So, jetzt geht es weiter…

Mal gucken, was es mit Kimi und ihrem Pflaumenmuss auf sich hat. *g*

Ach ja, kira hat nach dem ganzen Text von „Hush, little baby…" gefragt…gut, ich setzte ihn ans Ende des Kapitels.

@auxia So, nun geht es weiter…hat nur mal wieder ewig gedauert…Danke fürs Reviewn.

@Mylanka Freut mich, dass dir beide Geschichten gefallen. Ich brauche immer etwas länger zum Updaten, wie du vielleicht schon gemerkt hast. Danke fürs Reviewn.

@Black Luna1 Hach, Tanz der Vampire…*strahl* Am 24. März fahre ich hin!! *hüpf* Für Marsters und Hermine musst du noch etwas warten. Aber ich kann dir schon einmal sagen, dass der Titel sich nicht auf eine Elfe, sondern auf die Zahl 11 bezieht! Jetzt hab ich dich wohl noch mehr verwirrt…Danke fürs Reviewn! *knuddl*

Disclaimer: Dieses ganze Universum gehört Joanne Kathleen Rowling, ich leihe mir die Charaktere und die Umgebung nur. Bei dieser FF muss außerdem mit Buffy-Zitaten oder ähnlichem gerechnet werden, die werde ich aber nicht jedesmal extra rausschreiben. Buffy gehört natürlich Joss Whedon *verehr*

~Anna Moonlight~

All I wish for me

Harry hatte nichts gesagt. Er hatte Kimi in Ruhe frühstücken lassen und sich nicht mit einem Wort zu der Sache geäußert. Doch er dachte den ganzen Morgen darüber nach, ein Gedanke kreuzte den nächsten. War denn niemand außer ihm und Hermine misstrauisch geworden? Seine beste Freundin beschäftigte die Sache genauso sehr wie ihn, da war er sich sicher…

Als sie am Nachmittag Professor Binns monotonen Vorträgen lauschten und Harry immer noch nach einer Antwort suchte, traf ihn eine Papierkugel am Kopf. Mit gerunzelter Stirn entfaltete er das Pergament und las:

Harry, was war da los? Du hast es doch auch bemerkt. Hermine

Eilig schnappte er sich seinen Federkiel und schrieb zurück:

Ich weiß nicht. Das kann jedenfalls kein Zufall gewesen sein. Meinst du, das könnte wieder eins dieser Dinge sein…so wie bei dir, Ginny und mir?

Hermines Antwort kam fast sofort.

Da bin ich mir ziemlich sicher. Aber das lässt sich wohl kaum feststellen, nachdem wir nur gesehen haben, wie Kimi ihr geliebtes Pflaumenmus bekommen hat. Ich denke, wir müssen abwarten.

Harry verzog das Gesicht, er wollte nicht warten! Doch schließlich schrieb er zurück:

Vielleicht hast du Recht. Oder vielleicht hat keiner von uns beiden Recht und wir sehen Gespenster…Wer weiß, vielleicht erfahren wir ja beim Mittagessen mehr. Hoffentlich!

In diesem Moment läutete die Glocke.

*

Als Harry, Ron und Hermine schließlich zum Mittagessen gingen, war Kimi noch nicht da. Die drei setzten sich und Ron und Hermine nutzen die Zeit, um sich ausgiebig zu küssen. Harry tat beschäftigt untersuchte den Salzstreuer, solange bis Ginny und Brenda auftauchten. Ginny lächelte glücklich und küsste ihn zur Begrüßung lange. Erst jetzt fiel Harry auf, wie lange er Ginny eigentlich nicht mehr geküsst hatte. Das musste mindestens eine Woche her sein…

„Hey, du siehst ja so fröhlich aus!" rief Harry. „Ist etwas passiert?"

Ginny grinste nur, doch Brenda entgegnete: „Ach, sie will nur wieder bescheiden sein! Snape musste ihr heute endlich einmal Punkte für Gryffindor geben, fünfzig, weil sie diesen komplizierten…ach, ich weiß ja nicht mal mehr, wie der heißt…Trank als einzige richtig hatte!"

„Fünfzig Punkte?!" staunte Harry. Hatte Snape den Gryffindors in seinem Jahrgang überhaupt schon einmal Punkte gegeben? Er konnte sich nicht erinnern.

