Es geht weiter…
Nun ja, ich glaube, dieses Mal habe ich nicht ganz so lange gebraucht. Es sind allerdings auch Sommerferien. Ich kann euch aber schon jetzt sagen, dass das nächste Kapitel dauern wird – denn das ist das Musical. Wen so etwas nicht interessiert, der kann es theoretisch auch auslassen, denn die Handlung geht ja nicht weiter. Mal schauen, jedenfalls weiß ich noch gar nicht, wie ich es aufbauen soll, als Drehbuch oder ganz anders…
Aber dafür habt ihr diesmal ein extralanges Kapitel. Mit vielen Personen und Hermine und Ron und einer schlagfertigen Ginny…(Verdammt! Immer will ich statt „Ginny" „Imy" schreiben…(Das verstehen jetzt nur die, die meine Stories „Bruderherz", „Schwesterchen", „Blutschande" und „Verraten" gelesen haben…))
Viel Spaß!
Brisana-Brownie Die Gestalt, die lächelt…Jaja, bis du das erfährst dauerts noch n bisschen…so zehn, elf Kapitel…Aber jetzt nicht weglaufen! muss lachen Eine purpurne Fußballmannschaft? Daran hab ich auch noch nicht gedacht…Ob die die Griechen besiegt hätten?? Ich denke nicht, bin Griechenland-Fan…Aber du erfährst dieses Kapitel etwas mehr von wegen Elf...Danke!
auxia Hier ist das neue Kapitel, so schnell es eben ging…Danke!
RIDICULUS Hey, schön das du auch mal wieder von dir hören lässt! Danke!
Eile Ach, als ob ich Sirius umbringen würde! Nie! Dann würde ich doch vor lauter Heulen gar nicht weiterschreiben können…Ja, Harry lernt dazu! Aber der Stress ist noch nicht vorbei…Übrigens, die Gestalt, die Harry und Gin beobachtet hat, muss ja nicht automatisch derjenige sein, der diese Dinge tut…Danke!
Cornelia Ich würde mich freuen, wenn du dabei bleibst! Danke!
Barkeeper fällt vor Lachen fast vom Stuhl mein gott, du solltest diese Geschichte weiterschreiben! Das mit Ron war genial! Warum fällt mir sowas immer nicht ein?! Danke für den Lachkrampf des Monats…und Danke über die Bemerkung über meinen Schreibstil, ich hab mich seht gefreut. Und natürlich Danke fürs Reviewn!
Disclaimer: Dieses ganze Universum gehört Joanne Kathleen Rowling, ich leihe mir die Charaktere und die Umgebung nur. Bei dieser FF muss außerdem mit Buffy-Zitaten oder ähnlichem gerechnet werden, die werde ich aber nicht jedesmal extra rausschreiben. Buffy gehört natürlich Joss Whedon verehr
Anna Moonlight
Familienbande
Der Frühling zeigte sich dieses Jahr von seiner schönsten Seite. Zwar war es erst April, doch es herrschten bereits sehr sommerliche Temperaturen. In genau einer Woche sollte der so genannte „Familien-Tag" in Hogwarts stattfinden. Sämtliche Eltern der Schüler sollten Hogwarts besuchen und viele Vorführungen, Reden und ähnliches genießen können. Dies bedeutete auch, dass das Musical in einer Woche bühnenreif sein musste.
„Das schaffen wir doch nie!" sagte Hermine verzweifelt.
Sie sah aus, als wolle sie jeden Moment in Tränen ausbrechen.
Harry, Ron und Hermine saßen zusammen mit Ginny und Brenda auf dem flauschigen Teppich des Gemeinschaftsraumes und sahen zu, wie Lavender mit Kimi und Parvati eine Szene probte. Fast der gesamte Gryffindorturm war versammelt und alle sahen mehr oder weniger besorgt aus. Wie sollten sie dies alles nur in einer Woche schaffen?
„Okay, Kimi, Parvati, wir machen eine kleine Pause!" rief Lavender jetzt.
Die beiden Mädchen ließen sich erleichtert zu Boden sinken. Lavender stemmte die Arme in die Hüften, sie sah müde aus. Ihre braunen Locken klebten an ihrem Gesicht und sie war sehr blass. Seit Tagen hatte sie kaum noch geschlafen, wie so viele unter ihnen.
„Wir haben noch genau eine Woche", sagte sie jetzt. „Das wird knapp, sehr knapp sogar. Am Samstagabend werden wir aufführen, das bedeutet am Samstagmorgen findet die Generalprobe statt. Bis dahin muss alles sitzen. Wir müssen noch mehr proben, müssen vor dem Frühstück, in den Mittagspausen und nach dem Abendessen bis in die späte Nacht proben. Ich hänge nachher einen Plan aus, dann kann jeder sehen, wann er gebraucht wird. Noch Fragen?"
Niemand stellte eine Frage, es war schon sehr spät und morgen mussten sie schließlich in den Unterricht. Harry bewegte sich gerade in Richtung Schlafsaal, als ihn eine Stimme zurückhielt.
„Harry! Ginny! Ihr habt noch Gesangsprobe!"
Harry und Ginny stießen einen synchronen Seufzer aus. Harry war unbehaglich zu Mute. Ihm war es trotz der vielen Proben immer noch peinlich, vor anderen zu singen. Selbst wenn diese anderen nur Lavender, Ginny und Jane, eine Siebtklässlerin, welche das Klavier spielte, waren.
„Also, los ihr beiden!" befahl Lavender. „Ihr seid verzweifelt, habt gerade erfahren, dass Lily, James und Peter tot sind und Sirius Black euch alle verraten hat…Ihr wisst nicht, wie es weitergehen soll…"
Harry erschauderte. Jetzt musste er auch noch über den Tod seiner Eltern singen…
Ginny nahm seine Hand, was ihn sehr beruhigte. Er holte tief Luft, sah ihr in die Augen und begann zu singen.
Am nächsten Morgen wachte Harry sehr früh auf. Es war noch dunkel, doch er konnte keinen Schlaf mehr finden. Leise stand er auf, zog sich an und verließ den Schlafsaal. Im Gemeinschaftsraum angekommen begann er stetig auf und ab zu gehen. Auf dem Weg vom Kamin zum Porträtloch dachte er darüber nach, ob sie das Musical bis Samstag so gut proben konnten, dass es bühnenreif war. Auf dem Weg vom Porträtloch zum Kamin überlegte er, wie man Lavender etwas Arbeit abnehmen konnte. Doch weder Ron, noch Hermine, noch er selbst oder sonst irgendwer konnten einige ihrer Aufgaben übernehmen, sie hatten einfach alle zu wenig Ahnung.
