedrückt. Das wo sie herkommen ist die Hölle. Das Leben eines Menschen ist nicht mehr wert als eine Kugel, die man ihm in den Kopf schießt. Geld beherrscht die Welt. Raffgier und Herrschsucht grassiert unter den Menschen. Jeder will derjenige sein, der sie beherrscht und würde auch vor dem atomaren Erstschlag nicht zurück schrecken. Wissenschaftler sind auf beiden Seiten dazu angehalten worden, Biowaffen herzustellen, die den endgültigen Sieg herbei führen sollen. Ist das eine bessere Welt, als diese hier?"

"Natürlich nicht, aber du fehlst uns. Alle die hier wirklich auch als reale Wesen existieren, sind wir beide und Darwin. Der Rest sind nur Trugbilder der Phantasie. Ich glaube genau das ist es doch. Ich bin mir nicht sicher, ob es nun die von dir oder die von Darwin ist. Bei letzterem bin ich wahrscheinlich auf der sicheren Spur."

"Das mag sein, es spricht vieles dafür, dass wirklich er der Schöpfer dieser Welt ist."

"Dann interessiert es dich sicherlich auch, dass diese vielleicht schon bald zerstört wird und du in tiefer Dunkelheit versinkst."

Lucas sah ihn fast beängstigt an. "Wie meinen sie das?"

"Wenn Darwin derjenige ist, der diese Welt für dich erschaffen hat, um bei dir zu sein, dann wird sie zerstört werden. Man will dich von der seaQuest weg bringen und Darwin wird nicht mehr in deiner Nähe sein. Ich weiß nicht, wie gut die Telepathie von Delphinen ist, doch ich kann mir vorstellen, dass sie nicht so weit reicht, um dich in einem Krankenhaus auf dem Festland zu erreichen. Ich bin auch erst hier, seit ich auf das Boot gekommen bin."

Der Computerexperte stand auf. Schweigend ging er zu einer Schrankwand aus dunklem Holz. Er holte zwei Gläser und eine Karaffe mit einer roten Flüssigkeit heraus. Sobald er den Wein in die Gläser gefüllt hatte, reichte er eines Bridger.

"Ich glaube nicht daran, dass das hier alles deswegen zusammenfällt. Es wird weiter existieren. Darwin allein kann nicht dafür verantwortlich sein."

"Doch, ich bin mir dessen sicher. Es gibt viele Geschichten über die wundersamen Fähigkeiten dieser Tiere. Du musst dies hier verlassen und wieder in die Realität zurück kehren. Wir brauchen dich, ich brauche dich. In dieser Form allerdings machen sich alle viel mehr Sorgen, als unbedingt nötig wären. Wie ich gesehen habe, liegt es an dir. Du kannst aufwachen, wenn du nur willst."

Über den Rand des Glases hinweg sahen ihn die blauen Augen musternd an. Der Schein des Kaminfeuers spiegelte sich darin. "Dafür ist es noch zu früh.", sagte er leise.

"Kann es sein, dass es Darwin womöglich sogar selbst ist, den du nicht verlassen willst?"

"Wie kommen sie darauf?"

"In dieser Ebene ist er doch ein Mensch, wie du auch. Ihr könnt endlich auch andere Dinge zusammen unternehmen, bei denen sonst immer das Meer dazwischen stand."

"Das wäre ein Grund, aber so ist es nicht."

"Nicht? Ich halte es sehr wohl für einen guten Grund, weshalb du nicht mehr von hier weg willst. Wann hattest du zum letzten Mal einen menschlichen Freund, mit dem du ganz einfach nur das sein konntest, was du wirklich bist? Seit der Rückkehr, bist du mit dem Militärdienst eingebunden gewesen. Für das allzuschnelle Ende deiner Kindheit konntest du nichts dafür. Dir blieb nichts anderes übrig als dich dem unterzuordnen was man von dir abverlangt hat. Deine Wünsche und Bedürfnisse blieben unbefriedigt.

