Liebe Leonel: Danke, dass du mir die Treue mit deinen Reviews hältst! Im nächsten Kapitel kommt sowohl etwas über Éowyn und Co., als auch über Faramir und Aragorn in der Gefangenschaft.
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Kapitel 11: Der Geheimgang und die Palantíri
Während Éowyn mit ihren Freunden beim Frühstück saß, näherte sich eine Armee Uruk Hai der Hügelgruppe, wo sich das Fürstenhaus befand.
Gandalf war an diesem Morgen sehr unruhig. Er ahnte fast die Gefahr, die in der Luft lag. Immer wieder ging er von Fenster zu Fenster, als ob er auf irgendetwas wartete. Dann plötzlich kam Mablung, ein treuer Waffenkamerad von Faramir aus seiner Waldläuferzeit, in Windeseile durch das Tor galoppiert.
„Alarm!", schrie er laut. „Wir werden von Uruk Hai angegriffen".
Gandalf schloß für einen Moment entsetzt die Augen. Das Ganze sah für ihn nach Verrat aus. Ein gezielter Angriff auf Emyn Arnen!
Legolas rannte geschwind hinaus und kletterte auf die Mauerbrüstung. Mit seinen Elbenaugen sah er die Feinde herannahen. Gandalf und Éowyn traten zu ihm.
„Es sind zu viele", erklärte Legolas besorgt. „Die kleine Besatzung von Emyn Arnen wird den Unholden nicht standhalten können. Wir sollten fliehen, solange es noch möglich ist".
Gandalf schüttelte den Kopf.
„Die schwarzen Kerle würden uns den Weg abschneiden".
„Es gibt eine Möglichkeit", sagte Éowyn plötzlich. „Von den Kellergewölben des Fürstenhaus führt ein Geheimgang nach Osgiliath. Dort wären wir vor den Feinden einstweilen sicher. Niemand kommt auf die Idee, dass wir uns in der Ruinenstadt aufhalten könnten".
„Dann sollten wir uns rasch auf dem Weg machen", nickte Gandalf.
Während alle Bewohner von Emyn Arnen in das Kellergewölbe flohen, blickte Éowyn noch einmal wehmütig auf das Haus und den schönen Garten. Sie musste nun alles opfern, um das Leben ihrer Freunde, Bediensteten und ihr eigenes zu retten.
Legolas half Gandalf einige Päckchen mit einem Schwarzpulvergemisch, die der Zauberer bei sich gehabt hatte in den Gebäuden von Emyn Arnen zu verteilen. Gandalf legte eine lange Zündschnur, die er schnell noch mit Öl übergoß.
„Sind alle im Keller?", fragte er Éowyn.
Die Fürstin nickte stumm.
„Wenn das alles hier vorbei ist, werde ich euch einen schönen neuen Garten anlegen", sagte Legolas ihr aufmunternd.
Éowyn lächelte unter Tränen.
„Nun geht schon hinab in den Geheimgang!", rief Gandalf ungeduldig. „Die ersten Uruk-Hai werden gleich durch das Tor kommen".
Kharak und Dunor, die Anführer der Uruks, grinsten böse, als sie den Zauberer im Hof des Anwesens stehen sahen.
„Auf ihn!", feuerten sie ihre Krieger an.
Das ließen sich die Unholde nicht zwei Mal sagen und rannten brüllend in den Hof. Darauf hatte Gandalf nur gewartet. Er ließ mit einem kalten Lächeln die Fackel auf die Zündschnur fallen und verschwand dann rasch im Haus. Mit einer Schnelligkeit, die man dem alten Mann gar nicht zugetraut hätte, holte er rasch die anderen im Geheimgang ein.
„Macht rasch!", trieb er die Fliehenden an. „Jeden Augenblick kann hier alles einstürzen."
Die Uruk-Hai durchkämmten gerade die Gebäude des Anwesens, als Kharak die Falle bemerkte.
„Alles raus hier!", brüllte er.
Aber es war zu spät. In diesem Moment erschütterte eine heftige Detonation das Anwesen. Zwei der Nebengebäude stürzten ein und begruben viele Uruk-Hai unter sich. Die anderen stürmten kopflos in den Hof. Mehrere weitere Explosionen ließen das Fürstenhaus einstürzen. Nur wenige der Angreifer überlebten, darunter Kharak.
„Zurück nach Mordor!", kommandierte er. „Emyn Arnen ist dem Erdboden gleichgemacht worden. Einen anderen Befehl hatten wir nicht."
Von Minas Tirith aus beobachtete Cirdac zusammen mit Ashgar, wie eine gewaltige Rauchsäule von Emyn Arnen aufstieg. Der Usurpator lächelte zufrieden.
„Nun, gebt Ihr uns jetzt die Palantíri?", fragte Ashgar gierig.
Cirdac winkte einige Bedienstete heran, die die wertvollen Kugeln, die sich in einer Holzkiste befanden, herbeibrachten.
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Inzwischen hatten die Freunde Osgiliath erreicht. Sie durchquerten ein unterirdisches Kanalsystem, das mitten in der Ruinenstadt endete. Die Detonationen hatten sie sogar unter der Erde mitbekommen.
„Was mag aus unseren Pferden geworden sein?", fragte sich Éowyn laut, während sie ans Tageslicht kletterte.
Gandalf pfiff nach Schattenfell. Schon bald war in der Ferne ein Wiehern und Hufgetrappel zu hören. Der weiße Meara-Hengst kam in die Stadt galoppiert. Ihm folgten Éowyns Windfola und die anderen Pferde des Fürstenhauses. Éowyn schlang ihrer grauen Stute erleichtert die Arme um den schönen Hals.