„Harry? Du bist schon auf?"
Es war Lavender. Sie sah nachdenklich aus, trug noch einen Morgenmantel.
„Ich konnte nicht schlafen", erwiderte Harry. „Was ist mit dir? Du hast den Schlaf doch gerade nötig."
Lavender grinste verlegen. „Mir geht zuviel im Kopf herum. Ich habe mir in den letzten Tagen noch ein paar Szenen aus dem Denkarium angeschaut…"
Sie machte eine Pause. Harry hatte das Denkarium erst einmal Lavender überlassen, er kannte es fast auswendig und schließlich war es Lavender, die das Drehbuch für das Stück schrieb.
„Naja, jedenfalls glaube ich, dass uns noch einige entscheidende Szenen fehlen, einfach um Josephines Charakter darzustellen", erklärte das Mädchen.
Harry war überrascht und bestürzt zugleich. Wie stellte sie sich das vor? Die Zeit war ohnehin schon zu knapp und nun wollte Lavender noch neue Szenen einbauen?
„Josephine war sehr egoistisch, herrschsüchtig und naiv", fuhr Lavender fort. „Sie hat immer zuerst an sich gedacht und sich deshalb viele Feinde gemacht. Die meisten sahen sie nicht gerne an der Seite von Albus Dumbledore und wenn ich mir das alles ansehe, kann ich oftmals nicht verstehen, was Dumbledore an ihr fand. Sie war der Meinung, mit einem süßen Lächeln und einem tollen Kleid ließe sich alles lösen. Wir wollten doch ein ehrliches Stück schreiben und ließen wir dies alles weg, so tun wir genau das Gegenteil. Ich denke, wir müssen noch vier bis fünf Szenen hinzufügen."
Harry kapitulierte. Lavender schien zu wissen, wovon sie sprach. Sie hatte ja Recht: Er selbst hatte das Ganze doch vorgeschlagen und zwar mit dem Gesichtspunkt, ein ehrliches Stück zu schreiben, eines, das Wahrheiten enthüllte.
Er nickte. „Lass uns gleich anfangen, ich helfe dir."
Harry und Lavender arbeiteten bis spät in die Nacht. Es war Sonntag, also konnten sie sich ihre Zeit selbst einteilen. Sie ließen sich nur durch die Proben unterbrechen, welche zu ihrer Erleichterung recht gut liefen.
Lavender probte gerade mit Ginny, Kimi, Hillary, Estella und Chelsea, während Harry einige ihrer neuen Szenen in das Drehbuch übertrug. Ron und Hermine saßen am Feuer und spielten Schach, April und Brenda saßen bei ihnen und versuchten, Hermine wertvolle Tipps zu geben. Doch soweit Harry das beurteilen konnte, war Hermine mal wieder am verlieren.
Vorsichtig tunkte Harry die Feder in das Tintenfass und begann zu schreiben. Allein heute Nachmittag hatten Lavender und er gleich drei neue Szenen entworfen. Vielleicht konnten sie es ja doch bis zum nächsten Samstag schaffen.
In diesem Moment hörte er ein Scharren am Fensterbrett. Er sah auf und erblickte Hedwig, die mit erhobenem Kopf auf dem Sims saß und eifrig mit dem Schnabel klickte. Rasch öffnete Harry das Fenster und ließ den Vogel hinein. Hedwig rieb ihren Kopf an seinem Ärmel, er streichelte sie und nahm ihr den Brief ab. Harry entfaltete ihn und runzelte die Stirn. Die Schrift kam ihm bekannt vor, doch es war weder Sirius', noch Chos.
Hallo Harry,
ich hoffe, es geht dir gut und die Arbeit mit eurem Musical geht voran. Ich werde leider nicht die Gelegenheit haben, nächsten Samstag ins Schloss zu kommen und muss somit leider auf eurer Stück verzichten, doch vielleicht kann ich dich trösten, indem ich dir Bello vorbeischicke. Ich weiß ja, wie sehr du Hunde liebst und glaub mir, Bello freut sich schon sehr, dich zu sehen. Du musst ihn nirgendwo abholen, er wird dich schon finden, so wie er dich immer gefunden hat.
Harry musste lächeln. Es wäre schön, am Familientag jemanden zu haben, den er herumführen konnte, der zu ihm gehörte. Die Weasleys würden ihn sicherlich unter ihre Fittiche nehmen wollen, doch das hier war anders.
War es inzwischen zu riskant geworden, Sirius' alte Spitznamen zu verwenden? Wahrscheinlich. Immerhin kannte Pettigrew den einen und Schnuffel hatte Sirius inzwischen ja so oft benutzt. Außerdem galt sein Pate inzwischen als offiziell tot.
Das Ministerium hat mir gestattet, eine Selbsthilfegruppe für Werwölfe zu gründen. Ich bin mir noch nicht ganz sicher, wie ich sie nennen werde, ich tendiere jedoch zu „Die Anonymen Werwölfe", kurz „DAW" oder „Das Schaf im Wolfspelz". Wobei mir bei der zweiten Möglichkeit keine vernünftige Abkürzung einfällt. Oder was denkst du über eine Art Untertitel dazu, so etwas wie „Die Gruppe mit Biss"? Ich bin sehr gespannt, wie sich das alles entwickelt. Es ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Und wenn ihr für eurer Stück einen Sponsor braucht, dann schreib mir. Das ist die beste Werbung.
Ich wünsche dir, dass das Stück ein Erfolg wird.
Herzliche Grüße,
Remus Lupin
Harry sah verblüfft auf das Stück Pergament in seinen Händen. Das waren ja Neuigkeiten! Wie hatte Lupin es nur geschafft, das Ministerium von einer solchen Idee zu überzeugen? Es war jedenfalls großartig für seinen ehemaligen Professor. Und was Lupin da geschrieben hatte…einen Sponsor für ihr Stück…Das wäre vielleicht wirklich von Nöten! Immerhin mussten sie noch ein Bühnenbild bauen, Requisiten besorgen und die Darsteller frisieren und schminken. Außerdem konnten sie Lupin dadurch unterstützen…
„Hey, Lavender!" rief Harry leise.
