*seufz* Man, warum müssen Typen auch immer so unsensibel sein?! (siehe Ende des letzten Kapitels…) *noch mal seufz*

So, ich fand das letzte Kapitel ehrlich gesagt ziemlich…eurgh. Hatte irgendwie ne Schreibblockade und habe auch ewig dafür gebraucht.

Ach ja, was noch mal erklärt werden muss, ist der Unterschied zwischen einer Prophezeiung und einer Vision. Was Kimi am Ende der „Phoenixfeder" im Zug  gemacht hat, war eine Prophezeiung, d.h. es wird noch passieren. Diese Sachen mit den abgerissenen Ohren sind jedoch Visionen, d.h. es passiert genau in dem Moment wenn Kimi es sieht. Visionen kommen plötzlich, Kimi kann sie nicht verhindern, Prophezeiungen macht sie wenn sie möchte. Da Kimi aber noch so jung ist und noch nicht so viel Erfahrung hat, kann es aber vorkommen, dass sie unfreiwillig eine Prophezeiung macht, wie eben zum Beispiel im Zug. Okay?

Und noch mal zu den Reviews:

@Ginny-Potter Ja, der große Knall zwischen Harry und Ginny…in diesem Kapitel eigentlich noch nicht so richtig. Kommt aber noch, versprochen...Danke fürs Reviewn!

@RIDICULUS Ja, ja, Harry und Ginny…mal sehen, wohin das Ganze noch führt…das war eigentlich erst der Anfang...aber anders als du denkst! Mehr kann ich jetzt noch nicht sagen…Auch Danke!

@realharrypotter Nicht traurig sein…und wir werden etwas von Cho erfahren, dass sie eigentlich gar nicht so gerne verraten will…Wart's ab! Danke fürs Reviewn!

Habe ich eigentlich schon erwähnt, dass ich Sirius liebe? (Das musste jetzt mal gesagt werden…) Und, Sam, nein, er wird NICHT sterben! *g* Obwohl er in diesem Kapitel auch nur über Briefkontakt auftaucht…er kommt auch erst im irgendwann im März wieder, also…

Und ich hab mich jetzt entschlossen, dass ich den Disclaimer nicht jedes Mal neu schreiben werde…außer ich benutze halt irgendwas Außergewöhnliches…

Und seid nicht zu entsetzt von Harrys Benehmen…das klärt sich alles, versprochen!

Disclaimer: Dieses ganze Universum gehört Joanne Kathleen Rowling, ich leihe mir die Charaktere und die Umgebung nur. Bei dieser FF muss außerdem mit Buffy-Zitaten oder ähnlichem gerechnet werden, die werde ich aber nicht jedes Mal extra rausschreiben. Buffy gehört natürlich Joss Whedon *verehr*

~AnnaMoonlight~

Wild At Heart

Halloween war, wie jedes Jahr zuvor, ein gewaltiges Ereignis, doch ohne Professor Dumbledore fehlte etwas, denn Fudge war kein Mensch, der gerne Feste feierte. Trotzdem nahmen sich alle vor, sich den Spaß nicht verderben zu lassen, denn das hätte Dumbledore sicher nicht gewollt. So feierte man Halloween so ausgelassen wie jedes Jahr. In den Gemeinschaftsräumen gingen die Feiern noch weiter und so kam keiner vor fünf Uhr morgens ins Bett.

Als Harry am nächsten Tag allein im Gemeinschaftsraum saß, erhielt er eine Antwort von Sirius, da er ihm geschrieben hatte, was Hermine passiert war und war nun sehr gespannt, was sein Patenonkel dazu zu sagen hatte.

Lieber Harry,

dein letzter Brief hat mich doch sehr nachdenklich gemacht. Von einer solchen Sache habe ich noch nie gehört, deswegen kann ich nur vermuten. Ich habe allerdings Nicolas um Rat gefragt, er kennt sich mit solchen Dingen aus. Hermine konnte also von einem  Tag auf den anderen Gedanken lesen? Nicolas meinte, dass dies auf logischem Wege eigentlich gar nicht möglich sei. Auf psychischem jedoch schon. Vielleicht hat Hermine tief in ihrem Inneren schon lange den Wunsch gehegt, Gedanken lesen zu können. Wenn dieser Wunsch verzweifelt genug ist, dann wäre es möglich. Aber, wie gesagt, es ist doch sehr ungewöhnlich, also nehme das nicht zu ernst.

Die Suche nach Viola gestaltet sich sehr viel schwieriger als erwartet. Severus (ja, ich nenne ihn so…) wird bald zurückkehren, die Zeit ohne Zaubertränke ist für euch also vorbei.

Pass bitte auf dich auf.

Sirius

Harry runzelte die Stirn. Diese Erklärung von Sirius ergab keinen Sinn. Hermine sollte diese Fähigkeit erhalten haben, nur weil sie sich etwas in der Art gewünscht hatte? Das konnte er nicht glauben. Wenn das möglich wäre, hätte sich in seinem Leben sicherlich einiges geändert. Seine Eltern wären sicherlich nicht gestorben, Cedric auch nicht, ebenso Dumbledore…Voldemort wäre nicht wiedererstanden, Sirius wäre frei…

All diese Dinge hatte er sich so verzweifelt gewünscht, sicherlich noch mehr als Hermine sich gewünscht hatte, Gedanken lesen zu können. Aber sie waren nie eingetreten.

