Hey, wir nähern uns immer mehr dem eigentlichen Sinn dieser Geschichte…Noch ungefähr vier bis fünf Kapitel. Soviel ist das gar nicht mehr. Ich kann aber schon verraten, dass diese Geschichte ungefähr so lang wird wie die Phoenixfeder…wenn nicht länger. Also ungefähr wieder 22 Kapitel. Allerdings wird Finale nachher ziemlich…ausschweifend. Mal schauen.

Jetzt habe ich jedenfalls erst einmal Ferien, da schaffe ich dann hoffentlich einiges.

Dieses Kapitel beschäftigt sich sehr viel mit dem goldenen Trio. Harry&Ron-Gespräche, Harry&Hermine-Gespräche…und natürlich R/Hr.

@auxia Ja, ich gebe mir ja immer Mühe, aber ich habe ja auch noch andere Dinge…Jetzt geht es jedenfalls weiter!

@BlackRoseLily Naja, Kimi hat eben nur darüber nachgedacht, wie sie diese Schmerzen loswird. Da war es das naheste, die Visionen verschwinden zu lassen.

@hapooh! Jaja, da haben die sich ja was vorgenommen. Ein Musical…mal sehen, ob ich das überhaupt hinkriege…*ggg*

@BlackLuna1 Nee, nix mit TdV. Aber es war so toll…Ich war völlig fertig als ich wieder rauskam. Besonders Krolock! So ne Stimme hat man noch nie gehört, der absolute Wahnsinn! Mit deiner Vermutung über die Elf liegst gar nicht sooo schlecht. Sagen wir mal „warm". Aber zu „heiß" fehlt noch einiges. Dieses Kapitel beschäftigt sich tatsächlich mit Ron, der war auch mal dran!

@Arura Du hast die Phoenixfeder und das hier alles auf einmal durchgelesen?! Wow! Wie lange hast du gebraucht? Ja, sie haben wirklich ein Problem. Aber sie wären ja nicht sie, wenn sie nicht auch dafür ne Lösung finden! *g*

@AragornsHope Danke für das ausführliche Review. Also, mit der Elf ist irgendwie schon die Zahl 11 gemeint…aber nicht so wirklich. Okay, jetzt hab ich dich wirklich verwirrt…. Ich hoffe, du liest weiter.

Disclaimer: Dieses ganze Universum gehört Joanne Kathleen Rowling, ich leihe mir die Charaktere und die Umgebung nur. Bei dieser FF muss außerdem mit Buffy-Zitaten oder ähnlichem gerechnet werden, die werde ich aber nicht jedesmal extra rausschreiben. Buffy gehört natürlich Joss Whedon *verehr*

~Anna Moonlight~

Mr. Irresistible

Harry, Ron, Hermine, Ginny und Kimi hatten sich im Schlafsaal der Jungen versammelt und beratschlagten.

„Eines steht fest", sagte Hermine gerade. „Wenn wir im Mai nichts vorführen können, werden wir alle von der Schule geschmissen."

„Dann müssen wir wohl in den sauren Apfel beißen", seufzte Ron. „Lieber blamiere ich mich vor der ganzen Schule, als dass ich zulasse, dass Fudge mich rausschmeißt."

„Aber überlegt doch mal!" rief Ginny. „Wie stellt ihr euch das denn vor? Wir sind nur fünf Leute, haben nicht mal ein Klavier und erst recht kein geeignetes Stück! Ein Musical mit fünf Leuten existiert nicht!"

„Ginny hat Ahnung von so etwas", erklärte Ron den anderen. „Sie hat sämtliche Musicals, die in der näheren Umgebung aufgeführt wurden, gesehen."

„Das wäre nicht das Problem", meldete sich jetzt Kimi zu Wort. „Ich habe Fudge doch gesagt, dass wir uns das Stück selbst ausgedacht haben. Also können wir keines nehmen, dass jeder kennt und…"

„Fudge ist nicht blöd!" unterbrach sie Hermine. „Er wird sich vorher informieren. Ich denke, selbst ein ganz unbekanntes Stück wäre zu gefährlich. Es muss aus unserer eigenen Feder stammen."

Danach schwiegen sie erst einmal alle. Ratlosigkeit lag in der Luft.

„Harry", wandte sich Ginny an ihren Freund. „Was denkst du denn? Du hast noch gar nichts gesagt!"

Harry zögerte und warf ihr und den anderen einen verlegenen Blick zu. Er hatte über diese Sache nachgedacht, ja, die ganze Zeit während die anderen geredet hatten. Und in seinem Kopf formte sich langsam aber sicher eine Idee…eine Idee, die so viel bewirken könnte, wenn sie umsetzbar war. War sie es denn? Konnte er es wagen, dies zu tun? Sollte er den anderen davon erzählen?

Doch schließlich gab er sich einen Ruck und sagte: „Nun…ich glaube, ich habe da eine Idee. Wir müssen dieses Stück sowieso vorführen, daran können wir nichts ändern, wenn wir nicht alle rausgeworfen werden wollen. Wenn wir das sowieso machen, warum dann nicht gleich richtig? So wie wir es Fudge beschrieben haben? Ein Stück, das revolutionär ist, das Wahrheiten enthüllt…"

„Wovon redest du, Harry?" fragte Ron irritiert.

Einen Moment zögerte Harry noch, dann sagte er: „Ich rede von Josephines Denkarium. Den Geschichten, die sich darin verstecken. Wir erzählen den Leuten von Josephine, von Dumbledore und von Cara. Von dem Gedächtniszauber, der Dumbledore auferlegt worden ist, der ihn Josephine und Cara vergessen ließ. Wir bauen ein paar Lieder ein. Wir erzählen ihnen von Josephines Freunden Viola, Charis, Carolina und Elizabeth. Von Snape. Von meinen Eltern, von den Rumtreibern." Er sah die anderen unsicher an. „Das…das ist doch eine Erzählung wert, nicht?"

Er sah die anderen der Reihe nach an. Hermine kaute auf ihrer Unterlippe, Ginny hatte die Stirn gekräuselt, Kimi starrte einfach geradeaus, Ron betrachtete seine Hände.

Schließlich sagte Ron: „Ich glaube, daraus lässt sich etwas machen."

Ginny lächelte vorsichtig, dann sagte sie: „Nun ja…wir können es versuchen."

Kimi starrte Ginny mit großen Augen an. „Versuchen?! Von wegen Versuchen! Natürlich machen wir das! Das ist einfach super!"

Harry musste lächeln. Ja, vielleicht war es tatsächlich machbar.