Er winkte sie zu sich und gab gleichzeitig Ron und Hermine ein Zeichen. Rasch erzählte er, was Lupin ihm geschrieben hatte. Lavender, Ron und Hermine waren begeistert. Sie einigten sich, Lupins Angebot anzunehmen und Harry setzte sich gleich hin und schrieb einen Antwortbrief.
Je näher der große Tag rückte, desto aufgeregter wurden die Gryffindors. Der Bau für das Bühnenbild hatte begonnen und die kreativen und künstlerisch begabten Köpfe unter ihnen waren in jeder freien Minute am Malen, Zeichnen, basteln und kleben. Eugenie, die Schulsprecherin, legte sich sogar mit Fudge an, weil dieser ihnen nicht erlauben wollte, nach Hogsmeade zu gehen und Kreppband, Farben, Scheren und Ähnliches zu kaufen. Zu ihrer aller Erstaunen gab Fudge nach. Eugenie konnte es selbst kaum fassen.
Harry konnte sich kaum mehr auf den Unterricht konzentrieren, ihm ging viel zu viel im Kopf herum. Als sie am Mittwochmorgen die dunklen Kerker für die Zaubertrankstunde betraten, hatte er schon ein seltsames Gefühl im Magen. Wie immer saß Harry neben Hermine, welcher der ganze Stress überhaupt nichts auszumachen schien. Sie sah entspannt aus und gleichzeitig erwartungsvoll. Wahrscheinlich freute sie sich auf die Zubereitung eines neuen Zaubertranks, was ihr wieder einmal perfekt gelingen würde.
Die Tür schwang auf und Snape eilte in den Raum. Sein schwarzer Umhang wehte ihm hinterher und er sah wie auch sonst höchst missmutig drein.
„Der heutige Trank ist höchst kompliziert und gefährlich. Die Zubereitung verlangt Ihre uneingeschränkte Aufmerksamkeit, ein Fehler nur kann verheerende Folgen haben. Sie sind gewarnt. Fangen Sie an, Sie werden volle zwei Schulstunden benötigen."
Mit einem Schlenker seines Zauberstabes landeten die Zutaten und die Anweisungen für die Zubereitung des Trankes an der Tafel. Harry stand auf und begab sich, wie alle anderen auch, zum großen Vorratsschrank.
„Harry?"
Das war Hermine. Ihre Stimme klang ungewöhnlich schrill und sehr unsicher. Irritiert sah Harry, dass sie nicht mit ihnen nach vorne gegangen war, sondern noch immer auf ihrem Platz saß.
„Kannst…Kannst du mir vielleicht alles mitbringen?"
Harry nickte sofort. Vor allen anderen wollte er nicht fragen, was los war. Sonst war Hermine von allen immer als Erste am Vorratsschrank, um die größten Wurzeln, die schönsten Kräuter zu erhalten.
Schwer beladen kam er wieder bei ihrer Sitzreihe an, gab Hermine ihre Zutaten und legte sich seine zurecht.
Als er schließlich überzeugt war, dass alle anderen ganz mit dem Trank beschäftigt waren, murmelte er leise: „Was ist denn?"
Seine beste Freundin sah blass aus. Sie lächelte unsicher, dann flüsterte sie leise: „Ich weiß nicht. Ich glaube…Ich brauche eine Brille! Ich kann das, was an der Tafel steht, einfach nicht lesen!"
Harry sah sie überrascht an. Hermine konnte etwas nicht erkennen? Sie hatte doch sonst nie Probleme mit der Sicht gehabt!
„Ist schon gut", sagte er leise. „Ich sage dir einfach, was du tun musst."
Eine lange Zeit ging dies auch gut. Harry fertigte seinen Trank an, murmelte Hermine aus dem Mundwinkel die Anweisungen zu und sorgte dafür, dass sie immer gleichauf waren.
Doch schließlich bemerkte Snape, was vorging. Er hatte wohl schon eine ganze Weile hinter ihnen gestanden und keiner der beiden hatte es bemerkt.
„So, so, " flüsterte er leise und seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem spöttischen Lächeln. „Potter und Granger müssen also wieder einmal zusammenarbeiten. Zwanzig Punkte Abzug von Gryffindor!"
Hermine senkte den Kopf und schien nicht zu wissen, was sie erwidern sollte. Harry war es eigentlich egal. Snape drohte ihnen mit Punktabzug, was machte das schon? Der Hauspokal war ihm vielleicht in den ersten drei Jahren wichtig gewesen, doch inzwischen sah Harry darin nichts Anderes, als einen Ansporn für die Kleinen, sich zu benehmen. Es gab wirklich wichtigere Dinge.
„Entschuldigen Sie bitte, Sir", sagte Hermine jetzt. „Aber ich scheine heute Probleme mit meinen Augen zu haben – Ich kann das Geschriebene an der Tafel nicht lesen."
Snape zog eine Augenbraue hoch, er wirkte fast amüsiert. „So? Nun, dann rate ich Ihnen, sich eine Brille anzuschaffen, Granger. Oder sind Sie dafür zu eitel?"
Mit diesen Worten wandte er sich Neville zu, der grün angelaufen war und zitternd hinter seinem Kessel hockte.
Hermine und Harry waren zutiefst erleichtert, als es schließlich läutete. Zusammen mit Ron machten sie sich auf den Weg zum Klassenzimmer von Professor Marsters.
„Also, was war eben los?" erkundigte sich Ron verwirrt bei seiner Freundin. „Du konntest wirklich nichts erkennen?"
Hermine erklärte es ihm, während Harry seinen eigenen Gedanken nachhing. Hermine konnte plötzlich nicht mehr richtig sehen? Was hatte das schon wieder zu bedeuten?
Heute mussten sie lange auf Professor Marsters warten. Fast zehn Minuten waren bereits vergangen, als die Tür aufschwang und Marsters hereinstürmte, eine seiner dicken Zigarren im Mundwinkel. Er sah sehr gestresst aus und ließ seinen Blick eilig über die Klasse schweifen. Wie fast immer blieb er bei Hermine hängen. Harry hatte es nicht geschafft, herauszufinden, was den Mann an seiner besten Freundin so faszinierte. Er bezweifelte inzwischen auch, dass er es jemals erfahren würde. Doch Marsters beobachtete Hermine jede Stunde, minutenlang. Sein Blick folgte ihr, wenn sie schrieb, wenn sie an die Tafel ging, wenn sie redete, wenn sie kam, wenn sie ging. Er ließ nicht von ihr ab, durchbohrte sie, studierte sie.