Auch Cho hatte wieder geschrieben. Harry hatte in der letzten Zeit versucht, seine Briefe fröhlich und optimistisch klingen zu lassen und Kimi so wenig wie möglich zu erwähnen. Wenn Cho sich nach dem Befinden ihrer kleinen Schwester erkundigte, schrieb er stets, dass es ihr schon besser ginge. Er wollte nicht, dass Cho sich zu viele Sorgen machte und konnte ihr ja auch nicht ganz unverblümt schreiben, dass es Kimi immer schlechter ginge.

Lieber Harry,

es freut mich ja so, dass Kimi und dir gut geht. Ich bin schrecklich erleichtert und mir geht es ebenfalls gut. Ich habe eine Freundin gefunden, sie ist sehr nett. Ihr Name ist Aliyah und sie ist ebenfalls im siebten Schuljahr. Mit ihr kann ich darüber reden, was im letzten Jahr alles geschehen ist. In meinem Jahrgang gibt es außerdem einen Jungen namens Jonathan Rosen. Ja, er ist Sarah Rosens Bruder. Ich glaube, er ist noch nicht über ihren Tod hinweggekommen. Seine ersten drei Schuljahre hat er in Hogwarts absolviert, aber dann hat er einen Austausch mitgemacht (Frag mich nicht, warum es damals einen gab, an dem schon Viertklässler teilnehmen durften!) und es hat ihm hier viel besser gefallen. Nun, jetzt bringt er die Schule eben hier zu Ende. Ich glaube aber, dass er sich nicht verzeihen kann, dass er nicht da war, als Sarah gestorben ist.

Sag mal, hast du eigentlich mal was von Cara gehört? Hatte sie nicht versprochen sich zu melden? Naja, ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich sowieso nicht daran geglaubt habe, dass sie es tut…

Du hast mir doch von Kimis Visionen erzählt. Es hat nicht aufgehört. Immer noch werden Familien und den Jugendlichen werden die Ohren abgerissen. Grausam.

Pass bitte auf Kimi auf und natürlich vor allem auf dich selbst.

Liebe Grüße,

Cho

„Sarah hatte einen Bruder?" murmelte Harry verblüfft vor sich hin.

„Sie hat immer von ihm geschwärmt", ertönte plötzlich eine leise Stimme von der Tür.

Es war Kimi. Sie war so blass wie immer und in der Hand hielt sie einen Bogen Pergament.

„Kimi! Setz dich doch, " lächelte Harry.

Kimi zögerte etwas, dann ließ sie sich in den gegenüberliegenden Sessel sinken.

„Wie geht es dir?" fragte Harry leise.

Kimi sah ihn nicht an, sie zuckte nur mit den Schultern. „Ich bin okay."

Harry senkte den Blick. Er hatte unglaubliches Mitleid mit der Kleinen. Gott, sie war gerade mal zwölf! Sie sollte mit ihren Freundinnen herumalbern, vielleicht die ersten Schminkversuche unternehmen, Jungen hinterher gucken – aber doch nicht jeden Tag zu sehen bekommen, wie Voldemort seine Opfer tötete! Sie hatte selber zwei Freunde verloren…

Aber Harry konnte Kimi nicht zwingen. Wenn sie nicht darüber reden wollte, wie es ihr wirklich ging, dann musste er das akzeptieren.

„Sarah hatte einen Bruder, ja?" versuchte er also rasch das Thema zu wechseln. Vielleicht tat es Kimi ja gut, wenn sie über Sarah redete.

Kimi nickte. „Jonathan. Er ist siebzehn. Wie Sarah von ihm erzählt hat…das klang nach einer Art Superman. Jonathan kann alles, weiß alles, jeder mag ihn…Sie hat ihn sehr geliebt. Sarah wollte bei ihrer Familie Weihnachten feiern…aber dann wollte Jonathan lieber mit seinen Freunden feiern. Ohne ihn wollte Sarah nicht. Sie…sie ist in Hogwarts geblieben…und wenn sie das nicht getan hätte, dann…dann…"

Jetzt weinte Kimi. Sie schluchzte ganz herzzerreißend. Harry wusste gar nicht, wie er sich verhalten sollte. Sollte er sie in den Arm nehmen? Oder fühlte sie sich dann bedrängt? Sollte er ihr einfach nur ein Taschentuch reichen? Oder wirkte das desinteressiert?

Harry entschied sich für die erste Möglichkeit. Er stand auf, ging zu Kimis Sessel und zog sie in seine Arme. Sie zitterte und weinte noch heftiger.

„Schhh…" murmelte Harry leise. „Ist ja gut…"

Jetzt hob Kimi den Kopf. Sie sah wütend aus.

