Ehe das neue Kapitel beginnt, wollten wir uns zunächst mal bei all jenen bedanken, die uns bis hierhin immer noch die Treue gehalten und unseren Schreibeifer mit ihren Reviews beflügelt haben. Außerdem müssen wir unbedingt ein paar Punkte klären, die in den Reviews zu den letzten drei Kapiteln angeschnitten wurden. Diese Bemerkungen folgen am Ende dieses Kapitels.

Jetzt geht's erst einmal weiter mit dem nächsten Kapitel. Viel Spaß!

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Schuld und Sühne

von: Salara und ManuKu

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Teil 23

Die Dunkelheit hatte längst die Herrschaft übernommen, als Gomar und seine Begleiter sich schließlich dem Elbental näherten. Unterwegs hatte man ihm kurz Details der Route beschrieben, die bisher zum Betreten Bruchtals benutzt worden war. Während Gomar der Schilderung lauschte, wurde ihm klar, dass es diesmal nur absolutem Können zu verdanken sein würde, wenn sie noch ein letztes Mal erfolgreich auf diesem Wege in das Gebiet des erstgeborenen Volkes eindringen konnten. Die beiden unterwegs getöteten Elben bewiesen, dass man inzwischen Gegenmaßnahmen ergriffen hatte und höchstwahrscheinlich an der Klippe auf sie wartete.

Er ließ weit vor ihr anhalten, stieg wie alle von seinem Pferd, dann drückte er seine und Morags Zügel den drei jungen Männern in die Hand.

„Wartet hier, bis wir zurück sind, und sorgt dafür, dass man keinen Laut von euch oder den Tieren vernimmt. Denkt daran, eine weitere Panne bezahlt ihr mit euren Leben," knurrte er sie halblaut an und winkte seinen Stellvertreter dann zu sich. „Wir werden uns inzwischen um ein etwaiges Empfangskomitee kümmern."

Morag diskutierte nicht mit seinem Anführer, doch die Aussicht, sich noch ein drittes Mal mit Elben im Kampf messen zu müssen, bereitete ihm tiefes Unbehagen. Zu deutlich erinnerte er sich noch an den ersten Kampf im Schloss. Sein Gegner, dieser dunkelhaarige Elb, hatte eine unglaubliche Wendigkeit und Kampfkraft an den Tag gelegt und es beinahe geschafft, ihn zu besiegen. Und das wollte etwas heißen, hatte Morag bei ihrem Aufbruch aus Ankaradas vor über zwanzig Jahren doch als einer der besten Kämpfer des Landes gegolten. Zwar war seitdem viel Zeit vergangen, doch an Gegnern hatte es Gomars rechter Hand seither noch nie gefehlt und so hatte er nach wie vor ausreichend Übung.

Ebenso wie Gomar zog er still sein schwarzes Gesichtstuch bis dicht unter die Augen, dann verschwanden sie lautlos in den Wald. Dank ihrer durchweg dunklen Kleidung verschmolzen Gomar und Morag fast völlig mit der nächtlichen Finsternis.

Die drei Zurückgebliebenen starrten ihnen noch ein paar Augenblicke lang nach, dann sahen sie sich suchend um, bis sie in einiger Entfernung eine Gruppe eng beieinanderstehender höherer Büsche erspähten, die auch einem Pferd Deckung boten. Es war der beste Schutz, den ihnen dieses Stück Wald vor unerwünschten Blicken bot. So ruhig wie möglich führten sie die Pferde dorthin, dann warteten sie, doch die Gedanken der drei kreisten nur um eine Frage: Was hatte Gomar vor?

***

Morag und Gomar hatten sich mit der Geschmeidigkeit von Katzen fast lautlos durch den Wald bewegt. Als sie schließlich dicht genug an die Klippe herangekommen zu sein glaubten, hob Gomar kurz die Hand und gab seinem Begleiter durch Handzeichen zu verstehen, dass er warten und sich still verhalten solle, während er selbst sich umzusehen beabsichtigte. Mit einem Nicken kauerte Morag sich bäuchlings in eine flache Bodenmulde, während Gomar geräuschlos von Baum zu Baum schlich, jede Deckung und jeden Schatten ausnutzend, bis er selbst für Morags erfahrene Augen kaum noch von ihnen zu unterscheiden war...

***

Gomar konnte seine Haut kribbeln fühlen.

Er redete sich ein, dass es die verstreichende Zeit wäre, doch der letzte Rest seines von Besessenheit vernebelten Verstandes wußte, dass es die Entzugserscheinungen des Sytharm waren, die selbst die schwache Berührung des eiskalten Mooses auf der Haut unangenehm machte.

Behutsam und mit dem Wissen ausgestattet, dass buchstäblich sein Leben davon abhing, bewegte er sich durch die Nacht. Der Regen hatte zwar schon vor Stunden aufgehört, doch der Boden und die Pflanzen waren noch immer naß und ihre Kälte drang zusammen mit der des zunehmend eisiger werdenden Windes unangenehm durch die Kleidung auf seine Haut durch. Er sah zum Himmel.