„Ja, sie hat ja irgendwie ein Talent für Zaubertränke", antworte Brenda. Ginny lächelte nur still vor sich hin. „Aber Pflege magischer Geschöpfe gelingt ihr noch besser."

Harry war verblüfft, all dies hatte er überhaupt nicht gewusst! Dabei war Ginny doch seine Freundin…

In diesem Moment kam Kimi herein. Sie plapperte aufgeregt mit April, Chelsea und Hillary und schien nichts anderes wahrzunehmen. Doch dann entdeckte sie Harry und stürzte auf ihn zu.

„Du musst mal ganz schnell mitkommen!"

Er hatte nicht einmal Zeit, irgendetwas zu sagen, denn sie zog ihn schon hinter sich her. In der Eingangshalle blieb sie schließlich stehen.

„Kimi, was ist denn?" fragte Harry, obwohl er glaubte, die Antwort schon zu kennen.

Kimi sah ihn an, ihre Augen glänzten und sie schien nicht zu wissen, wie sie anfangen sollte. Mehr als sonst wirkte sie heute wie ein kleines Mädchen, das gerade vor dem schön geschmückten Weihnachtsbaum stand.

„Harry…" begann sie schließlich.       „Ich…ich kann machen, was ich will!"

Diese Erklärung verwirrte Harry dann doch ein wenig. Wie meinte sie das denn jetzt?

„Weißt du, ich…ich wünsche mir etwas…und es passiert! So wie heute Morgen mit dem Pflaumenmus!" erzählte die Kleine. „Und vorhin hatten wir Zaubertränke und ich habe mir gewünscht, dass Snape die Stunde früher beendet…und das hat er getan! Er meinte plötzlich, er müsste etwas mit dem Schulleiter besprechen. Und so ging es dann den ganzen Vormittag weiter…Alles, alles, was ich mir gewünscht habe, ist passiert!"

Harry öffnete den Mund, wollte etwas sagen, doch Kimi redete weiter. „Schau, ich werd's dir zeigen! Ich wünsche mir gerade, dass der nächste, der die Große Halle verlässt, ausrutschen wird!"

Im nächsten Moment trat Draco Malfoy aus der Großen Halle. Er wandte sich nach links, in Richtung Kerker, doch plötzlich rutschte er aus und lag im nächsten Moment auf dem Boden.

Harry konnte nicht anders, er fing an, laut zu lachen. Malfoys Gesicht, als er auf dem Boden gelandet war…Herrlich! Dieser hatte sich jetzt hochgerappelt und klopfte sich den Staub vom Umhang. Dann warf er Harry einen vernichtenden Blick, verschwand zu dessen Verwunderung aber gleich in den Kerkern.

Nanu, was war denn mit dem los? Kein Streitgespräch?

Dann sah er Kimi an. „Okay, ich glaube dir."

Kimi sagte nichts, sie sah ihn nur an.

„Hör mal, wir dürfen das nicht auf die leichte Schulter nehmen", fuhr Harry fort. „Die Sache mit Hermine, mit Ginny, mit mir…und jetzt du. Das scheint irgendwie zusammenzugehören. Wir müssen mit den anderen darüber reden…dir ist doch klar, dass diese…diese Gabe nicht für ewig halten kann?"

Kimi senkte den Kopf und nickte. „Ja, leider."

Harry zuckte nur mit den Schultern. „Also, nachher im Gemeinschaftsraum erzählen wir es den anderen. In Ordnung?"

Kimi nickte, doch dann zuckte sie zusammen. „Aber…aber meine Eltern und Cho müssen es nicht wissen, oder?"

Sie sah ängstlich aus, schien diesen Gedanken ganz schrecklich zu finden.

Harry zögerte einen Moment, dann sagte er: „Nein, das müssen sie nicht."

Mit diesen Worten drehte er sich um und wollte eigentlich wieder in die Große Halle gehen, doch Kimis Stimme ließ ihn innehalten.

„Harry…"

Sie stand da, kaute an ihrer Unterlippe und sah recht verlegen aus.

„Was ist los, Kimi?" fragte Harry und wurde langsam ziemlich besorgt. Was war denn bloß?

„Ich…ich habe mir kurz vor dem Mittagessen etwas gewünscht."

Jetzt war Harry wirklich beunruhigt. Was hatte Kimi getan?

