Liebe Leonel! Danke, dass du mich nicht in Stich lässt. Deine fleissigen Reviews ermutigen mich, diese Geschichte (die ich längst fertig habe) weiter zu posten. Laß dich knuddeln!
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Kapitel 12 : Éowyns Entschluß
Gandalf, Legolas, Gimli und Beregond hatten sich zur Beratung zusammengesetzt. Sie hielten sich alle in einem der größeren Gebäude Osgiliaths auf, das noch halbwegs unversehrt war. Arwen ging es nicht gut: die Flucht hatte sie zu sehr angestrengt.
„Hoffentlich kommt das Kind noch nicht", sagte eine heilkundige Frau zu Éowyn. „Es ist zu früh".
Éowyn nickte nur schweigend. Sie konnte nichts für Arwen tun, die bleich auf einem behelfsmäßigen Bett lag. Langsam schlich sie hinüber in den anderen Raum, wo sich die Männer aufhielten.
„Es kann nur Einer sein, der Saruman und Grima wieder zum Leben erweckt hat", erklärte Gandalf gerade. „Und zwar Melkor selbst".
Legolas wurde blaß, als er das hörte.
„Morgoth", flüsterte er kaum hörbar.
„Er wurde zwar von Mandos und den Valar in die namenlose Leere verbannt für sein frevelhaftes Tun in den vergangenen Zeitaltern", fuhr Gandalf fort, „aber irgendwie scheint es dem Halunken geglückt zu sein, von dort zu fliehen".
„Iluvatar möge uns gnädig sein, wenn das stimmt", murmelte Legolas entsetzt.
„Bestimmt ist er in seine ehemalige Festung in Angband geflüchtet", fuhr Gandalf fort. „Ich muß dagegen etwas unternehmen. Ihr müsst verstehen, dass ich hier nicht länger bleiben kann.
Ich muß fort und meinen Vetter Radagast aufsuchen, und alle Zauberer, die es noch in Mittelerde gibt, versammeln".
„Du willst uns verlassen, Gandalf?", fragte Éowyn erschrocken, die von der Tür aus zugehört hatte.
Der Zauberer stand auf und legte er die Hände tröstend auf die Schultern.
„Saruman und Grima können nur vernichtet werden, wenn Melkor Mittelerde wieder verlassen hat".
„Aber bis dahin kann es für Faramir und dem König zu spät sein!", stieß Beregond entmutigt hervor.
Gandalf lächelte wehmütig.
„Es gibt keine andere Lösung. Wenn es der Wille der Valar ist, dann müssen Aragorn und Faramir sterben".
Er ging hinaus und pfiff Schattenfell herbei. Der weiße Meara-Hengst wieherte auf und kam herbeigeprescht.
„Bleibt hier, wenn es geht, meine Freunde", sagte der Zauberer zum Abschied. „Hier seid ihr vorerst in Sicherheit".
Dann schwang er sich auf den Hengst und galoppierte in atemberaubender Geschwindigkeit davon.
Éowyn ballte die Fäuste, während sie ihm nachsah.
Ich werde nicht hierbleiben und tatenlos darauf warten, dass Faramir stirbt, dachte sie entschlossen.
Während die anderen sich wieder in das Gebäude zurückzogen, sattelte Éowyn Windfola. Glücklicherweise hatte der kluge Hengst Schattenfell alle Pferde von Emyn Arnen nach Osgiliath geführt.
Merry kam in den Stall, wo Windfola untergebracht war. Er hatte irgendwie einen Riecher gehabt, dass Éowyn dort war.
„Was hast du vor?", fragte er neugierig.
„Du darfst niemanden ein Wort sagen", zischte sie ihm zu. „Ich werde versuchen, Faramir und Aragorn zu befreien, bevor sie getötet werden".
„Ich gehe mit!", rief Merry begeistert.
„Ich auch!", kam ein Echo von der Tür.
„Pippin!"Éowyn musste ein wenig schmunzeln. „Ihr seid wirklich unzertrennlich, was?"
Im Schutze der Dunkelheit verließen die drei Osgiliath. Die Hobbits ritten auf ihren Ponys neben Éowyn her, die sich praktischerweise Männerkleidung angezogen hatte. Éowyn ließ sich ihre Angst nicht anmerken, die sie hatte. Sie hatte auch keinen Plan, wie sie in die Geisterstadt Minas Morgul ungesehen gelangen konnte. Die Hobbits waren wenigstens noch guter Dinge. Sie unterhielten sie mit lustigen Anekdoten beim Reiten. Doch je näher sie an das Schattengebirge kamen, desto mehr verging Éowyn das Lachen. Als sie die Wegscheide hinter sich gelassen hatten, sahene sie bereits von Ferne die Türme von Minas Morgul.
„Wir sollten ab jetzt vorsichtig sein", mahnte Éowyn, „und zu Fuß weitergehen".
§
Beregond bemerkte Éowyns Verschwinden als Erster. Er ging in die Kammer, wo sich Isyla mit anderen Frauen des Gesindes aufhielt.
„Isyla, die Herrin ist verschwunden. Weißt du, wo sie hingegangen ist?"
Die dunkelhaarige Kammerzofe fuhr erschrocken hoch.
„Ich habe keine Ahnung, aber wir können ja mal nach ihr suchen".
„Soll ich mitgehen?", fragte Bergil, Beregonds halbwüchsiger Sohn, vorwitzig.
„Nein, du Naseweis", lachte Beregond auf. „Du bleibst schön hier und passt auf die Frauen auf, verstanden?"
„Jawohl, mein Herr", sagte der Junge gehorsam.
Isyla konnte ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Dann folgte sie Beregond rasch.
„Wann hast du Frau Éowyn zuletzt gesehen?", fragte sie der treue Leibwächter.
„Das war heute Mittag", sagte Isyla nachdenklich. „Sie hielt sich in ihrem Schlafraum auf und suchte irgendetwas in dem mitgebrachten Gepäck".
Beregond lief ahnungsvoll in die Stallungen. Windfola und die Hobbitponys waren tatsächlich weg. Isyla schrie leise auf.
„Sie wird doch nicht nach Minas Morgul geritten sein!"
„Ich wette, sie will dorthin", murmelte Beregond kopfschüttelnd.
Isyla schmiegte sich ängstlich an ihn.
„Ich fürchte mich, Beregond. Wenn ihr nun etwas zustößt und Herrn Faramir auch. Es wäre nicht auszudenken".
Beregond legte tröstend seine Arme ums sie.
„Der Herr und die Herrin haben schon viele Gefahren gemeistert. Ich bin sicher, dass wir sie wieder sehen werden".
Isyla sah ihn mit ihren großen, dunklen Augen hoffnungvoll an. Beregond konnte nicht anders: er küsste sie. Diesmal jedoch verpasste ihm die hübsche Kammerzofe keine Ohrfeige, sondern erwiderte den Kuß leidenschaftlich.
Beregond hielt schließlich inne:
„Wir müssen Herrn Legolas und Herrn Gimli darüber informieren, was los ist".