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Schon bald hatten Ashgar und seine Orks Minas Morgul wieder erreicht. Aragorn beobachtete durch das vergitterte Fenster des Kerkers, dass irgendetwas besonderes geschehen sein musste.
„Was gibt es Neues?", fragte Faramir mit schleppender Stimme von der Ecke aus, wo er lag.
Er litt bereits stark unter Vergiftungserscheinungen. Ihm war schwindelig und er litt unter Sehstörungen. Aragorn konnte sich noch ein wenig besser auf den Beinen halten, aber er wusste, dass auch sein Körper ihm bald nicht mehr gehorchen würde.
Kurze Zeit später wurde die Zellentür aufgesperrt und die beiden Gefangenen hinausgezerrt.
„Was habt ihr mit uns vor?", fragte Aragorn wütend.
„Saruman und Grima haben eine Überraschung für euch", höhnte einer der Orks.
Da die beiden Gefangenen kaum mehr gehen konnten, schleppten die Orks sie zu einem Karren, der von einem Warg gezogen wurde. Der Karren fuhr mit den zwei Freunden wieder ganz nach oben zum Turm des Mondes.
Faramir und Aragorn merkten, dass die Luft dort oben ein wenig besser war als unten und sie fühlten, dass die Vergiftungserscheinungen etwas nachließen.
„Was für eine neue Teufelei mag Saruman ausgeheckt haben?", fragte der König leise seinen Freund.
„Ich wünschte, uns bliebe es erspart, das zu erfahren", erwiderte Faramir, der eine böse Vorahnung hatte.
Saruman und Grima grinsten breit, als die beiden Gefangenen in das Turmzimmer gebracht wurden.
„Der Regent von Minas Tirith hat uns ein mächtiges Geschenk gemacht", erklärte der Zauberer spöttisch.
Er ging zu einem steinernen Tisch, auf dem etwas unter einem Tuch verborgen lag. Er schob das Tuch zur Seite und Aragorn riß die Augen weit auf, als er die beiden Palantíri erkannte.
„Cirdac! Wie konnte er!", stieß er ungläubig hervor.
„Nun, ich habe ihm einen Tauschhandel angeboten", erklärte Saruman böse lächelnd. „Euer beider Leben gegen die Palantíri. Aber Cirdac legt keinen Wert darauf, dass Ihr zurückkommt".
„Dieser gemeine Verräter!", rief Faramir außer sich. Saruman rief Ashgar und Kharak zu sich.
„Sprecht!"
„Cirdac bat nur um einen kleinen Gefallen", sagte Ashgar mit seiner hässlichen Orkstimme. „Emyn Arnen den Erdboden gleichzumachen, denn dort war die Königin mit ihren Freunden hingeflohen".
Faramir und Aragorn blickten sich entsetzt an.
„Das Fürstenhaus steht nicht mehr", fuhr jetzt Kharak fort. „Wir haben alles zerstört".
Faramir rang nach Atem.
„Und die Menschen dort?", fragte er leise.
„Niemand hat unseren Angriff überlebt", log Kharak schnell.
Faramir schloß entsetzt die Augen.
„Éowyn!", flüsterte er tonlos. „Unser Kind".
Auch Aragorn war kurz davor, die Fassung zu verlieren. Er konnte einfach nicht glauben, dass Arwen tot sein sollte.
„Macht euch keine Sorgen", frohlockte Grima. „Ihr werdet euch bald zu ihnen gesellen. Morgen werdet ihr beide hingerichtet. Ihr werdet auf dem Scheiterhaufen brennen".
Er ärgerte sich, weil er damit bei Faramir und Aragorn keine Gemütsregung hervorlocken konnte. Sie beide blickten ihn nur anklagend an und ließen sich schweigend von ihren Bewachern wieder wegführen.
Dann nahm er sich Kharak zu Brust.
„Bist du verrücktgeworden, tölpelhafter Uruk?", fuhr ihn Grima wütend an. „Éowyn ist etwa auch tot? Sie war für mich bestimmt".
„Laß es!", sagte Saruman mit schneidend kalter Stimme. „Ich will mich jetzt mit den Palantíri beschäftigen."
Kharak trollte sich und warf Grima einen wütenden Blick zu. Er hasste es, von Sarumans Diener so gedemütigt zu werden.
Irgendwann, dachte der Uruk-Hai grimmig, irgendwann werde ich mich an dir rächen, du Schlangenzunge!
Faramir und Aragorn saßen nun wieder in ihrem Kerker und ließen ihren Gefühlen freien Lauf. Immer wieder schlug Faramir verzweifelt mit seinen Fäusten gegen die Mauer, bis ihm das Blut herablief.
„Nein, sie darf einfach nicht tot sein!", stieß er unter Tränen hervor.
Aragorn hatte seinen Kopf in den Händen vergraben und weinte still vor sich hin.
Plötzlich wurde die Tür aufgesperrt und zwei Elben wurden zu ihnen in den Kerker geworfen.
„Figwit, Orofin!", rief Aragorn erstaunt und entsetzt zugleich aus.
Er kannte die beiden Elben aus Bruchtal. Doch sie waren in einem entsetzlichen Zustand: ihre Kleider waren zerrissen und ihre schönen Gesichter waren blutig und angeschwollen.
„Was hat man mit Euch gemacht?", wollte der König wissen.
„Man hat uns gefoltert", stieß Figwit entkräftet hervor. „Saruman will wissen, wie viele Elben es noch in Mittelerde gibt".
„Warum will er das wissen?", wandte sich Faramir erstaunt an Aragorn.
„Wahrscheinlich will er alle Elben, die es noch hier gibt, vernichten", murmelte der König kopfschüttelnd.
