Kapitel 7: Der Polterabend
Huuuui, so viele Reviews #freu# Andi: Schön, dass du angefangen hast :-) Hoffe, du liest jetzt auch weiter, bzw. , bis zum (bitteren? #g#) Ende durch :-) Katja: Hier isses :D Rycitia: Oh, ich hoffe, die Leute waren (vorher) nicht zu verwirrend... ich hatte mir 'nen Stammbaum der Catines aufgemalt und danach sind die entstanden... und die, die hier vorkommen, sind noch nicht mal alle ;) Vielen Danke! FaFa: #g# Ja, der Graf passt nicht in 'nen Badeanzug, ich weiß, das ist Folter - aber was wäre ein schöner Junggesellenabschied ohne ein bisschen Quälerei? #lach# Freut mich, dass meine Sarah sich einigermaßen aushalten lässt ;) Steeljren-Dag: #lach# Ja, keine Sorge, meine Cousine lebt noch, aber ich hab ihre Beule auf French verlegt (wirst du gleich lesen), kannst dir vorstellen, dass der J-Abschied sehr chaotisch war #lol# Hast du im Ernst den Grafenbadeanzug bei Sims designt? #g# Danke :)
Alle, die sich deswegen gemeldet haben: Jaaa, Alfred und Herbert... Ich bettel jetzt mal: Schlagt mich nicht! Ich werd noch einige Szenen hier einbringen, aber mit den beiden wird es erst in der Fortsetzung richtig weitergehen. Lasst euch überraschen :-)
Ansonsten: Vielen Dank für die lieben Reviews #euchalleknuddel#
Noch 'ne Kleinigkeit zum Disclaimer: Die von Schlottersteins gehören nicht mir sondern Angela Sommer-Bodenburg.
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"Wo ist denn nun diese Hütte?", fragte Alfred keuchend.
Dasselbe fragte sich insgeheim auch Professor Abronsius, auch wenn er es nicht laut sagte.
Es war gerade mal elf Uhr, die Männer waren verhältnismäßig schnell mit dem Aufräumen im Spaßbad fertig gewesen. Nun waren Abronsius, Alfred, Herbert, Chagal, Jonathan und Koukol auf der Suche nach der Waldhütte, weil sie den Frauen versprochen hatten, beim Aufräumen zu helfen. Allerdings gestaltete sich allein die Aufgabe, die Hütte überhaupt zu finden, als schwierig - zumal vor Allem Herbert und Alfred noch eine Menge Blutlikör mit Kirscharoma im Blut -und in Alfreds Fall einen fauchenden Kater - hatten.
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Zu spät wären sie jedoch sowieso nicht gekommen, denn die Damen waren erst vor einer Stunde erwacht - die einen mit Kopfschmerzen und hundemüde, die anderen recht verquollen und mit schmerzenden Füßen vom Tanzen - und French mit einer dicken Beule am Kopf.
"Wie hast du das denn hinbekommen?", fragte Bella ihre kleine Schwester belustigt, während sie ein Aspirin in ihr Wasserglas fallen ließ.
"Ach, das war nichts besonderes", murmelte French verlegen und ging in die Küche, um Kaffeewasser aufzusetzen. Sarah kicherte, worauf Bella ihr einen fragenden Blick zuwarf.
Sarah kicherte nochmal, schälte sich aus ihrem Schlafsack, ließ sich neben Bella nieder und berichtete leise. "French und Titania haben es doch irgendwie geschafft, sich zum Schlafen auf die Sitzbank zu quetschen. French hatte ihren Kopf auf Titanias Schoß. Dann hat es irgendwann heute morgen draußen geknallt - weiß nicht, was los war, vielleicht ist ein Vogel gegen einen Baum geflogen... - jedenfalls sprang eure Mutter wie von der Tarantel gestochen auf und dabei ist French dabei von ihrem Schoß gerollt und mit dem Kopf gegen die Tischplatte geknallt."
"Was?" Bella war erschrocken. "Dabei hätte sie 'ne Platzwunde kriegen können!"
"Hat sie aber nicht." Lena und Ardora ließen sich - jeweils mit einer Tasse Kaffee - ebenfalls an den Tisch fallen. "Aber ihr Gesicht war wirklich genial, sie ist ja erst von dem Aufprall aufgewacht."
"Das ist NICHT lustig", fauchten French und ihre Mutter gleichzeitig. "Das wird grauenhaft aussehen!", jammerte French.
Anhand ihrer Miene musste Bella nun doch lachen.
Langsam kam Bewegung in die Frauen. Sie bereiteten das Frühstück vor, beseitigten einige der Schnapspfützen auf dem Boden und gaben immer wieder Aspirin, Kaffee und Tee an Kateropfer aus.
Als die Männer ankamen, stießen sie auf Sarah, Magda und Ardora, die sich am Brunnen hinter der Hütte (und damit auch in entgegengesetzter Richtung zum Weg zur Hütte) die Zähne putzten. Magda bemerkte sie als Erste und bekam gleich einen Lachanfall.
"Wo kommt ihr denn her?", fragte sie grinsend. Auch Sarah und Ardora prusteten nun los.
Der Anblick war aber auch zu komisch. Auf Professor Abronsius' Hut hatte sich eine Vogelmutter samt Nest eingenistet, Alfred sah sehr abgekämpft aus und hatte auch einen sehr roten Kopf. Herbert raufte sich im Gehen mit einem Eichhörnchen - das Eichhörnchen gewann den kleinen Kampf und verschwand mit Herberts Haarschleife in den Bäumen. Chagal sah aus, als würde er im nächsten Moment zusammen brechen. Nur Jonathan und Koukol sahen halbwegs unbeschädigt aus, aber Jonathan fragte halb verärgert, halb eingeschnappt: "Wo seid ihr denn bitte hergegangen, ohne so zugerichtet zu werden?!"
Ardora sah ihn verständnislos an (sie verkniff sich inzwischen erfolglos das Lachen). "Na, wir haben den Weg benutzt. Aber wer sich gerne durch die Jäger- und Sammlergegend schlägt..." Sie beäugte demonstrativ das Vogelweibchen auf dem Kopf des Professors.
