Kapitel 2
Hermine blickte hoch in ihren Spiegel und stellte fest, dass sie heute gar nicht so schlecht aussah. Nur ihre verwuschelten Haare gefielen ihr wie immer nicht.
Sie bemerkte plötzlich, dass sie Ron in ihrem Spiegel sehen konnte; er sah sich gerade im Raum um und hatte ein leichtes Grinsen auf den Lippen.
Auf einmal fielen ihr seine Augen auf, sie waren grün. Aber das Grün kannte sie schon, es war etwas Anderes, was ihre Aufmerksamkeit erregte: Und zwar die kleinen, braunen Punkte, die ungleichmäßig dort verteilt waren. Hermine fragte sich, warum ihr das noch nie vorher aufgefallen war, sie kannte ihn jetzt schon fünf Jahre lang; sie hatten fast jede freie Minute mit ihm verbracht, wenn sie nicht mal wieder gelesen hatte.
Erschrocken bemerkte sie, dass er aufgehört hatte, sich den Raum anzugucken und direkt in seinen Spiegel schaute. Peinlich berührt guckte sie in ihr Waschbecken. Fast verzweifelt fragte sie sich, warum sie diese Punkte so verwirrten. Schließlich gab es viele Menschen, die solche Flecken in ihren Augen hatten. Warum kamen ihr diese von Ron so besonders vor?
Entschloßen versuchte sie, sich auf ihr Waschen zu konzentrieren. Hastig probierte sie, fertig zu werden, packte ihr Sachen wieder ein und verschwand eilig, mit nur einem „Bis später.", aus dem Waschraum.
Sie rannte die Treppe zu den Mädchenschlafsälen hoch, zog sich eilig an und versuchte, noch pünktlich zur ersten Stunde zu kommen. Diese hatte sie bei ihrem gemeinsten Lehrer, Professor Snape. Und der Klassenraum befand sich im Kerker.
Außer Atem und ohne Frühstück kam sie noch rechtzeitig an. Zwar saßen schon alle Schüler auf ihren Plätzen, aber Snape war noch nicht zu sehen. Sie setzte sich ebenfalls.
Keine fünf Sekunden später erschien Ron, setzte sich ohne ein Wort drei Reihen hinter ihr neben Harry. Gleich darauf erschien auch ihr Zaubertranklehrer, wie immer etwas gereizt. Der Unterricht verlief wie gewöhnlich. Snape zog den Gryffindors wegen Kleinigkeiten, wie zu lautem Federkratzen oder zu lautem Husten, Punkte ab, was bei den Slytherins eine große Freude hervorrief.
Danach hatten sie noch eine Doppelstunde in Pflege magischer Geschöpfe, schon wieder mit den Slytherins. Langsam fragte sich Hermine, ob es nicht noch andere Häuser gab. Über die Hälfte ihre Schulstunden mussten sie mit ihnen verbringen.
Ihr Magen begann zu knurren. Hermine sah zu Ron rüber und fragte sich, ob er nicht auch Hunger hatte. Wahrscheinlich hatte er noch irgendwo ein paar Muggel-Bonbons, die ihm Harry mitgebracht hatte, gefunden.
Na super! Jetzt waren ihre Gedanken wieder bei Ron. Warum nur? Sooo toll war er ja nun auch wieder nicht, oder? NEIN, NEIN, NEIN! Er ist ein ganz normaler Junge, sogar einer ihrer besten Freunde, und sie kannte ihn doch jetzt schon seit fünf Jahren!
Sie versucht krampfhaft, sich wieder auf den Unterricht zu konzentrieren. Hagrid hatte mal wieder ein neues Tier für sie beschafft, es war eine Mischung aus Krabbe und Hase und sah ziemlich komisch aus.
Endlich waren auch diese Stunden vorbei und sie konnte etwas essen. So schnell wie möglich rannte sie zurück zum Schloss, so dass sie gar nicht mitbekam, wie Harry und Ron nach ihr riefen.
In der Großen Halle angekommen, warf sie sich auf das Essen, wie es sonst nur Fred und George konnten.
Immer noch leicht verwirrt über Hermines Eifer für das Mittagessen, kamen Harry und Ron nach. Sie setzten sich ihr gegenüber. Hermine sah von ihrem Essen nicht mal auf.
Ron konnte sich einen Kommentar nicht verkneifen: „Mein Gott, du schlingst ja das Essen schlimmer runter als ich!"
Genervt blickte Hermine zu Ron und bemerkte sein Grinsen. „Ha ha, sehr witzig. Ich habe heute noch nichts zu essen bekommen!"
Harry sah sie mit einem Lächeln an. „Man sieht es, du schlingst, als hättest du seit zehn Tagen nichts gekriegt!" Hermines Blick wanderte zu Harry, wenn Blicke töten könnten, wäre er bestimmt sofort umgefallen. Sie verkniff sich einen Kommentar und beschäftigte sich wieder mit ihrem Essen.
Harry und Ron ließen sie lieber in Ruhe und fingen an, sich um ihren Teller zu kümmern.