„Aber Harry…" meinte jetzt Hermine. „Wie stellst du dir das vor? Wir müssen den Stoff aus dem Denkarium durchsehen und daraus ein ganzes Stück schreiben. Und wir nur bis Mai Zeit! Proben müssen wir auch! Das ist zeitlich fast unmöglich! Außerdem…Josephines Geschichte wird doch mehr als fünf Menschen beinhalten, oder?"

Harry nickte. „Das habe ich mir auch schon überlegt. Aber wir müssen uns einfach mehr Leute holen. Zum Beispiel den ganzen Gryffindorturm! Sie alle hassen Fudge, wenn wir ihnen erklären, wie das ganze zusammenhängt, machen sie sicher mit! Und was das Stück angeht…Ich dachte eigentlich, du könntest das schreiben, Hermine."

Seine beste Freundin starrte ihn aus großen Augen an. „Harry, nein. Ich mag zwar gut im Unterricht sein, ich kann auch Aufsätze schreiben…Aber ein Musical entwerfen? Nein, das kann ich beim besten Willen nicht."

Hermine meinte es ganz ernst, das war allen klar. Doch was sollten sie dann tun? Auch Harry selbst wagte es nicht, sich an eine solche Aufgabe heranzumachen. Er hatte keine Erfahrung und auch kein Talent. Doch was nun?

„Lavender", sagte Hermine plötzlich.

Alle sahen sie überrascht an.

„Ihre Mum ist Autorin", beeilte sich Hermine zu erklären. „Sie schreibt Theaterstücke und so etwas. Lavender hat schon viel von ihr gelernt, sie könnte sowas! Sie will es später auch zu ihrem Beruf machen."

Ron sah nachdenklich aus. „Nun gut. Aber sie muss sich dann sämtliche Erinnerungen aus dem Denkarium ansehen…vielleicht kannst du ihr ja dabei helfen, Harry. Du könntest von vornherein entscheiden, welche Erinnerungen ihr euch gar nicht anzusehen braucht. Was meinst du?"

Alle sahen Harry an. Er stand auf und holte das Denkarium unter dem Bett hervor.

„Gut, wir sollten keine Zeit verlieren", sagte er. „Ich rede gleich mit Lavender."

*

Lavender erklärte sich tatsächlich einverstanden, mit Harry ein Stück zu schreiben. Und je mehr sie schafften, je mehr das ganze wuchs, desto überzeugter war Harry von seiner Idee. Jeden Tag arbeiteten sie mindestens zwei Stunden daran, wenn es so weiterging, konnten sie gegen Ende der nächsten Woche fertig sein.

Jetzt saß Harry mit Ron im Gemeinschaftsraum und spielte Schach. Es war schon sehr spät, ganz Gryffindor schien schon in den Schlafsälen zu sein. Hermine und Ginny hatten sich schon früh von ihnen verabschiedet.

Ron gähnte. „Sag mal, was schenkst du Ginny zum Valentinstag?"

Harry zuckte mit den Schultern. „Ich dachte eigentlich an eine Blume und eine Karte."

Ron sah ihn mit zusammengekniffenen Augen an. „Komm bloß nicht wieder auf die Idee, ihr eine schwarze Rose zu schenken!"

Erschrocken blickte Harry ihn an. „Du weißt es?"

Ron nickte. „Hör mal, es sieht vielleicht nicht so aus, aber Ginny und ich erzählen uns ziemlich viel. Sie hat mir alles von eurem Streit wegen der Rose erzählt."

Harry sagte nichts. Diese Sache mit der schwarzen Rose…Er verstand bis heute nicht, warum Ginny deswegen einen solchen Aufstand gemacht hatte. War es denn so schlimm, wenn er ihr zeigen wollte, dass er sie sie liebte?

Ron schaute ihn nachdenklich an. „Du hast es immer noch nicht begriffen, oder? Warum Ginny die Rose nicht annehmen wollte?"

„Nun ja, ich…"

„Lass mich ausreden. Du bist bei Muggeln aufgewachsen und kennst deshalb viele Dinge, die für Zauberer selbstverständlich sind, nicht. Dinge, die wir schon als kleine Kinder kannten. Wusstest du, dass ich mit einem Jahr schon ‚Du-weißt-schon-wer', ‚Dumbledore' und ‚Harry Potter' sagen konnte? Weil es Leute waren, die man einfach kennen musste, heute natürlich auch noch. Einmal, ich glaube ich war gerade sechs, versprach ich Ginny, dass ich ihr eine schwarze Rose schenken würde, weil ich sie so lieb hatte. Ich hatte nämlich gehört, wie Bill Charlie erzählte, dass einer Lehrerin in Hogwarts in der Großen Halle vor allen Schülern von ihrem Freund eine schwarze Rose überreicht worden war. Bill war sehr beeindruckt. Naja, jedenfalls hörte Mum, wie ich Ginny das versprach. Daraufhin setzte sie sich mit uns ins Wohnzimmer und erklärte uns alles über schwarze Rosen. Und darüber, woher die Babys kommen. Aber das ist ja jetzt egal…Also, jedenfalls versuchte sie uns klarzumachen, warum ich Ginny keine schwarze Rose schenken sollte. Du musst wissen, dass es damals eine noch höhere Altersbeschränkung gab, sie zu verschenken. Man musste mindestens neunzehn Jahre alt sein. Erst dann, so hieß es, hatte man die nötige Reife um eine solche Entscheidung zu treffen. Mum erzählte uns, dass Dad ihr eine schwarze Rose zur Geburt von Bill schenkte. Da waren sie bereits acht Jahre zusammen! Jedenfalls erklärte Mum uns, was eine schwarze Rose definiert und was es für ein Versprechen ist, eine zu verschenken. Harry, jedes Kind in der Zaubererwelt weiß das! Wir kämen gar nicht auf die Idee, als Jugendliche eine schwarze Rose verschenken zu wollen – auch wenn die Altersbeschränkung inzwischen auf sechzehn herabgesetzt wurde. Du bist bei Muggeln aufgewachsen, dir war die Bedeutung einer solchen Geste einfach nicht klar. Aber jetzt weißt du es und dir sollte klar sein, dass es viel zu früh ist, Ginny eine schwarze Rose zu schenken."

Harry hatte Ron selten so ernst sprechen hören. Seine Worte machten Eindruck auf Harry, nun endlich wurde ihm klar, was Ginny damals gemeint hatte, als sie sich wegen der schwarzen Rose so gestritten hatten. Es war wirklich ein Fehler gewesen.

Er sah Ron an. „Ich glaube, ich habe es jetzt begriffen."

„Wurde auch Zeit," sagte Ron trocken. Er gähnte und erhob sich schließlich. „Argh, ich glaube, wir sollten ins Bett gehen. Ich bin todmüde."

„Warte mal, Ron!" rief Harry rasch.

Ron blieb stehen und sah ihn fragend an.