„Ich habe mir gewünscht, dass meine Visionen aufhören."

*

Harry saß im Schlafsaal, die Füße an die Brust gezogen, und dachte nach. Kimis Worte hatten ihn sehr bestürzt. Kimi bekam keine Visionen mehr…bis auf Prophezeiungen, bei welchen es ihr noch nicht gelang, den Zeitpunkt selbst zu wählen, hatte sie nun keine Fähigkeiten mehr. Machten Visionen eine Seherin nicht eigentlich aus? Kimi hatte diese Bestimmung praktisch an den Nagel gehängt. Außerdem – und Harry hasste sich dafür, dies überhaupt zu denken – hatten sie durch Kimi immer gewusst, was Voldemort gerade tat. Konnten sie darauf verzichten?

Was hatte dies alles nur zu bedeuten? Erst Hermine, dann er, dann Ginny und jetzt Kimi…was für ein Spiel wurde mit ihnen allen gespielt? Und wer bestimmte die Regeln?

In diesem Moment klopfte es an der Tür.

Harry war eigentlich ganz froh, nicht weiter über Kimis Wunsch nachdenken zu müssen und rief: „Herein!"

Die Tür schwang auf und verblüfft erblickte er Susan. Sie hielt Adam an einer seiner Hufen, war krebsrot im Gesicht und die blonden Haare hatten sich aus dem Pferdeschwanz gelöst. Sie sah völlig erschöpft aus.

„Susan!" rief Harry und sprang auf. „Was ist passiert?"

Susan ließ Adam los, sah Harry an und lächelte. „Eigentlich gar nichts. Adam hat nur seine Trotzphase…will immer Süßigkeiten, will beschäftigt werden…aber Professor Focks meinte ja, das sei völlig natürlich."

Harry nickte. Susan war mit Adam spazieren gegangen. Erst jetzt, wo er derjenige war, der sich hauptsächlich um Adam kümmern musste, war ihm klar geworden, wie viel Arbeit dies alles bedeutete. Wenigstens schlief der Ghaf inzwischen die Nacht durch.

Adam tapste jetzt auf Harry zu, brabbelte irgendetwas und sabberte dabei heftig. Der giftgrüne Speichel tropfte auf den Boden und schon ätzte ein großes Stück des Teppichs weg.

„Scheiße!" fluchte Harry. „Ich habe doch tatsächlich vergessen, ihm heute Vormittag die Flasche zu geben!"

Harry und Susan hatten nämlich inzwischen herausgefunden, dass der Speichel des Ghafs aufhörte zu ätzen, sobald er seine Flasche bekommen hatte. Fütterte man ihn jedoch nicht regelmäßig, musste ein manches Mal die Einrichtung darunter leiden.

Susan hatte Adam gleich nach dem Mittagessen mitgenommen. Inzwischen war es fünf Uhr nachmittags und Harry hatte die ganze Zeit nichts anderes getan als über Kimi nachzudenken.

Susan sagte nichts, holte nur eine Flasche aus ihrer Tasche und begann, den protestierenden Adam zu füttern. Harry schloss kurz die Augen, selbst in Susans Gegenwart gelang es ihm nicht, die Gedanken an Kimi abzuschütteln. Er dachte über die Konsequenzen ihres Wunsches nach und außerdem fragte er sich, seit wann Kimi eigentlich lieber ihm als ihrer eigenen Schwester etwas anvertraute.

„Harry, was ist los?" fragte Susan ihn plötzlich.  „Ich…äh…gar nichts, alles in Ordnung", meinte er dann, wenig überzeugend.

Susan zog die Augenbrauen hoch, eine Geste, die eigentlich bei jedem Menschen etwas arrogant wirkte, und die Harry bei der Hufflepuff gar nicht erwartet hätte. „Komm schon, ich bin nicht blöd."

Er zögerte. Sollte er Susan alles erzählen? Wie gerne würde mit jemandem über alles reden...über wirklich alles. Doch konnte er dem Mädchen vertrauen?

„Susan…" sagte er leise und zuckte zusammen, als er merkte, wie brüchig seine Stimme klang. „Ich…ich denke, du solltest gehen."

Doch sie sah ihn an, die hellgrauen Augen wichen nicht von seinem Gesicht, und erwiderte: „Du musst mir vertrauen. Harry, bitte. Ich glaube, du solltest darüber reden."

