4.

Zwei Monat waren seitdem vergangen. Halloween war vorüber und die Schüler sehnten den ersten Schnee herbei. Heute war Samstag und die Schüler brüteten entweder über Hausaufgaben, nutzten die freie Zeit für Spiele oder für einen Ausflug nach Hogsmeade.

"So ein verdammter Mist!", Draco schlug wütend auf den Steintisch in seinem Labor. Es wollte einfach nicht gelingen. Seit neun Jahren überlegte und tüftelte er nun schon an diesem Versteinerungstrank herum und es wollte einfach nicht klappen. Dabei tat er in seiner Freizeit nichts anderes. Wie hatte Snape das damals nur geschafft? Und warum hatte der Idiot die Rezeptur nicht aufgeschrieben? Man hatte damals Snapes persönliche Sachen zusammengeräumt und auf den Dachboden gebracht. Doch darunter hatte sich die Rezeptur nicht befunden und dabei kannte Draco Snapes Sachen mittlerweile besser als seine eigenen, so oft hatte er die Sachen schon durchgesehen.

"Verflucht!" Und jetzt klopfte es auch noch an der Tür. Hatte man hier nicht mal Samstags seine Ruhe? Zornig riss Draco die Tür auf.

"WAS?!"

"Du wirst Snape wirklich immer ähnlicher," grinste Harry. Dann wurde er jedoch ernst. "Du solltest schnellstens auf die Krankenstation kommen. Ein Notfall."

Draco zählte in Gedanken langsam auf 10. Potter verstand es doch immer wieder ihn nahe an einen Wutausbruch zu bringen. "Jetzt mal langsam Po... Harry. Wer hat hier heute einen Notfall?"

"Der Sohn des Zauberministers wurde vergiftet und ist jetzt hier auf der Krankenstation," erklärte Harry.

"Wieso Krankenstation Po... Harry? Wäre das Leichenhaus nicht besser geeignet?"

"Er lebt ja noch! Und jetzt komm," meinte Harry und zog Draco hinter sich her. "Wirklich wie Snape," murmelte er vor sich hin.

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Acton Scarlet war unter seinen braunen Locken so bleich wie die Laken, in denen er lag. Das Gesicht seines Vaters, Rudolph Scarlet, war im Gegensatz dazu, knallrot.

"Da sind Sie ja endlich!" begrüßte der Minister Draco. "Man hat mir gesagt Sie könnten meinen Sohn helfen. Also bitte."

"5 Punkte Abzug für Gryffindor wegen Vergiftetwerdens an einem Samstag," murmelte Draco und Harry verkniff sich ein Grinsen.

Ohne den Minister eines Blickes zu würdigen, trat Draco an das Bett seines Schülers und begann mit der Untersuchung. Acton war offenbar bereits in eine Art Koma gefallen. Sein Herzschlag war langsam und unregelmäßig und der Atem flach und trocken. Giftgrüne Flecken breiteten sich auf seiner Haut aus.

"Also was ist nun?" fragte der Minister ungeduldig.

"Wie ist das passiert?" fragte Draco nun seinerseits.

"Mein Sohn ist gestern heimgekommen. Er sollte das Wochenende bei uns verbringen. Ich weiß nicht wie das passiert ist."

"Hat man ihn verzaubert, mit etwas bespritzt oder hat er irgendetwas getrunken oder gegessen...?"

"Ja! Er hat als einziger von den Pralinen genascht, die man mir gestern zukommen ließ...." Der Minister wurde blass. "Das Gift war für mich...."

"Hm, also in Pralinen. Interessant. Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie mir diese Pralinen bringen könnten."

"Ja... ja natürlich," meinte der Minister, der jetzt schon nicht mehr so selbstbewusst und herrisch war. Er eilte hinaus und murmelte: "Bin gleich wieder da."

"Hätte man sich in St. Mungos nicht ebenso gut darum kümmern können?" fragte Draco nun.

"Er ist einer unserer Schüler und wir sind für ihn verantwortlich," erinnerte ihn Dumbledore.

"Auch, wenn er daheim die vergifteten Pralinen seines Vaters isst?"

"Draco!"

"Der Minister soll mir dann die Pralinen in mein Labor bringen," meinte Draco und verließ den Raum.

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Zornig vor sich hinbrabbelnd räumte Draco seine Arbeitsfläche auf. Hoffentlich würde die Herstellung des Gegengiftes nicht lange dauern.

"Hier sind die Pralinen," ertönte die Stimme des Ministers von der Tür.

"Stellen Sie sie ab und versch... lassen Sie mich allein."

