Es tut mir leid, es tut mir leid…Es tut mir so leid…es hat wirklich ewig gedauert. Ich hatte so viele Klausuren, Musicalaufführungen mit meiner AG (beim ersten deutschen Musical-Festival, wenn das zu meiner Verteidigung beiträgt…) und dazu noch ne Schreibblockade…es kam also alles zusammen. Naja, jetzt sind ja bald Ferien.

Jaja, nun geht es also los mit den Proben…hüstel Mal sehen, wie das wird.

Mal eine Frage: Denkt ihr, die Hauptfiguren sind OOC? Ich meine, ich habe schon oft gehört, dass Sirius total OOC ist…aber das lässt sich jetzt auch nicht mehr ändern. Ich habe kurz nach dem Erscheinen von Buch 4 mit der „Phoenixfeder" angefangen und habe ihn einfach so weiterentwickelt, wie es mir schlüssig schien. Naja, dann kam Buch 5 raus und er war völlig anders…aber nun ist es zu spät. Egal, ich mag ihn so wie ich ihn dargestellt habe und ich hoffe, euch stört es auch nicht.

Und noch ne andere Frage: Was haltet ihr von Susan? So als Person?

Cathidy Nein, der Titel hat auch nichts damit zu tun, dass elf „Wunder" geschehen…Lass dich überraschen! Danke fürs Reviewn!

Livcx Ja, das habe ich mir auch gedacht…Lavender als Voldy…g Danke fürs Reviewn!

auxia Hat wirklich lange gedauert, ich weiß…heul Danke fürs Reviewn!

hapooh Ich finde, Ron kommt in fast jeder FF ein bisschen zu kurz…Das wollte ich ändern. Danke fürs Reviewn!

Arura Ich fand irgendwie auch, dass Ron als Snape passen würde…wir müssen nur noch sein Aussehen etwas verändern… Danke fürs Reviewn!

Kadd Vielen Dank fürs Lob! Und Danke fürs Reviewn!

Eile Naja, Fudge werde ich wohl nicht so bald feuern…ggg Harry = beziehungsunfähig? Das kannst du laut sagen! Und Cara…jaja, die is schon komisch… Danke fürs Reviewn!

Brisana-Brownie Vielen Dank! strahl Und Danke fürs Reviewn!

laser-jet Dankeschön! Und Danke fürs Reviewn!

So, das war es erstmal. Bis dann, ich hoffe, das nächste Update geht schneller…

Disclaimer: Dieses ganze Universum gehört Joanne Kathleen Rowling, ich leihe mir die Charaktere und die Umgebung nur. Bei dieser FF muss außerdem mit Buffy-Zitaten oder ähnlichem gerechnet werden, die werde ich aber nicht jedesmal extra rausschreiben. Buffy gehört natürlich Joss Whedon verehr

                                  

Anna Moonlight

The Sound of Silence

„Nein, Susan, du darfst nur so tun als ob du Dean in die Brust trittst!" schrie Lavender. „Wir wollen hier keine Verletzungen!"

Harry sah, wie Susan stehen blieb und Lavender verlegen anlächelte. Das blonde Haar klebte an ihrem verschwitzten Gesicht.

„Wir machen eine Pause!" rief Lavender und kam zu Harry. „Meine Güte, wir arbeiten schon über zwei Stunden an dieser blöden Prügelei."

„Naja, die ist aber wichtig", erwiderte Harry. „Das ist schließlich die erste richtige Szene, außerdem zeigt es die Gruppen, Gryffindor gegen Slytherin."

In diesem Moment stieß Ginny zu ihnen, auch sie schien völlig erschöpft. „Puh, das ist besser als jedes Quidditchtraining!"

„Nun, Jack ist ja auch kein leichter Gegner," lächelte Lavender. „Ich denke, er ist wirklich der Richtige für die Rolle deines Vaters, Harry."

Harry nickte nur. Er musste sich erst an den Gedanken gewöhnen, dass jemand seine Eltern spielen sollte.

„Du hast es gut", murmelte Ginny und lehnte sich an ihn. „Du musst nicht mitkämpfen."

Harry grinste nur, dann ging er zu Susan hinüber. Sie lehnte an der Wand und trank aus einer Flasche Wasser. Adam lag auf einer Decke zu ihren Füßen.

„Hey", sagte Harry und lächelte. „Du steigerst dich ja richtig in die Rolle der Emily hinein."

Susan wurde etwas rot. „Naja…aber hast du Dean gesehen? Er war richtig aggressiv! Und dann dieser verschlagene Blick…"

„Er spielt seine Rolle", entgegnete Harry und senkte die Stimme. „Und er denkt, dass Sirius ein Mörder ist."

Susan zuckte mit den Schultern. „Ja, aber selbst wenn er einer gewesen wäre…Damals waren sie alle gerade zwölf. So boshaft, wie Dean es darstellt, ist kein Kind."

Harry nahm ihr die Wasserflasche ab und trank einen Schluck. „Wir müssen ihm das sagen. Ich meine, du spielst doch auch Emily…und sie war eine Verräterin. Aber du stellst sie trotzdem nicht so dar."