Und da redete er. Er erzählte Susan alles. Er begann mit seiner traurigen Kindheit bei den Dursleys, der Grundschule, und schließlich Hogwarts…der Stein der Weisen, der Basilisk, alles über Sirius, Voldemorts Auferstehung, Cara, Anastacia Malfoy, Kimis Prophezeiungen, der Angriff in den Sommerferien…Und er erzählte von seiner Angst. Angst davor, seine Freunde in Gefahr zu bringen, sie zu verlieren, Angst um Kimi, Angst davor, das Denkarium von Caras Mutter anzusehen, Angst vor Voldemort…Angst zu früh zu sterben…

Er ließ nichts aus. Harry hatte wohl mit niemanden jemals so offen gesprochen wie jetzt mit Susan. Sie war im richtigen Moment gekommen. Sicherlich hätte er dies alles auch Ron, Hermine oder Ginny erzählen können…doch Susan war im richtigen Moment da gewesen und hatte die richtigen Worte gewählt. Als Harry endete, bemerkte er zu seinem Entsetzen, dass ihm Tränen die Wangen hinunterliefen. Mit jemandem reden zu können war ja schön und gut, aber was zuviel war, war zuviel!

Susan wandte sich diskret ab und Harry wischte sich schnell mit dem Ärmel über das Gesicht. Plötzlich war er verlegen. Was dachte Susan jetzt von ihm, nachdem sie das alles gehört hatte?

„Arme Kim", murmelte Susan jetzt. „Ich habe wirklich nie darüber nachgedacht, was sie durchmacht."

Harry nickte. „Sie ist zu jung dafür."

Susan schüttelte leicht den Kopf. „Überleg doch mal, du hast mit dreizehn auch schon so einiges erlebt. Und das alles ohne Eltern oder Bezugsperson. Mit dreizehn dachtest du noch, der Mörder deiner Eltern sei hinter dir her, nicht wahr?"

Harry zuckte die Achseln. „Ja, als ich die Wahrheit über Sirius herausfand, war ich fast vierzehn."

Susan nickte. „Ich kann nicht glauben, dass die ganze Zauberergesellschaft so einem Irrtum unterliegt. Dieser Sirius Black bedeutet dir einiges, oder?"

Harry antworte nicht. Es gehörte schon mehr dazu als ein einfaches Ja um zu beschreiben, was Sirius für ihn war.

Susan ging nicht weiter darauf ein. „Nun ja, jedenfalls mögen einige Menschen sicherlich in der Lage sein, so etwas wie Kim mit dreizehn zu erleben. Aber dafür muss man eben stark sein. Und du hast Recht, ich denke auch, dass Kimi das nicht kann. Sie ist noch zu sehr Kind."

„Aber sie muss es tun", widersprach Harry ihr verzweifelt. „Sie ist eine Seherin, sie muss diese Aufgabe doch erfüllen…"

„Du siehst mehr die Seherin als das Kind in ihr, richtig?" erwiderte Susan nur.

Harry zuckte die Achseln. „Sie…sie ist einfach Kimi!"

Und ihm war selbst klar, wie blöd das klang.

Doch Susan sagte nichts dergleichen. Sie sah plötzlich erschrocken auf ihre Uhr und sprang auf. „Himmel, es ist ja fast neun! Entschuldige, aber ich muss los."

Harry nickte und erhob sich ebenfalls. „Ich bringe dich noch nach draußen."

Als sie den Gemeinschaftsraum durchquerten, folgten ihnen viele Blicke. Sie hatten schließlich eine Ewigkeit oben im Schlafsaal zugebracht, alleine. Harry und Susan kletterten durch das Porträtloch, gingen den Flur entlang und blieben schließlich vor dem Bild einer Hexe mit langen schwarzen Locken und einer sehr langen Nase stehen.

„Harry…ich danke dir, dass du mir das alles erzählt hast", sagte Susan und sah ihn ernst an. „Das war wirklich…"

Doch sie brach ab. Harry drehte sich um und sah Justin Finch-Fletchley, der ein paar Meter weiter weg an der Wand lehnte. Er sah nicht besonders glücklich aus.

„Justin!" rief Susan. „Was machst du denn hier?"