Die Wolkendecke war größtenteils geschlossen, doch der Wind war in der letzten Stunde immer kälter geworden. Er trieb die Wolken vor sich her, ließ sie gelegentlich für einen Moment aufreißen und hin und wieder ein paar Sterne durch die Lücken blitzen. Die Kälte, die in der Luft lag, sagte dem Südländer jedoch, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis die Sterne erneut vollständig hinter Wolken verschwinden würden. Schnee lag in der Luft – noch in dieser Nacht. Die Zeit drängte also, denn mit dem ersten Schneefall liefen sie auch Gefahr viel zu deutliche Spuren bei ihrem Rückzug zu hinterlassen. Selbst bei so schlechten Sichtverhältnissen wie diesen war das erstgeborene Volk ihnen durch sein überscharfes Sehvermögen stets im Vorteil.

Der Südländer konnte fühlen, dass sich vor ihm jemand befand. Er sah niemanden, und was er sonst vielleicht hätte hören können, wurde nun von einem zwar leisen, aber dennoch wunderschönen Gesang übertönt, der von fern aus dem Tal zu Gomar heranwehte. Abgesehen davon vernahm er wirklich nur jene Laute, die aus seiner unmittelbaren Umgebung kamen, doch sein in langen Jahren gnadenloser Ausbildung geschulter Instinkt reagierte dennoch und um so nachdrücklicher auf die Anwesenheit der Elben.

In einem weiten Bogen näherte Gomar sich der von seinen Spähern beschriebenen Steilklippe von der Seite, bis ihn noch etwa drei Steinwürfe von ihrem Rand trennten. Hier hielt er inne, kauerte sich in den Schatten eines fast mannshohen Gebüschs, und machte sich dann daran, mit all seinen Sinnen in die Umgebung zu spüren, sie zu prüfen und alle „richtigen" Eindrücke von den „falschen" zu trennen.

Da waren dieser eigentümliche Gesang und das Rauschen des Windes, in dem das vertrocknete Laub der Bäume raschelte und die Zweige und Äste knarrten. Irgendwo seitlich neben ihm strich etwas durchs Unterholz und zerbrach dabei unter samtigen, vorsichtigen Pfoten kleine Zweige, die auf dem Waldboden lagen.

Etwas nicht Greifbares lag in der Luft, etwas das Gefahr mit sich führte. Gomars Vorgefühl warnte ihn, dass er nicht viel Zeit hatte, um zu tun, wofür er hergekommen war.

Unwillig schob er all diese Gedanken und Eindrücke in den Hintergrund seines Bewusstseins und konzentrierte sich wieder auf die Umgebung. Millimeterweise suchten seine Augen die Umgebung ab, befassten sich mit jeder seltsam aussehenden Kontur, jedem eigentümlich schwankenden Schatten, bis er schließlich in den unteren Ästen einer Baumkrone vage die Gestalt einer Person ausmachte.

Da versteckt ihr euch also! Zufrieden über seine Entdeckung befasste er sich nun gezielt mit den Bäumen. Nach einigen Minuten glaubte er zwei weitere Wächter ausgemacht zu haben. Auch sie hielten sich im Schatten von Baumkronen verborgen. Es würde heikel werden, doch mit äußerster Vorsicht und Schnelligkeit erachtete Gomar es als machbar, sie auszuschalten, ehe sie einen Warnruf würden abgeben können. Alles hing davon ab, wie dicht Morag und er an die Elben herankommen würden.

Drei sind es bisher, dachte Gomar und trat, als er von seinem momentanen Standpunkt aus niemanden weiter ausmachen konnte, ebenso lautlos wie zuvor den Rückzug an. In einem noch weiteren Bogen und unter ungleich größerer Vorsicht umrundete er jene Stelle, um sich ihr schließlich von der anderen Seite zu nähern. Nun, da er wußte, worauf er zu achten hatte, fiel es ihm leichter, gezielt Ausschau zu halten. Doch er entdeckte auch von seinem neuen Versteck aus keine weiteren Wächter mehr außer jenen, die er zuvor bereits entdeckt hatte.

Was? Nur drei? Nur drei lausige Krieger, um uns in Empfang zu nehmen? Für wen halten uns diese Elben eigentlich? Für dumme Jungs, mit denen man im Handumdrehen fertig werden kann?

Wut über die vermeintliche Missachtung seiner Gefährlichkeit schoß in ihm empor und es kostete Gomar alle Mühe, sie im Zaum zu halten und sich zu sagen, dass es auf diese Art einfacher war, ins Tal hinabzusteigen. Dennoch bedauerte Gomar zutiefst, dass die Zeit nicht reichte, um den Elben eine Lektion zu ihrer Überheblichkeit zu erteilen. Ehe er die Klippe nach der Erfüllung seines Vorhabens wieder verließ, gab es noch viel zu tun und die ihm zur Verfügung stehende Zeit lief bereits jetzt wie Sand zwischen seinen Fingern hindurch. In Moment musste er als erstes so schnell wie möglich mit Morag zusammen die Wächter ausschalten.

Vorsichtig kehrte er zu seinem Stellvertreter zurück. Er hatte kaum Mühe, ihn trotz der Finsternis zwischen den Bäumen zu entdecken. Flüsternd informierte er ihn über die Verstecke der elbischen Wächter und beschrieb dann, wie sie sie effektiv und ohne großes Aufsehen ausschalten konnten. Anschließend präparierten sie ihre Waffen und setzten sich schließlich wieder in Bewegung, direkt auf die Verstecke der Elben zu, die nicht ahnten, dass sie entdeckt worden waren...