Harry zögerte. Jetzt oder nie, dachte er. Nun wollte er Ron endlich fragen, was ihn schon seit Wochen beschäftigte. Doch dann Mut dafür aufzubringen, war gar nicht so einfach. Zwar war Ron sein bester Freund, aber es fiel ihm dennoch schwer. Schließlich gab er sich einen Ruck und holte tief Luft.

„Hermine und du…habt ihr…habt ihr schon…habt schon einmal miteinander…?"

Er hatte Voldemort inzwischen sechs Mal gegenüber gestanden und trotzdem bereitete ihm eine einfache Frage solche Kopfschmerzen! Doch er brauchte sie gar nicht zu beenden. Ron hatte verstanden und nun war es an ihm, zu erröten. Er schenkte Harry ein verlegenes Lächeln – dann nickte er.

Obwohl Harry sich natürlich darüber Gedanken gemacht hatte, wie die Antwort zu seiner Frage lauten könnte, war er doch überrascht. Seine beiden besten Freunde hatten schon einmal miteinander geschlafen – während er und Ginny noch meilenweit von diesem Schritt entfernt waren. Wann hatten sie sich überhaupt das letzte Mal alleine getroffen?

„Wow," sagte er schließlich und grinste Ron an. „Du…du liebst sie wirklich, nicht wahr?"

Ron sah ihn eine lange Zeit an, dann nickte er ernst. „Ja. Jeden Tag mehr."

Die beiden Freunde lächelten sich an und Harry war plötzlich sehr froh, die Frage gestellt zu haben. Er stand auf und gemeinsam machten sie sich auf den Weg in den Schlafsaal.

*

Am Morgen des Valentinstags wachte Harry früh auf. Die Sonne schien in den Schlafsaal, es war der seit Wochen schönste Morgen. Dieser Winter war unheimlich kalt gewesen, doch langsam schmolz auch der Schnee und die Temperaturen stiegen wieder.

Wie schon im letzten Jahr fand Harry mehrere Valentinskarten am Fußende seines Bettes. Er weckte Ron, so dass sie ihre Karten gemeinsam öffnen konnten.

Harry ritzte den ersten Umschlag auf.

Lach mit der Sonne, sprich mit dem Mond, tanz mit den Blumen. Und wenn die Nacht kommt, nimm meine Hand.

Du bist ein wahrer Freund und ich werde immer für dich da sein. Immer.

Hermine

Harry lächelte. Irgendwie fand Hermine immer die richtigen Worte. Immer.

Immer noch lächelnd öffnete er den nächsten Umschlag.

Es ist Unsinn

sagt die Vernunft

Es ist was es ist

sagt die Liebe

Es ist Unglück

sagt die Berechnung

Es ist nichts als Schmerz

sagt die Angst

Es ist aussichtslos

sagt die Einsicht

Es ist was es ist

sagt die Liebe

Es ist lächerlich

sagt der Stolz

Es ist leichtsinnig

sagt die Vorsicht

Es ist unmöglich

sagt die Erfahrung

Es ist was es ist

sagt die Liebe

In Liebe, Ginny

Lange sah Harry auf die verschlungene Handschrift seiner Freundin, dann legte er die Karte vorsichtig neben die Hermines und öffnete den dritten und letzten Umschlag.

Du weißt nicht, wie weit deine Kräfte gehen, bis du es versucht hast.

Kein persönlicher Zusatz, nichts. Einfach nur dieser Satz. Verwirrt runzelte Harry die Stirn und reichte die Karte an Ron. Der hatte die letzten Minuten verträumt auf seine Karte von Hermine gestarrt.

„Mann, Harry!" rief Ron. „Schon wieder eine anonyme Karte! Genau wie im letzten Jahr. Wie machst du das bloß? So toll bist du nun auch wieder nicht!"

Harry grinste verlegen. Schon im letzten Jahr hatte er eine Valentinskarte ohne Namen bekommen – doch die war sehr viel kitschiger gewesen. Die hier war eigentlich ganz schön.

Als er und Ron den Gemeinschaftsraum betraten, herrschte schon ein wildes Durcheinander. Mädchen rannten umher, zeigten ihre Karten und Blumensträuße herum, verglichen die Anzahl ihrer Valentinsgrüße oder beschwerten sich über das Fehlen derselbigen. Es war kaum möglich zum Porträtloch zu gelangen, so voll war der Gemeinschaftsraum.

Ron!" Lavender stürzte auf die beiden zu. „Du siehst ja müde aus heute Morgen! Geht es dir gut? Du könntest dich dort auf dem Sofa etwas hinlegen!"

Währendessen hatte sie sein Gesicht mit beiden Händen umschlossen und starrte ihn aus großen besorgten Augen an. Mit ihren braunen Augen und Locken sah sie wie ein verängstigtes Kätzchen aus.

„Ähm…" Ron wusste offensichtlich nicht, was er sagen sollte.

Doch in diesem Moment wurde Lavender von Parvati beiseite gedrängt.

Sie warf der Freundin einen sehr bösen Blick zu und zischte: „Lass ihn in Ruhe! Er will dich doch gar nicht!"

Lavender stemmte die Arme in die Hüften und begann zu schreien: „Oh, was bildest du dir ein! Du…du Schlampe! Warte nur, dir zeige ich's! Wage es nicht, Ron auch nur anzusehen!"

Mit offenen Mündern sahen Harry und Ron zu, wie Lavender sich auf Parvati stürzte und die beiden sich wild zu prügeln begannen. Parvati zog Lavender an den Haaren, diese kratzte der Freundin mit den Fingernägeln über das Gesicht.

Im selben Moment tauchte Brenda neben den beiden Jungen auf. „Komm, Ron. Das musst du dir nun wirklich nicht ansehen!"

Ron folgte ihr, warf Parvati und Lavender jedoch noch einen besorgten Blick zu. Harry ging Brenda und Ron hinterher. Was war bloß in seine Klassenkameraden gefahren?

„Weißt du," meinte Brenda zu Ron, kaum dass sie den Gemeinschaftsraum verlassen und durch das Porträtloch geklettert waren. „Ich habe mich gefragt, ob wir vielleicht…mal etwas zusammen unternehmen wollen? Ich fand dich schon immer toll."

Sie kam ihm sehr nahe. Ron starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an – dann rannte er davon. Harry warf Brenda noch einen entschuldigenden Blick zu, dann stürzte er seinem Freund hinterher.

Doch Ron schien nicht zur Großen Halle gerannt zu sein. Hatte Brenda ihn mit ihrer Aussage so erschreckt? Nun ja, sie war Ginnys beste Freundin, vielleicht war es das…

Harry entschied sich dafür, erst einmal in Ruhe zu frühstücken. Danach würde er nach Ron suchen und selbst wenn er ihn dann nicht fand, spätestens beim Unterricht müsste er ihn ja wieder sehen. Sie hatten Professor Marsters in den ersten beiden Stunden, das würde sein bester Freund nicht verpassen wollen.