Dieser hatte die Arme vor der Brust verschränkt, die Lippen fest zusammengekniffen und sah ziemlich wütend aus. „Susannah! Hast du etwa vergessen, dass wir zusammen diesen Aufsatz für Professor Marsters schreiben wollten?! Und das schon vor zwei Stunden!"

Susan wurde rot. „Oh, Justin, das habe ich ganz vergessen!"

„Das, " sagte Justin trocken, „habe ich gemerkt."

Susan schien sehr verlegen. Sie warf Harry einen hilflosen Blick zu, dann sagte sie: „Geh doch schon einmal vor, Justin. Ich hole dich gleich ein."

Dies schien Justin auch nicht recht zu sein, doch er stritt nicht und setzte sich in Bewegung.

Harry sah ihm mit gerunzelter Stirn hinterher. „Susannah? Wieso Susannah? Du heißt doch mit vollem Namen einfach Susan, nicht?"

Susan zuckte mit den Schultern. „Naja. In meiner Geburtsurkunde steht zwar Susannah…aber sonst auch nirgendwo. In meinen Pass steht Susan, in Hogwarts wurde ich unter Susan aufgenommen…Ich kenne Justin schon sehr lange, er nennt mich eben immer noch Susannah." Dann lächelte sie. „Pass gut auf Adam auf, grüß Ron, Hermine und Esmeralda Ernestine von mir…und schau dir das Denkarium an. Das solltest du wirklich tun, Harry."

Harry wollte etwas erwidern, doch Susan rannte mit schnellen Schritten davon und hörte ihn nicht mehr. Harry blieb einen Moment lang stehen, dann machte er sich auf den Weg in seinen Schlafsaal.

Dort angekommen holte er das Denkarium hervor. Lange starrte er auf das reich verzierte Steingefäß, dann holte er einmal tief Luft, nahm seinen Zauberstab und rührte die Substanz vorsichtig um. Bilder, Erinnerungen aus längst vergangenen Zeiten erschienen auf der plätschernden Oberfläche. Vorsichtig beugte Harry sich vor, immer weiter, immer weiter…und tauchte schließlich in das Denkarium ein.

*

Die nächsten Tage schienen in einem milchig-weißen Nebel zu verschwinden. Harry ging zum Unterricht, doch er aß nicht, schlief nicht…Er verbrachte jede Minute in Josephines Erinnerungen und wollte, konnte sich nicht davon lösen.

„Harry, sieh dich doch an!" rief Hermine wütend. „Du brichst doch fast zusammen. Sag schon, was für Erinnerungen sind es, die dich so fesseln?"

Sie und Ron standen im Schlafsaal der Jungen. Hermine hatte die Arme verschränkt und auch Ron sah nur allzu neugierig aus. Und besorgt.

Doch Harry schüttelte nur den Kopf. Nein, er konnte dies nicht mit seinen Freunden teilen. Noch nicht.

Und schon steckte er seinen Kopf wieder in das Denkarium und verschwand in den weiß wabernden Nebelschwaden.

*

Fünf Tage später schließlich war Harry fertig, und zwar nicht nur körperlich. Er hatte sich jede einzelne Erinnerung in Josephines Denkarium angeschaut und glaubte inzwischen, diese Frau fast so gut zu kennen wie sich selbst. Josephine hatte wirklich eine Menge Erinnerungen im Denkarium abgelegt, doch diese begannen erst als sie elf Jahre alt war, in Hogwarts aufgenommen wurde und somit Albus Dumbledore begegnete.

Erschöpft stellte Harry das Denkarium beiseite. Erst jetzt spürte er, wie müde er eigentlich war, wie die letzten Tage an seinen Nerven gezehrt hatten. Mit letzter Kraft ließ er sich auf sein Bett fallen. Dann wusste er nichts mehr.

Als Harry erwachte, hatte er jegliches Zeitgefühl verloren. Vorsichtig richtete er sich auf, blinzelte und erhob sich schließlich. Dann machte er sich auf den Weg in den Gemeinschaftsraum.

Ron und Hermine saßen am Feuer. Ron lehnte an einem Sessel und döste, Hermine hatte ihren Kopf auf seinen Schoß gelegt und aß – ein Eis?!

Harry blinzelte. Es war mitten im Winter, wo hatte Hermine denn bloß das Eis her?

Er räusperte sich. Hermine sah auf und erhob sich sogleich.

„Harry…Wie geht es dir?"