***

Kánodal saß nun schon seit vielen Stunden in seinem Versteck, ohne dass er sich je mehr als nur wenige Handbreit vom Fleck bewegt hatte. Aufmerksam ließ er seinen Blick zwischen den Stämmen der Waldbäume hindurchschweifen, doch es bot sich ihm das gleiche Bild wie schon in dem Moment, als ihre beiden Kameraden den abziehenden Spähern der Südländer gefolgt waren.

Langsam machte sich auch Hunger bemerkbar, doch Kánodal wußte, dass er erst etwas essen konnte, wenn Lord Glorfindel mit der angekündigten Verstärkung und neuen Befehlen wiederkam. Es konnte nicht mehr lange dauern – immerhin war der Kämpfer aus Gondolin bereits seit dem Ende von Estels Bestattung fort. Doch bis es soweit war, hieß es für den erst knapp über hundert Jahre alten Elbenkrieger, in der Wachsamkeit nicht nachzulassen.

Um die Monotonie zu durchbrechen ließ Kánodal seine Gedanken von dem klagenden Lied einfangen, das seit Stunden wie ein Schleier über Bruchtal lag.

Die Elben sangen, denn sie trauerten um Lord Elronds menschlichen Pflegesohn.

Estel ist also tot. Kánodals Gedanken kehrten, ohne dass er es verhindern konnte, zum Vormittag zurück. Er hatte den jungen Mann zwar nicht persönlich gekannt, doch die Entschlossenheit und der Mut, mit denen Aragorn sich seit kurzem der bei allen Elbenkämpfern gefürchteten harten Schwertkampfausbildung durch Glorfindel gewidmet hatte, hatten ihm Respekt abgenötigt. Der goldhaarige Elbenherr hatte nicht viel über den Menschen gesagt, doch wenn, waren seine Worte zu Aragorns Fortschritten stets anerkennend gewesen. Estel war noch so jung, gerade mal zweiundzwanzig Jahre alt. Zweiundzwanzig. Als ich so alt war, dachte ich noch nicht daran, mein Leben lang Waffen führen zu...

Weiter kamen seine Gedanken nicht, denn ein kaum vernehmbares Geräusch wie von einem zerbrechenden Zweig drang in diesem Augenblick an Kánodals Ohr. Schlagartig war er alarmiert und hellwach. Er tastete nach seinem Bogen, während er aufmerksam seine Umgebung betrachtete. Die wolkenverhangene, mondlose Nacht machte es schwerer als sonst, etwas im Dunkel zu erkennen, doch selbst das Restlicht genügte für eine sorgfältige Überprüfung. Langsam glitt Kánodals Blick an den Bäumen vorbei zu dem etwas weiter entfernt stehenden Gebüsch hinüber, in dem man vor kurzem die auf so grausame Art getöteten Wachen gefunden hatte, und schließlich in die nähere Umgebung des Waldes hinein, doch Kánodal sah nichts Außergewöhnliches. Es waren lediglich jene Schatten, die nun mal in der Nacht wohnten.

Sie sind wie Schatten... Die warnenden Worte Glorfindels fielen Kánodal plötzlich wieder ein, und so richtete er sich ein Stück weiter auf, um sich genauer umzusehen. Kánodal erstarrte mitten in der Bewegung, als nach einem kurzen, eigenartigen Sirren für den Bruchteil einer Sekunde etwas vor seinen Augen aufblitzte und gleich danach unerträglicher Schmerz ihn durchfuhr.

Was...?

Der Gedanke nach der Ursache blitzte kurz auf und erstarb sofort wieder. Es war, als hätte der Schmerz schlagartig seinen Gedankenfluss unterbrochen. Der junge Elb wollte einen alarmierenden Ruf ausstoßen, brachte aber zu seinem Entsetzen nicht den geringsten Laut hervor. Im gleichen Moment versagten auch seine Muskeln. Weder war er in der Lage, nachzusehen, welche Art von Fremdkörper sich da soeben äußerst schmerzhaft seitlich in seinen Hals gebohrt hatte, noch konnte er sich länger auf seinem Ast halten. Kánodal verlor den Halt und fiel wie ein Stein dem Erdboden entgegen, wo er kurz darauf aufschlug und liegen blieb.

Der harte Aufprall drückte dem Elb die Luft aus den Lungen und verstärkte den Schmerz noch, der nun seinen ganzen Körper erfasst zu haben schien. Er versuchte verzweifelt nach Luft zu ringen, doch scheinbar verging eine Ewigkeit, ehe es ihm endlich gelang. Kühl und wohltuend wie Wasser war die Luft, die er einsog. Sie milderte zwar das unerträgliche Brennen in seiner Kehle ein klein wenig, doch auch jetzt wollte noch kein Laut über seine Lippen kommen. Nicht einmal ein leises Stöhnen konnte seinen Mund verlassen, und so verhallte sein Schrei ungehört in seinem Inneren. Das Einzige, was noch normal zu funktionieren schien, war Kánodals Gehör, und so vernahm er gleich darauf, wie in seiner Nähe etwas auf den Waldboden prallte.