Doch als Harry die Große Halle betrat, war im ganzen Saal leises Geflüster und Kichern zu hören. Irrte er sich oder war immer wieder der Name „Ron Weasley" zu hören? Verwirrt setzte er sich an den Tisch der Gryffindors. Ihm gegenüber saß Floriane Carpenter, eine Siebtklässlerin. Sie war ziemlich intelligent und  bekannt dafür, sehr geradlinig zu denken.

„Flo?" fragte Harry. „Weißt du vielleicht, was hier los ist?"

Doch statt einer zufrieden stellenden Antwort, ließ Floriane ein lautes, schrilles Kichern hören und seufzte gleich darauf schwer.

„Ähm…was?" erkundigte sich Harry.

Floriane beugte sich halb über den Tisch, ihr Ärmel planschte fröhlich im Milchkrug und flüsterte: „Harry…Wo hast du denn Ron gelassen? Ich würde mich wirklich freuen ihn zu sehen. Er ist ja so niedlich!"

Und wieder kicherte sie schrill.

Das war zuviel. Harry ließ sein Frühstück stehen und sprang auf. Er würde der Sache auf den Grund gehen. Jetzt.

Als er die Eingangshalle durchquerte hielt ihn ein Mädchen mit kurzen blonden Haaren auf. Harry hatte sie noch nie gesehen.

„Hör mal, du bist doch mit Ron Weasley befreundet? Ich würde wirklich gerne…"

Doch Harry hörte nicht mehr was sie denn wirklich gerne wollte, er hastete einfach weiter. Was war bloß los? Irgendetwas sagte ihm, dass er Ron nicht im Gryffindorturm finden würde und so eilte er durch die Gänge und rief nach seinem Freund. Im sechsten Stock wurde er schließlich fündig. Ron saß in einer kleinen Nische direkt gegenüber von einem Bild Thomas des Tölpelhaften. Harry zwängte sich neben ihn.

Eine lange Zeit sagte Ron nichts, dann sah er Harry plötzlich genau an und sagte mit verzweifelter Mine: „Harry, alle Mädchen stehen auf mich!"

Ron hatte es einmal wieder geschafft, eine komplexe Angelegenheit auf einen einzigen Satz zu reduzieren. Harry wusste nichts zu erwidern, Ron hatte den Nagel anscheinend auf den Kopf getroffen. Denn genau danach sah es aus. Alle Mädchen wollten Ron.

Schließlich meinte Harry: „Hör mal, du kannst dich nicht ewig hier verstecken. Du musst der Sache begegnen. Das wird schon werden."

Ihm war durchaus bewusst, dass alles, was er sagte, eigentlich nur sinnlose Floskeln waren, doch was sollte er tun?

Ron zuckte mit den Schultern und sprang auf. Zusammen machten sie sich auf den Weg zu den Gewächshäusern, wichen der weiblichen Bevölkerung aus so gut es eben ging und schwiegen. Als sie die Gewächshäuser fast erreicht hatten, sagte Ron plötzlich: „Denkst du, dies ist wieder eines dieser seltsamen…Dinge? So wie bei Hermine, Ginny, Kimi und dir?"

Auch Harry hatte schon darüber nachgedacht. „Ich vermute es."

„Meinst du wirklich?" Rons Stimme klang plötzlich hoffnungsvoll. „Ich meine, vielleicht haben ja alle plötzlich bemerkt, was ich für ein toller Typ bin!"

In diesem Moment tauchte Pansy Parkinson neben ihnen auf.

Sie schenkte Ron ein strahlendes Lächeln, lief gleichzeitig puterrot an und säuselte: „Oh, Ronnielein! Ich habe gehört, dass wir heute Partnerarbeit im Zaubertrankunterricht betreiben werden. Ich halte das Plätzchen an meiner Seite für dich frei, okay?"

Dann gab sie ihm einen sehr lauten Schmatzer auf die Wange und stürmte davon. Ron starrte ihr mit offenem Mund hinterher. Dann wandte er sich an Harry, der Ekel stand ihm auf dem Gesicht geschrieben.

„Okay, du hast Recht. Es ist nicht normal."

In den Gewächshäusern wurde es nicht besser. Auch hier war Partnerarbeit angesagt und sämtliche Mädchen der Hufflepuffs prügelten sich richtig um Ron. Sogar Susan machte mit, dabei hätte Harry immer gedacht, sie wäre gegen solche Dinge irgendwie immun. Professor Sprout machte der Sache ein Ende, indem sie verkündete, Ron benötige Privatunterricht und zwar im Nebenraum. Nach einer Minute stürzte Ron schreckensbleich aus dem angrenzenden Raum und verließ das Gewächshaus. Harry sah, wie Professor Sprout ihm unglücklich hinterher starrte.

Den ganzen Tag über wurde es nicht besser. Ron wurde einfach nicht in Ruhe gelassen. Sämtliche Lehrerinnen verordneten im Privatunterricht (selbst Professor McGonagall – Harrys Weltbild wurde erschüttert), Mädchen umschwärmten ihn, prügelten sich um ihn.

Am Abend im Gemeinschaftsraum war Harrys bester Freund völlig erschöpft. Er und Harry hatten sich in den hintersten Winkel des Zimmers zurückgezogen, doch Ron war auch hier nicht tabu. Immer wieder tauchten Mädchen auf, flirteten und brachen nicht nur einmal in Tränen aus, wenn er sie zurückwies.

„Das muss aufhören!" zischte Ron Harry aus dem Mundwinkel zu. „Ich kann nicht mehr!"

„Wem sagst du das", murmelte Harry zurück.

„Flüstert ihr etwa?" erklang plötzlich eine helle Stimme neben Ron.

Beide Jungen zuckten zusammen. Es war Ginny. Sie grinste die beiden an und deutete mit viel sagendem Blick auf die Schar von Mädchen die den Sesseln von Ron und Harry immer näher rückten.

Harry fiel plötzlich etwas ein. „Ginny…warum fällst du nicht über Ron her?"

Seine Freundin sah ihn erschrocken an. „Harry! Er ist mein Bruder! Und du mein Freund!", fügte sie bitter hinzu.

„Ich weiß, ich weiß…" entgegnete Harry und ging auf ihren seltsamen Tonfall gar nicht ein. „Aber du bist ein Mädchen…und sogar die Professoren stehen auf ihn! Warum also…"

„Hermine ist auch ganz normal," unterbrach Ginny ihn jetzt. „Ich meine, natürlich ist sie in Ron verliebt…aber sie benimmt sich nicht besonders…extrem, versteht ihr, was ich meine?"