Anfangs hatte Harry vermutet, dass Marsters sich schlichtweg in Hermine verliebt hatte…Doch so dachte er inzwischen nicht mehr. Da musste etwas anderes dahinter stecken. So wie Marsters Hermine anschaute, sah man nicht jemanden an, den man liebte. Marsters sah sie an wie ein äußerst seltenes Exemplar eines Grindelohs, wie eine Rarität, eine Seltenheit. Er studierte sie wie ein Wissenschaftlicher seine Arbeit.
Und was Harry am meisten Sorgen bereitete, war, dass Hermine all dies überhaupt nicht zu bemerken schien, ebenso wenig wie Ron.
„Wir haben Zeit verloren, ich wurde aufgehalten", erklärte Marsters gerade. „Deshalb werden wir heute eine theoretische Stunde abhalten, damit sind wir ohnehin im Verzug. Schlagen Sie bitte Ihre Bücher auf, Seite zweihunderteinundsiebzig, und bearbeiten Sie die Aufgaben zwei und drei."
Harry war erleichtert. Von den Proben für das Stück fühlte er sich so erschöpft, dass er das Gefühl hatte, kaum noch einen Zauberstab halten zu können, geschweige denn, sich zu duellieren. Da kam ihm die theoretische Stunde gerade Recht. Er öffnete sein Buch, las sich die Aufgaben durch und begann zu arbeiten. Die Aufgaben fielen ihm nicht schwer, eigentlich war es reine Wiederholung.
Gerade hatte er die erste Aufgabe beendet und wollte sich der zweiten zuwenden, als er ein seltsames Geräusch neben sich vernahm. Irritiert sah er zur Seite und erblickte Hermine. Ihr Buch befand sich Zentimeter von ihrer Nasenspitze entfernt und sie sah sehr verzweifelt aus. Sie atmete schwer und ihre Unterlippe begann gefährlich zu zittern. Sie schien völlig durch den Wind.
„Hermi?" gebrauchte Harry seit langer Zeit wieder seinen alten Spitznamen für sie.
Hermine zuckte zusammen, sah ihn an – und brach in Tränen aus.
Harry war völlig überrascht, er wusste nicht, wie er reagieren sollte. Was war denn bloß los? Sie war doch sonst nicht so empfindlich!
„Harry…" flüsterte Hermine jetzt unter weiteren Schluchzern. „Es ist n.nicht so, w…wie wir ged…gedacht haben…Ich kann gut sehen!"
Dies verwirrte Harry umso mehr. Wo lag denn dann das Problem? Warum weinte Hermine?
„Harry…Ich kann nicht mehr lesen!"
Am Abend trafen Harry, Ron und Hermine, Ginny und Kimi sich in einer stillen Ecke des Gemeinschaftsraumes und beratschlagten. Harry hatte Hermine unter dem Vorwand ihr sei schlecht und er müsse sie jetzt unbedingt in den Krankenflügel bringen aus Verteidigung gegen die dunklen Künste geschleust. Professor Marsters schien auch gemerkt zu haben, dass es Hermine nicht gut ging, denn er stellte keine weiteren Fragen. Natürlich waren sie nicht zu Madam Pomfrey gegangen, sondern hatten einen langen Spaziergang gemacht, sie hatten den See viele Male umrundet. Irgendwann waren sie in den Gemeinschaftsraum zurückgekehrt, wo sie schließlich auf die anderen getroffen waren.
„Also, jetzt ist Hermine wieder an der Reihe", murmelte Kimi. „Heißt das jetzt, es geht wieder von vorne los? Erst Hermine, dann Harry, dann Ginny…"
„Jedenfalls ist es Ernst", sagte Ron. „Wer kennt uns so gut, dass er soviel über uns weiß, mit unseren geheimsten Wünschen oder Albträumen spielt?"
„Und warum gerade wir?" fuhr Ginny fort.
Harry starrte nachdenklich auf seine Hände. Ja, warum gerade sie?
„Weil wir alle etwas mit Ihr-wisst-schon-wem zu tun hatten", sagte Kimi plötzlich. „Nicht? Ich meine, von Harry brauchen wir gar nicht zu reden. Aber Ron, Hermine und Ginny, ihr habt ihm in den Sommerferien gegenüber gestanden, gegen ihn gekämpft. Und ich…ich sehe ihn doch jeden Tag."
Sie klang bitter. Doch wenn Harry so darüber nachdachte…konnte Chos kleine Schwester wirklich Recht haben. Was sie sagte, klang plausibel. Doch würde Voldemort sich tatsächlich auf solche kleinen Spielchen einlassen? Das war doch eigentlich nicht seine Art…
„Selbst wenn es so ist", sagte Hermine. „Es hilft nichts, denn tun können wir ja doch nichts. Ich muss mich wohl krankschreiben lassen, sonst merkt jeder, was mit mir los ist."
Ron starrte sie ungläubig an. „Und aus welchem Grunde bitte? Madam Pomfrey kapiert doch sofort, dass du lügst. Sollen wir dich vielleicht hier und jetzt zusammenschlagen?"
Hermine zuckte mit den Achseln. „Nun ja, so wäre es nun mal am einfachsten. Tust du es? Für mich?"
Nun schaute nicht nur Ron ungläubig drein. War Hermine verrückt geworden? Sie konnte das nicht Ernst meinen!
„Überlegt doch mal!" erwiderte Hermine ungeduldig. „Madam Pomfrey ist sicher schon misstrauisch! Erst haben wir ihr im Oktober die Wahrheit gesagt, haben ihr erzählt, dass ich Gedanken lesen konnte. Dann hat sie bestimmt Gerüchte über Harrys seltsames Verhalten gehört. Als Ginny unsichtbar war, hat Professor McGonagall sie informiert, da Ginny ja offiziell in der Krankenstation war. Kimi liegt oft bei ihr auf der Station. Falls ihr es noch nicht bemerkt habt, Madam Pomfrey beobachtet sie mit Argusaugen. Sie hat von alledem schon viel zu viel mitbekommen. Deshalb brauche ich jetzt einen plausiblen Grund für einen Besuch bei ihr. Ihr müsst dafür sorgen, dass ich eine Gehirnerschütterung bekomme – dann darf ich aus gesundheitlichen Gründen gar nicht lesen."
Ginny keuchte auf. „Hermine, nein! Das ist viel zu gefährlich!"
„Und einmal davon abgesehen", sagte Harry. „Denk doch bitte an das Stück! Eine Gehirnerschütterung legt dich doch länger lahm und am Samstag ist schon die Aufführung!"