Er wollte den Kopf wenden, nachsehen, was ... WER ... da gefallen war, doch seine Bemühungen, sich zu bewegen, blieben nach wie vor fruchtlos. Kaum eine Sekunde verging, als Kánodal zum dritten Mal das Geräusch eines Aufpralls vernahm.

Im Bruchteil eines Momentes wußte der Elb plötzlich, was geschehen sein musste. Ihr Valar, bitte, lasst es nicht wahr sein.

Die anderen beiden Geräusche konnten nur von seinen Kameraden stammen, die vermutlich – ebenso wie er gerade – vom Angriff der Südländer derart überrascht worden sein mußten, dass auch sie nicht in der Lage gewesen waren, einen Warnruf auszustoßen.

Wie konnten sie unserer Aufmerksamkeit nur entgehen? Gequält von höllischen Schmerzen und vollständig gelähmt lag der junge Elbenkrieger auf der Seite, nicht in der Lage, einen Muskel in seinem Körper zu rühren, während langsam eine Gewißheit in ihm aufkam. Das, wovor Glorfindel sie so eindringlich gewarnt hatte, war eingetreten: die Südländer waren offenbar nicht nur zurückgekommen; sie hatten sich auch diesmal wieder ungehört und ungesehen an die Wachposten heranschleichen können!

Der Gedanke war kaum entstanden, als Kánodals noch immer funktionierendes Gehör überaus leise Schritte vernahm, die sich ihm näherten und schließlich direkt hinter ihm stoppten. Er sah seinen Angreifer noch immer nicht, da dieser sich von der anderen Seite genähert hatte, doch wie um seine unausgesprochene Frage zu beantworten, fühlte er sich gleich danach von harten Händen gepackt und auf den Rücken gedreht.

Kánodal konnte auch jetzt nicht viel erkennen, denn das Gesicht seines Angreifers war hinter einem dichten schwarzen Tuch verborgen, das nur die Augen freiließ. Doch sie genügten, um ihm sein weiteres Schicksal zu enthüllen, denn er blickte in die grausamsten Augen, die er je bei einem lebenden Wesen gesehen hatte. Sie waren fast schwarz – und erfüllt von einem Feuer, das nur das Böse entfachen konnte. Ein Schauder durchlief ihn.

„Du kannst dich als glückliches Wesen betrachten, Elb," knurrte der Angreifer hinter seinem Tuch, das seiner Stimme jedoch nichts von der in ihr liegenden Erbarmungslosigkeit nahm. „Andere starben weniger schnell als du gleich. Das hier..."

Kánodal spürte, wie etwas mit einem raschen Ruck aus seinem Hals gezogen wurde.

„...brauche ich allerdings noch."

Der Elb sah nie, was ihn niedergestreckt hatte, denn Gomar säuberte das kurze, überaus schmalklingige und in ein sofortwirkendes Lähmungsgift getauchte Messer mit zwei nachlässigen Bewegungen grob vom Blut des Elben und steckte es dann in eine am Gürtel befestigte Scheide zurück. Anschließend kniete er sich neben Kánodal und nahm dessen Kopf zwischen seine Hände. Es schien ihn nicht zu stören, dass das Blut aus dessen Halswunde frei über seine Finger strömte.

„Die Überheblichkeit wird euch Elben dereinst das Genick brechen, so wie ich dir jetzt deines breche."

Ein schneller, heftiger Ruck genügte, um ein hässliches Knacken ertönen zu lassen. Im gleichen Augenblick erstarb der Glanz in Kánodals blauen Augen.

Mit selbstzufriedener Beiläufigkeit ließ Gomar den Kopf des nun toten Elben los, dann stand er auf und sah zu Morag hinüber, der gerade dem zweiten der drei elbischen Wächter die Kehle durchgeschnitten hatte. Kurzentschlossen ging der Südländer zu dem dritten hinüber, entfernte auch bei diesem eine Klinge aus dem Hals, um ihm dann gleichfalls mit einer routinierten Bewegung das Genick zu brechen.

Sie zogen die Körper der Getöteten ein Stück zur Seite, dann nahm Morag ein Seil zur Hand, das er bis jetzt quer über seinem Körper getragen hatte. Rasch warf er einen prüfenden Blick in die Tiefe. Schließlich nickte er seinem Anführer zu.

„Direkt unter diesem Punkt befindet sich die Treppe, von denen die drei Späher sprachen, Herr! Wenn sie Euch nicht angelogen haben, wurde der Leichnam in einer direkt unter unseren Füßen befindlichen Höhle bestattet."

„Dann wird es nicht schwer sein, ihn zu finden!" Gomar trat an das Seil, das sein Begleiter ihm nun hinhielt. „Laß uns beginnen!"

„Sollten wir nicht erst die anderen drei...?"

„Dafür ist keine Zeit mehr!" schnitt Gomar dem skeptisch dreinblickenden Morag unwirsch das Wort ab und winkte ihn nach vorn. „Und nun los!"

Er knotete das Seil um den am dichtesten am Klippenrand stehenden Baumstamm, dann seilten sie sich nacheinander zum obersten Treppenpodest ab...

***

Glorfindel vermochte seine Ungeduld kaum noch zu unterdrücken.

