Der erste Abend in Hogwarts:

Die Teller und Platten auf den Haustischen, die bis vor kurzem noch leer gewesen waren, füllten sich durch Zauberei mit allen möglichen Leckereien, die sich James nur vorstellen konnte. Nun bemerkte auch er, wie hungrig er eigentlich gewesen war. Durch die ganze Aufregung hatte er das Rumoren seines Magens gar nicht wahrgenommen. Mittlerweile spürte er aber deutlich die Aufforderung, endlich etwas zu sich zu nehmen. Also griff er nach allem, was er erreichen konnte, wobei er nur die komische, nach Fisch riechende Suppe ausließ, die in einer großen Terrine zwischen ihm und Sirius stand.

Das Essen war eigentlich an alle Haustischen eine vergnügliche Angelegenheit. Alle schwatzten, lachten und machten sich miteinander bekannt. Die Dreiergruppe um Severus Snape allerdings, war miesepetrig gelaunt.

„Ich verstehe das nicht", unterbrach Lorence Avery die Stille, die zwischen den vier Schülern herrschte.

„Wieso ist der nach Gryffindor gekommen? Normalerweise hätte kein Weg daran vorbei geführt, dass er sich Slytherin anschließt."

„Genau", stimmte ihm Roger Wilkes zu. „Irgendetwas stimmt da nicht!"

„Vielleicht doch. Es besteht ja die Möglichkeit, dass er adoptiert wurde.", gab Aidan Rosier zu bedenken.

„Ist er nicht", sagte Roger. „Meine Mutter hat mir ein Foto gezeigt. Das wurde kurz nach meiner Geburt gemacht und darauf konnte man ganz genau sehen, dass sie auch schwanger war."

„Ist doch perfekt so", mischte sich Severus ein und setzte ein fieses Grinsen auf. Dieser Ausspruch brachte ihm drei ungläubige Gesichter ein und so fuhr er fort. „Na ja, denkt doch mal nach. Wäre er nach Slytherin gekommen, hätte er unser Haus geteilt mit seinen „Ansichten". Außerdem wäre es nicht gut für Slytherin gewesen, wenn wir uns untereinander bekriegen. So aber ist er in Gryffindor"– auf den Gesichtern der andern Jungen nahm die Erkenntnis gestalt an, welche Möglichkeiten die neue, unerwartete Situation bot. – „das heißt, dass es Slytherin nicht schadet, wenn wir ihm zeigen, wie man sich standesgemäß verhält, sondern das es unserem Haus eher nützlich sein könnte. Und wenn wir schon dabei sind, können wir gleich auch noch seinen Freunden zeigen, welche Schwierigkeiten sie sich einhandeln, wenn sie einen Verräter bei sich aufnehmen."

Die vier Jungen starrten mit boshaften Blicken zum Tisch der Gryffindors und in ihren Köpfen schmiedeten sie schon erste Pläne, um ihr Vorhaben in die Tat umzusetzen.

Sirius, James und Remus bekamen davon nichts mit. Sie waren damit beschäftigt, den besten Spitznamen für Severus zu finden, aber keiner kam an den heran, den Sirius als erstes verwendet hatte. Schniefelus passte einfach wie die Faust aufs Auge.

Unterdessen waren die Speisen wieder von den Haustischen verschwunden und nun reihten sich die leckersten Nachtische aneinander. Dutzende Kuchen und Torten, leckere Puddings und Eis in allen möglichen Sorten. James wünschte sich, als er dieses Aufgebot an Köstlichkeiten sah, dass er etwas mehr Platz in seinem Magen gelassen hätte, schaffte es aber noch, zwei Portionen einer leckeren Schokolade-Vanille-Creme-Torte, in der die Sahne schon integriert war, zu verdrücken. Nachdem alle Schüler ihre Teller geleert hatten und keiner mehr einen Bissen herunterbekam – Sirius hatte das Ganze offensichtlich etwas übertrieben, denn der Knopf seiner Hose lag neben seinem Teller auf dem Tisch – verschwanden die Speisen und Gedecke.