Dieser Unfall war genau das richtige, um das versäumte nun endlich nachholen zu können. Nun kannst du die letzten Dinge, die du unbedingt noch als Kind, als noch nicht ganz Erwachsener, tun wolltest, machen. Nicht als Genie angesehen werden, nicht mehr das Wunderkind zu sein, sondern einfach nur ein Heranwachsender, der Spaß haben will, wie jeder andere in diesem Alter auch."

Während er auf eine Antwort des jungen Mannes vor sich wartete, nahm er einen Schluck aus dem Glas. Der Wein schmeckte herrlich fruchtig und floss mit einer angenehmen Wärme seine Kehle hinab.

Lucas' Blick war auf einen nicht bestimmbaren Punkt auf den Parkettboden fixiert. Neben dem Prasseln des Kaminfeuers konnte Bridger irgendwo eine Uhr ticken hören. Es war das Ticken einer großen Pendeluhr, die irgendwo in einem der anderen Zimmer stehen musste.

"Ich kann das nicht.", sagte er deprimiert, weiterhin den Blick abgewandt.

Nathan stellte das Glas auf einen runden Beistelltisch und kniete sich vor dem jungen Mann. Mit der linken Hand nahm er dessen Kinn und drehte sein Gesicht so, dass sie sich ansehen konnten. "Natürlich kannst du. Nur es ist leider wie ich es vermute. Du willst es nicht. Bedeutet dir die Welt da draußen so wenig? Ich habe dich eigentlich immer anders eingeschätzt."

"Das ist nicht wahr. Mir bedeuten eine menge Dinge sehr viel. Ihnen dürfte doch wohl aufgefallen sein, dass sich hier nirgendwo ein Computer befindet."

"Ich habe das sehr wohl registriert und mich auch schon nach dem warum gefragt."

"Und auch eine Antwort bereits gefunden?" In seinen Augen lag ein Schmerz, den Bridger nicht zu deuten vermag. Was war es, was den jungen Wissenschaftler betrübte. Was nur?

"Nein, ich kann mir absolut nicht erklären warum. Als du damals an Bord kamst, waren sie dein Leben. Dein ein und alles. Alle hatten ihre größten Überredungskünste aufbringen müssen, um dich von ihnen los zu reißen. Was ist also geschehen, dass du dich so von ihnen distanzieren konntest?"

"Können sie es sich nicht denken? Computer sind ein Teil dessen, was unsere Welt zerstört. Wir waren in der Zukunft. Damals war ich zu blind, um es selbst zu bemerken, aber irgendwann einmal werden genau diese Geräte für das Ende der Menschheit sorgen. Es stimmt, wir entfremden uns gegenseitig, in dem wir uns auf das verlassen, was uns Maschinen liefern. Der Mensch selber ist nicht mehr in der Lage eigenständig zu handeln. Für alles braucht er einen Computer.

In früheren Zeiten gab es keine Speichereinheiten. Man musste sein Gedächtnis verwenden. Heute ist das nicht mehr so. Die Studien über die Lernfähigkeit der Kinder gehen immer mehr in den Keller. Alles verlässt sich auf die Computer, die man ihnen erlaubt mit in den Unterricht zu bringen. Nur in den ersten Klassen, wird ihnen kurz beigebracht, wie man im Kopf rechnet, und wozu? Damit sie es in ein zwei Jahren wieder vergessen haben, wenn es ihnen gestattet ist, für einfache Aufgaben einen Computer zu benutzen."

"Du weichst mir aus. Computer haben auch gute Dinge getan. Du selbst bis es gewesen, der die Barriere zwischen Delphinen und Menschen zum Einsturz gebracht hat." Bridger setzte sich genauso wie Lucas auf den kleinen Teppich. "Es gibt so vieles, für das es wert ist zu leben. Dich davon zu distanzieren ist keine Lösung, auch wenn die Zukunft noch so dunkel aussehen mag, weil es einfach zu viele schlechte Menschen an die einflußreichen Positionen geschafft haben. Sind nicht Menschen wie wir diejenigen, die genau dies verhindern müssen. Sollen wir uns alle in eine Traumwelt zurück ziehen und diese Machthungrigen Leute machen lassen? Nein, Lucas, das wäre das falscheste was wir machen könnten. Gib dir einen Ruck. Kehre zurück zu uns."