Susan schnappte sich wieder die Flasche und sah ihn mit ihren hellgrauen Augen genau an. „Emily war nun mal eine Freundin von Josephine und die Verlobte deines Paten. Wir wissen nicht, was in ihr vorging und wann sie auf die Dunkle Seite gewechselt ist. Aus dem Denkarium wird das auch nicht deutlich. Also spiele ich sie so, wie ich sie mir vorstelle. Und Dean tut dasselbe. Auch wenn es eine falsche Vorstellung ist."

Harry nickte und strich Adam kurz über die Stirn. Der grunzte im Schlaf. Harry und Susan mussten lachen und Harry lächelte immer noch, als er sich wieder zu Ginny gesellte. Lavender stand etwas abseits und sprach mit Parvati.

„Worüber habt ihr gesprochen?" fragte Ginny.

Irgendwie sah sie wütend aus.

„Naja, Dean spielt Sirius zu aggressiv", murmelte Harry. „Er sieht im zwölfjährigen Sirius schon den scheinbaren Massenmörder und das darf er nicht."

„Er hat nun einmal diese verkehrte Vorstellung", seufzte Ginny.

„Ja, das hat Susan auch gesagt", sagte Harry und sah kurz zu der Blonden hinüber.

Ginny starrte ihn an, in ihrem Blick lag Entsetzen. „Bitte? Soll das heißen, du hast ihr von Sirius' Unschuld erzählt?!"

Harry nickte. „Ja, das ist schon etwas her."

„Bist du verrückt geworden?!" zischte Ginny, ihre braunen Augen verengten sich bedrohlich. „Wem willst du es denn noch alles erzählen? Vielleicht der kleinen Anna Fudge?!"

Harry schaute sich verblüfft an. Was war denn in Ginny gefahren?

„Je mehr Bescheid wissen, desto größer wird doch die Gefahr für Sirius!" wütete seine Freundin weiter. „Willst du wirklich riskieren, dass er zurück nach Askaban kommt, nur um Susan zu beeindrucken?!"

„Entschuldige mal!" flüsterte Harry zornig. „Ich würde Sirius nie in Gefahr bringen, das weißt du! Wenn man ihn wieder nach Askaban verfrachten würde, dann…dann…"

Doch er brachte den Satz nicht zu Ende, wusste nicht, wie. Sirius in Askaban…darüber wollte er nicht nachdenken, das war sein ganz persönlicher Albtraum.

„Und ich habe es Susan bestimmt nicht erzählt, um sie zu beeindrucken!" fuhr er fort. „Es hat sich so ergeben! Wir haben geredet und es war nötig, sonst hätte ich gelogen."

„Ihr habt geredet?"

„Ja, geredet!" fauchte Harry. „Denn man kann wirklich gut mit ihr reden!"

„ACH JA?" Jetzt schrie Ginny. „Du redest lieber mit ihr als mit deiner eigenen Freundin?! Sag mir wann wir das letzte Mal geredet haben, Harry!"

„Bist du etwa eifersüchtig?"

„Oh nein, sicher nicht! Du bist so ein verdammter Idiot, Harry Potter!"

Mit diesen Worten stapfte sie zur anderen Seite des Raumes. Es war ganz still, alle sahen Harry und Ginny an.

„Ähm…" meldete sich Lavender zu Wort. „Lasst uns weitermachen. Jetzt alle. Ich nenne euch noch einmal die Paare…also, Josy gegen James, Viola gegen Lily, Charis gegen Remus, Carolina gegen Peter, Emily gegen Sirius. Der Rest sucht sich einfach irgendwen, wir haben euch ja schon in Gryffindors und Slytherins aufgeteilt."

Wenige Sekunden später begann die Prügelei und obwohl viele Gryffindors die Sicht versperrten, konnte Harry doch erkennen, dass es diesmal nicht Ginny war, die bei der Prügelei zwischen Josephine und James unterlag.

Die Tage verstrichen und die Temperaturen stiegen weiter an. Schon jetzt konnte man das Schloss leicht bekleidet verlassen, dabei war es gerade März.

Harry saß mit Ron und Hermine am Tisch der Gryffindors und aß Cornflakes. Ron und Hermine teilten sich einen Toast und wirkten sehr glücklich.

„Harry, müssten wir nicht bald wieder ein Training ansetzen?" fragte Ron mit vollem Mund. „Wird allmählich Zeit."

Harry nickte verlegen. Er hatte sein Quidditchteam in letzter Zeit wirklich vernachlässigt, dabei mussten sie nächste Woche schon gegen Hufflepuff spielen!

„Ich werde gleich morgen ein langes Training ansetzen", versprach er. „Am besten gegen Abend, da finden keine Proben statt."

In diesem Moment ertönte ein Rauschen, die Posteulen flogen herein. Harry sah Hedwig schon von weitem, ihr schneeweißes Fell fiel auf. Vorsichtig nahm er ihr den Brief ab und überließ der Eule seine Cornflakes.

Der Brief war von Cho.

Lieber Harry,

nun sind es nur noch vier Monate, bis ich meine Abschlussprüfungen schreiben werde und ich habe nicht die leiseste Ahnung, was ich dann tun soll. Wusstest du, dass ich immer Fotografin werden wollte? Nun ja, aber in diesen Zeiten kommt es mir so unsinnig vor. Lohnt es sich denn überhaupt, etwas auf Bildern festhalten, wo alles, was ich um mich sehe, Krieg ist? Du-weißt-schon-wer wird immer stärker, selbst unsere Professoren können ihre Panik nicht mehr verbergen. (Sicher hast bereits gehört, dass der Dunkle Lord sich seit nunmehr drei Monaten in Frankreich aufhält? Seit Durmstrang gefallen ist.) Wir alle wissen, dass er da ist, doch wo…Die Aurori werden ihn nicht finden, das ist völlig unmöglich.