Harry kniff die Augen zusammen und dachte angestrengt nach.

„Vielleicht…" sagte er schließlich langsam, „Ich meine…könnte es sein, dass ihr nicht betroffen seid, weil ihr Ron ja schon vorher geliebt habt? Ich meine, du, Ginny, liebst ihn wie eine Schwester ihren Bruder nun mal liebt…und Hermine…naja, liebt ihn eben."

Ginny sah ihn an, die Lippen fest zusammengepresst. Etwas, das sie immer tat, wenn sie nachdachte. „Ja, das ist möglich. Ich denke…"

Doch Harry erfuhr es nie, denn in diesem Moment war Neville zu ihnen getreten. Er hatte die Fäuste geballt und sah ziemlich wütend aus.

„Neville, was…" setzte Ron an, doch der kleinere Junge fiel ihm ins Wort.

„Ich habe die ganze Zeit mit Brenda geredet, sie ist deinetwegen komplett durchgedreht. Ich weiß nicht genau, was passiert ist, aber ich habe das starke Bedürfnis dich zu schlagen."

Neville atmete dreimal tief durch, dann hatte er sich wohl entschieden, seinem Bedürfnis nicht nachzugehen. Er drehte sich auf dem Absatz um und verschwand in Richtung Schlafsaal.

Harry, Ron und Ginny waren völlig verblüfft. Was war da geschehen?

Schließlich sprang Ron auf. „Ich rede mit ihm. Im Schlafsaal ist es sowieso angenehmer. Weniger Mädchen."

Ginny erhob sich ebenfalls. „Ich glaube, ich gehe auch ins Bett. Mach dir keine Sorgen, das mit Ron kommt bestimmt wieder in Ordnung."

Sie küsste ihn kurz und verschwand. Harry blieb sitzen.

Was musste getan werden, damit diese Sache aufhörte? Ein Wort ausgesprochen werden, so wie bei  Hermine und ihm selbst? Etwas getan werden, so wie bei Ginny? Oder vielleicht musste Ron sich selbst etwas klar machen, so wie Kimi? Doch es hatte keinen Sinn, einfach auszuprobieren, die Möglichkeiten waren zu zahlreich.

„Harry?"

Er sah auf. Hermine stand neben ihm. Sie sah blass und besorgt aus. Stumm setzte sie sich ihm gegenüber. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie den ganzen Tag kaum gesprochen hatte. Er hatte sie gar nicht wahrgenommen, obwohl sie doch dieselben Fächer besucht hatte. Nicht einen Gedanken hatte er daran verschwendet, wie es ihr, als Rons Freundin, bei all dem Trubel gehen musste. Doch warum war sie den ganzen Tag nicht bei ihnen gewesen?

„Ich musste nachdenken", sagte Hermine leise, als hätte sie seine Gedanken gelesen. „Meine Eltern…ich habe solche Angst um sie. Ich darf keinen Kontakt mit ihnen aufnehmen, habe so lange nicht mit ihnen gesprochen. Sie sind doch Muggel! Und…s…sollten die Voldemort nicht eigentlich egal sein? Und dann die Sache mit Ron…die kreischenden Mädchen…Es hat einfach genervt."

„Bist du eifersüchtig?"

„Was? Nein!" lachte Hermine. „Ich meine, es ist eines dieser Dinge, wir können doch nichts machen und Ron kann überhaupt nichts dafür…und alle Mädchen auch nicht, sie stehen unter irgendeinem Zauber, den ich noch herausfinden muss. Das sind nicht sie, die Ron anmachen, sie können sich nicht kontrollieren…Ron will das alles gar nicht und ich sollte wirklich…"

Sie stockte, sah Harry mit großen Augen an, verzog verzweifelt das Gesicht.

Dann sagte sie: „Und obwohl ich das alles weiß, bin ich so verdammt eifersüchtig."

Sie lächelte verlegen, starrte auf ihre Füße und betrachtete ihre Fingernägel ganz genau.

„Ich…ich könnte jeder einzelnen von ihnen die Augen auskratzen! Wie sie kichern, wie sie ihn anstarren…wie sie versuchen, mit ihm zu flirten. Sie fassen ihn an, sie küssen ihn sogar! Und auch die Professoren…Wenn Justin mich heute nicht zurückgehalten hätte, wäre ich glatt auf Professor Sprout losgegangen! Ich wollte eine Lehrerin angreifen! Und das nur, weil sie Ron so angesehen hat…sie hat ihn mit ihren Blicken fast ausgezogen! Ach, verdammt! Ich hasse sie alle!"

Harry musste lächeln. Selten hatte er seine beste Freundin so wütend erlebt.

„Ach, Hermi, mach dir nichts daraus. Das ist eben Liebe. Schmerzhaft, ja, aber notwendig."

Sie schaute ihn überrascht an, protestierte nicht einmal, weil er sie Hermi genannt hatte. Doch plötzlich breitete sich ein Lächeln über ihr ganzes Gesicht aus.

Sie stand auf, gab ihm einen Kuss auf die Wange und sagte leise: „Irgendwie werden wir wohl alle erwachsen, heimlich, still und leise, und merken es nicht einmal."

Harry starrte ihr nachdenklich hinterher bis sie auf der Wendeltreppe in die Schlafsäle verschwand.

*

Als Harry am nächsten Morgen erwachte, stand die Sonne schon hoch am Himmel. Alle anderen waren schon wach und machten sich fertig. Harry hatte wirklich fest geschlafen. Ron stand mit sorgenvoller Miene vor dem Spiegel, betrachtete seine Statur und fuhr sich durch die Haare. Als er Harrys Blick bemerkte, grinste er verlegen.

„Am liebsten würde ich wieder ins Bett gehen. Aber naja…Ich muss eben versuchen, das Beste daraus zu machen!"

Harry antwortete nicht, er musste an Hermine denken.

Als sie zusammen den Gemeinschaftsraum betraten, kam Lavender ihnen entgegen gerannt. „Harry, gut, dass ich dich treffe! Hör mal, wenn wir heute noch ein, zwei Stunden an dem Stück arbeiten, können wir uns vielleicht auch noch heute an die Rollenverteilung machen. Da könnten Hermine und die anderen ja auch helfen."

Harry nickte. „Das wäre toll, aber wen willst du denn alles mit einbeziehen? Wir können ja nicht irgendwem eine Rolle aufdrücken und nachher will er sie gar nicht!"

Lavender zuckte mit den Schultern. „Nun ja…ich dachte eigentlich an alle Gryffindors. Wir sind so viele, dass auch Statisten noch gut vorhanden sind…und wenn wirklich alle mitmachen, können wir auch ganz einfach im Gemeinschaftsraum proben. Dann wäre das Problem auch erledigt."