Hermine schüttelte den Kopf. „Nein, bis Samstag bin ich auf jeden Fall wieder fit. Mit Magie heilen Gehirnerschütterungen schneller."
Stille kehrte ein. Niemand wusste noch etwas zu sagen und allen war klar, dass Hermine gewonnen hatte.
„Gehen wir zum See", sagte Hermine. „Ich könnte mit dem Kopf auf einen Stein aufgeschlagen sein."
„Und die Wachleute?" widersprach ihr Ron. „Du weißt doch, dass wir um diese Zeit nicht mehr hinaus dürfen!"
„Naja, dann eben in dem Badezimmer mit Juanita der Juchzenden darin" schlug Ginny vor. „Du bist auf dem nassen Boden ausgerutscht und mit dem Kopf auf die Statue geknallt."
Ginny hatte kapituliert, sie versuchte wohl, Hermines Vorschlag zu akzeptieren. Harry konnte das nicht. Doch widersprechen wollte er jetzt auch nicht mehr.
Überhaupt widersprach niemand mehr, alle folgten sie Hermine. Es war eine traurige Prozession, die da zum Badezimmer marschierte. In allen ihren Gesichtern stand Angst geschrieben. Hermine sagte nichts. Leise sprach sie das Passwort und trat ein. Schweigend drehte sie die Wasserhähne auf, schöpfte große Mengen Wasser mit ihren Händen und machte die Fliesen vor Juanita der Juchzenden völlig nass und glitschig.
„Nun ja, ich kann das hier jetzt nicht ausprobieren", sagte sie schließlich. „Jemand muss mir etwas gegen den Kopf schlagen."
Sie sah sich suchend um und schließlich fiel ihr Blick auf eine steinerne Seifenschale. Vorsichtig hob sie das Gefäß hoch.
„Ich kann das nicht selbst machen, das wisst ihr."
Ron wandte sich ab. „Tut mir leid, ich kann das nicht."
„Ich auch nicht, " murmelte Harry und verschränkte die Arme vor der Brust. Niemals würde er seine beste Freundin niederschlagen!
„Ich mach's!" ertönte plötzlich eine leise Stimme zu seiner Rechten.
Es war Ginny. Entsetzt sah Harry auf seine Freundin. Doch sie ihn nicht an. Mit einem schnellen Sprung war sie bei Hermine, riss ihr die Seifenschale aus der Hand, holte aus und schlug zu.
Hermine riss die Augen auf, sie schien völlig fassungslos, schien etwas sagen zu wollen…und brach zusammen.
Ron schrie auf und eilte zu ihr.
Harry starrte immer nur auf Ginny. Sie war sehr blass.
„Es musste so schnell gehen, sonst hätte ich mich nicht mehr getraut", erklärte sie leise. „Kommt, sie muss zur Statue."
Wie mechanisch hoben Harry und Ron Hermine hoch und trugen sie zur Statue, betteten ihren Kopf auf den goldenen Sockel.
Kimi hatte die ganze Zeit an der Wand gestanden, sie sah aus, als müsse sie sich gleich übergeben.
„Kommt", sagte Ginny jetzt. „Ihr drei geht zurück in den Gemeinschaftsraum, ich hole gleich Hilfe und sage, ich hätte mir Sorgen gemacht, weil Hermine so lange weg gewesen sei, obwohl sie doch nur Baden wollte...und dann hätte ich sie so gefunden."
Harry, Ron und Kimi protestierten nicht. Auf leisen Sohlen gingen sie zurück zum Gryffindorturm, sprachen das Passwort, kletterten durch das Porträtloch und ließen sich in die Sessel am Kamin sinken. Keiner sagte etwas. Sie waren alle zu geschockt.
Wie konnten wir das zulassen? fragte sich Harry. Wo sind wir hingekommen, dass unsere beste Freundin sich willkürlich verletzen lässt – nur weil wir den Erwachsenen wie so oft nichts sagen wollten? Nur, weil wir einmal wieder dachten, dass wir das schon selbst geregelt kriegen? Wie alt sind wir denn eigentlich? Oh, Hermine, es tut mir so leid…
„Sie…sie sah so weiß aus", flüsterte jetzt Ron. „Wie ein Geist. Sie…sie kommt wieder in Ordnung, nicht wahr? Oh, Merlin!"
Er verbarg das Gesicht in den Händen.
„Ich habe es gesehen", flüsterte Kimi plötzlich.
Harry und Ron starrten sie an. Was redete sie da?
„Ich habe es vorausgesehen. Vorgestern. Keine Vision, eine Prophezeiung. Ich habe gesehen, wie Ginny zuschlug und wie wir alle dabeistanden und es zuließen. Ich habe es euch nicht erzählt, dachte, ich werde verrückt, weil ich mir nie vorstellen konnte, dass so etwas eintritt. Und jetzt ist es doch geschehen."
In diesem Moment öffnete sich das Porträtloch und Ginny kam herein.
„Alles in Ordnung", sagte sie, bevor irgendjemand fragen konnte. „Hermine ist wach, hat nur schreckliche Kopfschmerzen. Und redet wirres Zeug. Madam Pomfrey meint aber, wir dürfen sie frühestens übermorgen besuchen. Bis Samstag soll sie allerdings wieder fit sein."
Ein erleichterter Seufzer entwich aus drei Kehlen. Und Harry wusste, dass er es sich nie verziehen hätte, wenn es anders gekommen wäre.
Am nächsten Tag herrschte soviel Stress, dass ihnen kaum Zeit blieb, sich um Hermine zu sorgen. Die Premiere des Stückes rückte näher und näher und Lavender war nun völlig in Panik. Doch nicht nur sie. Estella, die Elizabeth spielen sollte, rannte am Nachmittag weinend in den Schlafsaal, überzeugt, am Samstag alles falsch zu machen. Parvati und Clara, das Mädchen aus Ginnys Schlafsaal, waren für die Maske zuständig und hatten schreckliche Angst, dass Make up, Haartönungen und Spray nicht ausreichen würden. Die Bühnenbauer waren in Panik, weil das von ihnen bestellte Holz nicht angekommen war…und Harry selbst hatte einfach nur Angst, zu versagen.
„Dean!" brüllte Lavender gerade quer durch den Gemeinschaftsraum. „In dieser Szene ist Sirius Black vierzehn Jahre alt, okay? Vierzehn! Also noch nichts mit Massenmörder! Und nun hör auf, April anzuknurren wie ein irgendein Köter!"