Umso glücklicher bin ich, dass ich meine kleine Schwester in deiner Nähe weiß. Sag mir, hat sie noch immer dieselben Visionen? Denn es hat nicht aufgehört, nicht hier in Frankreich. Gräueltaten mit abgerissenen Ohren. Ich bete, dass Kimi dies nicht jeden Tag vor sich sieht. Es geht ihr doch gut? Oh, Harry, wenn Kimi etwas zustöße, könnte ich mir das nie verzeihen. Sollten ältere Schwestern nicht dazu bestimmt sein, auf die kleineren aufzupassen? Du magst dies nicht so sehen, doch in Japan, meiner Heimat, werden solche Dinge sehr viel ernster behandelt. Bitte, lass nicht zu, dass ihr etwas geschieht. Du musst für sie da sein, weil ich es nicht kann. Und achte auf dich selbst, genauso wie auf Ron, Hermine und Ginny.

Erzählte ich dir von meiner Freundin Aliyah? Ich habe schreckliche Angst um sie. Immer noch ist sie spurlos verschwunden. Man vermutet, dass sie Du-weißt-schon-wem in die Hände gefallen ist…

Ich bete, dass es euch allen gut geht.

Alles erdenklich Liebe,

Cho

Harry sah nachdenklich auf das Pergament in seiner Hand. Cho hörte sich wirklich verzweifelt an…

War die Situation in Frankreich denn so anders als hier? Denn in letzter Zeit war es in Großbritannien erschreckend ruhig gewesen, es war, als hätten Voldemort und seine Gefolgsleute nicht existiert. Nur durch Kimis Visionen wurde man daran erinnert, dass nichts in Ordnung war. Die Visionen mit den abgerissenen Ohren kamen wieder häufiger, Kimi sah kaum noch andere Dinge. Doch so sehr Voldemort in Frankreich zu wüten schien, Großbritannien blieb unversehrt. Es wirkte wie die berüchtigte Ruhe vor dem Sturm.

„Was schreibt Cho?" wollte Ron wissen.

Harry reichte ihm den Brief und starrte weiterhin nachdenklich vor sich hin. War Cho in Gefahr? Konnte er zulassen, dass sie, die ihm im Laufe des letzten Jahres so wichtig geworden war, in Frankreich blieb, wo Voldemort sich dort ganz offensichtlich aufhielt?

In diesem Moment betrat Ginny die Große Halle. Sie sah müde aus, Lavender hatte gestern noch lange mit ihr und Ron geprobt, da es einige Szenen gab, in denen nur Josy und Snape vorkamen.

Harry öffnete den Mund, wollte sie begrüßen – doch er brachte nicht einen Ton heraus. 

Es war als stecke ihm etwas im Hals, das ihn daran hinderte, Worte über seine Lippen kommen zu lassen. Verzweifelt mühte Harry sich ab, wollte nur ein Wort, ein kleines Wort, hervorbringen…doch so sehr er auch hoffte, seine Kehle war wie zugeschnürt. Er sah zu Ginny. Sie hatte eine Hand an den Hals gepresst, ihre Augen waren weit aufgerissen. Sie öffnete und schloss den Mund, hatte verblüffende Ähnlichkeit mit einem Fisch auf dem Trockenen.

„Harry, Ginny, was ist los mit euch?" fragte er Hermine erschrocken.

Harry sah seine beste Freundin an und sagte: „Ich kann nicht reden. Es ist, als wäre…"

Doch im selben Moment wurde ihm klar, dass er sehr wohl reden konnte – mit Hermine.

Ginny schien zu begreifen und sagte: „Hermine? Ich kann mit dir reden…aber nicht mit Harry."

Harry sah Ron an und sagte: „Ron?"

Als er sah, dass er auch mit Ron reden konnte, ging er auf Seamus zu, der neben seinem Freund saß. „Seamus?"

Harry sprach fast den ganzen Gryffindortisch und Ginny tat dasselbe. Nach einer Weile war klar: Ginny und Harry konnte mit jedem anderen ganz normal reden, hatten keine Schwierigkeiten – nur sie beide konnten nicht miteinander sprechen.

„Was hat das zu bedeuten?" wisperte Hermine.

Harry zuckte nur mit den Achseln. „Ist das denn nicht klar? Es wird mal wieder Zeit."

„Ach, ja, natürlich, " murmelten die anderen im Chor.

Es war schon seltsam, wie selbstverständlich sie alle inzwischen damit umgehen konnten, dass sie ungefähr alle vier Wochen von irgendwelchen ominösen Phänomenen heimgesucht wurden. Es bedeutete immer eine Zeit voller Rätselraten, Angst und Zweifeln – doch manchmal auch voller Lachen.

„Hermine, würdest du Ginny bitte fragen, ob sie eine Idee hat, durch was für einen Auslöser dies passiert sein könnte?" meinte Harry.

„Hermine, sag Harry bitte, dass ich nicht die leiseste Ahnung habe", erwiderte Ginny.

Auf diese Weise kommunizierten sie die ganze Zeit während sie frühstückten.