Kaum hatte der Minister die Tür hinter sich geschlossen, machte sich Draco auch schon an die Arbeit. Die Symptome waren ihm bekannt vorgekommen und daher schlug er im Almanach für tödliche Gifte nach. Tatsächlich, es gab ein Gift, das verdächtig ähnliche Anzeichen hervorrief. Mit gerunzelter Stirn, machte sich Draco an die Aufschlüsselung des Giftes, das sich in den Pralinen befand. Anschließend verglich er die Rezeptur. Entweder, hatte das ganze nur ein Scherz sein sollen, oder da war ein Stümper am Werk gewesen, denn um tödlich zu sein, fehlten zwei Tropfen Cadilissaft.

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Als Draco die Krankenstation betrat sprang der Minister auf.

"Können Sie ihn wieder gesund machen?!"

Draco ignorierte den Mann schlicht und wand sich an Madame Pomfrey, die neben dem Bett saß.

"Poppy, geben Sie dem jungen Mr. Scarlet heute Abend noch eine Aspirustablette und morgenfrüh noch mal eine halbe," wies Draco sie an. Die Frau sah ihn etwas verdutzt an, sagte aber nichts.

"Was? Sie geben ihm nur Aspirus?!" der Minister schrie beinahe.

"Beruhigen Sie sich. Das Gift war nicht tödlich. Ihrem Sohn wird es Morgen bereits besser gehen. Lassen Sie sich, bevor Sie gehen, von Poppy noch einen Löffel Baldrian geben. Auf Wiedersehen." Draco ließ den völlig verdatterten Minister einfach stehen.

Und dafür hatte er jetzt fünf Stunden seiner wertvollen Zeit geopfert. Nun, das kam davon, wenn ein Schlammblüter Zaubereiminister wurde. Oh, heute war wirklich nicht sein Tag, 'Schlammblüter' hatte er doch eigentlich aus seinem Vokabular gestrichen. Nun ja.

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Draco war gerade wieder auf dem Weg in sein Labor, als ein aufgeregter Slytherin auf ihn zugerannt kam.

"Professor!" schrie der blonde Junge. Es war Pell Warren, Zweitklässler aus Slytherin. "Professor, kommen Sie schnell! Die Gryffindors behaupten sie hätten heute den Platz!"

'Das war doch mal wieder typisch. Immer diese Gryffindors.' In zwei Wochen fand das Spiel Gryffindor gegen Slytherin statt und beide Teams versuchten so viel wie möglich zu trainieren. Beide Mannschaften hatten schon ein Spiel hinter sich, das sie jeweils gewonnen hatten. Außerdem ging es nicht nur um den Hauspokal sondern um die Ehre.

Draco stürmte also aus dem Schloss und aufs Quidditchfeld, wo sich die beiden Teams gegenüberstanden und sich ein hitziges Wortgefecht lieferten.

"Was hat das zu bedeuten?!" fuhr Draco dazwischen. Sofort kehrte Stille ein. Die Slytherins machten ein triumphierendes Gesicht.

"Wir sind jetzt eingetragen fürs Training," meldete sich Duane Hall zu Wort. Er war ein großer schlanker Sechstklässler mit schwarzen Haaren, blasser Haut und blauen Augen. Außerdem war er Sucher und Captain des Slytherinteams. "Doch die Gryffindors sehen das einfach nicht ein!" fügte er hinzu.

"Wir haben die Erlaubnis von Professor Black!" konterte Rylan Collins, Captain der Gryffindors, ebenfalls Sechstklässler, Sucher und mit seinen rotblonden Haaren und den tiefblauen Augen ebenso gutaussehend wie Duane. Das Draco ihn auf dem Kieker hatte, war ihm und allen anderen völlig bewusst. Dennoch gab er seinem Zaubertränkeprofessor Kontra, wann immer es eine Gelegenheit gab.

Draco funkelte Rylan böse an.

"Wie ich sehe hat sich in den letzten Jahren nicht viel geändert," stellte Harry fest und stellte sich neben Draco.

"Was willst du hier?"

"Ich wollte eigentlich mit dir über Acton Scarlett reden."

"Moment," meinte der blonde Professor und richtete sich dann wieder an die Teams. "Da die Slytherins eingetragen waren, werden sie jetzt auch trainieren. Und ich werde Professor Black mitteilen, dass auch er sich an gewisse Regeln halten muss."

Die Slytherins warfen den murrenden Gryffindors abschätzige Blicke zu und Draco sah ein spöttisches Lächeln auf Harrys Gesicht aufblitzen.