Harry verzog das Gesicht. Wenn das so weiterging, musste er tatsächlich noch mit Dean reden…Es schmerzte ihn, bei dem Stück nicht die ganze Wahrheit sagen zu können. Sirius blieb der furchtbare Massenmörder und so gern Harry dies geändert hätte – er wusste, er würde seinen Paten nur unnötig in Gefahr bringen. Und Fudge würde ausrasten, mehr als er es jetzt schon tun würde.
„Harry!" brüllte Lavender. „Komm endlich! Du bist dran!"
Am nächsten Tag besuchten Harry, Ron, Ginny und Kimi Hermine im Krankenflügel. Sie sah sehr blass aus, wie sie da auf ihren Kissen lag, doch als sie sah, wer gekommen war, strahlte sie.
„Keine unnötige Aufregung!" befahl Madam Pomfrey. „Sie redet sowieso schon blanken Unsinn…"
Mit diesen Worten ging sie hinaus.
„Hermine, Engel, wie geht es dir?" rief Ron. Vorsichtig nahm er ihre Hände.
Doch Hermine nahm sich nicht die Mühe zu antworten.
Stattdessen setzte sie sich rasch auf, ignorierte die besorgten Gesichter und sagte: „Ich glaube, ich weiß jetzt, was mit uns passiert. Ich weiß, warum all diese Dinge geschehen…"
Die anderen starrten Hermine völlig verblüfft an.
„Als ich den Schlag auf den Kopf bekommen habe", fuhr Hermine fort, „ist mir etwas eingefallen. Es war die ganze Zeit irgendwie da, aber ich konnte keine Beziehung dazu herstellen…Ginny, tust du mir einen Gefallen?"
Ginny nickte sofort.
„Geh bitte in die Bibliothek und frag nach dem Buch Alte Sagen und Weisheiten von Desidera Farquard. Und dann bringe es zu mir."
Ginny stellte keine Fragen und verschwand. Die Minuten, in denen sie abwesend war, sprach niemand, jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Hatte Hermine wirklich des Rätsels Lösung? Harry zweifelte sicher nicht an der Intelligenz seiner Freundin, doch konnte sich wirklich alles aufklären, nur weil Hermine einen Schlag auf den Kopf bekommen hatte? Konnte es so einfach sein?
Nach etwa fünfzehn Minuten kam Ginny wieder hereingeeilt, in der Hand ein dickes, verstaubtes Buch. Sie wollte es Hermine geben, doch die schüttelte nur den Kopf.
„Ich kann doch nicht. Such nach einer Sage namens Morgaines Wächter."
Es dauerte eine ganze Weile, doch schließlich hatte Ginny die Sage gefunden. Sie kniff die Augen zusammen, ging mit der Nasenspitze ganz nah ans Buch, runzelte die Stirn…und lehnte sich schließlich seufzend zurück.
„Tut mir leid, Hermine. Aber das ist irgendeine andere Sprache, ich kann sie nicht lesen."
„Gib mal her!" rief Hermine, nahm ihr das Buch aus der Hand und schien anscheinend völlig vergessen zu haben, dass sie im Moment etwas gehandicapt war, zumindest was Schrift anging. Nasekräuselnd beugte sie sich über die Seiten.
„Das ist die alte Schrift der Magier!" erklärte sie schließlich triumphierend. „Früher besaßen die Magier eine ganz andere Schrift als die Muggel, sie wollten sich mehr von ihnen abgrenzen. Heute ist das natürlich nicht mehr so, nur noch wenige Bücher sind in dieser Schrift geschrieben. Ich habe sie ein wenig studiert, ich denke, ich kann es lesen."
Harry wollte schon den Mund öffnen…doch Hermine las bereits.
„Morgaines Wächter. Einst lebte ein magisches Kind, dass noch keine sechs Jahre zählte. Ihr Name war Morgaine. Sie kannte keinen Zauberstab, in ihrem Dorf gab es nur die wilde Magie. Vater und Mutter waren bereits gestorben und so wurde das Kind von anderen aufgezogen. Morgaines Eltern waren Dienstboten gewesen. Ihr Vater war ein Meister der magischen Pflanzen…"
„Also schlichtweg ein Gärtner, " unterbrach Ron Hermines Geschichte.
„…und Morgaines Mutter arbeitete in der Küche eines großen Schlosses. Als die Eltern nun gestorben waren, wurde Morgaine in der Küche aufgezogen. Agatha, eine andere Köchin, und Gritt, ein einfaches Dienstmädchen, nahmen sich ihrer an. Gustav, der sich nun um den Garten kümmerte, nahm das Kind oft mit in den Wald. Zusammen mit seinem engen Freund Gideon lehrte er das Mädchen alles, was sie über Pflanzen wissen musste. Morgaine pflegte keinerlei Beziehungen zu Gleichaltrigen. Sie war recht erwachsen für ihr junges Alter und die anderen Kinder im Dorf betrachteten sie als hochnäsig. Einzig und allein mit Zora, der Tochter der Gespielin des Hausherrn, beschäftigte sie sich auch mit kindgerechten Spielen. Zoras Mutter Amata lernte Morgaine lieben wie ihr eigenes Kind. Helena, die Näherin bei Hofe, brachte Morgaine die Gabe des Schneiderns nahe. Auch sie wurde zu einer engen Vertrauten des Kindes. Ihr Mann Claudius betrachtete all dies mit großem Staunen, doch schließlich zeigte er Morgaine, wie sie mit Pfeil und Bogen umzugehen hatte. Zu diesem Zeitpunkt zählte Morgaine gerade sieben Jahre. Morgaine und Zora trieb es immer weiter in Wald und Wiesen hinein und eines Tages trafen sie dort auf Gwendolin, des Hausherrn einzige Tochter. Sie spielte dort zusammen mit ihrer Kinderfrau, der Esther. Doch beide schienen keine rechte Freude zu haben und die Kinderfrau schien sehr erleichtert, als Morgaine und Zora ihren Platz einnahmen. Rasch zeigten sich die zarten Bande einer Freundschaft und auch das Kinderfräulein schloss die Mädchen ins Herz.