In den ersten beiden Stunden hatten die Sechstklässler aus Gryffindor Kräuterkunde, zusammen mit den Hufflepuffs. Harry verließ gerade die Große Halle, Adam tapste ihm hinterher, als Susan ihn einholte. Sie sah besorgt aus, doch er hatte ihr so viel zu erzählen, dass er gar nicht darauf einging.

„Hey, Susan! Stell dir vor, Adams Hufe haben sich heute Morgen endlich rot verfärbt. Das wurde ja auch Zeit, Esmeralda Ernestine hat ihre grünen Hufen schon seit einer Woche! Außerdem fängt Adam, kleine Brüllgeräusche von sich zu geben. Klingt schon richtig beeindruckend!"

 Adam war wirklich sehr viel gewachsen. Er war jetzt bereits sieben Monate alt, das entsprach einem Kind von zehn Jahren. Mit zehn Monaten würde das Tier völlig ausgewachsen sein. Adams Aussehen hatte sich ebenfalls sehr verändert. Das Tier ging auf zwei Beinen, an dessen Ende sich zwei, nun rötlich schimmernde, Hufen befanden. Adams Fell war hellbraun und noch sehr flauschig. Sein ganzer Körper war damit bedeckt, nur ein paar rot glühende Augen und ein sehr großes Maul schauten hervor. Seine Ohren waren kreisrund und etwa so groß wie ein Fußball. Das Tier ging Harry inzwischen bis zur Brust und er konnte sich unmöglich vorstellen, wie man darauf reiten sollte. Doch Professor Focks hatte ihnen erzählt, dass die Ghafs mit zehn Monaten einen riesigen Wachstumsschub machten.

Adam benahm sich wirklich wie ein Kleinkind. Er wollte in den Schlaf gesungen werden, man musste bei ihm bleiben, bis er eingeschlafen war. Er rannte Harry auf Schritt und Tritt hinterher und fing an zu winseln, wenn er Susan nur von weitem erblickte. Dann stürzte er sich auf sie und warf sie meist fast zu Boden vor Freude. Auch jetzt hielt sie ihn fest und konnte sich mit Mühe und Not auf den Beinen halten.

„Adam…ist ja gut…braver Junge…argh…" keuchte Susan. Dann sah sie Harry an und fragte mit ernster Miene: „Wie geht es dir?"

„Gut", erwiderte Harry. „Obwohl, nun ja, heute ist wieder eines dieser…Dinge geschehen…"

Und er berichtete ihr, was gerade am Tisch der Gryffindors passiert war. Sie sah ihn zwar an und machte den Eindruck, als höre sie zu – doch mit den Gedanken schien sie ganz weit weg zu sein.

„Susan, ist mit dir alles in Ordnung?" fügte Harry hinzu, als er seine Erzählung beendet hatte.

Sie starrte ihn mit großen verständnislosen Augen an. „Hast du den Tagespropheten heute Morgen noch nicht gelesen?"

Als er verneinte, wurde sie blass. „Oh, Harry…Ich…ich sollte nicht diejenige sein, die es dir sagt…"

Ein unheilvolles Gefühl überkam Harry, ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. Was war geschehen? Warum war Susan so blass?

Arabellas Großnichte öffnete ihre Schultasche und holte den Tagespropheten heraus. Ihre Hände zitterten und sie vermied es, Harry anzusehen. Stumm schlug sie die Titelseite auf und gab Harry die Zeitung. Die Schlagzeile schlug ihm entgegen wie eine Faust in seinen Magen.

Endlich! Sirius Black gefangen und vom Dementor geküsst!

Die Zeitung fiel zu Boden. Für einen Moment sah Harry nichts als eine wabernde Schwärze. Später konnte er nicht mehr sagen, was eigentlich genau passiert war, ob er geschrien hatte…

Einige Minuten später wachte er jedenfalls aus einer Art Trance auf und merkte, dass er rannte. Er befand sich auf den Ländereien, praktisch in der hintersten Ecke. Vor ihm ragte die Peitschende Weide empor. Susan war nirgends zu sehen. Harry ließ nicht zu, dass die Gedanken über das, was er soeben erfahren hatte, an ihn herankamen. Völlig mechanisch hob er einen Zweig auf, berührte den Knoten und die Weide erstarrte. Harry kletterte in den Geheimgang und machte sich auf in Richtung Heulende Hütte. Er setzte einen Fuß vor den anderen, konzentrierte sich ganz auf sein Ziel und verbot sich selbst, auch nur an irgendetwas zu denken. Vor seinen Augen flackerte es und das Atmen fiel ihm schwer.

In der Hütte angekommen ging er sofort in die oberen Räume, erblickte das alte, verstaubte Himmelbett, setzte sich und schloss die Augen. Gedanken, Erinnerungen, alles brach über Harry herein.

Sirius.

Das war doch nicht möglich! Sein Pate konnte nicht…er konnte nicht…

Sirius. Vom Dementor geküsst.

Und nun schrie Harry. Er schrie verzweifelt, hoffnungslos, zornig, erschöpft, bekam kaum Luft und glaubte seine Brust müsse bersten vor Schmerz…

Jetzt konnte Harry weinen. Er schluchzte in seine Hände, sein ganzer Körper zitterte und doch wurde der eigentliche Schmerz nicht weniger.

Warum Sirius? Warum von allen Menschen gerade Sirius?