Nach einer kurzen Verschnaufpause richtete sich Albus Dumbledore auf und bat die Schüler um Ruhe, die der Aufforderung auch fast sofort folgten. Als die letzten Gespräche verstummt waren, begann er mit seiner, vor dem Festmahl angekündigten Rede.

„Als erstes möchte ich darauf hinweisen, dass selbstspringende Flummies und Flieger aus Schnell- oder Kunstflugpapier seit Ende letzten Jahres neu auf der Liste der verbotenen Gegenstände zu finden sind, die selbstverständlich von jedem Schüler, der sich darüber informieren will, bei unserem Hausmeister Mr. Filch eingesehen werden kann. Nach meinen Kenntnissen umfasst diese Liste mittlerweile rund 387 Gegenstände und wer sich bei seinem Gepäck nicht sicher ist, sei angehalten, diese Liste zu Rate zu ziehen, um Gewissheit zu erlangen."

An einigen Stellen der Halle brach angeregtes Tuscheln aus und James verstand Gesprächsfetzen wie „Dieser Filch gönnt uns aber auch gar keinen Spaß."oder „Weißt du, ob Scherzzauberstäbe auch dazu gehören?".

„Eine weitere Neuerung haben wir unserer geschätzten Lehrerin, Professor, zu verdanken. Ihr ist es nach einigen Fehlschlägen, an die sich einige der älteren Schüler vermutlich erinnern werden, gelungen, die Peitschende Weide in England zu kultivieren. Sie erweckt zwar nicht den Anschein, aber ihre Hiebe sind selbst jetzt schon äußerst kräftig und könnten euch ernsthaft Schaden zufügen. Es ist in eurem eigenen Interesse, diesem Baum nicht zu nahe zu kommen. Und dank der Pflege von Madam Sprout wird die Peitschende Weide in Verlauf des Schuljahres schnell wachsen, so das es bald lebensgefährlich werden kann, sich ihr zu nähern. An dieser Stelle möchte ich den neuen Schülern zudem mitteilen, dass unser Wald, der Verbotene Wald, von keinem Schüler ohne Begleitung eines Lehrers betreten werden darf. Unsere älteren Schüler möchte ich daran erinnern, dass der Verbotene Wald nicht um sonst so heißt. Darin leben viele gutmütige Geschöpfe, aber ebenso viele die einen kleinen Imbiss nicht verschmähen."

Wieder kam es zu einigem Getuschel, wobei der Ton von aufgebracht oder besorgt zu gleichgültig gewechselt war.

„Zum Schluss habe ich noch eine organisatorische Sache zu erledigen", sagte Dumbledore über das Gemurmel hinweg. „Da der neue Jahrgang von Erstklässlern im Vergleich zu den anderen doch sehr klein ist, spricht nichts dagegen diesen Jahrgang in einer Klasse zu vereinen, anstatt ihn, wie üblich, in zwei Klassen zu unterteilen. Meine werten Lehrerkollegen haben diesem Verfahren zugestimmt, wodurch sich bei jedem Fachlehrer zusätzliche Sprechzeiten für eventuelle Fragen ergeben, die wie üblich am schwarzen Brett in den Gemeinschaftsräumen ausgehängt werden.

Und nun denke ich, habe ich eure Aufmerksamkeit lange genug strapaziert. Ich bitte die Vertrauensschüler, ihre Häuser in die Gemeinschaftssäle zu führen. Und denkt bitte bei euren Willkommensfeiern daran, dass morgen früh das neue Schuljahr beginnt.", fügte der Direktor mit einem verschmitzen Zwinkern hinzu.

Daraufhin erhoben sich die Schüler und strömten aus der Halle, wobei, wie immer bei einem Schulfest, die Tür einen Stau verursachte. Sie war zwar breit genug, um locker 4 Schüler gleichzeitig passieren zu lassen, aber für einen Andrang von gut 400 Schülern war sie nicht geschaffen worden. In dem so entstandenen Gedränge kamen sich die Slytherins und Gryffindors ziemlich nahe, aber außer ein paar bösen Blicken und einigen gemurmelten Beleidigungen passierte nichts ungewöhnliches, wenn man dieses Verhalten überhaupt als ungewöhnlich bezeichnen konnte, denn seit jeher verband die Schüler der Häuser Gryffindor und Slytherin ein Band inniger Rivalität. Im Laufe der Zeit war daraus zwar eher eine offene Feindschaft geworden, aber irgendwie war das eine der wenigen Traditionen, die sich so gut wie von alleine fortführten.