Bei Sarah hatten die Mutterinstinkte überhand genommen, die packte Alfred und ihren Vater an den Schlafittchen und zog sie zum Brunnen, wo sie sie zwang, sich zu setzen.
"Mal ernsthaft: Ihr hättet nur den Weg von der Dorfstraße aus gehen müssen, und dann immer nach oben..."
"Aber da sind wir doch hergegangen!", verteidigte sich Chagal.
"Sind wir nicht", entgegnete Herbert mit monotoner Stimme. "Wir haben die Dorfstraße in den Wald genommen und sind an der Weggabelung nach unten gegangen." Er ließ sich ächzend neben seinen Alfi fallen.
"Ach, ist ja nicht schlimm, da wollte Sarah auch zuerst hergehen", kicherte Magda.
"Oh, da hat aber jemand noch Restalkohol im Blut", stellte Abronsius mit schlauem Blick fest.
"Ähm, ach ja, Professor, haben sie zufällig etwas gegen Kater und Beulen dabei?", fragte Sarah. "Daran... leiden nämlich einige..." Hinter ihr brachen Magda und Ardora schon wieder in Kichern aus.
Abronsius bejahte. Fünf Minuten später versorgte er alle Kateropfer und French mit den entsprechenden Mitteln.
Herbert blieb der Mund offen stehen, als er die Hütte durch die Balkontür betrat.
"Gott, was habt ihr gemacht? Habt ihr einen Elefanten hier durchlaufen lassen?"
Rebecca zog ihn in die Hütte und schloss die Tür. "Fast", grinste sie in Erinnerung an Sarahs Bauchtanz, den ihre Tochter gestern geliefert hatte.
Die nächsten anderthalb Stunden verbrachten die Vampire, Abronsius, Rebecca und Koukol damit, die Hütte aufzuräumen und Rucksäcke, Schlafsäcke, Isomatten, Leergut, CDs, Lebensmittel vom Frühstück und vom Abendessen, Luftballons, den Grill und die Musikanlage in die Kutsche zu schleppen, die Koukol an der Weggabelung hatte stehen lassen.
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Graf von Krolock war sehr froh, als er seine Schützlinge, seine Verlobte und seine Verwandten im Schlosshof einfahren sah. Er war mit Julian und Lommel sofort zurück zum Schloss gefahren und hatte begonnen, Musik für den Polterabend herauszusuchen.
"Oh, ich werd so viel Muskelkater haben", stöhnte Sarah, als sie aus der Kutsche stieg. Viel konnte sie jedoch nicht mehr sagen, da ihr Graf sie sofort in die Arme schloss. "Wie war's, Sternkind?", fragte er.
"Duuu... du gemeiner Kerl", sprudelte es aus Sarah heraus. "Du wusstest ganz genau, was Magda vorhatte! Und dann noch so scheinheilig 'und macht keine Fotos... du..."
Herbert warf Ardora und Bella einen viel sagenden Blick zu, jedoch mit einem Grinsen. "Ich hoffe, ihr habt schön viele Fotos gemacht?"
"Dito", kicherte Bella. "Ich hab meinen Onkel ja schon seit zweihundert Jahren nicht mehr in Badehose gesehen."
"Wer redet denn von Badehose?" Alfred gesellte sich zu den dreien. Die beiden Frauen schauten ihn mit großen Augen an, aber Herbert grinste nur: "Lasst euch überraschen, die Bilder werden an der Hochzeit gezeigt."
Die Nacht verging relativ schnell. Viele Infos über die Junggesellenabschiede wurden ausgetauscht, Magda scheuchte einige Ewigkeitsvampire durch die Gegend, die den leer stehenden Stall für die nächste Nacht dekorieren sollten, Herbert, Alfred, Julian und ARdora wurden wieder in die Küche verfrachtet und Rebecca und Chagal hatten die 'ehrenvolle' Aufgabe, die Priester zu beschäftigen.
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"Warum steht der Pferdestall eigentlich leer?", fragte Alfred und wich mit geschocktem Gesicht einer blutroten Teigkugel aus, die Julian gerade nach Herbert warf.
Dieser fing die Kugel und klatschte sie vor sich auf die Arbeitsplatte. "Unsere Pferde stehen jetzt in einem besseren Stall, und der Polterabend findet in unserem Alten." Er riss ein kleines Stück Teig am und reichte es Alfred. "Mal probieren?"
Alfred wich ein bisschen zurück. "Was ist das?", fragte er misstrauisch.
"Blut, Liebling", grinste er. "Das ist so etwas Ähnliches wie Crêpes- oder Pfannkuchenteig, aber mit Blut verfeinert. Schmeckt eigentlich wie Blutmarmelade ohne Zucker."
Alfred probierte den Teig zögerlich - und war überrascht, dass es ihm schmeckte. Herbert beobachtete ihn lächelnd. "Gut, nicht?" Alfred nickte. "Was machst du daraus?"
"Das wird ein bisschen gebacken, dann kommt da entweder Fleisch oder Marmelade drauf und wenn es eine Stunde im Backofen war, ist es fertig. Man nennt das Ganze Blutpfännchen."
"Und das gibt's morgen?", fragte Alfi neugierig. Herbert nickte. "Morgen und an der Hochzeit auch."
Innerhalb der nächsten zwei Stunden backten die vier Unmengen an Blutpfännchen, kochten massig diverse Suppen und Eintöpfe und Alfred entdeckte seine Liebe zum Cocktailmixen.
Um halb vier wurden sie von Titania, Koukol und Jonathan unterbrochen, die in der zweiten Küche gearbeitet hatten.
Titania steckte den Kopf durch die Tür und alle Augen richteten sich auf sie. "Können wir mal kurz stören?", fragte sie geheimnisvoll, bevor sie wieder auf dem Flur verschwand.
Die vier Vampire hatten gerade mal Zeit, verwirrte Blicke zu tauschen, bevor Koukol und Jonathan ein gewaltiges, verdecktes Etwas auf Rädern in die Küche schoben.
"Darf ich vorstellen?" Titania schloss die Tür hinter sich. "Die Hochzeitstorte!"
Ihr Mann zog schwungvoll das Tuch von dem Gebilde und den verhältnismäßig jungen Vampiren klappten die Kinnladen runter.