Langsam schüttelte der junge Mann den Kopf. Im Schein des Feuers wirkte sein Haar leicht rötlich. "Ich kann nicht. Es geht einfach nicht."

Captain Bridger legte den Kopf in den Nacken und atmete tief durch. "Du bist ein ganz schöner Dickkopf. Sag mir was ich tun muss, damit ich dich zurück bekommen kann. Ich will nach diesem Gespräch hier aufwachen und mich in der Realität mit dir unterhalten. Erst diese Nacht ist mir klar geworden, was das hier alles eigentlich ist. Bitte lass mich nicht allein." Flehentlich sah er in das Gesicht ihm gegenüber.

"Wer hat denn wen allein gelassen? Ich bin nicht abgehauen, als die Situation mich zu überfordern schien und der Rückzug in eine bekanntere Welt mir sehr viel beruhigender erschien."

"Willst du mir das ewig vorhalten?"

"Geht es nicht genau auch darum? Sie wollen wissen, warum ich mich hier verkrieche und ich möchte es ihnen erklären, indem ich ein Beispiel bringe, das dem doch sehr ähnlich ist. Haben sie nie darüber nachgedacht, dass wir vielleicht nicht hier sein würden, wären sie damals nicht gegangen?"

"Seit ich von deinem Unfall unterrichtet wurde mache ich mir Vorwürfe noch und noch. Das kannst du mir glauben. Genau darum will ich ja, dass du zurück kommst und die Augen wieder öffnest. Ich habe keine Lust dich weiter nur daliegen zu sehen, deine Hand zu halten und nicht mehr tun zu können. Selbst wenn ich dich hier anfasse, ist alles nicht wirklich. Die Umgebung, der Geschmack des Weines, des Bieres, alles ist unvergleichlich, aber wenn ich dich berühre, dann ist es etwas anderes, als würde ich es da machen, wo wir zwei hingehören. Es ist eine Traumwelt, Lucas."

"Eine Traumwelt in der ich mich im Moment am wohlsten fühle."

"Sie ist aber nicht real!", sagte Bridger nun leicht verärgert. Wollte oder verstand ihn der Ensign nicht? Er seufzte auf und versuchte sich wieder zu beruhigen. Ihn anzuschreien würde nichts bringen. "Die Welt da draußen, ist nicht wirklich leicht. Diese Erfahrung muss jeder Mensch machen. Genauso wie jeder Mensch lernen muss damit zu leben. Ich habe mich damals einfach auf eine Insel zurück gezogen mit Carol. Als sie starb, habe ich mich noch mehr von der übrigen Menschheit abgewandt. Ich verließ meine Insel immer seltener und versank mehr und mehr in meiner Arbeit. Der einzige der an mich ran durfte war Darwin.

Genau das ist es was du jetzt auch machst. Du lässt nur Darwin an dich heran. Es ist eine andere Form der Nähe, als ich sie damals hatte. Unser Goldfisch kann hier ein Mensch sein. Ihr könnt beide Dinge tun, die euch vorher versagt waren. Bei mir musste damals Bill einen Trick anwenden, damit ich auf der seaQuest blieb. Das Zusammenspiel von mehreren Faktoren trieb mich damals zum bleiben. Es war nicht nur wieder ein Kommando zu haben. Auf diesem Boot gab es Leuten, die mich brauchten. Dann waren da Menschen in den verschiedenen Kolonien, die der seaQuest bedarften und ohne einen Captain wären viele vielleicht gestorben, da die vorhandenen Offiziere anders gehandelt hätten als ich.