Harry nickte nur. „Es war…nun ja, ich kann es nicht beschreiben. Was ich gesehen habe ist…traurig, fröhlich, erschütternd, glücklich und einmalig zugleich. Es war, als wäre ich ein Teil von Josephine gewesen."

Hermine nickte nur. Sie schien zu verstehen, dass er nicht mehr sagen wollte. Harry starrte immer noch auf das Eis in ihrer Hand. Hermine folgte seinem Blick und grinste verlegen. Dann deutete sie in eine Ecke auf der anderen Seite des Gemeinschaftsraums. Harry sah hin – und keuchte überrascht auf. Er traute seinen Augen nicht. Dort in der Ecke stand tatsächlich ein Eiswagen und zwar in hellblauer Farbe! Er schien das Eis selbst zu produzieren, denn ein Eisverkäufer war nirgendwo zu sehen.

Doch was Harry am meisten verwunderte war nicht der Eiswagen selbst, nein, scheinbar konnten nämlich nur Hermine und er ihn sehen. Alle anderen Schüler im Gemeinschaftsraum schienen den Wagen gar nicht wahr zu nehmen.

Harry ließ sich in einen der weichen Sessel am Kamin fallen, dann sah er seine beste Freundin stumm an und wartete auf ihre Erklärung.

Doch Hermine brachte keinen ihrer üblichen fünfminütigen Monologe. Nein, sie sagte nur ein Wort.

„Kimi."

Und Harry brauchte keine weiteren Erklärungen, ihm war alles klar.

Doch Hermine war nun mal Hermine, sie konnte nicht schweigen. „Sieh mal, Harry. Während du dich so lange in deinem Schlafsaal verschanzt hast, ist die Zeit nicht stehen geblieben. Der Tagesprophet ist voll von Todesanzeigen…Voldemort scheint voll zugeschlagen zu haben. Unter anderem wieder diese Geschichte mit den…Ohren. Und Kimi? Sie hat keine Visionen mehr. Sie wünscht wild in der Gegend herum, unsinnige Dinge wie einen Eiswagen, den niemand außer einigen ausgewählten Leuten sehen kann. Wenn du mich fragst, versucht sie durch ihr wildes Wünschen, irgendetwas auszugleichen. Nicht eine sinnvolle Sache hat sie sich gewünscht, seit sie keine Visionen mehr hat. Nur irgendwelchen Quatsch. Aber das muss aufhören. Sie kann ja nicht ewig so weitermachen. Ich habe versucht, mit ihr zu reden, doch sie hat abgeblockt. Vielleicht hätte sie mit dir geredet, aber du musstest dich ja tagelang da oben einschließen. Gerade jetzt!"

Harry zuckte unter Hermines vorwurfsvollen Blicken zusammen. Doch er wusste nichts zu erwidern, also senkte er nur den Kopf und verschwand wieder in Richtung Schlafsaal.

*

Als Harry am nächsten Morgen zum Frühstück hinunterging, fühlte er sich schon wieder recht erholt. Er hatte endlich einmal wieder die ganze Nacht geschlafen. Mit Adam an der Hand betrat er die Große Halle und setzte sich. Hermine, Ron und Ginny waren schon da.

„Willkommen zurück unter den Lebenden!" begrüßte Ron seinen Freund.

Harry wusste nichts zu erwidern. Das Denkarium war etwas ganz Einschneidendes für ihn gewesen, doch wie sollte er das seinen Freunden begreiflich machen?

In diesem Moment flogen die Posteulen herein. Hermine erhielt den Tagespropheten und schlug ihn sofort auf. Die Titelseite war voll von Artikeln über Massenmorde, mysteriöse Naturkatastrophen, die bestimmt keine gewesen waren, Morde an berühmten Personen…und über Jugendliche, dessen Ohren grausam entfernt worden waren. Harry erschauderte.

„Harry?" ertönte plötzlich eine Stimme zu seiner Rechten.

Es war Kimi. Sie sah gesund aus, hatte keine Augenringe und wirkte nicht wie sonst zu Tode erschöpft. Doch sie sah nicht besonders glücklich aus.

„Kann ich mal mit dir reden?" fragte sie jetzt.

Harry wusste, dass Hermine ihn jetzt mit einem ihrer berüchtigten Ich-hab's-dir-ja-gesagt-Blicken durchbohrte.