Die Torte war gut anderthalb Meter groß und hatte vier Stockwerke. Auf dem obersten stand ein Marzipanehepaar. Die Stockwerke waren mit rosanen und dunkelroten Zuckerguss verziert und am zweiten und vierten Stockwerk klebten große Schokoladenrosen. Kurz und gut: Koukol, Jonathan und Titania hatten sich selbst übertroffen.
Herbert war der erste, der seine Worte wieder fand. "Wie lange habt ihr denn dafür gebraucht?", fragte er.
"Och, na ja..." Jonathan grinste und Koukol bedeutete dem Sohn des Grafen, dass sie für dieses Werk etwa vier Stunden gebraucht hatten.
Bevor die jungen Vampire die Torte loben und bewundern konnten, spitzte Alfred die Ohren. "Wartet mal", murmelte er langsam. "Ich glaub, da draußen kommt jemand..."
Jonathan warf einen Blick aus dem Türspalt. Dann stürzte er ohne Vorwarnung auf die Torte zu, verdeckte sie wieder mit dem Tuch - was etwas seltsam aussah, da sich der sonst so ruhige Vampir beinahe auf die Torte warf - und rollte sie durch die Hintertür zurück in die zweite Küche.
Seine Frau und Koukol starrten ihm sprachlos nach. Genau in diesem Moment steckte der Graf den Kopf durch die Tür.
"Guten Abend", flötete er.
Herbert riss sich aus seiner Starre und sagte laut - und nicht ohne gespielte Empörung-: "Was machst du denn hier drin? Normal darfst du hier gar nicht rein!"
"Ich soll von Magda fragen, wie viel Essen es gibt, sie muss das wissen, damit die Ewigkeitsvampire genug Tische in den Stall stellen." Von Krolock ließ seinen Blick auffällig suchend durch die Küche wandern.
Titania öffnete den Mund, um etwas zu sagen, schloss ihn wieder und drängte ihren Cousin dann kurzerhand aus der Küche, mit Koukol im Schlepptau. Die jungen Vampire konnten hören, wie der Graf eine Standpauke über Geheimhaltung über sich ergehen lassen musste.
Julian schüttelte den Kopf. "Das ist ja gar nicht typisch für ihn, dass er so neugierig ist..."
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Keine vierundzwanzig Stunden später hatte sich die Neugier des Grafen gelegt - und sich zu Herberts Überraschung in Aufregung verwandelt.
Vater, Sohn und Sarah standen bereits im Ballsaal und erwarteten die Gäste.
"Mann, Papa, warum bist du so aufgeregt? Das ist doch dein zweiter Polterabend!"
Graf von Krolock schnaubte. "Deine Mutter und ich hatten keinen Polterabend!"
Auf Sarahs Gesicht machte sich ein winziges, unterdrücktes Lächeln breit.
In diesem Moment betrat die Catine-Familie mit Professor Abronsius und einer vor Aufregung und Stolz glühenden Magda im Schlepptau den Saal.
"Ratet mal wer da ist", trällerte sie dem Grafen entgegen. Titania verdrehte die Augen, Herbert grinste.
"Nach deinem Gesichtsausdruck zu schließen, Cousinchen, handelt es sich um Dorothee und die Sippe", meinte der Graf mit nicht viel glücklicherem Gesicht. Titania nickte seufzend. "Mit den ganzen Kindern... das wird der Horror!"
"Ach Mama, wie waren doch auch mal so klein", versuchten Lommel und French ihre Mutter zu trösten.
Im selben Augenblick flog die Tür zum Ballsaal krachend auf und es schepperte ohrenbetäubend.
Auslöser des Lärms waren Alfred, Chagal und Julian. Die drei hatten jeweils einen Teller fallen gelassen und winkten das Bald-Brautpaar und die umstehenden Vampire nach draußen. Kaum hatte Sarah als letzte den Saal verlassen, beseitigten zwei Ewigkeitsvampire die Scherben.
Die beiden bekamen im Laufe des Abends noch eine Menge zu tun.
Denn der Graf und Sarah bemerkten in der Schlosshalle geschockt, dass nicht nur Alfred, Julian und Chagal mutwillig Geschirr zerstörten. Durch das offen stehende Schlossportal erblickten sie eine ganze Horde von Vampiren - die Familie des Grafen -, die ganze Geschirrschränke - von Tassen über Teller bis Untertassen - zerdepperten. Gleichzeitig fragte sich Sarah, wie sie diesen krach hatte überhören können.
Wenn das Brautpaar allerdings gedacht hatte, dass der gigantische Scherbenhaufen das Höchstmaß war, hatten sie sich geirrt. Sobald die Gäste die beiden bemerkt hatten, fingen sie an zu brüllen - was man heraushören konnte waren Wortfetzen wie "Was für ein schönes Paar", "Auf das Brautpaar" oder "Jetzt geht's lohooos!", wobei man glatt denken könnte, dass Sarah und ihr Graf gerade frisch vermählt aus der Kirche kommen würden - und sogar Gläser zu zertrümmern.
Einige Minuten später jedoch drängte die ganze Versammlung endlich in den Ballsaal. Der Graf hatte alle Hände voll zu tun, seine Massen an Verwandten zu begrüßen, während Herbert seinen Alfi mit einigen Verwandten bekannt machte . und ihn wiederum vor anderen warnte. Chagal, der als Barmann engagiert worden war, schenkte fleißig aus und Sarah stand etwas hilflos neben ihrem baldigen Mann, begrüßte all diese Menschen, die bald zu ihrer Familie gehören würden, während Rebecca und Magda zusammen mit Julian und Ardora überprüften, ob all die Esssachen, die sie in der letzten Nacht vorbereitet hatten, am richtigen Platz waren.
Graf von Krolock schenkte sich eine Rede - er war sowieso viel zu sehr damit beschäftigt, sich mit seine entfernten Cousine Dorothee von Schlotterstein zu streiten - und überließ es ausgerechnet Professor Abronsius, die Feier zu eröffnen. Die Worte des Armen Mannes gingen allerdings in den ersten Takten von "What a feeling" unter, das Magda, jetzt erst recht in Feierlaune, in voller Lautstärke einwarf.
"Willst du tanzen?", musste Herbert Alfred ins Ohr schreien, damit der junge Wissenschaftler ihn verstand.