Natürlich könnte es auch sein, dass es ihnen ohne mich besser ergangen wäre. Wer kann das schon voraus sehen. Doch das was du für dich aufnehmen musst, ist dass es immer einen Grund gibt weiter zu leben, egal wie schlimm und schrecklich die Situation auch gerade sein mag. Den Lebensmut zu verlieren und einfach aufzugeben, wäre in deinem Alter zu verfrüht. Du weißt nicht, was in deinem Leben noch alles auf dich zukommen wird. Dieses Leben hat nun mal nicht nur Sonnenseiten sondern auch einen Schatten. Es gibt Phasen im Leben, da droht dieser Schatten uns zu verschlingen, doch aufzugeben und sich von ihm fressen zu lassen ist das dümmste was man tun kann. Die Ungewissheit nicht zu wissen, wann man stirbt, macht diese Sache um einiges interessanter.

Viele haben eine Erfahrung gemacht wie du sie bereits mehrere Male machen musstest. Du bist schon mehrmals, zusammen mit der Crew, nahe des Todes gewesen. Hast du dich nicht danach gefreut, es überlebt zu haben? Ist damals nicht ein Funken Lebenswille wieder in dir aufgekeimt?"

Ausdruckslos sah ihn Lucas an. Bridger war noch nicht fertig, mit dem was er erzählen wollte und so unterbrach er ihn nicht. Er ließ ihn eine kurze Pause machen.

"Als Carol damals krank wurde und starb, habe ich mir nie träumen lassen, jemals wieder einen Menschen lieben zu können oder gar zurück zur See zu gehen. Du weißt als einer der wenigen von der Crew, wie nahe Kristin mir stand. Zum Schluß hat sie genau so einen festen Platz in meinem Herzen eingenommen, wie meine verstorbene Frau.

Nach Roberts Tod ist eine Welt zusammen gebrochen, die all meine Werte hat einstürzen lassen. Glaubst du zu dem Zeitpunkt hätte ich auch nur den Funken einer Ahnung gehabt, dass es doch noch Hoffnung gibt? Dass es in späteren Jahren einen Enkel geben wird? Wenn ich alles so hinnehmen würde, mich in eine dunkle Ecke zurück ziehe und für die restliche Welt als nicht mehr existierend gelte, dann hätte ich vielleicht niemals Michael kennen gelernt oder von Robert erfahren, der irgendwo da draußen noch lebt.

Auf der seaQuest gab es dann jedoch noch eine Person, die einen besonderen Platz in meinem Herzen eingenommen hat. Einen Platz, den nur mein Sohn allein ausgefüllt hat, bis ich erkennen musste, wie groß mein Herz doch in Wahrheit war. Ich habe versucht für dich der Vater zu sein, den du nie wirklich hattest. Ich wollte dich in allen Dingen unterstützen und versuchen jederzeit für dich da zu sein.

Dich jetzt in diesem kalten Bett liegen zu sehen. Bewegungslos und ohne Besinnung ist genauso schlimm, als hätte man dich ganz von mir genommen. Es stimmt, ich habe vielleicht einen Fehler gemacht, indem ich dich zurück gelassen habe, doch manchmal sind solche Entscheidungen notwendig. Du bist in den wenigen Jahren, die wir gemeinsam auf dem Boot verbracht haben, sehr viel reifer und erwachsener geworden. Du warst in der Lage deine eigenen Entscheidungen zu treffen und warst nicht mehr so impulsiv, wie zu Anfang.

Die Entwicklung deines Wesen war in den letzten Monaten, die wir vor dem Zwischenfall hatten, sehr viel schneller voran geschritten. Du bist immer seltener zu mir gekommen, weil du Ratschläge brauchtest und ich musste auch immer seltener dich maßregeln, wie du was zu tun hattest.

Du kamst mit der Crew besser klar und entwickeltest langsam aber sicher eine genaue Vorstellung, was du von deinem Leben erwartest. Ich bin zwar noch immer der Meinung, die Verpflichtung zum Dienst gehörte nicht unbedingt dazu, aber für den Anfang durchaus eine Möglichkeit sich in dieser neuen Umgebung zurecht zu finden.