Es hatte nach dem Gespräch mit Elrond den ganzen restlichen Tag gedauert, eine Truppe der besten Krieger zusammenzustellen, die angesichts der Gefährlichkeit ihrer südländischen Widersacher ausreichend groß zu sein schien, sie mit allem Nötigen wie Proviant und einem Grundvorrat an Verbandszeug ausstatten zu lassen, und sie – voll bewaffnet und ausgerüstet – vor sich auf dem hinteren Platz des Schlosses zu versammeln. Er war gerade damit fertig geworden, die Männer über alles Wichtige zu informieren, ihnen ihr Vorhaben zu schildern und sie vor den Gefahren zu warnen, denen sie sich mit dieser Aufgabe aussetzten.

„Also, ihr wißt jetzt, worum es geht. Für uns kommt nur ein Erfolg in Frage, wenn wir dieses Tal und all seine Bewohner zukünftig vor diesen Südländern schützen wollen. Es darf einfach keine weiteren Opfer mehr geben."

Keiner sagte ein Wort, doch das knappe Nicken seiner Krieger genügte dem Kämpfer aus Gondolin. Er musterte ein letztes Mal die wartenden Männer, dann hob er die Hand.

Wie viele von ihnen werde ich wohl wieder hierher zurückbringen können? Werde ich hierher zurückkehren?

Er schob den Gedanken fort. Das war nicht die Zeit, solche Fragen zu stellen.

„Wir brechen auf!"

In geordneten Reihen verließen die Elben den Hof. Sie alle kannten ihr erstes Ziel: die Steilklippe, an der drei ihrer Kameraden seit dem Mittag auf ihre Ankunft warteten...

***

Der Abstieg zum Höhleneingang war beinahe zu einfach gewesen, wie Gomar fand. Außer den drei Wachen, die sie eben aus dem Weg geräumt hatten, schienen die Elben es nicht für nötig zu befinden, diesen Ort im Auge zu behalten. Jedenfalls hatten ihm seine raschen Rundumblicke während des Abseilens keine weiteren Wachen mehr gezeigt – und selbst, wenn er sie übersehen hätte, wären sie spätestens jetzt aus ihren Verstecken gekommen.

Nein, hier unten ist niemand außer mir.

Der Ausdruck unter seinem Gesichtsschutz wechselte von aufmerksam zu sarkastisch.

Kein Wunder! Weswegen sollten sie auch das Grab dieses Aragorn bewachen lassen? Für jeden ist der Tod der letzte Schritt. Für jeden außer mir...

Ohne auf den ihm folgenden Morag zu warten, trat er in den Zugang. Irgendwo weiter hinten im Gang brannte eine einsame, vergessene Fackel ihrem Ende entgegen. Ihr schwaches gelbliches Licht tanzte über die steinernen Wände und enthüllte zwei in den Fels hineinführende Abzweigungen, hinter denen jedoch undurchdringliche Finsternis Einzelheiten vor neugierigen Augen zunächst verbarg. Einer der Wege führte in gerader Strecke nach vorn, tiefer in den Berg hinein, der andere bog neben Gomar dicht hinter dem Eingang links ab.

Unerwartet sah sich der Südländer einem Dilemma gegenüber. Wie hatte er auch damit rechnen sollen, dass elbische Grabgewölbe von so etwas wie einem Labyrinth geschützt wurden? Hier nach einem – der Kürze der Zeit nach zu urteilen womöglich noch nicht einmal beschrifteten – Grab suchen zu wollen, schien ihm wie die Suche nach einem einzigen Sandkorn in den Weiten der heimatlichen Wüste.

Nein! Nein! Nein!

Gomars einzig von zwanghaftem Hass und bedenkenloser Selbstüberschätzung gestützter Plan schien ein weiteres Mal in dieser Nacht in Trümmer zu gehen. Frustriert schlug er mit der bloßen Faust gegen das Gestein, wieder und wieder, bis ein dumpfer Schmerz in seiner Hand ihn schließlich wieder zur Besinnung brachte.

Verdammt! Das darf einfach nicht wahr sein!

Inzwischen war auch Morag auf dem Treppenabsatz angekommen. Er gesellte sich zu seinem Anführer in den Felsentunnel, ließ den Blick stumm den Gang entlang wandern und sah Gomar dann fragend an. Der schien nur auf ein falsches Wort zu warten, denn das Lauern eines gereizten Raubtieres lag in den dunklen Tiefen von Gomars Augen.

Seine Züge so neutral wie möglich haltend, ließ Morag seinen Blick von Gomar fort und zwischen den beiden erkennbaren Abzweigungen hin und her huschen.

„Wohin also, Herr?"

Für eine Sekunde schien Gomar unschlüssig, dann atmete er tief durch und deutete auf die Öffnung links neben sich. „Wir teilen uns. Ich beginne hier mit der Suche, du dort hinten."

Morag wollte davon hasten, doch Gomars Hand legte sich mit unglaublicher Schnelle um seinen Oberarm und hielt ihn zurück.

„Und denk daran: die Zeit eilt. Vor dem Anbruch des nächsten Morgens müssen wir das Elbental schon weit hinter uns gelassen haben, ansonsten kann dies schnell auch zu unserer Grabkammer werden."