Harry weinte und weinte, verlor jegliches Zeitgefühl. Bilder zogen vor seinem inneren Auge hin und her, Bilder von seinem Paten. Sirius, wie er ihn das erste Mal gesehen hatte, in der Heulenden Hütte. Sirius, wie er auf Seidenschnabels Rücken davonflog. Sirius, wie er ihm im Krankenflügel die Hand drückte und versprach, dass sie sich bald wieder sehen würden. Sirius, wie er ihn von den Dursleys abholte. Sirius, wie er sie mit Snape zusammen alle rettete. Sirius, wie er ihn vom Hof der Weasleys ins Haus trug. Sirius…

Und es schmerzte unerträglich.

Irgendwann, Harry lag auf dem Bett, hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte in die Luft, obwohl er eigentlich rein gar nichts wahr nahm, erklangen Schritte. Harry weinte nicht, er hatte keine Tränen mehr.

Die Tür sprang auf und Remus Lupin stürzte in den Raum. Er sah blass aus, hatte dunkle Augenringe und atmete schwer. Harry fühlte sich schmerzhaft an einen Tag vor ungefähr drei Jahren erinnert, als Lupin ebenso blass und aufgeregt hier hineingestürzt war, das erste Mal seit zwölf Jahren an Sirius' Schuld gezweifelt hatte…

„Harry!" rief Lupin.

Er ging auf den Jungen zu, sah ihn aufmerksam an und setzte sich neben ihn. Harry starrte zu Boden. Er konnte Sirius' alten Freund jetzt nicht ansehen.

„Harry, hör mir zu", sagte Lupin, fasste unter Harrys Kinn und zwang den Jungen, ihm in die Augen zu schauen. „Du musst dich beruhigen. Es ist alles nicht so, wie es scheint. Sirius lebt, ist im vollen Besitz seiner Seele und wird bald hier eintreffen."

Harry sah ihn an. Er öffnete den Mund, schloss ihn wieder. Er starrte in Lupins braune Augen und eine schreckliche, alles übertünchende Wut überkam ihn. Wie konnte er nur? Wie konnte er Harry jetzt anlügen? Sirius war tot, nein, schlimmer noch…es hatte doch alles in der Zeitung gestanden!

„HÖREN SIE AUF!" brüllte Harry, sprang auf und ballte die Fäuste. „Wie können Sie es wagen…Gerade Sie! Sie, wo Sie Sirius für schuldig hielten, obwohl er Ihr Freund war! Sie hätten doch wissen müssen, dass er zu so etwas nie im Stande gewesen wäre, nie! Sie hätten ihm vertrauen müssen…Wäre mein Dad an Ihrer Stelle gewesen, er hätte ihm geglaubt! Weil er ihm blind vertraut hat…es hat wohl seinen Grund, warum Sirius sein bester Freund war und nicht Sie! Sie…Sie können nicht verstehen, wie ich mich fühle, Sie brauchen es gar nicht erst zu versuchen! Er hat mich verstanden wie niemand sonst es konnte...Streichen Sie Pate und ersetzten Sie es durch Dad…d…denn nichts anderes war er für mich!"

Jetzt weinte Harry. Laut schluchzend klammerte er sich am Türrahmen fest. Er wusste, dass er Lupin verletzt hatte, wusste, dass seine Worte ungerecht gewesen waren…doch es kümmerte ihn nicht. Er wollte diesen Mann verletzten, ihn, dem soviel Zeit mit Sirius vergönnt gewesen war, während Harry selbst nur so wenig gehabt hatte.

„Sirius wollte in deiner Nähe sein. Er machte sich Sorgen, " sagte Lupin jetzt. Er klang ganz gelassen, nichts deutete darauf hin, dass Harry ihn getroffen hatte. „Doch ungesehen nach Großbritannien zu kommen, egal auf welchem Wege, ist in diesen Zeiten und mit seinem Ruf schlichtweg unmöglich. Also beschloss er, seine eigene Verhaftung vorzutäuschen. Ein Todesser, den er zusammen mit Nicolas gefangen genommen hatte, nahm den Vielsafttrank ein und ist somit nun seiner Seele beraubt. Sirius schickte mir sofort eine Nachricht, wagte jedoch nicht, dich zu informieren, wegen Fudges strenger Kontrollen. Merlin sei Dank, ich las seinen Brief, bevor der Tagesprophet mich erreichte. Sirius wird jeden Moment hier sein, Harry."

Harry hatte sich während Lupins Erzählung so fest auf die Lippe gebissen, dass sie zu bluten begann. Aus zusammengekniffenen Augen schaute er auf Lupin.

„Sie lügen!"

Lupin ließ keinerlei Gefühlsregungen anmerken. „Nichts läge mir ferner."

Harry ließ sich wieder auf das Bett sinken. Was, wenn sein ehemaliger Lehrer Recht hatte? Was…was, wenn sein Pate noch lebte? Hoffnung durchflutete ihn wie die Zusiechnahme eines heißen Getränks, er konnte es nicht verhindern. Sirius am Leben…und in seiner Nähe…war das denn möglich?

Harry konnte später nicht mehr sagen, wie lange Lupin und er dagesessen, geschwiegen und auf die gegenüberliegende Wand gestarrt hatten. Irgendwann schließlich erklangen leise Schritte, die die Treppe emporstiegen. Harry saß da wie erstarrt, konnte sich nicht um einen Millimeter bewegen. Er kannte diese Schritte…denn es waren keine menschlichen. Es waren Tatzen, Hundetatzen.

