Liebe Leonel! Das sind ziemlich viele Fragen, die man sich nach dem letzten Kapitel stellt, doch leider geht es jetzt erst mal wieder mit Éowyn und Co. weiter. Aber das nächste Update kommt bald!

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Kapitel 8: Der Weiße Baum und alte Freunde

Éowyn rief Isyla zu sich. Sie wollte sofort abreisen. Keine Stunde länger hielt sie es in der Nähe des Verräters aus. Beregond war inzwischen zu den Stallungen geeilt und ließ die Pferde satteln.

Arwen betrat verlegen Éowyns Gemächer.

„Ich denke, ich sollte Minas Tirith besser nicht verlassen. Als Königin gehöre ich einfach hierher".

„Du musst unbedingt mitkommen", sagte Éowyn entsetzt. „Du wirst dich alleine gegen Cirdac nicht durchsetzen können. Du musst auch an dein ungeborenes Kind denken, Arwen".

Die Elbin lächelte plötzlich und strich sanft über ihren gerundeten Bauch.

„Ich gehe packen!", meinte sie etwas fröhlicher und verließ die Gemächer.

Es klopfte an der Tür und Éowyn hielt einen Moment verängstigt inne. War das vielleicht Cirdac? Auch Isyla hatte Angst.

„Wer ist da?", fragte Éowyn mit erhobener Stimme.

„Ich bin es", sagte Beregond mit gedämpfter Stimme.

Die beiden jungen Frauen atmeten auf.

„Die Pferde sind bereit, doch ich fürchte, dass ein Unwetter kommt", erklärte er besorgt. „Seht mal zum Fenster hinaus, Herrin".

Éowyn und Isyla liefen zum Fenster und sahen eine Wolkenwand, die sich von Osten her rasch der Stadt näherte. Isyla klammerte sich unwillkürlich an Beregond fest.

„W-was ist das?", fragte sie verängstigt.

„Das ist ein ganz normaler Sturm", erwiderte Éowyn mit vorgetäuschter Gelassenheit.

Die ersten Blitze zuckten bereits und es begann heftig zu regnen. Der Donner grollte.

Beregond wusste genau wie Éowyn, dass dieses Unwetter nicht normal war. Zu schnell war es gekommen. Urplötzlich schlug ein Blitz in den Weißen Baum, der sich unter ihnen im Hof befand, ein.

„Das ist ein böses Omen!", schluchzte Isyla auf. „Seht, der Weiße Baum stirbt. Stets brachte es Gondor großes Unglück, wenn der Weiße Baum verdorrte".

Éowyn ballte die Fäuste: sie wollte dieses schlechte Vorzeichen nicht einfach hinnehmen, ohne dagegen anzukämpfen.

So rasch wie das Unwetter gekommen war, verzog es sich auch wieder. Nur wenige Minuten nach dem Blitzeinschlag war der Himmel über Minas Tirith wieder fast wolkenlos und sonnig.

Unten im Hof liefen die Soldaten und das Gesinde zusammen. Alle starrten entsetzt auf den Weißen Baum, der vom Blitz in der Mitte gespalten worden war. Ein lautes Wehklagen erscholl.

Eine kleine Reiterschar kam unbemerkt in den siebten Festungsring. Die Wachsoldaten atmeten auf, als sie die Reiter erkannten.

„Mithrandir, wie gut dich zu sehen", sagte einer der Soldaten freudig.

Doch der Zauberer blieb ernst und warf einen Blick zu seinen Begleitern: Merry, Pippin und Legolas. Alle vier waren durchnässt von dem kurzen, aber heftigen Regenguß, der sie auf ihrem Ritt durch die Festungsringe überrascht hatte.

„Gandalf, sieh dir den Weißen Baum an!", rief Pippin entsetzt. „Was hat das zu bedeuten?"

„Schwarze Magie", murmelte der alte Zauberer kopfschüttelnd und packte seinen weißen Stab fester. „Genau wie dieses merkwürdige Gewitter vorhin. Das alles will mir gar nicht schmecken".