Ich habe durch meine Abwesenheit dich von außen beobachten können und musste feststellen, wie gut du dich entwickeltest. Deine Entscheidungen wurden reifer und deine Ansichten wurden auch von anderen geachtet, weil du sie nun in einer anderen Art und Weise herüber brachtest. Es gibt nicht viele junge Offiziere, die so ein hohes Vertrauen des Generalsekretärs genießen. Denk doch einmal darüber nach. Bis vor kurzem warst du noch ein Teenager, den jeder nur für einen Computer süchtigen Freak hielt und nun auf einmal ist genau die selbe Person für wichtige Entscheidungen verantwortlich. Man legt ihm teure Projekte in die Hand und lässt ihn darüber entscheiden, ob diese nun kurz vor Vollendung aus seiner Sicht eingestellt werden müssen oder nicht.

Es war ein ganz schöner Schlag ins Gesicht, als McGath damals dir mehr Vertrauen in der Pherma-Abart schenkte als mir. Schließlich war ich gut zwei Jahre lang Captain des Flottenbootes und du zu Beginn meines Kommandos nicht mehr als ein Schiffsjunge gewesen. Zudem diente ich bereits vorher Jahre lang bei der Marine, meine Arbeit in der Wissenschaft war auch nicht gerade zu verachten gewesen und dann lässt man einen Grünschnabel - entschuldige das Wort - über das Leben von mehreren Tausend Menschen entscheiden.

Es muss schon einen guten Grund geben, warum jemand wie McGath danach handelt. Normalerweise sind solche Leute dazu angehalten nach objektiven und sachlich korrekten Punkten zu entscheiden. Da zählen vor allem auch Alter und Erfahrung mit eine Rolle. Beides hattest du nicht vorzuweisen. Du bist intelligent und hast häufig eine gute Eingebung. Dein Name bringt dir einiges an Pluspunkte, aber selbst dein Vater war nicht unfehlbar und genau darum ist es fast unverständlich wie man da solche Dinge in die Hand eines Neulings legen konnte.

Wenn du also jetzt bereits schon so viel Einfluss und Vertrauen vor dem Generalsekretär genießt, was würde dann erst geschehen, wenn wir noch ein paar Jahre verstreichen lassen? Es sieht nicht so aus, als würdest du irgendwann einmal wirklich stark daneben greifen. Das traue ich dir nicht zu. Dazu siehst du das Offensichtliche einfach zu genau.

Man kann sagen, dass ich auch genau aus dem Grund gegangen bin. Ich wollte jedem auf dem Boot die Möglichkeit geben, allein seinen Weg zu gehen. Für dich war es an der Zeit dich ganz auf dich selbst zu verlassen. Du hast mich nicht mehr gebraucht. Nur weil ich nicht mehr auf dem Boot bin, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht auch noch existiere. Das tue ich sehr wohl und ich stehe auch weiterhin für dich zur Verfügung."

Lucas regte sich etwas. Seine Beine waren eingeschlafen und er streckte sie durch. "Das war jedoch nicht der eigentlich Grund, weshalb sie gegangen sind. Dies ist nur etwas, was ihnen jetzt klar geworden ist."

"Siehst du, genau das meine ich. Du siehst hinter die Worte, du erkennst die Zusammenhänge richtig, aber in einer Hinsicht tappst du weiterhin im Dunkeln und das ist deine Verschlossenheit von hier weg zu wollen.", nickte Nathan.

"Man kann sagen, dass es Egoismus in erster Linie war, der mich zum Verlassen des Bootes getrieben hat. Ich sah was aus der Welt geworden war und gab mir und meinen Freunden die Schuld daran. Da ich nun aber einen Enkel hatte, galt mein oberstes Ziel dem, wovon ich in meinen jüngeren Jahren geträumt hatte. Ich wollte meinen Traum weiter leben, wie ich ihn damals mit meiner Frau gesponnen hatte, als dies alles noch fern von uns war und wir nicht wussten, was die Zukunft wirklich bringen würde. Ich wollte einfach nur Großvater sein und mich meiner Forschungen widmen. In Ruhe die Meere durchstreifen, das tun, was ich liebte."