„Gar nichts ist gut!" fauchte sie, während ihr die Tränen über die Wangen strömten. „Sarah ist tot und Sean auch! Ich habe es vorausgesehen! Ich hätte etwas tun sollen…irgendwas…wozu mache ich denn sonst diese blöden Prophezeiungen? Ich hatte diese Morde verhindern können, aber ich habe es nicht getan, weil ich geglaubt habe, dass schon alles irgendwie in Ordnung käme! Die Prophezeiung von Sarah habe ich nicht ernst genommen, Seans habe ich ernst genommen, aber ich dachte, Dumbledore regelt das schon! Und jetzt sind sie beide tot…und so viele andere sterben ebenfalls."

„Aber das kannst du doch nicht verhindern," erwiderte Harry.

„Aber ich wünschte, ich könnte es!" murmelte Kimi. „Es ist sonst alles so…unsinnig. Wozu kriege ich diese Visionen, wenn ich es dann doch nicht ändern kann?"

Darauf wusste Harry nun auch keine Antwort. Kimi hatte ja Recht…was nützte es denn überhaupt?

„Ich schreibe mir jetzt öfter mit Charis", sagte Kimi jetzt. „Sie sagt, dass sie mehr als zehn Jahre gebraucht hat, bis sie es geschafft hat, dass ihre Visionen dann kamen, wenn sie es wollte."

Harry schloss kurz die Augen. Wie sollte Kimi das so lange durchhalten? Es war doch jetzt schon schlimm genug…

Harry starrte lange vor sich hin. Wenn er doch nur irgendwas tun könnte…

Kimis leises „Vielleicht sollte ich weggehen…" brachte ihn augenblicklich wieder in die Realität zurück.

„Weggehen?!" rief er entgeistert. „Was soll das denn jetzt?!"

Kimi seufzte. „Charis ist auch gegangen. Sie ist nach Indien geflohen. Sie hat mir erzählt, dass sie sich in ihrer Schulzeit in einen Todesser verliebt hat. Charis hat versucht, damit klarzukommen, sie hat versucht, es zu akzeptieren! Sie war damals ganz schön dumm und naiv, das sagt sie selbst. Aber dadurch, dass sie soviel mit Liam, so hieß er, zusammen war, hatte sie sehr oft Visionen, die ihn betrafen. Sie hat gesehen, was er tat. Sie hat gesehen, was alles bei den Treffen der Todesser geschah. Die Visionen kamen immer und immer öfter. Irgendwann konnte sie nicht mehr. Sie hat Liam vor die Wahl gestellt. Sie oder Du-weißt-schon-wer. Er hat sich für sie entschieden. Weil er sie geliebt hat. Charis hat mir erzählt, dass Dumbledore ihm daraufhin etwas Veritaserum gab, um zu prüfen ob er es ernst meinte. Liam meinte es völlig ernst. Also hat Dumbledore ihn gebeten, ein Spion zu werden. Liam spionierte also für Dumbledore. Charis ging natürlich nicht besser als vorher, Liam musste schließlich immer noch die Treffen der Todesser besuchen. Aber wenigstens wusste sie, dass Liam für die gute Seite kämpfte. Naja. Das Ende der Geschichte ist, dass Liam entdeckt wurde. Du-weißt-schon-wer hat ihn sofort getötet. Charis ist danach nicht sofort abgehauen, erst einige Zeit später, nämlich als Josephine, Caras Mutter, ermordet wurde, verließ sie Großbritannien."

Kimi schwieg. Harry hatte sie nicht unterbrochen, war aber etwas unsicher. Klar, was Charis erlebt hatte war sehr schlimm gewesen, aber deswegen musste Kimi doch nicht gleich mit dem Gedanken spielen, zu verschwinden…

Man musste ihm sein Unverständnis wohl angesehen haben, denn Kimi fuhr fort: „Weißt du, ich will nicht, dass es mir genauso geht wie Charis. Wenn ich in der Nähe der Menschen bin, die ich liebe, bringe ich sie vielleicht eher in Gefahr. Und wenn ich…in deiner Nähe bin, verstärken sich vielleicht auch meine Visionen. Du bist nun mal der Junge, der lebt...und du bist eine große Zielscheibe für Du-weißt-schon-wen. Vielleicht bekomme ich nicht mehr so viele Visionen, wenn ich dich nicht mehr jeden Tag sehe…"

Kimis Worte taten Harry sehr weh. Ja, sie könnte Recht haben…vielleicht war er der Grund für Klein-Kimis viele Visionen…Doch dann sagte er sich, dass er sich zusammennehmen musste. Selbst wenn es so war…Kimi konnte nicht einfach abhauen!

„Mag sein, dass es so ist", sagte Harry langsam. „Aber was ist mit den Menschen, die dich lieben, Kim? Deinen Eltern? Deinen Freunden? Willst du die einfach so hinter dir lassen? Das kannst du nicht!"

Kimi schob trotzig die Unterlippe vor. „Cho kann es auch. Ich könnte Cho besuchen…"

„Cho ist siebzehn Jahre alt, fünf Jahre älter als du!" entgegnete Harry.

„Rechnen kann ich noch, vielen Dank auch."