Doch nachdem sie das Eichenportal zur großen Halle passiert hatten, teilte sich die Menge in vier Schülerschlangen auf. Die Slytherins wurden nach rechts, durch die Eingangshalle und dann eine von Fackeln beleuchtete, steinerne Treppe hinuntergeführt.

„Genau die richtige Richtung für so ein Nachtschattengewächs wie Schniefelus.", flüsterte Sirius an James und Remus gewandt.

„Wenn ich ihn nicht heute auf dem Bahnsteig gesehen hätte, dann würde ich vermuten, dass er zu Staub zerfällt, sobald er ins Sonnenlicht tritt.", fügte Remus grinsend hinzu.

„Mister Lupin!", ertönte plötzlich die Stimme von Professor McGonagall hinter den Jungen. Remus, James und Sirius zuckten zusammen. „Der Direktor möchte sie noch kurz in seinem Büro sprechen."

Sirius summte eine Melodie, die sich wie der Todesmarsch anhörte und James flüsterte Remus ein flüchtiges „Kopf hoch"zu. Dann trennten sich ihre Wege, denn Professor McGonagall führte ihn in einen Gang, der neben einer der Treppen lag, die in die Eingangshalle führten.

Die Hufflepuffs wurden ebenfalls nach rechts geführt, allerdings nicht hinunter in die Kellergewölbe, sondern ein paar Stufen empor, wo sie hinter einer Ecke verschwanden.

Die dritte Schlange von Schülern bahnte sich zusammen mit den Gryffindors den Weg die Treppen hinauf. Diese schienen ein Eigenleben zu haben, denn sie änderten nach belieben die Richtung, was zu einigen Verzögerungen führte, weil die vorausgehenden Schüler auf die warten mussten, die nicht das Glück hatten, über die Treppe zu gelangen, während dies stillhielt. Im dritten Stock trennten sich die beiden Gruppen, denn während die Ravenclaws noch einige Treppen nehmen mussten, wurden die Gryffindors von Frank Longbottom, ihrem Vertrauensschüler, durch einen holzgetäfelten Flur geführt.

„Erstklässler bitte aufschließen!", rief Frank von vorne, wo sich schon eine kleine Traube gebildet hatte.

„Dies ist die Fette Dame", sagte Frank zu den Erstklässlern, als alle in Hörweite waren. „Sie bewacht den Gemeinschaftsraum und die Schlafsäle der Gryffindors. Um die Tür, die sich hinter dem Bild befindet, zu öffnen, müsst ihr ihr das Passwort sagen. Dieses Passwort wird jedes Jahr geändert, in Ausnahmefällen auch öfter. Das Passwort für dieses Jahr lautet – Fidelias et Animi."

Kaum hatte er das Passwort ausgesprochen, schwang auch schon das Bild der Fetten Dame beiseite und gab den Eingang zum Gryffindorturm frei.

„Merkt es euch gut und behaltet es für euch. Notiert es nicht. Wir wollen doch nicht, dass Unbefugte in unseren Gemeinschaftsraum kommen. Außer den Schülern kennen nur noch Professor McGonagall und Direktor Dumbledore das Passwort und ich möchte, dass das auch so bleibt", fügte Frank beim Hineingehen hinzu.

Drinnen angekommen zerstreute sich die Gruppe. Einige setzten sich an den prasselnden Kamin um Zauberschach oder exploding Snap zu spielen. Andere unterhielten sich in kleinen Grüppchen und tauschten ihre Ferienerlebnisse aus, sofern sie das nicht schon auf der Zugfahrt oder in der großen Halle erledigt hatten. Die meisten jedoch gingen zu den Schlafsälen, die nach Jahrgängen unterteilt waren. Zum Schluss blieben nur noch die kleine Gruppe der Erstklässler und Frank Longbottom übrig.