Aber bevor dieser antworten konnte, wurde das Lied unterbrochen und ein anderes setzte ein - eines, das zu Alfreds Überraschung wirklich jeder aus der Familie von Krolock kannte und dessen Tanzschritte jeder beherrschte.
"It's astounding
Time is fleeting
Madness takes its toll
But listen closely
Not for very much longer
I've got to keep control"
Alfred erkannte das Lied und drehte sich schockiert zu Herbert um. "Woher kennt deine Verwandtschaft den 'Time Warp!?"
"Wundert sich das bei Julian oder Bella?", lachte Herbert. "Kannst du die Schritte?", fügte er hinzu. Alfred schüttelte den Kopf, während Herberts Verwandten begeistert mitgrölten - nun ja, fast alle. Denn der 'Time Warp' war etwas, wozu sich Graf von krolock niemals hatte hinreißen lassen, und das würde sich auch so schnell nicht ändern.
"Mach einfach nach, was gesungen wird", rief der Grafensohn übermütig.
"It's just a jump to the left
And then a step to the right
With your hands on your hips
You bring your knees in tight
But it's the pelvic thrust
That really drives you insane
Let's do the Time Warp again
Let's do the Time Warp again"
"Die Party ist eröffnet", jubelte eine mandeläugige Nichte des Grafen.
Nun ertönte wieder "What a feeling". "Willst du tanzen?", wiederholte Herbert. Alfred machte ein zweifelndes Gesicht, das Herbert innerlich zum resignieren brachte. Warum musste sich der junge Wissenschaftler von einer Nacht auf die andere immer wieder in sein Schneckenhaus zurückziehen?
Aber Alfreds Bedenken lagen ausnahmsweise mal nicht bei eventuellen Anmachen von Seiten Herberts. Dafür hatte ihm das Gespräch im Pool zu gut gefallen, musste er insgeheim zugeben. Nein, es lag an etwas anderem... er informierte Herbert - mal wieder - über seine Unsicherheit in Sachen Tanzen.
"Ich weiß gar nicht, was du hast", entgegnete er den zweifeln seines Angebeteten - erleichtert, dass es nur um eine so simple Angelegenheit ging. "Du kannst doch tanzen, das hab ich bei unserer Tanzstunde selbst gesehen..." Er lächelte den Assistenzwissenschaftler ermutigend an. "Nun komm schon!"
"Na gut..." Obwohl ihm nicht wohl bei der Sache war, ließ sich Alfred auf die Tanzfläche ziehen.
Chagal beobachtete das Ganze etwas ungehalten von der Bar aus, an der er immer noch reichlich ausschenkte. Er warf einen Blick zu seiner Tochter, die neben Bella und Ardora stand und grinsend zu den beiden tanzenden Männern hinüber schaute. Von ihren Lippen konnte er etwas ablesen, das entweder "Na endlich" oder "Wie s" heißen konnte.
Er war immer noch unschlüssig, ob er es gut oder schlecht finden sollte, dass Sarahs Verehrer sich nun mit jemand wie dem Sohn des Grafen einließ... Sicher, Herbert hatte viel Einfluss, aber Chagal war er irgendwie immer wie ein Schürzenjäger vorgekommen - und sollte Alfred tatsächlich mit ihm zusammenkommen, würde er jegliche Hoffnung aufgeben müssen, dass seine sich Tochter irgendwann doch noch mit jemand Anständigen zusammentat... Anständig konnte er den Grafen nun gar nicht einstufen!
"Alter Sack", grummelte Chagal, während er ein Wasser (A/N: Ja, Wasser :-) Muss ja auch mal was Anti-Alkoholisches geben.) verschüttete. "... ist ein Jahrhunderte alter Kerl und macht sich an mein Wuschelkätzchen ran... und heiratet sie... will nicht an die Hochzeitsnacht denken!"
Magda legte nun ein langsames Lied auf, bevor sie ihr Amt an Lommel weitergab.
Ardora forderte die junge Magd auf, der Graf und Sarah betraten die Tanzfläche, - und zu Herberts Überraschung machte Alfred keine Anstalten, dieselbige zu verlassen.
"If I should stay
I would only be in your way.
So I'll go, but I know
I'll think of you every step of the way" , drang 'I will always love you' in etwas leiser aus den Lautsprechern - in einer Lautstärke, dass sich Herbert und Alfred sich ganz leise unterhalten konnten, während sie nun etwas enger tanzten. Alfred ließ es geschehen, dass Herbert seine Hände an seiner Tallie platzierte.
"Na, ist das so schlimm?", flüsterte der Grafensohn Alfred ins Ohr.
Dieser schüttelte den Kopf. "Nee, ich dachte, es währe schlimmer. Aber ich fühl mich, als ob alle hier hingucken würden..."
Herbert kicherte. "Kam mir am Anfang auch so vor, aber guck dich mal um. Die sind alle mit sich selbst beschäftigt."
Damit hatte er zweifellos recht. Titania und Jonathan, die ebenfalls tanzten und dabei die anderen Paare beobachteten, waren sich einig, dass bei Sarah und Graf von Krolock nicht mehr viel fehlte, bis sie wie zwei Teenager anfangen würden, auf offener Bühne herum zu knutschen, auch Magda und Ardora unterhielten sich leise und kicherten ab und an und Julian bettete sein vom Kochen müdes Haupt beim Tanzen auf Bellas Schlüsselbein.
"Siehst du? Da kümmert sich keiner drum", wisperte Herbert. "Wir sind nur zwei unter vielen."
Alfred nickte langsam und riss seinen Blick von Sarah und dem Grafen los, die sich jetzt noch enger umschlungen.
"Sag mal, wird das auf der Hochzeit eigentlich auch so?", fragte er.
"Ich glaub, es gibt 'ne Tanzfläche, aber da müssen wir ja nicht tanzen", antwortete Herbert. Alfred musste gähnen.
"Auch so müde?" Herbert grinste, Alfred nickte mit einem schiefen grinsen. "Zu viele Blutpfännchen gebacken", rief er Herbert leicht sarkastisch ins Gedächtnis, dass der junge Wissenschaftler beim Backen der kleinen Pfännchen in der Nacht zuvor zwei mal in Ohnmacht gefallen war, weil er sich immer noch nicht daran gewöhnt hatte, mit Blut zu backen.