Morag nickte nur, ehe er sich eine weitere, bislang unangezündete Fackel von der Wand griff, sie an der brennenden entzündete und dann endgültig aus Gomars Blickfeld verschwand. Der sah ihm kurz nach, dann hob er die Lichtquelle aus ihrer Halterung und betrat den nach links führenden Gang, der ihn in eine langgezogene Höhle führte.

...ansonsten kann dies schnell auch zu unserer Grabkammer werden...

Seine eigenen Worte kamen ihm sofort erneut in den Sinn, als er erkannte, was das Zwielicht der Flamme da seinen Augen enthüllte.

Er musste gar nicht erst nach den Gräbern suchen, denn sie lagen hier offen vor ihm. Alle... Bis auf eines! Eine Vorahnung kommenden Unheils streifte Gomar, doch der Südländer ignorierte seine Beklemmung und trat näher an die dunkel gähnenden Öffnungen heran.

Ein verzierter Verschlussstein war vor einen Zugang geschoben und gut in ihn eingepasst worden, doch es waren die geschwungenen Schriftzeichen der Elben, die sein Interesse augenblicklich fesselten. Zwar konnte Gomar sie nicht entziffern, doch das war auch nicht wichtig. Einzig und allein die Tatsache, dass sie erst vor ganz kurzer Zeit in den Fels gegraben worden sein mußten, war für den Südländer entscheidend. Er konnte es sehen – die Farbe des Gesteins in den Zeichen war viel heller als die der Grabplatte.

Fast liebkosend streichelte seine behandschuhte Hand über die glattgeschliffene Oberfläche, fuhr die Rillen der Schrift nach, und mit jeder Sekunde wuchs die Gewißheit, für die Gomar keine Worte mehr benötigte. Das ist es! Ich kann es spüren! Hier muss dieser Aragorn begraben sein...

„Morag! Hierher!"

Sein kurzer, halblauter Ruf hallte durch die Kaverne, und wenige Momente später huschte die vermummte Gestalt seines Begleiters durch den Zugang auf Gomar zu.

„Ja, Herr?" Morags dunkle Augen sahen Gomar fragend an.

„Kannst du das übersetzen?" Gomar deutete mit einer Kopfbewegung auf die Schriftzeichen. 

Sein Begleiter streifte sie mit einem kurzen Blick, dann schüttelte er den Kopf. „Nein, eine Schrift wie diese habe ich noch nie zuvor gesehen..."

Es war, als habe Gomar die Worte seines Stellvertreters gar nicht gehört, denn seine Augen brannten in einem seltsamen Feuer, während er die Grabplatte erneut anstarrte.

„Das ist das Grab, das wir suchen. Ich weiß, dass ich recht habe! Wir müssen es öffnen. Nur wie?" murmelte Gomar, rieb mit der Hand über ihre polierte Oberfläche und fuhr ein ums andere Mal die Schriftzeichen nach.

Plötzlich hielt er inne. Seine Blicke ruhten nachdenklich auf den steinernen Blättern, die sich von beiden Seiten über den Rand der Platte schoben und sie wie eine zierliche Fassungen hielten. Fast wie in Trance hob er schließlich die Hand, ließ sie zu einem dieser Blätter wandern, einen Augenblick lang darauf ruhen – um es dann ganz behutsam zum Rand zurückzuschieben. Mit leisem Knirschen bewegte es sich schließlich von der Stelle, während im selben Moment sich auch innerhalb des Steins etwas zu verschieben schien.

„Der Öffnungsmechanismus," raunte der staunende Morag und sah zu, wie Gomar auch den zweiten Blatt-Riegel betätigte. Schließlich lag die Grabplatte ungesichert vor ihnen.

„Fass mit zu!" herrschte Gomar ihn an und riss ihn damit unsanft aus seiner Versunkenheit.

Nachdem sie ihre Fackeln in Halterungen gesteckt hatten, packten sie zu. Sie hatten Mühe, den gut in die Öffnung eingefügten Stein zu fassen zu bekommen. Eine am seitlichen oberen Plattenrand zu ertastende Griffmulde half ihnen schließlich dabei, ihn zu zweit mühsam so weit nach vorn zu wuchten, dass er schließlich an die Seite geschoben werden konnte. Dann traten beide wortlos zurück. Gomar starrte auf die pechschwarze Öffnung, die sich gerade vor ihnen aufgetan hatte, als fürchte er, dass in ihr eine Enttäuschung auf ihn warten könnte. Dann griff er sich eine der Fackeln, holte noch einmal tief Luft, und trat dann, von Morag widerstrebend gefolgt, in die Grabkammer.

Das flackernde Licht brach sich an reich verzierten Wänden, an Reliefs und kunstvollen Mustern, doch für all das hatte Gomar keinen Blick. Seine Augen klebten förmlich an dem steinernen Sockel in der Mitte, auf dem eine zwar zugedeckte, aber dennoch unzweifelhaft menschliche Gestalt zur letzten Ruhe gebettet worden war.

Die Stille, die in der Höhle lag, war so dicht, dass beide Männer einen Moment lang meinten, ihr Herzschlag würde sich an den Wänden laut brechen. Gomar registriert indessen gar nicht, dass er fast auf Zehenspitzen an den leblosen Körper herantrat und die Fackel so über ihn hielt, dass er vage Umrisse unter der hauchdünnen hellen Seide ausmachen konnte. Dunkles Haar schimmerte durch das Weiß des Stoffes, Konturen eines Gesichts ließen sich erkennen...