„Außerdem willst du die Menschen, die du liebst, doch nicht in Gefahr bringen, oder?" fuhr Harry fort, entschlossen ihren Einwurf zu ignorieren. „Das ist doch auch einer der Gründe, warum du gehen willst, richtig? Tja, dann wirst du Cho wohl auch nicht besuchen können. Du wärst ganz allein, verstehst du? Irgendwo, wahrscheinlich in einem fremden Land. Du darfst dir aber auch keine Freunde suchen, denn dann würdest du die ja wieder in Gefahr bringen. Du hättest keine Freunde, deine Familie ist irgendwo ganz weit weg…Du wärst einsam."

„Du bist gemein!" sagte Kimi mit der Ernsthaftigkeit eines trotzigen kleinen Mädchens.

Das rührte Harry irgendwie. Kimi kam ihm manchmal so reif vor…und dann benahm sie sich wieder wie eine Fünf-jährige.

„Nein, du bist einfach zu klein, wie du mir gerade einmal wieder bestätigst", sagte Harry ruhig. „Es gibt vielleicht durchaus Zwölfjährige, die in der Lage wären, alleine zu leben, aber du gehörst ganz sicher nicht dazu, was kein Fehler ist. Es ist völlig in Ordnung, denn du hast ja eine Familie, die alles für dich tun würde! Du bist noch ein Kind, also freu dich doch darüber und mach dir deine Kindheit nicht absichtlich kaputt. Sei froh über das, was du hast…"

„Als du ein Jahr alt warst", sagte Kimi, anscheinend fest entschlossen ihn zu ignorieren, „hast du den gefürchtetsten Zauberer der Welt besiegt. Danach hast du bei deinen Verwandten gelebt, die dich nie geliebt haben und dich loswerden wollten. Mit elf hast du Du-weißt-schon-wem noch mal gegenüber gestanden und bist wieder entkommen…"

„Kimi…"

„Mit zwölf hast du ihm wieder getroffen, in Gestalt seiner Jugendjahre. Du bist gegen einen Basilisken angetreten und hast ganz nebenbei auch noch Ginny gerettet. Mit dreizehn hast du Hermine, Sirius Black, Snape, Ron und Professor Lupin vor den Dementoren gerettet…"

„Was hat das…"

„Als du vierzehn warst", fuhr Kimi mit hoch erhobener Nase angestrengt fort, „hast du zugesehen, wie Du-weißt-schon-wer wieder erstanden hast. Du hast gegen ihn gekämpft und gewonnen. Mit fünfzehn hat Du-weißt-schon-wer meine Schwester und deinen Paten entführt. Du hast sie gerettet. Ja, Harry, das war bis jetzt dein Leben und du willst mir etwas über eine verpfuschte Kindheit erzählen?! Das ist doch lächerlich!"

Harry starrte sie verblüfft an. Okay, sein Leben war sicherlich nicht einfach gewesen, aber trotzdem…

„Du hast niemanden gehabt, an den du dich wenden konntest, bis du noch Hogwarts kamst", sagte Kimi jetzt. „Aber du hast dich trotzdem irgendwie durchgeschlagen."

„Aber ich bin nicht weggelaufen", sagte Harry nach einer ganzen Weile. „Als ich Ron und Hermine kennen gelernt habe, hatte ich endlich Freunde. Und als Sirius auftauchte, hatte ich so etwas wie einen Vater. Ich will nicht weglaufen, auch wenn es manchmal schwer ist. Und das solltest du auch nicht."

Harry schwieg. Er hoffte nur, dass er die richtigen Worte gewählt hatte, um Kimi von ihrer Idee abzubringen.

Kimi hielt den Kopf gesenkt. Sie schien mit sich zu kämpfen. Dann sah sie ihn an und lächelte leicht. Es war ein trauriges Lächeln.

„Ich habe ja doch keine Wahl", murmelte sie, stand auf und ging zu der Wendeltreppe, die zu ihrem Schlafsaal führte. „Gute Nacht."

Damit verschwand sie. Harry seufzte. Kimi hörte sich an, als werde sie von ihm gezwungen zu bleiben. Warum machte er nur wieder alles falsch…

„Harry?"

Er sah auf. Kimi stand wieder an der Treppe and sah ihn an.

„Ja?"

„Danke."

*

Als Harry am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich richtig gut. Er sprang in seine Klamotten und kämmte sich die Haare. Dann schaute er zufrieden in den Spiegel. Seine schwarzen Haare, die grünen Augen, die muskulöse Brust…und seine Brille, die ihm einen tollen intellektuellen Touch gab. Ja, er sah eigentlich richtig klasse aus. Er war Harry Potter, der Junge, der lebt, und er hatte dem Dunklen Lord sechs Mal gegenüber gestanden und immer überlebt. Er war schon ein echt toller Kerl.

„Was grinst du denn so?" fragte Ron, der zu ihm getreten war. Harry sah Ron an. Warum gab er sich eigentlich mit diesem Jungen ab? Ron war arm, nicht besonders gut in der Schule, sah auch nicht besonders gut aus…Harry hatte einfach all das, was Ron nicht hatte. Ronald Weasley war ein Niemand. Er war einfach nicht gut genug für den Jungen, der lebt…und er stellte dumme Fragen.

So machte Harry nur eine wegwerfende Handbewegung und verließ den Schlafsaal. Gott, er sollte sich wirklich mal andere Freunde suchen. Im Gemeinschaftsraum saßen schon Lavender und Parvati, sie machten wohl noch schnell Hausaufgaben. Harry grinste, ging auf die beiden zu und legte ihnen seine Arme um die Schultern.