Der silberhaarige Grafensohn verzog schuldbewusst das Gesicht. "Tut mir leid, ich wusste nicht, dass du nicht mit Blut arbeiten kannst. Ist wie mit Fleisch, oder?"
"Genau", stimmte Alfred zu. "Ich kann es sehen, aber ich darf nicht sehen, wie es verarbeitet wird. Das endet nicht gut." Er grinste verlegen.
Herbert strich ihm zärtlich eine Locke aus dem Gesicht und murmelte ebenso sanft: "Sensibelchen..."
Alfred wurde rot.
Ein paar Meter weiter unten wurden die beiden von einer rothaarigen jungen Magd und einer dunkelhaarigen Halb-Nichte des Grafen beobachtet. Die beiden hatten die Tanzfläche verlassen, standen dafür aber unmittelbar davor. Ardoras Herz klopfte wie wild, da sie so dicht bei Magda stand.
"Die beiden sind einfach ein perfektes Paar", seufzte sie jedoch, ohne sich etwas anmerken zu lassen, mit dem Blick auf ihrem Halb-Cousin und Alfred. Magda seufzte ebenfalls.
"Wenn Alfred nur mal länger als eine Nacht der Meinung bleiben könnte, dass Herbi ein ganz lieber ist..."
"Er ist übrigens nicht der Einzige, der ganz lieb ist..." Ardora hatte sich entschlossen, einfach etwas offensiver zu werden. Sie schaute der jungen Magd direkt in die Augen.
Diese konnte nicht verhindern, dass sich ihre Gesichtsfarbe etwas verdunkelte. "Meinst du mich?", fragte sie ungewohnt schüchtern.
Ardora nickte. "Du bist auch 'ne ganz Liebe." Magda lächelte sie an. "Danke. Muss sagen, so was hab ich in Chagal Wirtshaus nicht so oft zu hören bekommen. Das tut richtig gut."
Ardora verfluchte sich selbst und ihre Wortwahl innerlich. Sie sollte wirklich darauf achten, sich nicht zweideutig auszudrücken. Trotzdem ließ sie sich nichts anmerken.
"Oh, ist doch selbstverständlich..."
Magda beobachtete weiter die beiden jungen Männer, dabei lehnte sie sich jedoch an Ardoras Schulter, was deren Herz noch ein Stück höher schlagen ließ.
Inzwischen hatte Chagal auch die beiden erspäht - und der Anblick seiner Magda, so nah an eine Frau geschmiegt, brachte seinen Kragen, nach seinen Überlegungen über Herbert und Alfred, zum Platzen. Er wollte gerade die Bar Bar sein lassen - im Moment stand sowieso niemand an - und sich einen Weg zu den beiden Bahnen, als sich ihm Rebecca in den Weg stellte.
"Wo willst du denn hin? Ich wollte meinen Mann eigentlich mal zum Tanzen auffordern..."
Praktischerweise blieb Lommel beim Kuschelrock. Inzwischen liefen Robbie Williams "Angels". So ließ sich Chagal von seiner Frau zur Tanzfläche dirigieren, aber in Gedanken schäumte er immer noch vor Wut.
Die Party ging weiter ihren Gang. Immer wieder tauchten neue Gesichter auf - Verwandte des Grafen, von Krolocks aus allen Winkeln der Erde waren angereist -, deren Besitzer, bevor sie das Schloss betraten, schnell noch ein paar Teller zerdepperten.
Eine aus dem Orient kommende Großnichte des Grafen namens Taiga brachte Sarah tatsächlich noch das Bauchtanzen bei, nachdem sie ja am Junggesellenabschied eine so klägliche Vorstellung geliefert hatte.
Alfred und Herbert tanzten den größten Teil des Abends - worüber sich Herbert sehr freute - und auch Magda zog ARdora irgendwann zurück auf die Tanzfläche, wo die Halb-Nichte des Grafen bitterböse Blicke von Chagal erntete.
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Gegen halb vier verließ Alfred die Tanzfläche, weil ihn der Durst quälte. Herbert folgte ihm. Die beiden bedienten sich an der Bar und statteten sich jeweils mit zwei Gläsern Bowle aus, bevor sie sich in den Schlossgarten begaben, um etwas frische Luft zu schnappen.
Die beiden ließen sich auf der kleinen Schlossmauer in der Nähe des Teiches nieder, in dem vor ein paar Nächten die Wasserschlacht stattgefunden hatte.
"Und, wie gefällt es dir?", fragte Herbert.
"Großartig! Ich wusste gar nicht, dass man beim Tanzen so viel Spaß haben kann", antwortete Alfred halb erstaunt, halb ausgelassen.
Herbert musste lachen. "Du hast es vorher noch nie ausprobiert, oder?"
Alfred schüttelte den Kopf. "Leider."
Beide schwiegen eine Weile, nippten nur ab und zu an ihren Gläsern. Dann brach Herbert das Schweigen.
"Sag mal, Alfi?"
"Ja?"
"Was war eigentlich mit dir los, als wir aus Kronstadt weggefahren sind?"
Alfred seufzte ungewohnt tief auf. Er hatte wirklich versucht, die Erinnerung zu verdrängen. Und er musste zugeben, dass er es geschafft hatte, und das ein Hauptfaktor dafür Herbert von Krolock hieß.
"Sie hat mich gefragt, ob ich ihr Trauzeuge sein will. Ich hab ihr bei der Gelegenheit - und natürlich genau zum falschen Zeitpunkt - gesagt, was ich für sie empfinde..." Er seufzte wieder, "und sie hat mich abblitzen lassen."
"Oh", kam es von Herbert. Der Grafensohn hatte nicht gewusst, dass die Gefühle des Assistenzwissenschaftlers für Sarah selbst jetzt, ein halbes Jahr, nachdem er gebissen worden war, noch so stark waren, dass er deshalb so geknickt war. Herbert zögerte, bevor er vorsichtig bemerkte: "Na, jetzt weißt du ja, wie es sich anfühlt, eine Abfuhr von jemandem zu bekommen, den man sehr gerne mag..."
Alfred schaute ihn an. Herbert hatte den Blick gesenkt und malte mit dem Fuß Kreise auf die Erde.