„Das ist der Gemeinschaftsraum. Hier könnt ihr eure Hausaufgaben erledigen und eure Freizeit verbringen. Dort rechts geht es zu den Jungenschlafräumen. Dort die Treppe hoch sind die Schlafräume der Mädchen. Euer Gepäck befindet sich schon in euren Zimmern. Ihr solltet jetzt auspacken und euch dann ausruhen. Morgen beginnt die Schule und ich möchte das neue Schuljahr ungern mit Minuspunkten beginnen.", sagte Frank und als niemand etwas erwiderte ging er in seinen Schlafsaal. Die fünf Erstklässler folgten seinem Beispiel und begutachteten ihre neue Unterkunft. Das Zimmer der Jungen war sehr geräumig. Offensichtlich war es für fünf Personen geplant und dadurch, dass sie dieses Jahr nur zu viert waren, hatten alle etwas mehr Platz, worüber keiner der Jungen traurig war. Jeder hatte ein Himmelbett mit roten Vorhängen und einen Nachttisch der rechts vom Bett stand. Außerdem waren für jeden abwechselnd eine niedrige Kommode und ein Kleiderschrank an der Wand gegenüber den Betten aufgestellt. Davor lagen fein säuberlich getrennt die Gepäckstücke und so machten sie sich daran, sich hier häuslich einzurichten. Das erste Bett hatte Sirius, das daneben wurde durch James belegt. Das danach hielten sie für Remus frei und so nahm Peter das hinterste, worüber sich der kleine blonde Junge auch nicht beschwerte. Nachdem sie ihr Gepäck verstaut hatten, verließen James und Sirius den Schlafsaal, während Peter sich entschied, die Matratze einem Praxistest zu unterziehen.

„Lass uns noch eine Runde Karten spielen und auf Remus warten.", schlug Sirius vor.

„Wir sind aber nur zu zweit und Peter hat sich schon aufs Ohr gehauen.", gab James zu bedenken.

„Vielleicht hat die Lust", sagte Sirius und deutete in die Nähe des Kamins, wo Hope gerade damit beschäftigt war, einen Brief zu versiegeln.

Also gingen sie zu ihr hinüber und nach einer kurzen Überredungszeit spielten sie einige Runden exploding Snap.

Nachdem die Slytherins die Eingangshalle über die Treppe verlassen hatten, wurden sie von ihrem Vertrauensschüler einen breiten, steinernen und mit wenigen Fackeln beleuchteten Gang entlangführt. Allzu weit hatte sie nicht zu gehen, aber die vielen Richtungsänderungen forderten von den Schülern ein Höchstmass an Konzentration, wenn sie jemals wieder dem Labyrinth aus sich kreuzenden Gängen entrinnen wollten. Wie auch der Vertrauensschüler der Gryffindors, bat der der Slytherins die Erstklässler nach vorne und erklärte ihnen die Sache mit dem Passwort und dem Portrait. Als der Fünftklässler „Ambito"sagte, schwang auch das Bild vor dem Eingang zum Gemeinschaftsraum der Slytherins auf und die Schüler strömten in den Raum. Die Fackeln an den Wänden spendeten ein seltsames blassgrünes Licht, woran sich aber keiner zu stören schien. Nur das Feuer des Kamins brannte mit einer züngelnden orange-gelben Flamme. Der Gemeinschaftsraum hatte zwar magische Fenster, die, wenn man die schwarzen Vorhänge bei Seite zog, die Ländereien von Hogwarts zeigten, wie ihnen der Vertrauensschüler mitteilte, aber keiner der Vorhänge war auch nur einen Spalt weit geöffnet, sodass die Erstklässler dieser Aussage erst einmal Glauben schenken mussten. Mittlerweile hatten sich die übrigen Schüler im Gemeinschaftsraum verteilt, oder waren in ihre Schlafsäle verschwunden. Nach einer Weile entschieden sich auch Severus, Lorence, Aidan und Roger ihren neuen Schlafraum zu begutachten, so das nur noch der Fünftklässler und Susan Banges mitten im Gemeinschaftsraum standen. Das Mädchen blickte sich kurz im Gemeinschaftsraum um, bevor sie den älteren Jungen scheu
fragte: „Ähm, und was ist mit mir?"