Im nächsten Moment stieg sie auf einen Stuhl und rief: „Hey! Alle mal herhören! Wir haben da etwas vor…"

Sie erzählte in knappen Worten von Fudges Drohung und der Planung des Stücks. Lavender war eine recht gute Rednerin, am Ende jedenfalls war jeder einzelne Gryffindor überzeugt. Lavender zwinkerte Harry kurz zu, sprang vom Stuhl und verließ zusammen mit Parvati den Gemeinschaftsraum. Während der ganzen Zeit hatte sie Ron nicht eines Blickes gewürdigt.

Und wo Harry sich jetzt umguckte, fiel ihm auf, dass kein Mädchen Ron groß beachtete. Sie schwatzten in kleinen Grüppchen, lachten und erledigten noch schnell einige Hausaufgaben. Es war nicht wie gestern, wo alle nur Ron angestarrt, alle ihn umschwärmt hatten.

„Es scheint vorbei zu sein," murmelte Harry leise seinem Freund zu.

Ron nickte. Er sah erleichtert aus.

„Ja…nur Warum? Ich meine, wir haben doch nichts Besonderes gemacht, oder?"

Harry zuckte mit den Schultern. „Nicht, dass ich wüsste."

In diesem Moment stieß Hermine zu ihnen. Mit einem Blick schien sie die Situation erfasst zu haben.

„So…es ist also vorbei?"

Ron nickte und legte plötzlich den Arm um sie. „Naja…jemanden, der mich liebt gibt es bestimmt noch irgendwie…"

Hermine lächelte strahlend um umarmte ihn. „Ja…jemanden…"

Zusammen gingen sie zum Porträtloch, Harry folgte ihnen. Er musste lächeln.

Auf dem Weg in die Große Halle, sagte Hermine plötzlich: „Also…eins ist ja wohl inzwischen klar. Alles, was uns geschieht, hängt von Wünschen und Empfindungen ab. Ich…ich wollte nicht immer nur der Bücherwurm sein, wollte andere Talente haben. Harry…du hast dich wohl gefragt, wie es wäre, wenn du dein Heldenimage voll auslebtest. Naja und Ginny hatte das Gefühl, sie wäre für alle unsichtbar…was sie dann ja auch wurde. Kimi wollte tun, was sie mochte, wollte keine Prophezeiungen mehr…Ja, und du, Ron…Nun ja, ich denke du warst neidisch, weil Harry immer so viel Bewunderung erhält, du wolltest auch so umschwärmt sein…Naja, man sieht ja, was dabei herausgekommen ist."

Harry und Ron waren beide rot geworden als Hermine so offen darüber redete, was sie mit ihren Gefühlen ausgelöst hatten.

„Gut…" sagte Ron langsam. „Aber wie wurde die Sache heute beendet? Ich meine, bei dir war es vorbei als du Kürbissaft aussprachst…und ich denke, wir können davon ausgehen, dass dieses Wort keine tiefere Bedeutung hat…Ginny musste Harry Versager nennen…Kimi musste ihre Prophezeiungen akzeptieren…Und woran lag es noch bei Ginny?"

„Wir sind uns bis heute nicht ganz sicher," entgegnete Harry. „Entweder weil ich mit ihr endlich einmal über die Sache mit Tom Riddle gesprochen habe…oder weil ich sie zum Ball eingeladen habe."

Ron zog die Augenbrauen hoch. „Naja, ist doch egal. Aber was war heute? Das ist mir echt ein Rätsel."

Hermine hatte die ganze Zeit geschwiegen, sie starrte nachdenklich vor sich hin. Einen Finger an die Lippen gelegt und die Stirn gerunzelt, das war Hermines typische Denkerpose.

„Vielleicht denken wir einfach zu kompliziert?" sagte sie schließlich. „Die Lösung könnte recht simpel sein."

„Na?" entgegneten Harry und Ron wie aus einem Mund.

„Der Valentinstag ist vorbei," meinte Hermine schlicht. „Held für einen Tag, versteht ihr? Und nun ist alles wieder beim Alten."

Harry und Ron sahen sie mit zweifelnder Miene an. „Kann es so einfach sein?"

„Was im Leben ist schon einfach?" antwortete Hermine nur und betrat die Große Halle.

*

Am frühen Abend saß Harry mit Lavender, Ron, Hermine, Ginny und Kimi in der Bibliothek. Er und Lavender hatten es an diesem Nachmittag tatsächlich geschafft, das Stück zu Ende zu schreiben. Sie waren auch alles noch einmal durchgegangen und hatten das Gefühl, recht stolz sein zu können.

„Also, wir dachten uns, wir erzählen das ganze aus der Sicht einer alten Frau," erklärte Lavender gerade den anderen. „Die sitzt dann ganz vorne auf der Bühne, etwas abseits von den anderen, und berichtet. Sie erzählt in der Ich-Form…also praktisch die alte Frau, die Josephine nicht werden konnte."

„Das ist gut!" rief Hermine begeistert. „Praktisch wie eine Anklage."

Lavender nickte. „Naja, dann brauchen wir natürlich Dumbledore, Josys Freunde, die Slytherin-Gang, die Potter-Gang, Professoren, Schüler…also nicht wenige."

„Und, habt ihr schon Ideen für die Besetzung der Rollen?" fragte Ginny.

Harry und Lavender nickten synchron.

„Nun ja, für einige schon," meinte Lavender. „Das kam irgendwie beim Schreiben. Aber wir wollten das eigentlich mit euch zusammen besprechen."

Sie holte ein Stück Pergament hervor. „Also…Hermine, du könntest die alte Frau spielen."

Diese sog erschrocken die Luft ein. „Aber…ich kann doch gar nicht Theater spielen!"

„Blödsinn," erwiderte Harry trocken. „Du kannst das. Außerdem hat die alte Frau wohl den meisten Text und du kannst gut auswendig lernen."

„Außerdem," fuhr Lavender fort, „dachten wir uns, du könntest auch McGonagall spielen. Sie ist nur dann auf der Bühne, wenn die alte Frau nicht dort ist."

Hermine sah überrascht aus, doch sie sagte nichts mehr.

Jetzt wandte sich Harry an Ginny. „Ginny…Wie wär's? Du als Josephine?"

Ginny stieß einen leisen Schrei aus. „Oh nein! Ich würde sterben!"

„Tust du ja auch am Ende," grinste Lavender. „Komm schon, du wirst wunderbar sein. Außerdem kannst du singen."

Lavender ließ keine weitere Diskussion zu und Harry hörte einfach zu, was sie sagte. Er hätte nicht gedacht, dass sie eine solche Begeisterung für dieses Projekt entwickeln würde.

„Harry als James, nicht?" meinte Ron. „Das wäre der Wahnsinn!"