Gomar hob die freie Hand, nahm das Ende des Grabtuches, zögerte kurz – und zog es dann bedächtig vom Antlitz des Toten fort. Als er endlich die Züge des Mannes erkennen konnte, erstarrte er förmlich. Erst nach Sekunden ließ er das Tuch achtlos auf die Brust des Liegenden fallen, doch seine dunklen Augen brannten sich hasserfüllt in dessen Gesicht. „Das ist er! Ich habe es gewußt! Er muss es sein! Die Ähnlichkeit zu diesem Hund Aradoran ist unverkennbar!"

Der Anführer der Südländer begann vor Erregung nun am ganzen Körper zu zittern, doch seine Haltung glich der eines Raubtieres kurz vor dem tödlichen Biss, als er Morag triumphierend ansah. „Das ist der Sohn des Mannes, der mir mein Leben, meine Bestimmung geraubt hat!"

Seid Ihr sicher, Herr?, wollte Morag fragen, unterließ es dann aber. Gomars deutlich erkennbare Reaktion sagte ihm mehr als alle Worte. Eine über zwanzig Jahre andauernde Suche ging in diesem Augenblick ihrem Ende entgegen.

Nun hat er, wovon er so lange schon träumte. Vielleicht schüttelt er seinen Wahn jetzt endlich ab und wir kommen heim...

Gomar schob seine Fackel in Morags Hand, womit er diesen erneut aus seinen Gedanken riss, starrte dann endlos lang scheinende Momente auf den leblosen Körper, um schließlich abrupt einen Dolch aus seinem Gürtel zu ziehen. Mit Unglauben sah Morag, wie sein Anführer zunächst das Leichentuch ganz vom Körper fortzog und achtlos zur Seite warf und dann damit begann, dem Toten das kostbar aussehende Obergewand vom Leib zu schneiden.

„Was tut Ihr da...?" begann er geschockt, doch er verstummte sofort, als Gomars Kopf hoch ruckte. Der gleiche Haß, der Arathorns Sohn galt, flutete unversehens auch Morag entgegen

„Zügele deine Zunge, sonst leistest du ihm Gesellschaft!"

Morag wagte es nicht, auch nur noch die leiseste Silbe zu äußern, denn noch nie – nicht einmal während einer der vielen Rauschzustände Gomars – hatte er seinen Anführer so gesehen. Vor ihm schien ein ganz anderer Mensch zu stehen, doch nicht die Macht eines Anführers sprach mehr aus ihm, sondern nur noch die Besessenheit eines Wahnsinnigen, der völlig in seiner Phantasie aufging und dabei die wirkliche Welt völlig aus den Augen verlor.

So hielt Morag die Fackel umklammert und verfolgte reglos, wie Gomar mit beinahe genussvoller Präzision die Klinge über die Haut des Toten führte – immer nur eine Haaresbreite davon entfernt, sie zu verletzen.

„Ich wollte Vergeltung für das Verbrechen deines Vaters, die Spuren meiner Freude sollten unauslöschlich auf dir verewigt sein und sie dir Tag für Tag vor Augen führen, dich mit dem vergeblichen Wunsch quälen, endlich sterben zu können. Das Schicksal hat es anders gewollt und dich mir genommen. Nichts bleibt mir noch als diese eine Sache..."

Rasch ritzte Gomar mit der Spitze des Dolches etwas in die entblößte Brust Aragorns direkt über seinem Herzen, das Morag bei genauerem Hinsehen als stilisierten Halbmond mit drei darüber liegenden Sternen erkannte. Jeder, der vor langer Zeit mit Gomar aus den Südlanden hierher gekommen war, kannte die Bedeutung dieses Zeichens; zudem trugen sie es alle als Symbol auf ihren Waffenscheiden und den Schilden, die sie gelegentlich im offenen Kampf benutzten.

„Selbst jetzt noch sollst du dieses Zeichen tragen. Dein Herz mag zwar zu schlagen aufgehört haben, doch es gehört trotzdem mir, so wie das Leben, das einst darin war, mir gehört hätte. Ich werde es dir aus dem Leib schneiden und mit mir nehmen, um nie zu vergessen, dass ich bekam, wonach es das meine verlangte."

Der Südländer presste seine Hand auf Aragorns Oberkörper, dann hob er seinen Dolch, dessen Schneide bereits das Rot vergossenen Blutes färbte...