„Ah ja, du bist demnach Susan Banges oder?", fragte der Junge, ohne auf ihre
Frage einzugehen.

„Ja.", antwortete diese etwas sicherer.

„Unser Hauslehrer, Professor Gargonius, war der Meinung, dass du dich vielleicht unwohl fühlen würdest, wenn du allein in deinem Zimmer schläfst. Deshalb hat er die Hauselfen angewiesen, das Dreibettzimmer der Zweitklässler in ein Vierbettzimmer umzugestalten. Sie meinten, sie hätten nichts dagegen. Aber du kannst sie ja selber kennen. Dort drüben sitzen sie.", sagte er und deutete auf eine Sitzecke am Kamin, wo drei Mädchen eifrig miteinander tuschelten.

Susan ging zu den Mädchen hinüber und stellte sich vor. In den ersten Minuten war das Gespräch etwas eisig, aber nach kurzer Zeit hatte sie Anschluss an die Gruppe gefunden.

„Also hatte meine Mutter doch recht", dachte Susan, „In Slytherin geht nichts über den Gemeinschaftssinn."

Im Schlafsaal der Jungen war mittlerweile eine heiße Diskussion darüber ausgebrochen, warum Sirius Black nun eigentlich nach Gryffindor gekommen war. Keiner der Jungen, abgesehen von Severus Snape, konnte sich vorstellen, dass da nicht irgendetwas schief gegangen war.

„Ein Black in Gryffindor?", stellte Lorence mehr fest, als das er fragte. „Ich glaube darauf hätte niemand gewettet."

„Ich schon.", brummte Severus dem das Thema allmählich auf die Nerven ging. „Auch wenn ich zugeben muss, dass ich an ihm erst seit der Sache im Zug gezweifelt habe. Aber wie es aussieht, haben meine Zweifel recht behalten."

Damit war für ihn das Thema gegessen und nachdem er den anderen dreien noch zwanzig Minuten zugehört hatte, wie sie das Thema weiter vertieften, ohne wirklich etwas Neues dazu beizutragen, entschloss er sich, es für heute gut sein zu lassen, zog sich um, und ging ins Bett, wo er, durch die sich hartnäckig haltende Diskussion, in den Schlaf gewiegt wurde.

Remus fühlte sich unwohl, wenngleich er auch damit gerechnet hatte, dass man ihn früher oder später noch einmal zum Direktor bitten würde, da ja noch einige Sachen zu besprechen waren. Er fragte sich nur, wie viel Professor McGonagall vorhin mitbekommen hatte und wenn, ob sie damit locker umgehen würde. Aber locker war nun wirklich das Letzte was ihm einfallen würde, wenn er Sie ansah. Deshalb folgte er ihr stumm zum Büro von Direktor Dumbledore. Remus stutzte kurz, als sie vor einem steinernen Wasserspeier anhielten, der die Form eines Flügel schwingenden Adlers hatte.

„Zitronenpudding", flüsterte Professor McGonagall, aber dank seines überdurchschnittlichen Gehöhrs hatte Remus keine Schwierigkeiten, ihre Worte zu verstehen. Die Statue glitt zur Seite und gab drei Stufen einer kleinen Wendeltreppe frei. Remus wollte schon fragen, ob hier irgendetwas nicht stimmte, doch als McGonagall auf die erste Stufe trat, schraubte sich die Wendeltreppe in einer engen Spirale in die Höhe. Nach gut einer halben Minute standen die beiden in einem kleinen, knapp zwei Meter langen Flur, an dessen Ende sich eine kunstvoll verzierte Eichentür mit goldenen Beschlägen befand.

Anklopfen brauchten sie nicht, denn als sie sich der Tür näherten, schwang diese von alleine auf und gab den Weg in das Büro des Direktors frei. Albus Dumbledore bat seine Gäste herein und bedeutete ihnen, am Kamin in den bequemen Sesseln, Platz zu nehmen. Während sie sich setzten, sorgte er mit einer kleinen Geste seines Zauberstabes für frischen Tee, drei Tassen und Kekse.