"Ja ja, wenn es den Slytherins dienlich ist, dann fallen ihnen immer die Regeln wieder ein. Nicht wahr Draco?" fragte Harry an Draco gewand.

"Was willst du damit andeuten, Harry?"

"Nichts. Nur, deine Slytherins werden das Training wohl nötig haben, Draco," meinte Harry scheinheilig. Für diese Aussage erntete Harry beifälliges Grinsen von den Gryffindors.

"Ach? Und wieso mussten die Gryffindors dann eine außerplanmäßige Trainingseinheit einlegen, Harry?"

Nun war es wieder an den Slytherins zu grinsen.

"Um den Pokal zu gewinnen braucht man eben etwas Training, Draco."

"Richtig. Und deshalb werden meine Slytherins das jetzt auch tun, Harry."

"Da können sie lange üben, Malfoy."

"Gut. Dann ist ab jetzt der Platz für Gryffindors gesperrt, Potter." Die beiden sahen sich kampflustig an.

"Dann übe ich mit meinem Team eben wo anders, Malfoy."

"Seit wann ist das dein Team, Potter?"

"Seit gerade eben, Malfoy." Die Gryffindors sahen sich ungläubig an.

"Na dann viel Spaß, Potter. Mein Sucher wird den Schnatz jedenfalls vor deinem fangen." Genau das war der Punkt. Rylan war ein verdammt guter Sucher und Draco daher ein Dorn im Auge.

"Träum weiter, Malfoy."

"Ich träume nicht, Potter."

"Jedenfalls bin ich immer noch der bessere Sucher von uns beiden, Malfoy."

"Ach ja?"

"Ja."

"Ach ja?"

"Ja."

"Dann beweis es, Potter."

"Darauf kannst du dich verlassen, Malfoy!"

"Professor, soll ich Ihnen meinen Besen leihen?" fragte Duane Hall vorsichtig. Draco riss ihm den Besen aus der Hand und war keine zwei Sekunden später schon in der Luft.

"Wenn du in der Luft auch so langsam bist, dann wird das wohl nichts mit dem Schnatz, Potter."

Rylan bot nun Harry seinen Besen an und dieser schwang sich zu Draco in die Luft.

"Lassen Sie den Schnatz frei Hall!" rief Draco von oben.

Kaum war er freigelassen, schwirrte der kleine goldene Ball in die Luft und verschwand. Wie bereits unzählige Male zuvor, beäugten sich Harry und Draco misstrauisch und starteten Finten. Die beiden Teams standen auf der Erde und starrten gebannt in die Luft. Mit einem Mal fing es an zu regnen. Die Schüler zauberten sich Regenschutz herbei. Nicht so die beiden Erwachsenen. Nach einiger Zeit waren sie völlig durchnässt und Draco war sich ziemlich sicher, dass ihm nie mehr richtig warm werden würde. Außerdem waren seine Hände so kalt, dass er wohl kaum mehr im Stande war, nach dem Schnatz zu greifen, sollte er ihn entdecken. Doch solange Harry nicht aufgab, würde auch er nicht aufgeben. Da, war da nicht gerade etwas goldenes über einer der Tribünen aufgeblitzt? Er flitzte los. Dichtgefolgt von Harry. Ja, da war tatsächlich der Schnatz. Harry war jetzt auf gleicher Höhe mit Draco. Die beiden rangelten miteinander. Der Schnatz war in greifbarer Nähe. Draco löste mühsam eine Hand um nach ihm zu greifen.

"SEID IHR VÖLLIG VERRÜCKT GEWORDEN?!" Hermines Stimme durchschnitt die Luft. Die beiden jungen Männer zuckten erschrocken zusammen, prallten gegeneinander und verloren kurz die Kontrolle über ihre Besen. Wenig später landeten beide, mehr oder weniger sicher, auf dem durchweichten Rasen, den eine feine Schneeschicht überzog. Der Regen hatte sich in Schnee verwandelt und der Nachmittag in Abend.

"Da ist er hin, der Schnatz," philosophierte Harry.

"Ach?" Draco streckte seinen Arm aus und öffnete mühsam seine tauben Finger. In seiner Handfläche lag der Schnatz. Er hätte alles dafür gegeben, ein Foto von Harrys ungläubigem Gesicht in diesem Moment zu machen. "Wer ist jetzt der Beste?"

"MÄNNER!" fauchte Hermine. "Sich fast umbringen, wegen eines kleinen geflügelten Balls! Und das in eurem Alter! Ein schönes Vorbild seid ihr!" Die beiden Männer, trotteten wie kleine Jungs mit eingezogenen Köpfen hinter der schimpfenden Hermine ins Schloss.