„Na, ihr Süßen?"

Parvati und Lavender waren zwar auch nicht gerade toll, aber im Gegensatz zu Hermine und Ginny sahen sie wenigstens gut. Parvati war schlank, hatte lange schwarze Haare und unglaubliche Augen, Lavender hatte braune Haare, die immer glänzten und braune Augen. Sie könnten Models sein…und Ginny und Hermine? Hermine, die Besserwisserin, sah nicht mal gut aus mit ihren buschigen Haaren und die nötige Oberweite hatte sie auch nicht. Ginny fanden einige bestimmt ganz niedlich, aber sie war so ein Kleinkind und man verschluckte sich immer fast vor Schreck, wenn sie es schaffte, mal ein paar Worte herauszubringen. Es wurde wirklich Zeit, dass er sie los wurde und sich eine bessere Freundin suchte. Da war es gut, wenn er Parvati und Lavender zumindest mal antestete…

„Sag mal, spinnst du?" Lavenders schrille Stimme unterbrach seine Gedanken. „Nimm gefälligst deine Hand da weg!"

Harrys Hand sich inzwischen nämlich zielsicher Lavender und Parvatis Ausschnitt genähert. Parvati fackelte nicht lange und gab ihm eine Ohrfeige.

Lavender war währenddessen aufgesprungen und funkelte ihn wütend an. „Verdammt, was ist los mit dir, Harry? Genügt dir Ginny nicht mehr? Tragisch, interessiert mich aber nicht! Und wenn du deine Hände noch einmal in Richtung meines Umhangs bewegst, passiert was!"

Selten hatte man die zierliche Lavender so fluchen sehen.

Harry grinste jedoch nur. „Ja? Was denn? Da bin ich aber neugierig?" flüsterte er, kam Lavender ganz nahe und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. 

Für Lavender war das wohl zuviel. Sie schrie entsetzt auf und rannte in Richtung Schlafsaal. Parvati warf Harry einen entsetzten Blick zu und lief Lavender nach.

Harry grinste immer noch und machte sich auf den Weg in die Große Halle. Allen Leuten, die ihm auf dem Weg begegneten, schenkte er ein breites Grinsen.

In der Eingangshalle begegnete er Susan. Sie trug natürlich das Körbchen mit Adam in der Hand.

„Harry!" rief sie und lächelte. „Wie wäre es, wenn wir heute Nachmittag mit Adam puzzeln würden?"

Arabella hatte Susan ein Puzzle mit zehn Teilen geschickt und Adam war ganz begeistert davon. Er war auch inzwischen alt genug, um so etwas spielen. Professor Focks wusste zwar auch nicht, wie die Zeitrechnung bei den Ghafs eigentlich funktionierte, fest stand jedoch, dass Adam schon laufen konnte und angefangen hatte, unverständliches Zeug zu brabbeln. Trotzdem wurde er noch im Körbchen getragen, denn den ganzen Tag konnte er einfach noch nicht auf den Beinen sein. Professor Focks hatte gesagt, dass das Bennehmen der Focks nun ungefähr Kindern von zwei Jahren entspräche.

Harry sah Susan an und zog die Augenbrauen hoch. „Puzzeln? Wie aufregend. Hör mal, Susan, diese ganze Mutter-Vater-Kind-Sache nervt mich allmählich ziemlich. Es sind doch nur hässliche Biester, die ständig am Sabbern sind. Ich schlage vor, du lässt mich mit dem Vieh einfach in Ruhe. Wenn ich an der Reihe bin, das Biest zu nehmen, können wir weitersehen. Mir ist es egal, was für eine Note ich in Pflege magischer Geschöpfe bekomme. Es gibt echt Wichtigeres. Außerdem, Hey, ich bin Harry Potter, der Junge, der lebt, kein Lehrer würde es wagen, mich durchfallen zu lassen. Also, mach's gut."

Harry drehte sich auf dem Absatz um und ging in die Große Halle, Susan nicht mehr beachtend.

Er setzte sich an den Tisch der Gryffindors, grüßte nicht einmal und schaufelte sich gleich sechs Scheiben Toast auf den Teller, wobei er Deans Hand einfach beiseite schlug und sich auch noch das letzte Stück schnappte.

„Hey!" empörte sich Dean. „Soviel musst du doch nun wirklich nicht essen!"

„Ich bin der Junge, der lebt, und ich werde soviel essen wie ich möchte, klar?" schnauzte Harry ihn an und begann seinen Toast mit Butter zu bestreichen.

Er legte eine dicke Scheibe Schinken darauf und biss herzhaft hinein. Plötzlich tippte ihm jemand auf die Schulter.

„Harry, was ist los? Hast du schlechte Laune? Geht es dir nicht gut?"

Ginny.

Harry verdrehte die Augen. „Mir ging es nie besser, klar? Also, lass mich in Ruhe!"