Hermine wurde ein paar Minuten früher fertig, obwohl sie sich noch dreimal Nachtisch auf ihren Teller häufte. Sie beobachtet ihre beiden Freunde, wobei sie sich stark das Lachen verkneifen musste; es sah einfach zu komisch aus, wie die beiden mit der gleichen Haltung über den Tellern hingen.
Hermine war sehr stolz auf sich, dass sie es geschafft hatte, seit einer Stunde nicht mehr an Ron zu denken. Als sie ihn jetzt ansah, fiel ihr auf, wie sehr er sich doch in den Sommerferien verändert hatte. Sein Gesicht hatte einen kantigeren und härteren Ausdruck angenommen. Oder hatte er dies auch schon früher gehabt und es ist ihr nur nicht aufgefallen? Nein, sein Gesicht sah wirklich anders aus, sie erinnerte sich an ein Bild von ihm, das sie kurz vor den Sommerferien gemacht hatte.
Als sie zu dritt mit ein paar Leuten im Gemeinschaftsraum gesessen und sich unterhalten hatten. Sie wollten die letzten Stunden noch ausnutzen, bevor sie sich zwei Monate nicht sehen würden. Es gab viel zu lachen.
Dieses Bild war aber später entstanden, als die meisten schon ins Bett gegangen waren. Hermine hatte noch ein Bild auf ihrem Apparat gehabt und sie wollte den Film voll machen. Ron und sie saßen noch ein paar Stunden allein unten, sie wurden nicht müde an diesem Abend. Sie redeten über alles, was in den letzten Jahren passiert war, oder sie lästerten über die Lehrer und Mitschüler. Sie vergaßen ganz die Zeit.
Als es langsam anfing zu dämmern, beschlossen sie doch, noch ein bisschen schlafen zu gehen. Aber als Hermine im Bett lag, konnte sie nicht schlafen. Bis zum Weckerklingeln wälzte sie sich unruhig hin und her. Die ganze Zeit verspürte sie ein komisches Kribbeln im Bauch, das sie aber auf die Nervosität schob, endlich ihre Eltern wiederzusehen.
Jetzt kam ihr der Gedanke, dass es ja auch etwas Anderes hätte sein können. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie sich nicht erinnern konnte, jemals zuvor vor den Sommerferien nervös gewesen zu sein. Aber sie war auch vorher nie mit einem Flugzeug nach Kanada geflogen.
...
Mein Gott, musste Hermine ihn so anstarren? Hatte er irgendetwas im Gesicht? Bestimmt hatten die Bonbons doch eine Nebenwirkung, Harry hatte so gegrinst, als er sie ihm geschenkt hatte. Er hätte sie heute morgen nicht essen sollen. Was war es wohl, ein Horn, das ihm aus der Stirn wuchs oder vielleicht ein paar graue oder violette Punkte? Er schaute sich im Raum unauffällig um. Nein, alle waren mit ihrem Essen beschäftigt. Aber warum starrte ihn kein anderer an? Na gut, er würde sie jetzt einfach fragen.
„Hermine is irgendwas, du starrst mich die ganze Zeit an? Habe ich was im Gesicht?" Er legt die Gabel beiseite und strich sich durchs Gesicht.
Hermine fuhr erschrocken zusammen und stotterte: „Was? Was ... is los?"
Genervt fragte er noch mal: „Ich habe dich gefragt, was los ist, du starrst mich die ganze Zeit an!"
Hermine errötete. „Oh, tut mir leid, ich habe gerade über etwas nachgedacht... Über etwas, was Hagrid gesagt hat!"
Ron versuchte, nicht enttäuscht zu klingen. „Oh, na gut, und schon zu einem Ergebnis gekommen?"
Hermine hatte sich wieder gefangen. „Nein! Noch nicht ganz. Ich gehe noch mal schnell in die Bibliothek, vielleicht finde ich da was. Bis dann!"
Und schon rannte sie aus der Halle. Ron guckte ihr noch einen Moment mit offenen Mund hinterher.
Mmh? Komisch, warum war sie dann rot geworden, als er sie ansprach? Vielleicht hatte sie ja an einen Jungen gedacht? Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Vielleicht ja sogar an ihn? Nein! Ron ermahnte sich, sich nicht zuviel einzubilden, wahrscheinlich hatte sie eher an Harry als an ihn gedacht. Die halbe Schule flüsterten schon, was für tolles Paar die beiden abgeben würden, und jedes Mal fragten sie ihn, ob er schon was mitbekommen hätte, und immer antwortete er das Gleiche: Dass sie nur gute Freunde waren. Aber was, wenn die beiden wirklich was miteinander hätten und es nur geheim hielten?
Nein! Sie hat nur über die Schule nachgedacht, so war Hermine eben! Wieder musste er grinsen. Mal ehrlich, Hermine dachte über solche Sachen doch nicht nach!
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So jetzt habe ich es endlich geschafft, das 2. Kapitel rauszubringen. (::Schulter klopf::)
Ich danke allen für die schönen Reviews!!