Doch zu Harrys Überraschung schüttelte Lavender den Kopf. Sie hatten gar nicht darüber gesprochen, wenn sie beide eigentlich spielten, doch er war einfach davon ausgegangen, dass es sein Vater sein würde, allein wegen der physischen Ähnlichkeit.

„Nein, ich denke, das wäre nicht gut," sagte Lavender. „Harry ist nicht sein Vater, das sollte jedem klar sein. Wenn einige, die Harry noch nie gesehen haben, ihn auf der Bühne sehen…Sie wären überzeugt, dass es James Potter sein müsse. Und das können wir niemandem antun. Eigentlich…nun ja, Harry, ich dachte, du übernimmst Professor Dumbledores Part."

Harry fiel die Kinnlade herunter. Damit hatte er nun überhaupt nicht gerechnet!

„Muss ich singen?"

Das war das erste, was ihm im Kopf herumging und er sprach es laut aus.

Lavender grinste. „Nur einmal, zusammen mit Ginny, das weißt du doch."

Harry schüttelte ungläubig den Kopf. Das konnte doch alles nicht wahr sein!

„Obwohl es eigentlich die männliche Hauptrolle wäre, kommt Dumbledore gar nicht so oft vor. Da Josephine ja eher Freunde in ihrem Alter hatte, gibt es da jemanden, der Dumbledore in der Beziehung übertrumpft. Und zwar Severus Snape."

Snape?!" rief Ron. „Urgh! Wieso das? Und überhaupt: Wer will den denn bitteschön spielen?!"

„Er war nun einmal ihr bester Freund," sagte Lavender. „Und wer Snape spielen soll…Wir hatten eigentlich an dich gedacht, Ron."

Harry hielt die Luft an. Wie würde Ron darauf nur reagieren…Er war ja selbst überrascht gewesen, als Lavender das erste Mal davon sprach…

WAS?!"

So einen Ausbruch hatte Harry ungefähr erwartet. Rons Ohren färbten sich dunkelrot und er kniff wütend die Lippen zusammen.

„Von allen Rollen müsst ihr ausgerechnet mir die des größten Schleimbeutels auf…Hey! Ihr habt wohl noch nie was von Anklopfen gehört, was?!"

Zwei kleine Jungen waren in ihrer Regalreihe aufgetaucht. Sie trugen beide ein Abzeichen mit einem bronzenen Adler auf blauem Grund.

„Wir wollten uns ein paar Bücher holen," erklärte der eine und wies mit einer seiner kleinen Hände auf die riesigen Regalreihen.

 „Über giftige Kräuter," ergänzte der andere.

„Ach, sieht das hier vielleicht aus wie ein Buchgeschäft?!" fauchte Ron und baute sich vor den Kleinen auf.

„Das ist die Schulbibliothek, Ron," warf Hermine trocken ein.

Ron zuckte nur mit den Schultern und schenkte den Kleinen einen weiteren drohenden Blick. Diese nahmen die Beine in die Hand und stürzten davon.

„Das ist eine der größten und tragendsten Rollen," meinte Lavender, als wären sie überhaupt nicht unterbrochen worden. „Josy und Snape streiten sich, vertragen sich…Eine lange Zeit hasst Josy ihn sogar. Das ist sehr spannend, weißt du!"

Ron grummelte irgendetwas in seinen Bart, doch es hörte sich ganz nach einem „Na, aber auf deine Verantwortung!" an.

„Kimi," sagte Harry jetzt und sah die Kleinste in der Runde an. Sie hatte sich bis jetzt zurückgehalten. „Wir dachten, du spielst Charis. Du kennst sie und weißt, wie sie ist, also wird es dir nicht besonders schwer fallen, oder?"

Kimi nickte und lächelte leicht. Seit sie ihren Wunsch, keine Visionen mehr zu erhalten, widerrufen hatte, waren diese heftiger als je zuvor. Doch das Kind klagte nicht.

„Ich hatte gehofft, dass es so kommt. Danke."

Sie diskutierten bald über diese, bald über jene Rolle, änderten Besetzungen und rauften sich die Haare. Es wurde immer später und bald würde die Bibliothek schließen. Schon seit einer halben Stunde diskutierten sie über die Besetzung von Emily, Sirius' Verlobter. Harry gab sich alle Mühe, vor Lavender nicht zu zeigen, wie viel ihm an Sirius Black lag und wie sehr er Emily Price deswegen verachtete.

„Ich weiß auch nicht," seufzte Lavender. „Mir fällt wirklich keine einzige Gryffindor ein, die dem, was wir uns vorstellen, auch nur im Entferntesten nahe kommt. Und Emily ist schon wichtig…von Anfang an bis schließlich zu ihrem Verrat. Aber mir fällt niemand ein!"

Alle saßen sie da und starrten vor sich hin. Ginny lutschte an ihrer Feder, Kimi rieb sich immer wieder die Augen. Hermine dachte scharf nach, man konnte es sehen, Ron saß im Yogasitz auf seinem Stuhl. Gerade wollte Harry vorschlagen, die Rolle der Emily doch erst einmal nach hinten zu verschieben und sich andere Besetzungen zu überlegen, als Lavender plötzlich hochschoss.

„Aber natürlich!"

Alle starrten sie ratlos an.

„Es muss ja gar keine Gryffindor sein! Warum bin ich nur nicht früher darauf gekommen!" ereiferte sich das Mädchen.

„Ähm...waren wir uns nicht einig, nur Gryffindors daran zu beteiligen, damit wir unseren Gemeinschaftsraum für die Proben nutzen können?" warf Ron vorsichtig ein.

Lavender nickte. „Ja, schon. Aber es gibt doch zwei Mädchen, die das Passwort für den Turm kennen und sich völlig legal bei uns aufhalten dürfen. Susan und Sally-Anne! Findet ihr nicht, dass Susan perfekt für die Besetzung der Emily wäre?"

Im ersten Moment wollte Harry nichts lieber als aufzuspringen und „Nein! Sie ist keine Verräterin!" zu schreien. Doch er atmete tief durch und besann sich. Ja, Lavender konnte Recht haben. Susan war eine wirklich gute Besetzung für Emily…Das würde passen. Gleichzeitig mit den anderen nickte er.

Die Diskussionen waren hiermit noch lange nicht zu Ende, doch als es schließlich elf schlug, hatten sie fast jede Rolle besetzt. Doch es gab ein Thema, eine Besetzung, das niemanden ansprechen wollte, ein jeder geflissentlich vermied.

Doch schließlich gab Harry sich einen Ruck und meinte leise: „So…und wer spielt Voldemort? Ihr wisst, dass wir nicht auf ihn verzichten können. Die Rolle ist notwendig."