Er nickte. „Ja, natürlich."

„Hermine, Ron und Ginny, ihr solltet vielleicht auch mitkommen", fügte Kimi noch hinzu.

Die drei sahen sich überrascht an, doch schließlich erhoben sie sich alle und folgten Kimi aus der Großen Halle.

Kimi schien genau zu wissen wo sie hinwollte. Nach etwa fünf Minuten blieb sie in einem von Sonnenlicht durchfluteten Korridor stehen. Große Fenster enthüllten eine herrliche Aussicht auf den See.

„Hier war ich ja noch nie", wunderte sich Ginny und trat ans Fenster.

„Kaum jemand kommt je hierher", erwiderte Kimi. „Ich hab ihn durch Zufall entdeckt."

Dann sah sie Harry, Ron, Hermine und Ginny der Reihe nach an. „Also."

Sie sah nervös aus, knetete ihre Hände und schien nicht zu wissen, wie sie anfangen sollte. Gerade wollte Harry vorsichtig nachfragen, als sie anfing, schnell und hastig zu reden.

„Wisst ihr, ich habe mich zu etwas entschlossen. Diese ganze seltsame Sache mit den Wünschen…sie ist mir ziemlich unheimlich. Und eigentlich habe ich mir ja nur Blödsinn gewünscht. Ich habe keine Ahnung, wie man das Ganze abstellen kann und glaube eigentlich auch nicht, dass es überhaupt geht…Naja, meinen wichtigsten Wunsch habe ich ja fast gleich zu Anfang gesprochen. Und…und vielleicht war auch der falscheste."

Harry schnappte nach Luft. Hatte er richtig gehört? Kimi bereute es, ihre Visionen aufgegeben zu haben?

„Es hört sich vielleicht komisch an, aber irgendwie fehlt ein Teil von mir. Ich schlage jeden Morgen den Tagespropheten auf und sehe all diese Morde…und ich weiß, ich hätte das alles vor mir sehen können. Ich hätte es nicht verhindern können…aber ich hätte genau gesehen, wie es abgelaufen ist. Vielleicht habe ich jetzt einen wichtigen Hinweis verpasst. Und das macht mir Angst. Wer bin ich denn ohne meine Visionen? Ich glaube, es geht nicht ohne sie. Ich brauche sie! Und ich glaube inzwischen auch, dass all die Schmerzen für etwas gut sind. Naja, also ich habe mich entschieden. Ich möchte meine Visionen wieder."

Harry sah Kimi bewegt an. Wie viel Kraft musste es die Kleine kosten, dies zu sagen?

„Ich wünsche mir, dass meine Visionen zu mir zurückkehren", sagte Kimi jetzt leise.
Im selben Moment fuhr sie zusammen, als hätte ihr jemand in den Magen geboxt. Keuchend richtete sie sich wieder auf. „Ich glaube, es hat geklappt."

Harry legte kurz einen Arm um ihre Schultern. „Das ist gut, glaub mir."

Hermine sah Kimi lange an. Dann sagte sie plötzlich: „Kimi, wünsch dir bitte mal etwas. Irgendetwas."

Kimi sah die Ältere überrascht an, zuckte mit den Schultern und sagte: „Ich wünsche, dass hier auf den Fensterbrett jetzt eine Tafel Schokolade liegt."

Alle Augen richteten sich auf das besagte Fensterbrett. Doch es blieb leer.

„Das wollte es also", murmelte Hermine.

„Hmm? Was meinst du?" fragte Kimi.

Hermine sagte nichts, also antwortete Harry für sie. „Bei Hermine, bei mir, bei Ginny und jetzt bei dir, Kimi, war immer etwas, dass die Sache beendet hat. Ein Wort, eine Geste, irgendetwas. Hermine musste Kürbissaft zu diesem Erstklässler sagen, Ginny musste mich wohl Versager nennen…und ich musste Ginny zum Weihnachtsball einladen, obwohl wir uns da nicht ganz sicher sind. Und du…du musstest deine Visionen akzeptieren."

Kimi sagte nichts, sie starrte ihn nur überrascht an. Dann lächelte sie plötzlich. „Dann soll es wohl so sein."