***

wird fortgesetzt

Erklärende Bemerkungen zu diversen Reviews:

Zuerst war da die Frage, ob Elrond wirklich soweit gehen und Aragorn in einen scheintoten Zustand versetzen würde, nur um ihn zu retten.
Nach Tolkiens Vorgaben weiß man, dass die Elben bereits zu dieser Zeit (also in Aragorns Jugend) das Wiedererstarken der Macht Saurons deutlicher fühlten als jede andere Rasse Mittelerdes. Gerade Elrond wird sich darüber klar gewesen sein, dass es auf Dauer nicht reichen wird, Aragorn „nur" unter einem elbischen Namen als Pflegekind in seinem Haus zu verbergen. Elrond kann Aragorn auf Dauer nicht einsperren, und wenn Estel erwachsen geworden ist, wird er Bruchtal auch mal verlassen wollen. Spätestens dann ist die Chance, dass unser Lieblingsranger einem Spion der dunklen Seite über den Weg läuft oder das Geheimnis um seine wahre Identität durch irgendwen zufällig offenbar wird, ungeheuer groß. Unserem Verständnis nach würde Elrond ALLES tun, um eine vorzeitige Entdeckung von Aragorns Herkunft zu verhindern und ihm bis zur Thronbesteigung die nötige Zeit zu verschaffen, sich in Ruhe Wissen und Waffenfertigkeiten anzueignen. Tolkien umriss diese Zeit (von Estels Eintritt ins Erwachsenenalter bis zum Beginn des Ringkrieges) bestenfalls vage (Ranger, als Thorongil Hauptmann der Armee Gondors). Wir kamen überein, dieses „biographische Loch" zu nutzen und uns unsere eigenen Details für Aragorn zu schaffen, ohne die Vorgaben, also die Ranger- und Armeezeit Aragorns, zu verletzen.

Die bedingungslose Loyalität von Gomars Männern zu ihrem wirklich „durchgeknallten" Anführer hat eine einfache Erklärung. Gomar ist gut und gefährlich. Da werden Anordnungen nicht in Frage gestellt, es sei denn, man ist lebensmüde. Außerdem können die Männer unter Gomars Kommando alles machen, was ihrer brutalen Natur gefällt. Sie stehen unter dem Schutz der Gruppe und der Ruf, der den Südländern vorauseilt, lässt kaum Gegenwehr zu. Ein Freibrief für Söldnertypen!

Dann kam eine Anmerkung, dass sich die drei beobachtenden Südländer auf der Klippe viel zu sicher gefühlt haben.
Wir hatten uns bemüht, sie in den vorhergehenden Textpassagen als noch junge, vergleichsweise unerfahrene, viel zu übereifrige und nachrekrutierte Männer darzustellen. Die drei wollten sich unbedingt profilieren. Sicher werden sie zuvor schon auf mögliche Wachen an der Klippe geachtet haben, doch da sie keine fanden, statt dessen aber die Beerdigungszeremonie mitansahen, sind sie davon ausgegangen sein, dass alle Elben dort sind. Auf die Idee einer besonders raffinierten Falle sind die drei nicht wirklichen hellen Köpfe nicht gekommen.

Eine Kritik kam zu der Tatsache, dass Rivar ein paar Tage lang gefesselt zwischen zwei Ästen hing und es überlebte.
Dazu muss ich [Salara] bekennen, dass ich sehr gern diese Doku-Crime-Serien sehe, in denen wahre Verbrechen geschildert werden. Einer dieser Fälle behandelte mal einen Frauenmörder, der seine Opfer auch tagelang auf solche oder ähnliche Art fesselte und peinigte, ehe er ihrer dann überdrüssig wurde. Diesen Fall nahmen wir als Vorbild für das Schicksal des armen Rivar. Bewegungslosigkeit muss nicht zwangsläufig schon nach ein paar Stunden zu Blutstau und Herzstillstand führen. Wenn wir richtig recherchiert haben, kann ein menschlicher Körper eine Bewegungslosigkeit in der richtigen Körperhaltung sogar über Monate hinweg halbwegs unbeschadet überstehen.

Was nun Legolas' Schwur angeht, nach Aragorns Tod nach Valinor zu gehen, so hat uns Tolkien dafür eigentlich (mehr oder weniger) sogar eine Brücke gebaut. Wenn unsere Lexika nicht schwindeln, ist Legolas tatsächlich im Jahr 120 Viertes Zeitalter fast unmittelbar nach Aragorns Tod zusammen mit Gimli zur Insel Valinor gesegelt. An ihrer Westküste sind ja die Hallen des Mandos angesiedelt, so kann er Aragorn also auch dort noch recht nahe sein. Wir haben also nichts anderes gemacht, als Tolkiens Vorgaben etwas genauer auszulegen... *g*

Nun noch zum wichtigsten Punkt, dem Körper, den Saurons geistige Essenz sich für die Übernahme ausgesucht hat.
Sauron hat unserem Verständnis der Erklärungen in den diversen Nachschlagewerken zufolge kaum eine andere Wahl, als sich einen Menschenkörper zu suchen, da Elbenkörper den Büchern nach von jenem Sternenlicht beseelt sind, das die Elben bei ihrem ersten Erwachen am See Cuiviénen erblickten. Die dunkle Essenz Saurons würde dieses Licht jedoch zum Erlöschen, den Elbenkörper – so sehen wir das – zum Sterben bringen. Ein Menschenkörper ist hingegen ungleich robuster und kann auch Dunkelheit mühelos ertragen. Dazu kam dann, dass Sauron mit Gomar sogar eine freiwillige „Körperspende" in Aussicht hatte.

Vielleicht treffen diese Erklärungen nicht auf jedermanns Gefallen, doch da wir uns bemühen wollen, so dicht wie möglich an Tolkiens Vorgaben zu bleiben UND unsere eigenen Ideen umzusetzen, mussten diese Interpretationen einfach sein.