Alles schwieg. Ja, darüber wollte keiner diskutieren. Wem konnten sie es denn zumuten, den Schrecken der Zaubererwelt, den Grausamsten aller Grausamen zu spielen?

„Wenn ihr nichts dagegen habt…dann würde ich das gerne machen."

Das war Lavenders Stimme. Sie klang verlegen, ihre Wangen färbten sich feuerrot.

„Wirklich?" sagte Harry leise.

Lavender nickte. „Ja. Ich weiß, dass wohl kaum ein anderer es machen würde…aber meine Eltern sind Muggel, ich kannte diesen Mann nicht, während andere ihn längst kannten. Für mich bleibt er ein Phantom…und ich hoffe, ich muss ihm nie begegnen. Doch ich denke, ich kann ihn spielen. Das ist die spannendste Rolle überhaupt, wisst ihr…es ist wirklich eine Herausforderung."

Alle schwiegen, doch es war ein zustimmendes Schweigen. Wenn Lavender es so wollte, dann sollte es so geschehen. Und sie würden sehen, was dabei herauskam.

*

Am nächsten Abend wollten Harry und die anderen die Rollenbesetzungen verkünden. Auch Susan und Sally-Anne waren anwesend, Harry hatte ihnen beiden Bescheid gesagt. Lavender, Ginny, Kimi, Harry, Ron und Hermine setzten sich in die Sessel am Feuer und drehten sich zu den anderen. Die Stimmung war angespannt, die anderen Gryffindors wussten ja nicht wirklich, was sie erwartete. Lavender begann zu reden, doch Harry hörte nur mit halbem Ohr zu. Konnten sie das alles wirklich so umsetzen, wie sie es sich vorstellten? Würde Fudge sie mitten in der Aufführung abbrechen lassen? Die Tatsache allein, dass sie es wagten, die Rolle von Voldemort zu besetzen, war schon skandalös genug. Der dunkle Lord in einem Theaterstück!

Jetzt verkündete Lavender die Rollenbesetzungen. Harry riss sich aus seinen Gedanken und lauschte.

„Also, Ginny Weasley wird Josephine spielen…und Harry Potter Albus Dumbledore."

Alles klatschte begeistert und Harry spürte, wie er rot anlief.

„Josephines vier beste Freundinnen sind natürlich auch sehr wichtig. Viola Weaver soll von Hillary Rufes gespielt werden, Carolina Hamillton von Chelsea Pandler, Charis Bellione von Kim Chang und Elizabeth Taler von Estella Stowe."

Vier überraschte Ausrufe waren zu hören. Harry grinste. Hillary und Chelsea passten wie die Faust aufs Auge, man würde ihr Aussehen gar nicht groß verändern müssen. Hillary hatte schon hellbraune Haare und Chelseas Locken mussten eben ein wenig geglättet werden. Estella war eine Drittklässlerin, sie war farbig, genau wie Elizabeth es gewesen war.

„Severus Snape, Josephines bester Freund, wird von Ron Weasley gespielt. Emily, eine Klassenkameradin von Josephine und später eine gute Freundin, wird von Susan Bones gespielt."

Harry sah, dass Susans Augen aufleuchteten. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet.

„Dann brauchen wir die ganze Slytherin-Gang. Ryan Lestrange wird von Daniel Goodman gespielt, Evan Rosier von Frederic Meyer, John Avery von Luke Williams, Andrew Tanner von Kevin Frease, Frank Wilkes von Robert Kacey, Bartemius Crouch von Gunther Lorrington und Liam Doyle, der übrigens Charis' Freund ist, von Parvati Patil."

Die meisten Mitglieder der Slytherin-Gang waren eher unwichtig, deshalb war der Tumult auch nicht so groß.

„Die anderen Mädchen aus Slytherin sind nicht so wichtig und kommen daher kaum vor. Wenn doch, dann entscheiden wir  spontan, wer den Part übernimmt. Also, weiter. Nicolas Keft wird von Seamus Finnigan gespielt, Adriana McKinnon von Helene Finnigan."

Nicolas Keft war ja nicht nur der Leiter der Schulband, sondern eben auch Violas Freund gewesen. Auch Harrys Eltern waren gut mit ihm befreundet gewesen, wie gut hatte er eigentlich erst durch das Denkarium erfahren. Adriana McKinnon hatte Josephine erst in der Phoenix-Truppe richtig kennen gelernt, doch kurze Zeit später war sie ermordet worden. Seamus und Helene schienen jedenfalls zufrieden.

„James Potter wird von Benjamin Keller gespielt, Lily Evans von April Lindley."

Nachdenklich starrte Harry Benjamin und April an. Benjamin ging in die siebte Klasse und hatte schwarze Locken. Er war sicherlich nicht schlecht. Auch April, deren schwarze Haare noch rot gefärbt werden mussten, war ganz passend. Und doch…es waren seine Eltern, dessen Rollen man hier besetzte!

„Sirius Black wird von Dean Thomas gespielt!"

„Wow!" staunte Dean. „Ich darf einen Massenmörder spielen!"

Harry ballte die Fäuste.

„Remus Lupin wird von Sally-Anne Perks gespielt und Peter Pettigrew von Neville Longbottom!"

Sally-Anne und Neville strahlten. Sally-Anne hatte kurze, hellbraune Haare und war sehr blass. Sie passte sehr gut auf die Rolle von Lupin. Und Neville…Harry behagte es gar nicht, dass ausgerechnet er die Rolle des Verräters bekommen hatte. Als er Pettigrew noch nicht gekannt hatte und überzeugt war, dass dieser ein hilfloses Opfer gewesen war, hatte er sich ihn wie Neville vorgestellt. Und nun? Neville sollte Pettigrew nicht spielen, nicht er. Lange hatte er mit den anderen darüber diskutiert, doch weil Lavender ja dabei gewesen war, hatten sie nicht offen reden können. Am Ende hatte er schließlich eingewilligt.

„Professor McGonagall und die alte Frau, die die ganze Geschichte erzählt, werden von Hermine Granger gespielt!"

Harry klatschte laut und Hermine lächelte ihn an.

„Und ich…" sagte Lavender mit fester Stimme, „Ich werde Ihr-wisst-schon-wen spielen."

Für einen Moment war es ganz still, jeder im Raum starrte auf Lavender. Dann begannen alle Gryffindors leise zu reden, ein unheilvolles Wispern breitete sich im Raum aus. Harry hatte mit so einer Reaktion gerechnet.

„Einer muss diese Rolle übernehmen, denn ohne sie wäre das Stück nicht ehrlich," sagte jetzt Hermine. „Also bewundert Lavender dafür, dass sie bereit ist, diesen Part zu übernehmen."

Das Wispern erstarb.

Lavender lächelte leicht. „Also, die Proben können beginnen. Wir haben viel zu tun."