Legolas sah nach oben zum Himmel.

„Noch immer liegt eine böse Aura in der Luft. Das fühle ich."

„Laßt uns Aragorn aufsuchen", sagte Gandalf zu seinen Freunden.

Éowyn, Beregond und Isyla wollten gerade die Gemächer mit ihrem Gepäck verlassen, als sich Andril ihnen in den Weg stellte. Er grinste höhnisch.

„Na, wo wollt ihr denn hin?"

„Wir reisen ab", erwiderte Éowyn gebieterisch und sah den verräterischen Hauptmann verächtlich an. „Und jetzt lasst uns durch!"

„Nichts da, Ihr werdet schön hierbleiben – genau wie die Königin", sagte Andril finster. „Wache!"

Beregonds Hand zuckte über seinem Schwertgriff. Die Wachen eilten herbei und Éowyn befürchtete das Schlimmste.

„Was ist hier los?", donnerte plötzlich eine wohlbekannte Stimme.

„Gandalf!", flüsterte Éowyn erleichtert und schloß kurz die Augen.

Die Wachen zögerten und blickten sich unsicher an.

„Hauptmann Andril, seid Ihr noch bei Sinnen?", herrschte der Zauberer den Verräter an. „Ihr wollt Faramirs Gemahlin nebst Beregond und ihrer Zofe gefangen nehmen?"

Andril war nicht nur ein Verräter, sondern auch noch feige. Und vor Gandalf hatte er mächtig Respekt. Er rief seine Wachsoldaten zu sich und verließ den Gästetrakt der Zitadelle schnell. Gandalf blickte ihm finster hinterher.

„Was hat das alles zu bedeuten?", fragte der Zauberer Éowyn und Beregond. „Man hat fast das Gefühl, Aragorn ist nicht mehr König von Gondor, ebenso scheint Faramir nicht mehr der Statthalter zu sein".

Éowyn seufzte und erzählte Gandalf in aller Kürze von Aragorns und Faramirs Gefangennahme, und auch von Cirdacs Komplott.

Pippin und Merry kamen jetzt herbeigeeilt. Hinter ihnen ging Legolas etwas gemächlicher.

„Éowyn!", schrie Merry übermütig und fiel der jungen Frau in die Arme.

„Was für eine Überraschung", sagte Éowyn erfreut und fuhr dem Hobbit durch die Locken.

„Wo sind Aragorn und Faramir?", fragte Legolas ahnungsvoll.

Gandalf berichtete dem Elb, was geschehen war.

„Wir waren gerade dabei, nach Emyn Arnen zurückzukehren", fügte Éowyn hinzu. „Denn hier sind wir nicht mehr sicher".

Gandalf strich sich gedankenvoll über den Bart.

„Das ist wohl die beste Lösung. Ich bin zwar sicher, dass sich viele Soldaten hier in Minas Tirith auf meine Seite stellen würden, aber eine beachtliche Zahl würde auch Cirdac und Andril gehorchen. Ein blutiges Gemetzel wäre die Folge".

Der Soldat Arlond trat verlegen hinzu.

„Seit gegrüßt, Mithrandir", sagte er leise.

Beregond wandte sich an den Zauberer:

„Dieser junge Soldat hier hat allerhand gesehen – wie Aragorn und Faramir gefangengenomen wurden von Unholden, die das Wappen der Weißen Hand trugen".

Gandalf wurde blaß.

„Saruman lebt?"

„Der König behauptete zuletzt, er hätte Saruman selbst in Minas Morgul gesehen", sagte Arlond aufgeregt.

„Aber das ist unmöglich!", riefen Merry und Pippin fast gleichzeitig.

Legolas hatte seine schöne Stirn gerunzelt und wirkte äußerst besorgt.

„Ist es wirklich unmöglich?", fragte er den Zauberer.

Gandalf seufzte und wirkte plötzlich steinalt.

„So hat Saruman mächtigere Verbündete, als ich dachte. Kommt und lasst uns aufbrechen nach Ithilien. Dort werden wir weiter beraten."