Nun gab es also ganze zehn Menschen, die auf Morgaine acht gaben und sich um sie sorgten, die über sie wachten. Ihre Beziehungen untereinander jedoch waren komplex, nicht alle achteten sich und es herrschte Misstrauen. Morgaine jedoch liebte sie alle gleichermaßen. Eines Tages machte sie sich auf die Suche nach etwas, dass alle untereinander versöhnen sollte. Doch dafür musste sie weit, weit fort gehen. Morgaine reiste viele Jahre lang und konnte sich nun all dem Wissen und den Dingen, die ihre Wächter sie gelehrt hatten, bedienen. Faste elf Jahre vergingen bis Morgaine eines Nachts auf einen alten Mann traf. Es war sehr dunkel und sie hatte Angst, wollte schnell an ihm vorübergehen, doch er hielt sie auf und sagte: ‚Es ist gut, Morgaine. Du kannst nun zurückkehren. Diese Aufgabe ist erfüllt, nun musst du dich den nächsten widmen.' ‚Aber ich tat doch rein gar nichts!' erwiderte Morgaine erstaunt. Der alte Mann lächelte. ‚Nein, Morgaine. Alles hast du getan. Alles, was nötig war.' Und mit diesen Worten verschwand er in der Nacht. Doch Morgaine fühlte etwas Schweres in ihrem Brotbeutel. Sie öffnete ihn und heraus fiel ein Stein. Er war schwarz und sah aus wie jeder andere – und doch war soviel Besonderes an ihm, dass Morgaine es kaum ertragen konnte, ihn in der Hand zu halten. Ihr war, als versuche der Stein, in ihren Geist vorzudringen. Eilig verstaute sie den Stein und machte sich auf den Weg zur Heimat ihrer Wächter. Nach langen Wochen schließlich dort angekommen, sah sie den Dorfplatz schon von weitem. Und dort aufgereiht standen zehn Menschen, sahen ihr entgegen, als hätten sie die vollen elf Jahre an diesem Fleck verbracht. Sie bildeten eine Einheit, etwas Ganzes, zu dessen endgültiger Vollkommenheit nur sie fehlte. Worte waren fehl am Platze, sie reihte sich einfach in die Gemeinschaft ein. Viele Jahre verbrachte die Gemeinschaft zusammen, standen einander bei und halfen anderen. Nie hatte Morgaine gefragt, was während ihrer Abwesenheit geschehen war. Sie reimte sich einiges zusammen, hörte Gespräche mit an. Dinge waren geschehen, Dinge, aufgrund derer alle mit sich selbst und mit den anderen in Einklang gekommen waren. Dinge, persönliche Dinge. Wünsche, Träume, Ängste. Morgaine hatte nie gefragt, es erschien ihr nicht wichtig. Der Stein, den ihr der alte Mann gegeben hatte, ging verloren, kurz nachdem Claudius, als erste in der Gemeinschaft, in das heilige Reich der Toten gelangt war. Die anderen folgten rasch, selbst Morgaine, Zora und Gwendolin, die doch um so viele Jahre jünger gewesen waren. So blieb die Gemeinschaft der Elf sogar im Tode letztendlich vereint. Alle wachten übereinander, denn der Zusammenhalt war unzerbrechlich."
Hermine schwieg. Sie sah die anderen nicht an, doch konnte man ihr die Anspannung anmerken.
„Ich verstehe nicht, was du uns damit sagen willst", meldete sich jetzt Kimi zu Wort. „Klar, uns geschehen auch so seltsame Dinge, doch das ist auch der einzige Zusammenhang. Soweit ich zählen kann sind wir fünf und keine elf, niemand ist uns abhanden gekommen und so ein Stein ist erstrecht nicht aufgetaucht!"
„Der Name Morgaine schwebte mir die ganze Zeit im Kopf herum", erzählte Hermine. „Die Sage erzählt von den Dingen, die Morgaines Wächtern widerfahren sind, nicht viel, doch was sie beschreibt, passt wie die Faust auf das Auge. Genau so etwas geschieht hier auch. Diese Dinge sind persönlich, sie rühren an unseren Wünschen, Träumen und Ängsten, so wie die Sage es beschrieben hat. Außerdem…kann ich wieder lesen." Sie lächelte. „Anscheinend war es das, was wer auch immer diesmal wollte. Ich sollte Morgaines Geschichte vortragen. Und mir ist auch klar, dass es unter uns wohl keine Morgaine gibt, doch wer weiß, was noch kommt? Vielleicht haben wir die fehlenden sechs eben noch nicht getroffen?"
„Jetzt spinnst du aber, Hermine!" warf Ron ein.
„Kann sein", entgegnete diese. „Aber möglich ist alles, oder nicht? Und ich denke, wir sind der Lösung zumindest ein Stück näher gekommen."
In diesem Moment kam Madam Pomfrey herein, zeterte, dass sie die Patientin nun wirklich genug gestört hatten und warf sie alle hinaus.
Harry, Ron und Hermine saßen auf einer neu aufgestellten Bank am See und starrten trübsinnig vor sich hin. Gerade hatten sie Generalprobe gehabt – und die war schlichtweg eine Katastrophe gewesen. Und es war völlig egal, wie oft Ginny ihnen erzählt hatte, dass eine Generalprobe so richtig schief gehen müsse, damit die eigentliche Aufführung super lief – das schlechte Gefühl blieb. Lavender war, kaum dass sie geendet hatten, nach draußen gelaufen und hatte sich seit Stunden nicht mehr blicken lassen.
Um sie herum tummelten sich glückliche Kinder mit ihren Eltern. Während die Erzeuger der Muggelgeborenen Schüler einfach staunend dastanden und versuchten, jedes noch so kleine Detail in sich aufzunehmen, nutzten die meisten Hexen und Zauberer die Gunst der Stunde und überschütteten die schon völlig entnervt aussehenden Professoren mit Fragen über ihre Sprösslinge. Das war sicherlich nicht der Sinn des Familien-Tages.
Hermine starrte auf die vielen Eltern, die glücklichen Gesichter der Kinder und schlug die Hände vor das Gesicht. Schnell legte Harry einen Arm um ihre Schulter. Sie verbarg ihr Gesicht an seiner Brust und begann zu weinen. Ron legte auch einen Arm um ihre Schulter und so saßen sie schließlich da, im strahlenden Sonnenschein, das weinende Herzstück ihres Trios in der Mitte. Harry und Ron brauchten nicht zu fragen, warum Hermine weinte, doch sie schien es ihnen trotz allem erklären zu wollen.