"Tut mir leid", murmelte er.
"Ach was", erwiderte Herbert. "Was nicht ist, ist eben nicht." Er verfluchte sich selbst dafür, dass all seine Tricks, Alfred um den Finger zu wickeln, wie weggepustet waren, wenn er die Möglichkeit hatte, sie anzuwenden. Und noch mehr verfluchte er sich dafür, dass er nicht mal versuchte, Alfi davon zu überzeugen, dass er ein guter Freund - und vor allem, mehr als das - sein konnte.
"Nein, nein." Alfred ließ nicht locker - in Anbetracht der Angelegenheit etwas sehr Ungewöhnliches für ihn. "Ich mein, ich hab versucht, das Ganze zu verdrängen, und mit deiner Hilfe hat das auch geklappt. Und ich stoße dir zum Dank immer wieder vor den Kopf", stieß er, viel heftiger als er eigentlich wollte, hervor.
Herbert starrte seinen Alfi ungläubig an. "Was meinst du damit?", fragte er hoffnungsvoll.
"Na ja..." Alfred fühlte sich mit dem erwartungsvollen Ton in der Stimme des Grafensohnes überfordert. "Das heißt, dass ich meine Meinung über dich geändert hab."
Herbert atmete freudig ein. Alfred redete schnell weiter.
"Ich mein, du hast mir das Tanzen beigebracht, mir die Vampirwelt - beziehungsweise deine Verwandten - etwas näher gebracht... du hast mich an Alkohol rangeführt", setzte er grinsend hinzu.
Herbert zuckte lächelnd mit den Schultern. "Irgendwann ist immer das erste mal." Alfis Eröffnung war zwar nicht das, was er erwartet hatte, aber es war besser als nichts. Immerhin lief er nicht mehr vor ihm, Herbert, weg.
"Sag mal, kann ich dich mal was fragen, ohne dass du sofort Panik bekommst?", packte er die Gelegenheit am Schopf.
Alfred nickte. "Natürlich."
"Was findest - oder besser fandest - du so schlimm oder erschreckend daran, dass ich... naja, dass ich deine Nähe gesucht hab? Liegt es daran, dass ich ein Mann bin? Oder hast du das vom Professor?" Der Grafensohn erinnerte sich unangenehm an den Regenschirm des Professors.
Alfred wurde mit einem Schlag knallrot. Eine solche Frage hatte er nun gar nicht erwartet. Trotzdem versuchte er so zu antworten, dass er Herbert nicht verletzte.
"Na jaaa... also... ich find so was im Allgemeinen nicht schlimm... nur eben nicht so angenehm, wenn es um mich geht...ich bin glaub ich nicht für eine Beziehung mit einem Mann geeignet..."
"Und du würdest dich nicht vom Gegenteil überzeugen lassen?" Herbert war etwas näher an ihn herangerückt. "Ich mein, es wär ja kein Weltuntergang..." Er beugte sich ein wenig vor und ignorierte die Stimmen in seinem Unterbewusstsein, die ihn mit den Tonlagen von Julian und Ardora anschrieen, dass er die Sache überstürzte.
Aber Alfred wich nicht zurück - das konnte allerdings auch daran liegen, dass er wie versteinert war.
Doch bevor Herbert die Initiative ergreifen konnte, stürzte Chagal aus einem Busch hervor. "Wag das ja nicht!", rief er.
Alfred erwachte aus seiner Starre und Herbert zuckte zurück. Die beiden schauten den dicken Wirt stirnrunzelnd an. "Was machst du denn hier?", wollte Herbert wissen.
Chagal ignorierte seinen Einwurf. "Ich werd nicht zulassen, dass du den Jungen verdirbst!", polterte er. Auf Herberts Gesicht erschien ein ungläubiger Ausdruck. Er wechselte einen Blick mit Alfred. "Was soll das denn jetzt?"
"Falls du es nicht bemerkt hast: Der Junge hat mit Jungs nichts am Hut!" An Chagals gefährlichem Schwanken merkten die beiden Männer, dass er viel Alkohol im Blut hatte. Zu viel.
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"Wo ist eigentlich Chagal?", fragte Ardora. Sie saß mit Magda, Bella, Rebecca, Titania und Julian an einem Tisch am Rand des Saals.
"Oh, ich hab ihn vorhin rausstürmen sehen", meinte Julian.
"Ja, wir haben getanzt und irgendwann hat er sich losgerissen und ist raus", hickste Rebecca, die ebenfalls leicht tüdelig war.
Ardora gab sich damit zufrieden, aber Julian warf ein: "Sind Herbi und Alfi nicht auch rausgegangen?"
"Ja und?", fragte Bella zurück.
"Na ja, Chagal und ich hatten eine kleine auseinandersetzung..." Er erzählte den Frauen von seinem Streit mit dem dicken Wirt im Hallenbad.
Rebecca stöhnte entnervt. "Ich glaube, mein lieber Mann ist fest entschlossen, jedes Paar, was sich mehr oder weniger zusammengerauft hat, auseinander zu bringen."
Titania warf einen besorgten Blick zur Tür. "Meinst du, der stört die beiden?"
Julian erhob sich. "Lasst uns mal nachsehen. Ich will nicht wissen, wie Herbert reagiert, wenn Chagal ihm das an den Kopf wirft, was er mir vorgestern gesagt hat."
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Herbert erhob sich langsam. "Was willst du eigentlich?"
"ICH will verhindern, dass dieser vernünftige, anständige Junge von dir verdorben wird", lallte der dicke Wirt.
Alfred wurde nicht nur knallrot - diesmal vor Empörung - sondern ihm klappte, zeitgleich mit Herbert, die Kinnlade runter. Chagal erlebte den Grafensohn zum ersten mal sprachlos. Schließlich fand er jedoch die Worte wieder.
"Soll das etwa heißen", fragte er gefährlich leise, "dass ich in deinen Augen ein zu schlechter und flatterhafter Umgang bin?" Er warf Chagal einen bitterkalten Blick zu, der bei diesem, selbst noch in angetrunkenem Zustand, die Nackenhaare stehen ließ.