Und sie schnappte sich den verblüfften Ron, tanzte mit ihm durch den Korridor und sang dabei: „Mit den Wünschen ist es jetzt vorbei, meine Visionen hab ich wieder dabei und fühl mich plötzlich völlig frei…"

Harry, Hermine und Ginny schüttelten sich vor Lachen. Scheinbar war Kimi von der Sache mit den Wünschen doch nicht so begeistert gewesen…und vielleicht konnte sie ihre Visionen jetzt wirklich akzeptieren.

Plötzlich ertönte ein lautes Räuspern. Ron und Kimi wirbelten herum – und hätten beinahe Direktor Fudge zu Boden gerissen.

Hermine wurde blass, Ginny griff nach Harry Hand, welchem ganz kalt wurde. Wie viel hatte Fudge gehört? Wusste er nun von den Wünschen?

Kimi brachte immerhin ein schwaches Lächeln zustande, während Ron einfach dastand und den Direktor anstarrte.

Gerade hatte Harry sich entschlossen, etwas zu sagen, denn die Stille wurde langsam peinlich, als Ron anfing zu reden.

„Direktor Fudge! Große Karriere, Sir. Wirklich. Ich bin tatsächlich von Ihrer Führung so inspiriert, dass ich an einen Schuldirektorposten denke. Ich will in Ihre Fußstapfen treten. Natürlich nicht im wörtlichen Sinne. Weil Sie ja viel kleiner sind als ich. Nicht kleiner im Sinne von klein, natürlich…Okay, ich sag nichts mehr."

Rons kleine Rede schadete mehr als dass sie half, doch Harry, Hermine, Ginny und Kimi prusteten los. Sie versuchten verzweifelt, das Lachen zurückzuhalten, doch es klappte nicht sonderlich gut.

Schließlich deutete Fudge auf Kimi. „Erklären Sie. Was war hier los?"

Kimi öffnete den Mund und schloss ihn wieder, schien völlig ratlos. Doch dann begann sie plötzlich zu reden: „Wissen Sie, Direktor Fudge, wir haben gerade geprobt. Ja, geprobt. Für…unser neues Musical. Selbst ausgedacht. Ein ganz revolutionäres Stück. Oh ja. So etwas hat die Welt noch nicht gesehen. Wahrheiten werden enthüllt, Geheimnisse gelüftet…Sie können gern noch einsteigen, es ist noch eine Stelle als Platzanweiser frei!"

Nun war Kimi wirklich zu weit gegangen, sie merkte es wohl selbst. Sie hatte einfach nicht nachgedacht, außerdem würde Fudge ihnen eine solche Ausrede nie abnehmen. Doch nun hatte sie schon angefangen, also redete sie mit verzweifelter Miene weiter.

„Aber wissen Sie, wo hätten wir denn proben sollen? Es sollte ja eine Überraschung werden…f…für Professor McGonagalls fünfundsiebzigsten Geburtstag! Also haben wir uns diesen verlassenen Korridor ausgesucht!"

Jetzt schwieg Kimi und schenkte Fudge ein strahlendes Lächeln. Dieser starrte sie und die anderen jetzt Unheil verkündend an. Eine seiner Augenbrauen zuckte heftig, das war kein gutes Zeichen. Man könnte förmlich spüren, wie sich die Räder in seinem Kopf drehten.

„Nun gut", sagte er schließlich und bedachte sie alle mit einem grausamen Lächeln. „So ein…Engagement sollte natürlich geehrt werden. Wie ich bald bekannt geben werde, wird es Ende April einen so genannten Familien-Tag in Hogwarts geben. Eltern besuchen ihre Kinder und erkunden Hogwarts. Wäre das nicht die perfekte Gelegenheit, ihre kleine Darbietung vorzuführen? Vor Schülern, Eltern und Lehrern? Ich denke, so machen wir es. So revolutionär wie ihr Stück angeblich ist, sollte man es doch so vielen wie möglich zeigen, nicht? Proben Sie fleißig. Und…" Jetzt kam sein Gesicht ihnen sehr nahe. „Und sollte sich herausstellen, dass Sie hier ganz andere Dinge getrieben und mich somit angelogen haben, dann werde ich Sie alle der Schule verweisen."

Mit diesen Worten drehte er sich um und verschwand. Harry, Ron, Hermine, Ginny und Kimi starrten sich entsetzt an.

„Jetzt", sagte Ron trocken, „haben wir wirklich ein Problem."