Die Tür schwang auf und ein großer, schwarzer Hund kam in den Raum, der sich jedoch augenblicklich in einen Menschen zurückverwandelte.

Sirius.

Da stand er, die schwarzen Roben etwas zerknittert, das schwarze Haar zurück gebunden. Er schien Lupin gar nicht wahr zu nehmen, sein Blick galt nur Harry. Und Harry saß da, sah ihn an und wusste gar nichts mehr. Vor kurzem hatte er gedacht, sein Pate sei tot…und nun stand er hier, so nah wie seit Monaten nicht mehr…Und er lebte…

Sirius lebte.

Und plötzlich war es Harry wieder möglich, sich zu bewegen. Er sprang auf, stürzte auf Sirius zu und fiel ihm in die Arme. Harry presste sein Gesicht an Sirius' Brust und schloss kurz die Augen. Sirius sagte nichts, er hatte die Arme so fest um seinen Patensohn geschlungen als brauche er irgendetwas, an dem er festhalten konnte um nicht zu fallen. Harry spürte, dass er die nun wieder aufsteigenden  Tränen nicht länger zurückhalten konnte. So ließ er sie fließen, erleichtert und bestürzt zugleich.

Nach einer Weile hob er schließlich den Kopf, sah seinen Patenonkel an und lächelte etwas kläglich. Sirius sah blass aus und seine geröteten Augen ließen darauf schließen, dass er ebenfalls überglücklich war, wieder mit seinem Patensohn vereint zu sein.

„Es tut mir leid", sagte Sirius jetzt. „Es tut mir so leid, dass ich dir nicht Bescheid sagen konnte. Ich hatte gehofft, Remus erreicht dich, bevor du eine Zeitung aufschlägst…"

Er brach ab. Erst jetzt realisierte Harry, wie erschöpft sein Pate eigentlich aussah. Das Gesicht unglaublich blass, tiefe Augenringe, eine Art Schleier über den Augen.

Harry umarmte Sirius noch fester. „Es ist gut, dass du da bist."

Sirius, Harry und Lupin verbrachten noch eine lange Zeit in der Heulenden Hütte. Sirius erzählte von Amerika, Harry berichtete, was sich in der Zwischenzeit alles ereignet hatte…Und wenn er ganz ehrlich war, gefiel ihm der Gedanke, Sirius wieder aus den Augen lassen zu müssen, selbst wenn er in Großbritannien blieb, ganz und gar nicht. Zu groß war die Angst, seinem Paten könnte etwas zustoßen.

Sirius würde in der nächsten Zeit bei Lupin wohnen, die Höhle in Hogsmeade war für längere Zeit doch etwas unsicher. Außerdem hatte der ehemalige Professor darauf bestanden.

Nun ging Harry über die Ländereien, Pflege magischer Geschöpfe fand wie immer vor dem Waldrand statt. Nachdenklich starrte er auf seine Schuhspitzen, dachte über alles nach, was Sirius soeben gesagt hatte. Gab es denn überhaupt noch die geringste Chance, Viola zu finden? Nicolas Keft suchte zwar weiter, doch die Hoffnung schwand mit jedem weiteren Tag. Harry hatte Sirius und Lupin auch von dem Musical erzählt, dessen Premiere immer näher rückte, obwohl sie doch erst so wenig konnten. Die beiden Männer schienen begeistert und Sirius versprach, dass es ihm auf irgendeine Weise möglich sein würde, sich die Sache anzusehen.

„Harry! Oh, Harry!"

Er sah auf. Susan stürzte auf ihn zu. Sie sah sehr blass aus, es schien, als hätte sie geweint.

„Es tut mir so leid! Ich hätte nicht diejenige sein sollen, die dir dies mitteilen musste…und dann bist du so schnell weggelaufen und ich konnte nicht so schnell hinterher…u…und dann warst du weg…und ich hab dich überall gesucht, aber du warst weg und…"

Sie schien fürchterlich durcheinander und redete in einer atemberaubenden Geschwindigkeit.

„Susan!" versuchte Harry ihren Redefluss zu stoppen. „Susan! Bitte, hör mir…Susannah!"

Dies zeigte letztendlich Wirkung.       Susan schwieg. Leise begann Harry zu erklären, was soeben in der Heulenden Hütte geschehen war. Susan konnte es kaum glauben, doch als Harry schließlich geendet hatte, schien sie sehr erleichtert. Gemeinsam machten sie sich auf den Weg zum Unterricht.

„Wo hast du eigentlich Adam gelassen?" fragte Harry, dem plötzlich aufgefallen war, dass der Ghaf Susan nicht wie sonst auf dem Fuße folgte.

„Als ich nach dir gesucht habe, kamen Neville und Sally-Anne vorbei, denen habe ich Adam mitgegeben," erklärte das blonde Mädchen.

„Hat er…" setzte Harry gerade an, als er durch einen lauten Schrei, der von mehreren Personen herrühren musste, unterbrochen wurde.

„HARRY!"