Jedoch nickte er. Herbert musste sich zurückhalten, um nichts Unüberlegtes zu tun. Chagals Worte bestätigten genau das, was ihm Julian im Schwimmbad verraten hatte, bevor sie in die Gruft gegangen waren. Alfred bemerkte, dass Herbert kurz davor war, dem dicken Wirt irgendetwas Körperliches zuzufügen - was er jedoch auch auf den Blutlikör zurückführte - und griff dem Ärmel des Grafensohnes.
Chagal lachte. "Alfred, du musst ihn nicht zurückhalten." Er kicherte. "Mit ihm würde ich es schon aufnehmen..." Er bedachte den Sohn des Grafen mit einem geringschätzigen Blick.
Herbert und Alfred schauten sich an. Herbert verdrehte die Augen, während der junge Wissenschaftler das Gesicht verzog. "Das wird langsam lächerlich", murmelte Herbert verhalten.
In diesem Moment erschienen Magda, Rebecca, Sarah, Julian, Ardora, Titania und Bella in ihrem Blickfeld - Rebecca mal wieder mit einer großen Salami bewaffnet.
"Was ist hier los?", fragte sie.
Bevor Alfred oder Herbert auch nur den Mund öffnen konnten, entgegnete Chagal laut: "Dieser... dieser... Flegel, er wollte sich an Alfred ranschmeißen!"
"Ja, ja, ja, schön und gut, aber was hast du damit zu tun?, wollte Magda wissen. Julians Augen verengten sich zu Schlitzen.
"Na ja...", wurde der dicke Wirt kleinlaut, "ich dachte, es wäre im Sinne des Grafen, des Professors und den meisten Schlossbewohnern, wenn hier nicht noch ein... ein... so einer halt-" er deutete wild fuchtelnd auf Herbert, "-rumläuft!"
Herberts Augen weiteten sich. Glücklicherweise hatte er im Laufe der Jahrhunderte gelernt, sich zu kontrollieren, also drehte er sich nur gezwungen ruhig zu Rebecca um und fragte mit gepresster Stimme:" Dürfte ich mir wohl mal die Salami ausleihen?"
Die Frau des Wirts wollte gerade etwas antworten, als alle Blicke zu Alfred wanderten. Der arme Assistenzwissenschaftler wurde von Chagal ein paar Meter von Herbert weggezerrt, wobei der Wirt etwas wie "... die alte Schwuchtel ist ja gemeingefährlich..." murmelte.
Zwar waren die Worte tatsächlich nur gebrummelt, aber sie kamen dennoch bei allen Anwesenden an. Während Herbert mal wieder sprachlos dastand, klappten Titania und ihrer Tochter, Ardora und Julian die Münder auf. Magda jedoch riss ihrer ehemaligen Chefin die große Wurst aus den Händen und stürzte mit Sarah im Schlepptau zu ihrem Liebhaber hinüber. Sarah befreite Alfred aus dem Griff ihres Vaters, während Magda ihm eins mit der Salami überzog.
Herbert erwachte aus seiner Starre, als Alfred schließlich wieder neben ihm stand. "War wohl besser so", murmelte er. Alfred, noch etwas unter Schock, nickte stumm.
Mit einem gemurmelten "Meine Fresse" half Rebecca ihrer schimpfenden und empörten Tochter und ihrer fassungslosen und ungläubigen ehemaligen Magd, ihren bewusstlosen Ehemann in Richtung Schloss zu schleppen. Titania folgte ihnen, während Julian, Ardora und Bella zu den beiden jungen Männern traten.
"Was - war - das - denn?", fragte Bella und betonte jede Silbe einzeln.
Herbert schnaubte. "Das frag ich mich auch! Was nimmt sich dieser - dieser unverschämte Kerl eigentlich raus?!"
"Was wollte er eigentlich?", meinte Alfred und stellte damit die Frage, die sich trotz der wenig glaubwürdigen Antwort des dicken Wirts in den Köpfen aller herumtrieb.
Nach einem allgemeinen Schulterzucken meinte Ardora: "Mal sehen, ich schau mal, ob ich aus Magda was rauskriege..." Damit drehte sie sich auf dam Absatz um und entschwand.
Julian seufzte. "Also, ich denke, mit dieser Einstellung hat der Kerl hier auf dem Schloss wirklich nichts zu suchen."
"Find ich auch", meinte Herbert zustimmend.
"Glaubt ihr wirklich, er hat was gegen Schwule?", fragte Alfred zweifelnd.
Bella schüttelte den Kopf. "Kann ich mir nicht vorstellen... ich denk mal, er ist etwas durch den Wind, weil seine Tochter jemand... na ja, so Altes heiratet und hat sich wohl ausgerechnet, wer als Partner besser in Frage käme: Alfred oder mein Onkel. Und da Alfred ihm - als Assistent eines Professors - wohl etwas vernünftiger vorkam, war er wahrscheinlich etwas fassungslos, als er sah, dass Alfred... nun ja, vielleicht doch eher am anderen Ufer schwimmt", beendete sie ihre Analyse.
Alfred zog scharf die Luft ein. Er verkniff sich eine verteidigenden Einwurf, dass nicht das empfand, was Chagal vielleicht dachte - er hatte das dumme Gefühl, er würde damit alles noch ein wenig schlimmer machen - sondern meinte nur trocken: "Wie schön, dass ich dabei auch noch gefragt werde..."
Julian warf ihm einen überraschten Blick zu, lächelte dann Herbert an und knuffte schließlich Bella in die Seite. "Wir verschwinden dann mal, ich hoffe, der Kerl hat euch nicht zu sehr gestört."
Damit zog er die blonde Vampirin mit sich.
Herbert und Alfred tauschten einen Blick, bevor sich Herbert stöhnend wieder auf die kleine Mauer fallen ließ. "Na toll",murmelte er deprimiert und vergrub das Gesicht in den Händen.
Alfred ließ sich neben ihm nieder und legte ihm tröstend eine Hand auf die Schulter. "Hey, so schlimm ist es doch auch nicht."
Der Grafensohn schaute ihn an. "Du bist doch nicht der gleichen Meinung wie er, oder?", fragte er leise. In seiner Stimme schwang ein ängstlicher Unterton mit.