Ginny starrte ihn entsetzt an, ihre braunen Augen weit aufgerissen. Sie schien noch etwas sagen zu wollen, doch Harry guckte so wütend, dass sie nur die Schultern zuckte und sich wieder ihrem Marmeladentoast zuwandte. Ihre Hände zitterten. Harry seufzte innerlich. Gott, am liebsten wollte sofort, hier und jetzt, mit ihr Schluss machen…doch erstmal wollte er sein Frühstück genießen und nicht in ein tränenüberströmtes Mädchengesicht schauen. Und tränenüberströmt würde es sein, das war klar.

„Guten Morgen!"

Harry stöhnte auf. Ron und Hermine, händchenhaltend und wie immer gut gelaunt, waren an den Tisch getreten. Sie setzen sich strahlend. Müssen sie nicht bald überlaufen vor Glück? fragte Harry sich und sah die beiden spöttisch an. Sie bemerkten natürlich nichts. Sie nahmen sich ein Brot, ließen sich aber nicht los, darum versuchte Ron, sein Brot mit der linken Hand zu schmieren. Sie kicherten albern. Harry hätte ihnen am liebsten den Kürbissaft über die Köpfe gegossen. Wie konnten sie sich nur so peinlich benehmen?

„Harry, was war denn vorhin mit dir los?" fragte Ron jetzt. „Du warst so griesgrämig!"

Griesgrämig. Ein Junge, der einigermaßen etwas auf sich hielt, und dazu noch sechzehn Jahre alt war, also mitten im Leben stand, würde niemals ein Wort wie griesgrämig  benutzen! Ron war so ein Versager!

Harry knurrte irgendetwas Unverständliches, doch es ging sowieso im Lärm der Posteulen unter, die gerade eingetroffen waren. Hedwig kam auf Harry zu und warf ihm einen Brief in den Schoss. Sie wartete auf ihre üblichen Streicheleinheiten, doch Harry wedelte nur unwirsch in der Luft herum und bedeutete ihr, wieder zu verschwinden. Hedwig zog beleidigt ab.

Der Brief war von Sirius. Harry verzog das Gesicht und öffnete ihn.

Lieber Harry,

ich hoffe, dir geht es gut. Ich suche immer noch mit Nicolas nach Viola. Severus ist jetzt aufgebrochen, er wird wohl in den nächsten Wochen auftauchen. Von Viola fehlt trotzdem jede Spur. Voldemort scheint eine bestimmte Taktik zu verfolgen. Er greift in so verschiedenen Ländern und Städten an, von einem Tag auf den anderen, dass es nur ein Versuch, uns auf eine falsche Fährte zu führen, sein kann. Die Angriffsorte sind so weit verstreut, dass schon wieder ein System dahinter stecken muss.

Solltest du irgendwelche Anzeichen bemerken, dass Voldemort sich dir nähert, kontaktiere mich bitte sofort. Ich brauche nicht lange, um zu kommen. Sollte deine Narbe Schmerzen, geh sofort zu Dumbledore – aber sag mir auch Bescheid. Dies ist eine schlimme Zeit und ich habe Angst um dich. Riskiere bloß nichts, geh nicht allein irgendwo hin. Du bist besonders in Gefahr, das weißt du.

Sei bitte vorsichtig!

Sirius

Harry war jetzt wirklich genervt. Warum glaubte eigentlich jeder, dass Harry nicht auf sich selbst aufpassen konnte? Allen voran Sirius. Riskiere bloß nichts, sei vorsichtig, pass auf dich auf  - wie oft kamen diese Sätze in Sirius' Briefen vor? Er bekam bestimmt schon Mengenrabatt…

Harry war sechzehn Jahre und keine zehn mehr!

Und wenn er darüber nachdachte – wer war Sirius denn schon? Er war nicht sein Vater, einfach nur sein Patenonkel…und was war das schon? Würde er andere Jungen in seinem Alter fragen, wüssten einige von ihnen bestimmt nicht mal, wer ihr Pate eigentlich war. Bald würde Harry siebzehn werden, also volljährig in der magischen Welt…dann brauchte er Sirius als seinen Vormund sowieso nicht mehr.

Sirius…wenn er so darüber nachdachte, war dieser sowieso ein Versager. Sirius hatte Angst bekommen, hatte Harrys Eltern vorgeschlagen, Pettigrew als Geheimniswahrer zu nehmen. Und das alles, weil er feige war. Wäre Sirius nicht so ein Feigling gewesen, könnten seine Eltern noch leben…Er war Schuld!

Außerdem war Sirius überhaupt nicht gut genug für ihn. Er war der Junge, der lebt…und Sirius? Ein Niemand. Und ein gesuchter Verbrecher.

„Harry?" ertönte jetzt Hermines Stimme – besorgt wie immer.

Noch eine Person, die glaubte, dass Harry sein Leben nicht alleine leben konnte, das war wie ein rotes Tuch für ihn. Er sprang auf, stieß seinen Stuhl um, schmiss Sirius' Brief in die Cornflakesschüssel, die verblüfften Blicke Hermines gar nicht beachtend.

„Lasst mich doch endlich mal in Ruhe!" fauchte er. „Ihr seid doch alle Versager!"

Mit diesen Worten ging er davon. Mit was für Leuten trieb er sich hier eigentlich herum!

Immer noch rot vor Zorn stürmte er in die Eingangshalle. Keiner verstand ihn richtig!