„Also Remus, ich hoffe du warst nicht allzu enttäuscht, dass ich dich ein Jahr habe warten lassen. Mir war durchaus bewusst, dass es nicht ganz fair war, aber wie ich in meiner Rede schon erwähnt habe, hatten wir einige Probleme die Peitschende Weide hier anzusiedeln. Dieser faszinierende Baum ist leider ein wärmeres und weniger feuchtes Klima gewohnt, weshalb uns die ersten drei eingegangen sind. Professor Sprout hat es aber, zusammen mit unserem Lehrer für Zaubertränke, geschafft, die Veranlagungen, um es einfach auszudrücken, so zu verändern, dass ihr unser Wetter nicht so sehr zusetzt."

„Entschuldigung, Direktor Dumbledore, aber was hat das mit mir zu tun?", unterbrach ihn Remus, dem gleich darauf peinlich bewusst wurde, dass es unhöflich war, dem Direktor so ins Wort zu fallen. Als Quittung erntete er einen mahnenden Blick von seiner Hauslehrerin. Der Direktor schien jedoch von Remus' Einwurf eher belustigt zu sein.

„Direkt auf den Punkt. ", grinste er. „Fürwahr die Tugend eines Gryffindors. Würden sie mir nicht zustimmen, Professor McGonagall?", fügte er an die Lehrerin gewandt hinzu.

„Dem kann ich nur zustimmen, Direktor.", sagte sie, doch Remus hörte an ihrem Ton, dass sie es bevorzugt hätte, wenn er den Schulleiter nicht unterbrochen hätte, doch dafür war es nun zu spät.

„Um auf deine Frage zurückzukommen...", sagte Albus Dumbledore und strich sich in Gedanken über den Bart. „...die Peitschende Weide hat sehr viel mit dir zu tun. Schlussendlich wurde sie deinetwegen gepflanzt."Remus wollte schon fragen warum, besann sich aber doch eines Besseren und ließ den Direktor seine Ausführungen zu Ende bringen.

„Wie ich dir bei meinem Besuch erklärt hatte, ist es nötig, dich irgendwo unterzubringen, wo du für keinen deiner Mitschüler eine Gefahr darstellst. Sicher hätten wir dich auch im Verbotenen Wald unterbringen können, wenn du uns versichern könntest, dass du diesen nicht verlässt."

„Kann ich nicht", gab Remus zu.

„Das habe ich mir schon gedacht. ", sagte Dumbledore ruhig. „Deshalb habe ich unweit vom Schulgelände ein altes, seit Jahren leer stehendes Haus, samt Grundstück erstanden. Der Eigner war glücklich, es loszuwerden, wenn ich es recht bedenke, aber für unsere Bedürfnisse wird es reichen. Ich habe die Fenster und Wände von den Hauselfen so präparieren lassen, dass es dir selbst als Werwolf nicht gelingen wird, sie zu durchbrechen. Außerdem habe ich selbst einige Schutzzauber beigesteuert, um ganz sicher gehen zu können, dass die Unterbringung, für alle in Hogwarts und im nahen Örtchen Hogsmade, sicher ist. Nachdem das Haus so hergerichtet war, hatten wir nur noch das Problem, dich ungesehen in die Hütte zu bringen und möglichst noch eine weitere Sicherung einzubauen, die sicherstellt, dass es dir als Werwolf unmöglich wird, zu entkommen, die du aber in deiner menschlichen Form umgehen kannst. Diese Sicherung ist die Peitschende Weide. An ihrem Stamm befindet sich ein Knoten, - welcher übrigens eine immense Herausforderung an Professor Sprout gestellt hat, bis er endlich so funktionierte, wie er sollte – mit dessen Hilfe man die Peitschende Weide zum Stillstand bringen kann. Das heißt, sobald der Knoten gedrückt wird, erstarrt der Baum und man kann ungehindert passieren. Zwischen ihren Wurzeln verborgen befindet sich der Eingang zum Tunnel, der zur Hütte führt und welcher sicherstellt, dass du weitestgehend ungesehen zu deinem Unterschlupf gelangen kannst. Unsere Schulkrankenschwerster Madame Salutar wird dich am Tag vor Vollmond dort hin bringen. Die nächsten drei Nächte wirst du in der Hütte verbringen. Ich habe im oberen Stockwerk einen Raum für dich einrichten lassen, wo du dich tagsüber ausruhen kannst. In ihm befindet sich auch eine unzerstörbare Truhe, die sich für die nächsten sieben Jahre nur für dein menschliches Ich öffnen wird. Dort kannst du deine Schulbücher und einige private Sachen während der Nacht sicher verstauen. Die Hauselfen werden sicherstellen, dass es dir an nichts fehlt. Du hast die Möglichkeit, sie über eine kleine Glocke am Eingang zu rufen, aber auf Rufe nach Sonnenuntergang werden sie, zu ihrer eigenen Sicherheit, nicht reagieren.", endete Albus Dumbledore. „Soweit jedenfalls ist bisher der theoretische Plan, der sich ja bald in der Praxis beweisen muss. Ich hoffe, ich habe keinen Aspekt übersehen, aber ich denke, dass ich alle Eventualitäten einkalkuliert habe. ", fügte er hinzu.