Er wandte sich um und sah, dass Ron, Hermine, Ginny, Kimi und Brenda in vollem Galopp auf ihn zu rannten. Sie alle sahen traurig und verzweifelt aus…Sie alle wussten, dass Sirius unschuldig war…

„Oh, Gott!" Hermine fiel ihm um den Hals und begann zu weinen. Sie schluchzte so sehr, dass ihr ganzer Körper bebte. Ginny stand nur da, stumme Tränen flossen über ihre Wangen. Sie konnte nicht mit Harry sprechen, doch das war auch nicht nötig. Ihr Blick sagte so viel mehr als Worte es konnten. Brenda sah sehr traurig aus, sie hatte den Arm um Kimi gelegt. Eine einzelne Träne perlte über das blasse Gesicht der Kleinen. Ron stand nur da und sah aus, als könne er dies alles nicht glauben. Harry glaubte zu erkennen, dass auch in seinen Augen Tränen standen. Er wollte den Mund öffnen, wollte etwas sagen…doch er konnte nicht. Dieser Moment bedeutete ihm so viel…All seine Freunde waren gekommen, alle wollten sie mit ihm gemeinsam weinen, ihm beistehen. Sie alle wussten, was Sirius ihm bedeutete und was eine solche Nachricht in ihm auslösen musste. Ihm war nicht klar gewesen, dass sogar Kimi und Brenda ihn inzwischen so gut kannten.

Schließlich räusperte er sich leise. „Es ist alles in Ordnung."

Und zum zweiten Mal an diesem Morgen erzählte er das, was er mit Sirius und Lupin besprochen hatte. Seine Freunde konnten es kaum glauben. Hermine begann wieder zu weinen, doch diesmal waren es Freudentränen.

„…naja, und dann haben wir uns verabschiedet, ich habe mich auf den Weg zum Unterricht gemacht und bin schließlich Susan hier begegnet."

Harry schenkte Susan ein sehr ehrliches Lächeln und wie von selbst legte er kurz den Arm um ihre Schulter.

Ron zog kurz die Augenbrauen hoch, sagte jedoch nichts. Hermines Blick wurde plötzlich sehr scharf und stechend, ebenso wie der von Brenda. Ginny jedoch starrte ihn an, sie sah aus als hatte man ihr ein Messer in den Bauch gestoßen. Sie öffnete den Mund, doch kein Laut entwich ihr. Sie wurde rot vor Zorn, ballte die Fäuste und schien an anschreien zu wollen. Doch es blieb still auf den Ländereien. Ginny drehte sich herum und lief davon.

„Ich glaube, wir sollten reden, Harry."

Harry blickte Ron überrascht an. Sie saßen in einer Ecke des Gemeinschaftsraumes und schauten zu wie Lavender gerade mit Hillary und Chelsea einen Streit zwischen Viola und Carolina probte.

„Okay, was ist denn los?" fragte Harry und wandte sich von der dargestellten Szene ab.

Ron sah etwas nervös aus. „Weißt du…Du bist mein bester Freund."

Er machte eine bedeutungsschwere Pause.

„Aber Ginny ist meine kleine Schwester. Ich liebe sie und so weiter, okay? Und ich finde es echt scheiße, wie du sie behandelst. Sonst mach doch einfach Schluss, das ist allemal besser als die Show, die du jetzt abziehst!"

Harry sah seinen Freund fassungslos an. Was war denn bloß geschehen? Wie konnte Ron nur auf den Gedanken kommen, er wolle mit Ginny Schluss machen? Das war doch absurd!

„Ron, ich verstehe nicht, was du meinst…" begann Harry. „Ginny und ich, wir sind glücklich und…"

„Ach, hör doch auf!" rief Ron. „Bist du wirklich so blind? Ihr seid seit langem nicht mehr richtig glücklich gewesen! Du beachtest sie doch kaum noch, hast nur noch Augen für…"

Er schwieg.

„Für wen?" hakte Harry nach. „Augen für wen?"

Ron sah ihm direkt in die Augen. „Für Susan. Ist dir denn nicht klar, wie eifersüchtig Ginny sein muss? Du verbringst so viel Zeit mit Susan, redest mit ihr, hast ihr sogar von Sirius erzählt! Was soll Ginny denn denken?"

Plötzlich wurde Harry alles klar. Ginnys verletzte Blicke, ihre Wutanfälle…und heute auf den Ländereien, als sie weggerannt war…

„Oh, man, " murmelte Harry. „Jetzt verstehe ich."

„Wurde aber auch Zeit", entgegnete Ron.

Harry sah vor sich auf den Teppich. Gott, wie musste Ginny deswegen gelitten haben! Und das alles wegen einer Sache, die sich doch ganz anders verhielt…

„Ron", sagte Harry fest. „Susan und ich, wir sind befreundet. Sie ist mir wichtig, ja, doch sie kann Ginny niemals das Wasser reichen. Ebenso wenig wie dir und Hermine. Was ich Susan alles erzählt habe, hätte ich euch auch erzählt. Sie war einfach nur im richtigen Moment da. Aber ich bin nicht in sie verliebt. Das kann ich dir versichern. Ich war durcheinander, wegen allem, was in letzter Zeit passiert ist, wegen diesen seltsamen Dingen, wegen dem Angriff auf Durmstrang. Das hat Ginny wohl zu spüren bekommen. Ich bin immer noch in Ginny verliebt, daran wird sich auch so schnell nichts ändern."

Ron sah ihn lange an.

Schließlich zuckte er mit den Achseln und sagte: „Nun ja – ich glaube dir. Aber ich denke, du solltest all dies Ginny selbst erzählen."