Beinahe hätte er Anna Fudge umgerannt, konnte gerade noch bremsen. Jetzt stand sie vor ihm, die Haare wie immer zu einem strengen Knoten aufgesteckt, die Augenbrauen hochgezogen. Sie hatte die dünnen Lippen fest zusammengekniffen, schien auf etwas zu warten.

„Was?!" knurrte Harry wütend.

Sie starrte ihn an. „Ich warte auf eine Entschuldigung."

Harry schnaubte nur.

„Höflicher bist du also nicht geworden, wie nett," sagte Anna steif. „Du benimmst dich wie ein Kleinkind, Harry. Ist dir eigentlich bewusst, dass keinerlei positive Berichte über dich existieren? Unaufmerksam im Unterricht, bricht ständig Regeln, hält sich für klüger als die anderen, hat keinen Respekt vor Autoritätspersonen…Soll ich fortfahren?"

„Wenn du deinen Vater danach fragst, ist das auch kein Wunder!" fauchte Harry.

Er war wütend und es irritierte ihn, dass Anna ihn so vertraulich mit Vornamen ansprach. Normalerweise wurde er von Leuten, die ihn nicht mochten, immer mit Nachnamen angesprochen.

Aber er hatte jetzt endgültig die Schnauze voll. Er wollte sich nicht weiter mit Anna unterhalten.

„Hör mal, nur weil du frustriert bist, da du noch so richtig durchgevögelt worden bist, brauchst du deine Launen nicht immer an anderen auslassen!" sagte Harry mit lauter Stimme. „Ich rate dir was: Such dir einen Typen, vögele ein bisschen mit ihm – und dann können wir uns noch mal unterhalten!"

Anna sah ihn schockiert an, war wohl das erste Mal in ihrem Leben völlig sprachlos, doch Harry drehte sich um und ging einfach davon.

Im Unterricht lief es an diesem Tag auch nicht anders. Harry war unhöflich, kritisierte die Lehrer und bezeichnete alles und jeden als Versager. Die Strafarbeiten häuften sich und Gryffindor hatte wohl noch nie so viele Punkte an einem Tag verloren.

Harry fühlte sich richtig gut. Endlich zeigte er allen, was er wirklich von ihnen hielt, endlich behauptete er sich als der Junge, der lebt!  Jetzt musste er eigentlich nur noch Ginny loswerden…aber wie?

Als er gerade vom Tisch der Gryffindors aufstand und sich oben in den Gemeinschaftsraum begeben wollte, fiel sein Blick auf Sheila. Sheila war eine Ravenclaw, sie war jetzt in ihrem siebten Schuljahr. Sheila war bildhübsch, fast jeder Junge in Hogwarts fand sie attraktiv…und zufällig wusste Harry, dass sie ihm nicht abgeneigt war. Mit einem breiten Grinsen ging er auf sie zu.

„Hey, Sheila."

Es dauerte nicht lange. Nach ein paar Komplimenten und Anspielungen folgte Sheila ihm in einen leeren Klassenraum. Sie setzten sich auf einen der Tische und Harry sah Sheila unentwegt an.

Er sah ihr tief in die Augen und sagte: „Wusstest du eigentlich, dass du von allen Frauen, die ich kenne, die interessanteste bist?"

Das war so ein abgedroschener Spruch, doch Harry war sehr überzeugt von sich, er war sich sicher, dass Sheila anbeißen würde. Er behielt Recht. Sheila wurde rot und säuselte irgend etwas Nichtssagendes. Wenige Augenblicke später küssten die beiden sich. Es war ein langer, leidenschaftlicher Kuss. Endlich bekam Harry, was er verdiente…einen Kuss mit dem bestaussehendstem Mädchen der Schule. Wurde ja auch Zeit. Er schob seine Hand unter Sheilas Umhang und öffnete ihn geschickt. Der Umhang fiel zu Boden.

Im selben Moment wurde die Tür aufgerissen. Gereizt sah Harry auf.

Ginny.

Sie war rot vor Wut, ihre Augen funkelten voller Zorn, ihr Haar schien Funken zu sprühen. Eine Schrecksekunde lang stand sie an der Tür und starrte Harry und Sheila an, dann stürzte sie auf Harry zu, gab ihm eine schallende Ohrfeige und schrie mit einer Wut und einer Abscheu an der Stimme, wie Harry es sich nie hätte vorstellen können: „Versager!"

Für eine Sekunde blieb die Zeit stehen. Harry fühlte ein Kribbeln am ganzen Körper, immer wieder sah er Ginnys roten Mund und hörte sie „Versager!" schreien.

Dann war es ihm, als erwache er aus einem tiefen Traum. Einen Moment fühlte er sich ganz schläfrig und verwirrt – doch dann fiel ihm mit einem Mal alles wieder ein, was an diesem Tag geschehen war. Oh Gott! Was war da mit ihm geschehen?!

„Ha…Harry?" hörte er jetzt Ginnys Stimme. „W…Was war das eben?"

Harry sah sie an. Noch nie war sie ihm so schön vorgekommen…Ginny, seine Freundin…wie hatte er sich heute nur benommen? Er verstand es selbst nicht. Es war, als hätte jemand anders in seinem Körper gesteckt…und er hatte nur hilflos zusehen können, wie der andere sein Leben lebte.