„Das denke ich auch, Herr Direktor", stimmte ihm Professor McGonagall hinzu.

Remus nickte nur bejahend, da er überrascht war, wie aufwendig die Konstruktion war, die es ihm ermöglichte, in Hogwarts zur Schule zu gehen. Sicher hatte er nicht erwartet, dass es einfach werden würde, aber ein wenig fühlte er sich schuldig, dem Direktor so viel zusätzliche Arbeit gemacht zu haben.

„Ich habe dir schon einmal gesagt, dass es meine Entscheidung war, dich in Hogwarts zuzulassen. Du stehst in keinster Weise in meiner Schuld.", sagte der Schulleiter plötzlich, als ob er die Gedanken von Remus wie ein offenes Buch gelesen hatte.

„Direktor, darf ich ihnen noch eine Frage stellen?", fragte Remus, unsicher ob er sie wirklich stellen musste, oder ob er gleich eine Antwort bekommen würde.

„Aber natürlich.", antwortete Albus Dumbledore schlicht, was Remus darin bestärkte, dass es zuvor Zufall gewesen war, dass der Schulleiter auf seine unausgesprochene Frage geantwortet hatte.

„Der sprechende Hut hat mir erzählt, (Komma) dass er sie gewarnt hat, mich in Hogwarts aufzunehmen.

Warum haben sie nicht auf ihn gehört? Nicht dass ich nicht froh bin, hier zu sein, verstehen sie mich nicht falsch, nur irgendwie scheinen alle Zauberer und magischen Gegenstände, außer ihnen, überzeugt zu sein, dass es besser wäre, mich von der Schule fern zu halten.", sprudelte es aus Remus hervor.

„Interessante Beobachtung.", erwiderte der Schulleiter schmunzelnd und fügte mit einem kurzen Seitenblick auf seine Stellvertreterin hinzu, „Ich hoffe aber inständig, dass ich nicht der Einzige bin, der es für richtig hält, dir eine schulische Magierausbildung zu ermöglichen."

„Selbstverständlich bin auch ich der Meinung von Direktor Dumbledore.", sagte McGonagall etwas entrüstet.

„Aber das war ja nicht deine Frage.", brachte der Direktor das Gespräch wieder auf das eigentliche Thema. „Warum habe ich den Rat des Sprechenden Hutes ignoriert? Nun ignoriert ist vielleicht zu hart, sagen wir lieber, wieso habe ich mich anders als der Sprechende Hut entschieden. Wie du weißt, wurde das Wissen, die Weisheit und die Tugenden der vier Schulgründer, oder jedenfalls Teile davon, dem Sprechenden Hut verliehen, auf das er in den kommenden, mittlerweile fast 1000 Jahren, die Schüler auf ihre Häuser verteilt. Ich habe den Sprechenden Hut gebeten, jeden der vier Gründer für sich sprechen zu lassen. Godric Gryffindor war natürlich für deine Aufnahme. Er hat zu Lebzeiten sicherlich nie eine Herausforderung abgelehnt. Salazar Slytherin sprach sich gegen deine Aufnahme aus, was zum Großteil an der Tatsache liegt, dass du kein reinblütiger Zauberer bist. Rowena Ravenclaw schloss sich der Meinung von Slytherin an, doch hatte sie andere Motive, die ich momentan nicht näher erläutern kann. Blieb noch die gutmütige Helga Hufflepuff übrig, die schon immer an das Gute und Friedvolle im Menschen glaubte und sich für eine Aufnahme aussprach. Somit stand es zwei zu zwei und da ich der Auffassung von Godric Gryffindor und Helga Hufflepuff war und bin, dass es immer besser ist, ein Wagnis einzugehen, wenn der mögliche Lohn das Risiko übersteigt, habe ich mich dazu entschieden, dass wenn schon zwei der Gründer für deine Aufnahme sind, es bestimmt einige Mühen wert wäre, dir das zu ermöglichen.", antwortete der Schulleiter ausführlich.