Ginny war nicht im Gemeinschaftsraum. Sie war nicht in ihrem Schlafsaal, nicht am See. Harry suchte überall auf den Ländereien, bei Hagrids Hütte, vor dem Schloss. Es wurde immer später, begann schon zu dämmern. Harry begann im Schloss nach Ginny zu suchen. Er durchkämmte jeden Winkel des Erdgeschosses, der Kerker und fand nicht eine Spur von ihr. Gerade stand er mitten in der Eingangshalle und sah sich verzweifelt in alle Richtungen um, als ihm jemand auf die Schulter tippte.

Es war Hermine. Sie sah besorgt aus.

„Hier, ich dachte, die könntest du brauchen", sagte sie, drückte ihm etwas in die Hand und verschwand ohne ein weiteres Wort.

Harry war ihr sehr dankbar, irgendwelche unpassenden Kommentare hätten ihm jetzt den Rest gegeben. Sicherlich hatte Ron Hermine alles über ihr Gespräch erzählt.

Harry sah auf das, was Hermine ihm gegeben hatte – und hätte sich selber schlagen können. In seiner Handfläche lag ein weißes Blatt Pergament – die Karte des Rumtreibers. Natürlich! Wie hatte er nur so blöd sein können, warum hatte er sie nicht gleich mitgenommen!

Harry holte seinen Zauberstab hervor, tippte mit der Spitze auf das Pergament und flüsterte: „Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin."

Auf dem Pergament begannen sich dünne Linien zu bilden, rasend schnell und kaum zu verflogen. Harry suchte hastig nach einem Punkt mit dem Namen ‚Virginia Weasley'. Schließlich fand er ihn. Nach der Karte zu schließen, befand Ginny sich in einem Klassenzimmer im dritten Stock. Harry begann zu rennen.

Vor dem besagten Klassenraum angekommen, blieb Harry stehen. Er zögerte, ihm war seltsam zumute. Was sollte er denn nun tun? Er konnte immer noch nicht mit Ginny reden, wie sollte er ihr denn nur alles begreiflich machen, wie sollte er…

Harry versuchte, nicht länger darüber nachzudenken, er stieß die Tür auf und trat ein.

Ginny saß auf einem Tisch, hatte die Knie an die Brust gezogen und starrte geradeaus. Sie sah blass aus, doch ihr Gesicht zeigte keinerlei Gefühlsregungen.

„Ginny", wollte Harry sagen, doch er brauchte nicht einen Ton heraus. Wieder überkam ihn das schon bekannte Gefühl, es kam ihm vor, als hätte er einen Kloß im Hals. Doch diesmal ließ er sich davon nicht ablenken, er versuchte, es zu ignorieren. Und Harry begann zu reden. Er sagte Ginny alles, erzählte von Susan, von seinen Gefühlen, von dem Gespräch mit Ron, wie er endlich verstanden hatte, wie Ginny sich fühlen musste und er sagte ihr, wie leid ihm das alles tat.

Und die ganze Zeit sprach er nicht ein einziges Wort. Er sah in Ginnys Augen, stumme Worte entwichen seinem Mund. Er versuchte, ihr mit seinen Blicken deutlich zu machen, was er sagte, versuchte ihr alles begreiflich zu machen, indem er sie in seine Seele blicken ließ. Und hoffte von ganzem Herzen, dass sie ihn irgendwie verstand.

Und während er all dies tat, merkte er zum ersten Mal, wie die Stille eigentlich klang. Kein Ticken einer Uhr, keine Schritte auf den Gängen, nichts brachte die Stille aus ihrem Gleichgewicht. Und je stärker Harry lauschte, desto friedlicher erschien ihm das Ganze. Die Stille war schön, sie war mächtig.

Und als er geendet hatte, saßen Ginny und er eine lange Zeit da und lauschten. Hörten der Stille zu.

„Harry, ich bin so eifersüchtig."

Ginny durchbrach schließlich die Stille, ihre Stimme wirkte nach den langen Momenten des Schweigens besonders laut. Und noch während sie sprach, schlug sie sich die Hand vor den Mund. Fassungslosigkeit stand auf ihrem Gesicht geschrieben.

„Harry, ich kann mit dir reden!"

„Ich weiß", entgegnete er. „Ich kann auch mit dir reden."

Das überraschte ihn nicht einmal besonders. Nachdem Ginny gesprochen hatte, war ihm sofort klar gewesen, dass es nur das war, das wer auch immer diese Dinge auslöste gewollt hatte. Nach Monaten des Schweigens hatte Ginny endlich zugegeben, dass sie eifersüchtig war. Langsam ging er auf sie zu und nahm sie in die Arme. Worte waren nicht nötig. Er wusste jetzt, dass er Susan anders behandeln musste, wusste dass er mehr Zeit mit Ginny verbringen würde. Sie hatten endlich all das gesagt, was sie seit Monaten mit sich herumgetragen hatten. Seit langer Zeit waren sie beide einmal wieder richtig glücklich.

Und auch als Harry Ginny näher zu sich zog und sie schließlich küsste, der erste richtige Kuss in vielen Monaten, bemerkte niemand von ihnen beiden die Gestalt in der hintersten Ecke des Zimmers, auf deren Gesicht sich jetzt ein kleines Lächeln zeigte.