"Das war mir bewusst. Ich kam mir nur auch betrogen vor. Bis vor kurzem noch gab man mir das Gefühl eine der wichtigsten Personen in ihrem Leben zu sein und dann ein kaltes Abschiedswort und weg waren sie. Sie sind einfach damals von der Brücke verschwunden und haben nicht gewartet. Sie sind in ein Shuttle gestiegen und davon, ohne eine Nachricht zu hinterlassen, wo man sie finden könnte. Ich war ziemlich vor den Kopf gestoßen."

"Deine Wut ist berechtigt, ich hätte dich nicht so abrupt verlassen dürfen."

"Dennoch haben sie es getan und zweifeln nun meine Entscheidung an. Auf der einen Seite sagen sie, ich hätte mich soweit entwickelt alles etwas rationaler zu sehen, mehr nachzudenken und auf der anderen Seite widersprechen sie dieser Aussage."

"Weil nicht wirklich alle Entscheidungen von dir genau durchdacht sind. Wir müssen hier eine Unterscheidung machen. Auf der einen Seite ist deine Arbeit, bei der du seltsamer weise immer das richtige tust und auf der anderen Seite ist dein Leben. Hier überschlagen sich die Fehler. Hier sieht man deine Unerfahrenheit, deine Jugend und die Impulsivität für die du bekannt bist. Du hast viel zu schnell mit dem abgebrochen, was dir das Leben bieten könnte. Vielleicht warst du auch unglücklich mit der Wendung, die dein Leben auf der seaQuest genommen hat, das weiß ich nicht, aber ich versuche dir hier klar zu machen, dass noch so viele Dinge in deinem Leben auf dich warten könnten, die du alle nicht erleben wirst, wenn du jetzt mit diesem abschließt."

"Ich kann trotzdem nicht. Mir ist klar, was sie von mir wollen, aber im Moment fühle ich mich einfach nicht danach."

Bridger richtete sich auf. Er brauchte einen großen Schluck von dem Wein. Durch das ganze Reden war sein Mund trocken geworden. Die spröden Lippen sogen dankbar den Saft auf, der die Kehle anschließend ausreichend mit seiner Süße befeuchtete. "Diese Welt wird nicht mehr lange so bleiben. Ich bin kein Arzt, aber ich kann mir vorstellen, dass wenn du von Darwin weg kommst, dann auch dieser Traum hier verschwindet."

Durch einige in das Gesicht gefallene Haarsträhne beobachtete Lucas den Captain, der da mit seinem Glas in der Hand mit dem Rücken zu ihm stand. In dieser Pose wirkte er mehr, wie jemand, der sich für den Inhalt der Regale interessierte, doch der Ensign wusste es besser. Nicht die Bücher interessierten ihn. Sein Blick war zwar auf diese gerichtet, doch er nahm keinen einzigen der Titel wahr. Seine ganze Aufmerksamkeit galt der Person hinter ihm, die auf dem Boden saß.

"Wenn das passiert, werde ich wohl aufwachen."

"Nein", schüttelte Nathan den Kopf. "du verstehst es nicht. In manchen Dingen ist deine Denkweise eben doch die, wie man sie von jemanden in deinem Alter erwartet. Wenn sich dein Unterbewusstsein so sehr gegen die Welt sträubt, dann wird es einen Weg finden, sich auch weiterhin davor zu verstecken."

"Mit einem anderen Traum?"

"Ich bin kein Arzt." Er drehte sich wieder herum. "Möglich ist es, doch ich glaube vielmehr, dass du in ein dunkles Loch fallen wirst, aus dem du mit eigener Kraft wieder heraus kommen musst und das um einiges schwerer sein wird, als wenn du von hier die Heimreise antrittst."

Die große Pendeluhr schlug mit einem Mal laut auf und beendete ihr Gespräch, denn erschrocken durch den unerwarteten Klang, ließ der Captain sein Glas fallen und wachte auf. Der Schlag der Pendeluhr änderte sich in das Sirenengeheul der seaQuest. Aus irgendeinem Grund war der Befehl zum Alarm gegeben worden.