„Danke", murmelte Remus, der sich dem Gefühl nicht verwehren konnte, dass er dem Schulleiter eine Menge schuldete, auch wenn der dies vorhin verneint hatte.

„So, ich denke wir haben nun die ernstesten Unklarheiten beseitigt.", sagte Professor McGonagall. „Ich halte es für besser, wenn ich Mr. Lupin nun in seinen Schlafsaal bringe. Schließlich beginnt morgen die Schule und da sollte er ausgeschlafen sein."

„Aber natürlich.", entgegnete Albus Dumbledore etwas abwesend.

Und so führte McGonagall Remus aus dem Büro des Direktors und nach knapp zehn langen, schweigsamen Minuten betraten sie den Flur zum Gryffindorturm.

„Mr. Lupin", sagte Professor McGonagall streng, „Ich bin mir sicher, es ist ihnen bewusst, welches Risiko der Schulleiter eingegangen ist."– Remus nickte – „Deshalb möchte ich ihnen nahe legen, keinem anderen, nicht einmal den Schülern in ihrem Jahrgang zu erzählen, welches Geheimnis sie umgibt. Es dürfte für alle besser sein, wenn sie in diesem Fall etwas schwindeln. Und nun ab ins Bett. Das Passwort das sie dem Bild nennen müssen, lautet: Fidelias et Animi.", fuhr sie fort und nachdem sie geendet hatte, verschwand sie auch schon und lies Remus allein im Gang zurück.

Also ging er zum Bild auf das sie gedeutet hatte und wiederholte das Passwort. Das Bild schwang zur Seite und er betrat den Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Dieser war leer, bis auf zwei gemütlich aussehende rote Sessel, in denen Sirius und James in unbequemer Haltung eingeschlafen waren. Remus weckte die beiden und erfand schnell die Ausrede, dass der Schulleiter ihm noch einige Formulare zum Unterschreiben gegeben hatte, weil er doch nicht aus England, sondern aus Schottland war. Ihm war zwar nicht wohl dabei, seine gerade erst gewonnenen Freunde schon am ersten Tag ihrer Freundschaft anzulügen, aber da er das in Zukunft wohl öfters tun musste, war es wohl notwendig. Außerdem gaben sich die beiden mit der Erklärung zufrieden und zeigten ihm seinen neuen Schlafsaal.

Alle waren müde, so unterhielten sie sich nur noch wenig, als sie sich bettfertig machten und nachdem sie alle in die Federn geschlüpft waren, schliefen sie nacheinander ein, was bei dem lauten Geschnarchte von Peter eigentlich an ein Wunder grenzte.

AN: So nach langer Wartezeit ist nun das achte Kapitel online. Eigentlich wollte ich ja nicht darauf hinweisen, aber irgendwie bin ich mal ein bisserl Egoistisch. Also wenn ihr wollt das es weiter geht dann hätte ich gerne ein paar Review's (und wenn's geht welche die nicht nur sagen gefällt mir oder gefällt mir nicht, sondern welche die sich auf die Story beziehen).

Ich weis selber das es nervig ist diese Dinger zu schreiben aber irgendwie ist es unfair dem Autor gegenüber ihn im dunkeln stehen zu lassen.

In diesem Sinne

MnM