„S…sie sehen s…so glücklich aus, " weinte sie leise. „Und i…ich wollte meinen E…Eltern doch immer eines Tages Hogwarts zeigen…u…und nun sind sie n…nicht da. I…irgendwo müssen sie sich vor V….Voldemort verstecken und i…ich darf ihnen nicht einmal schr…schreiben…"
Sie schluchzte heftig, doch plötzlich machte sie sich von ihnen los, schniefte einmal und sagte: „Ich schau mal, ob ich mich an irgendeinem Stand nützlich machen kann…Ich muss irgendetwas tun!"
Und schon rannte sie davon. Ron sah ihr besorgt hinterher. Harry wusste, dass Hermine klarkommen würde. So war es schließlich immer gewesen.
„Hey, wollen wir mal schauen, ob Mum und Dad inzwischen angekommen sind?" schlug Ron vor. „Fred, George und Charlie kommen übrigens auch zu dem Stück nachher."
Harry schüttelte den Kopf. „Nein, geh ruhig alleine. Ich bleib hier noch ein bisschen sitzen."
Er hätte es nie zugegeben, doch er war es leid, ständig bei Veranstaltungen wie diesen mit den Weasleys zusammen zu sein. Sie bedeuteten ihm alle sehr viel doch auch wenn Ron sein bester Freund und Ginny seine Freundin war – oftmals fühlte er sich wie ein Eindringling. Und so egoistisch es auch klang – er wollte seine eigene Familie. Dieser brennende Wunsch hatte sich in den letzten fünfzehn Jahren nicht geändert. Eben ein Herzenswunsch.
In diesem Moment stupste etwas Nasses, Kaltes gegen sein Hosenbein. Er sah auf.
„Schn…Bello!" rief er laut und warf sich praktisch auf den großen…weißen Hund? Verblüfft musterte Harry die Animagus-Form seines Paten. Ja, ganz eindeutig war aus dem pechschwarz ein strahlendes schneeweiß geworden. Harry entdeckte einen Zettel am Halsband des Hundes und entfaltete ihn.
Hallo! Mein Name ist Bello und mein Herrchen heißt Remus Lupin. Er wird mich heute Abend wieder hier abholen. Meine neue Fellfarbe ist schick, hat aber keinen Einfluss auf sonstige Formen.
P.S. Diese Nachricht wird sich gleich selbst zerstören.
Tatsächlich, kaum dass Harry zu Ende gelesen hatte, zerfiel das Blatt Pergament zu Staub. Harry legte beide Arme um den Hals des Hundes und umarmte ihn fest.
„Da bin ich aber erleichtert", flüsterte er. „Glaub mir, schwarz steht dir besser als blond."
Täuschte Harry sich, oder zeigte der Hund tatsächlich ein Grinsen? Harry musste lächeln.
„Ich hab dich vermisst, weißt du?"
Sirius kläffte leise.
Gemeinsam mit Sirius ging Harry über die Ländereien, sah zu wie er ein paar Katzen jagte und mit einigen kleinen Kindern spielte. Die ganze Zeit lächelte Harry vor sich hin. Hätte Sirius sich auch noch in menschlicher Form aller Welt zeigen dürfen, wäre der Tag wirklich perfekt gewesen. Die verpatzte Generalprobe war vergessen.
Doch schon wenige Stunden später wurde Harry wieder schmerzhaft daran erinnert. Er hatte Sirius bei Familie Weasley zurückgelassen und sich in die Maske begeben. Jetzt saß er zwischen lauter kreischenden Mädchen und wartete darauf, dass die erste Schicht des angeklebten Bartes endlich trocknete und Parvati mit der nächsten beginnen konnte. Neben ihm saß April, der gerade von Clara die Haare rot gefärbt wurden. Auf der anderen Seite hockte Lavender. Gerade hatte Parvati sie mit roten Kontaktlinsen ausgestattet, jetzt machte sie sich ans Make up. Die Stimmung war höchst angespannt und Jack, der Siebtklässler, der James spielen sollte, übte auch noch in voller Lautstärke seine Liedtexte. Harry hätte ihn erschlagen können.
„So, Harry, und denk bloß dran, dass du nach jeder zweiten Szene zu mir kommst, damit wir deinem Bart weiße Strähnen hinzufügen können, " rief Parvati etwa eine Stunde später quer durch den Raum, gerade als er erleichtert flüchten wollte. „Vergiss es bloß nicht! Immerhin vergehen über zehn Jahre im Laufe des Stückes! Vergiss es nicht!"
„Ja, Parvati", sagte Harry tonlos.
Die Band, wie die kleine Gemeinschaft von einem Klavier, einer Gitarre, einem Schlagzeug und einer Flöte so großartig genannt wurde, spielte sich schon ein. Voller Stolz betrachtete Harry das Bühnenbild. Die Bühnenbauer hatten wirklich tolle Arbeit geleistet. Man konnte die Kulisse nach Belieben in steinerne Säulen, welche Hogwarts darstellen sollten, in eine Art Haus und in eine Straßenszenerie verwandeln.
In einer Ecke der Bühne stand Dean, er ging noch einmal seinen Text durch. Harry hörte schnell heraus, dass er versuchte, sehr bedrohlich zu klingen. In diesem Moment wusste Harry sich nicht mehr anders zu helfen. Er ging zu Dean, zerrte ihn noch etwas tiefer in die dunkle Nische und sah ihn ernst an.
„Dean, ich werde dir jetzt etwas erzählen und du musst mir glauben!"
In Kurzform erzählte er dem Klassenkameraden alles über Sirius, Wurmschwanz, den Tausch…
Als er fertig war, schien Dean völlig geschockt. „Oh, man. Und ich habe ihn immer so…gemein gespielt…"
Harry nickte. „Ich tue das hier auch für Sirius und wünschte, wir könnten die volle Wahrheit zeigen. Aber das geht nicht. Also denk bitte daran, was ich dir gesagt habe, wenn du ihn spielst."
Dean nickte.
Harry ging hinter die Bühne. Im Zuschauerraum hörte man bereits laute S timmen, Gelächter, schreiende Kinder. Harry drängte sich durch seine Mitschüler, die sich alle umarmten, küssten, toi, toi, toi wünschten. Er küsste Hermine und Ginny, drückte Ron kurz an sich, umarmte Kimi, gab der zitternden Lavender einen Kuss auf die Wange…
Dann ging er im Geiste noch einmal seine erste Szene durch.
In diesem Moment jedoch rief Lavender: „Los, alle auf ihre Plätze! Es geht los!"
Der Vorhang öffnete sich und es ging los.