„Was war das für ein Licht?" fragte Sheila plötzlich.

Sie starrte Harry misstrauisch an und als er nicht antwortete, zog sie sich in Zeitlupentempo ihren Umhang wieder an. Dann drängte sie sich an Ginny vorbei, zog eine Augenbraue hoch und verschwand.

Harry hatte Ginny unverwandt angesehen.

Jetzt kam er vorsichtig einen Schritt näher und fragte: „Was für ein Licht? Was meinte sie?"

„Eben…als ich dich…Versager genannt habe, da warst du plötzlich von einem seltsamen grünen Licht umgeben," murmelte Ginny. Ihre Stimme klang ganz rau. „Und für eine Sekunde wurde es ganz kalt hier."

Harry runzelte die Stirn. Komisch…doch das war nicht das, was jetzt zählte. Er sah Ginny an, Tränen schossen ihm in die Augen.

„Gin, bitte…du musst mir glauben, ich war das nicht! Den ganzen Tag heute habe ich mich benommen wie der größte Idiot auf Erden…aber das war nicht ich! Es war, als ob ich mir selbst zuschaute, wie ich all diese Dinge gesagt und getan habe und ich konnte es nicht ändern! Es tut mir so leid, bitte glaube mir…"

Ginny sah ihn lange an. Dann lächelte sie etwas. „Ich wusste, dass da was nicht stimmte, denn ich glaube, dich inzwischen so gut zu kennen, dass ich ohne Weiteres sagen kann, dass du so etwas nie tun würdest. Aber verstanden habe ich es trotzdem nicht…und als ich dich mit Sheila gesehen habe, bin ich ausgerastet."

Harry konnte nichts sagen, er hatte einen Kloß im Hals. Also ging er einfach auf Ginny zu und nahm sie in die Arme. Sie sahen sich in die Augen und küssten sich.

Nach einer Weile hörten sie ein Räuspern. Harry ließ Ginny los und sah auf. Ron und Hermine standen in der Tür.

„Ähm…Hallo," sagte Ron leicht verlegen. „Sheila kam uns entgegen und erzählte uns eine sehr seltsame Geschichte über eine wütende Ginny und ein seltsames Licht…da dachten wir, wir schauen besser mal nach."

Also erzählten Harry und Ginny noch einmal, was eben geschehen war und Harry entschuldigte sich auch bei Ron und Hermine.

„Das klingt irgendwie so ähnlich wie die Sache mit dem Gedankenlesen…" murmelte Ron nachdenklich.

„Ich habe mich schrecklich benommen…und Hermine konnte Gedanken lesen! Was soll daran denn ähnlich sein?" widersprach Harry.

„Naja," entgegnete Ron. „Ihr beide wart plötzlich verändert, beziehungsweise etwas an euch wurde geändert…und es endete ganz abrupt wieder. Hermine musste etwas zu einem Erstklässler sagen…und Ginny hat Harry Versager genannt. Harry, du hast genau dieses Wort den ganzen Tag über ständig benutzt…aber Ginny musste es aussprechen, aber sie wusste nichts davon. Und dieser Erstklässler hatte auch keine Ahnung, warum Hermine Kürbissaft zu ihm gesagt hat. Beide waren praktisch nur Figuren in einem Spiel. Aber wer dieses Spiel erfunden hat und wer unsere Gegner sind, das wissen wir nicht."

„Aber wir werden es herausfinden!" sagte Hermine und packte Ron beim Arm. „Komm, wir gehen in die Bibliothek!"

„Oh, das kannst du doch viel besser alleine…" murmelte Ron.

„Du könntest mir helfen," sagte Hermine überdeutlich.

„Oh…gut…" sagte Ron, endlich begreifend, und Hermine zog ihn davon.

Harry und Ginny waren wieder alleine. Harry nahm sie an der Hand und zog sie aus dem Klassenraum. Sie gingen in die Eingangshalle.

„Weißt du," sagte Harry nachdenklich. „Was mir wirklich Angst macht, ist, dass ich weiterhin so gemein gewesen wäre, hättest du mich nicht Versager genannt. Wäre ich dann auf ewig so geblieben?"

„Nein!" erwiderte Ginny fest. „Irgendwann hättest du dich durchgesetzt und diese andere Person besiegt."

Doch sicher konnte sie da nicht sein, das wussten sie beide.

Harry seufzte und drückte ihre Hand. „Jetzt ist ja alles gut."

Ginny lächelte sanft. „Ja."

Plötzlich sah Harry Susan an der Treppe stehen. Sie hatte Adams Körbchen in der Hand.

„Oh, da ist Susan!" rief Harry. „Ihr gegenüber habe ich mich ja auch unmöglich benommen, ich muss das sofort klären! Am besten, ich verbringe erstmal viel Zeit mit ihr und Adam…sonst wird sie es vielleicht nicht verstehen."

„Ja, mach ruhig," sagte Ginny scharf. „Das tust du ja schließlich sonst nie…also, verbringe schön viel Zeit mit ihr."

Und das tat Harry.