Alfred schüttelte heftig den Kopf. "Auf keinen Fall. Mit Sarah, das hat sich ja sowieso erledigt, und ich finde es einfach unangemessen, dich so zu beschimpfen", sagte er in schöner Offenheit.
Ein Lächeln huschte über Herberts Gesicht. Alfred bemerkte dumpf, wie nahe sie sich wieder waren. "Da bin ich ja beruhigt", flüsterte Herbert und bevor Alfred wusste, wie ihm geschah, hatte Herbert ihm einen vorsichtigen kleinen Kuss auf die Lippen gedrückt.
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"Was sollte das denn?", fragte Bella halb fauchend, halb keuchend, sie konnte kaum mit Julian schritthalten. "Warum wolltest du unbedingt weg?"
Der Teen-Vampir drehte sich grinsend zu ihr um. "Mir ist nur eingefallen, wobei Chagal die beiden wahrscheinlich gestört hat. Und ist dir eigentlich aufgefallen, dass Alfi deine These von Chagals angeblicher Idee, ihn und Sarah zu verheiraten, gar nicht gefallen hat?"
Auch Bellas Gesicht hellte sich nun auf. "Stimmt..."
"Also, ich wette-", begann Julian, unterbrach sich aber sofort, als er Graf von Krolock hinter Bella auftauchen sah. Er versuchte, der blonden Vampirin anhand von Gesichtsausdrücken zu bedeuten, dass ihr Onkel genau hinter ihr stand, aber sie begriff nicht und schüttelte den Kopf. Umso heftiger zuckte sie zusammen, als sie das "Na, wo kommt ihr denn her?" ihres Onkels vernahm.
"Na ja, also...", begann sie, doch Julian unterbrach sie noch, während sie nach einer Ausrede suchte. "Von draußen."
"Ah ja", machte der Graf, "Dann könnt ihr mir ja vielleicht sagen, warum Sarah, ihre Mutter und Magda gerade meinen Schwiegervater zur Gruft getragen haben?" Seine Stimme duldete keinen Widerspruch. Bella und Julian wechselten einen Blick, bevor sie Graf von Krolock alles berichteten.
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Magda war indessen wieder im Ballsaal verteilte zusammen mit Ardora den Inhalt der letzten Körbe mit Blutpfännchen, Blutmarmeladenbrote und Pizzastücken an die Gäste.
"... und er ist echt dermaßen eifersüchtig?", fragte Ardora, während sie Dorothee von Schlotterstein gleich zwei Blutpfännchen aufzwang.
Magda nickte. "So war er schon immer." Sie schüttelte den vom schweren Korb schmerzenden Arm. "Aber das er so weit geht, hätte ich echt nicht gedacht."
Die beiden schoben sich mit den leeren Körben durch einen schweren Samtvorhang und liefen hinüber zu den Kisten, in denen wirklich das letzte Essen lagerte. In dem Raum war es dunkel, nur der schmale Lichtstreifen, der aus dem Ballsaal kam, erleuchtete ihn. Aber dank der verfeinerten Vampirsinne fanden sich die beiden Frauen schnell in der Kammer zurecht.
"Mensch, die haben uns ja fast trocken gegessen", staunte Ardora mit einem Blick in die leeren Kisten. Magda lachte. "Ich dachte vom 'trockenen' spricht man nur bei Getränken", kicherte sie. Auch sie hatte schon einiges getrunken, allerdings war sie im Vergleich zu ihrem Liebhaber geradezu nüchtern.
"Wie spät ist es eigentlich?", fügte sie hinzu.
"Ich glaub, bis Sonnenaufgang ist es nicht mehr so lange..." Ardora schaufelte ein paar Blutpfännchen in ihren Korb. Dann wechselte sie blitzschnell das Thema. "Was meinst du, machen Herbi und Alfi gerade?"
Magda kicherte noch ein wenig heftiger. "Kann es sein, dass sich wirklich jeder im Schloss Gedanken über das Liebesleben von den beiden macht?"
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Damit mochte sie vielleicht recht haben, doch die beiden, um die es eigentlich ging, kümmerten sich momentan kein bisschen darum.
Dem leichten Kuss von Herbert war ein überraschter Blick von Alfred gefolgt, auf den hin sich Herbert schnell ein bisschen zurückgezogen hatte.
"Tut mir leid", murmelte er und schaute auf den Boden. Alfred schüttelte den Kopf. "Muss es nicht."
Der Grafensohn schaute erstaunt auf. "Nicht?"
Wieder schüttelte der junge Wissenschaftler den Kopf.
Die beiden schauten sich einige Augenblicke nur an, es fiel Herbert unglaublich schwer, sich von Alfreds braunen Augen loszureißen, also tat er es auch nicht, sondern beugte sich für einen zweiten Kuss nach vorne.
Zu seiner Überraschung, viel mehr aber noch zu seiner Freude und Erleichterung zog sich Alfred nicht zurück, sondern duldete den Kuss. Und - Herberts Herz sprang in die Umgebung seines Adamsapfels - einige Augenblicke später erwiderte Alfred den Kuss sogar.
Ein paar Sekunden später lösten sich die beiden wieder voneinander. Alfred wirkte erstaunt. "Das war schön", flüsterte er gegen seinen Willen. Er konnte kaum glauben, dass er das gerade getan hatte. Hatte er Herber nicht noch vor knapp einer halben Stunde erzählt, dass er sich nicht geeignet für eine Beziehung mit einem Mann hielt? Dass er nichts gegen solche Beziehungen hatte, solange es nicht um ihn selbst ging? Und nun... nun hatte ihn der Grafensohn geküsst und er selbst... er hatte diesen Kuss sogar erwidert... das konnte - durfte doch nicht sein! Aber der junge Wissenschaftler konnte nicht leugnen, dass es ihm gefallen hatte - wie er ja auch versehentlich laut zugegeben hatte.
Herbert lächelte ihn zärtlich an. Doch das Stirnrunzeln, das sich nun auf Alfreds Gesicht legte, irritierte ihn ein wenig.
"Was ist?"
"Mein ich das nur, oder wird es schon hell?" Der Assistenzwissenschaftler hatte in seiner Lehrzeit bei Professor Abronsius einen Blick fürs Genaue entwickelt, deshalb hatte er neben Herberts strahlenden grauen Augen auch noch den hellen Streifen am Himmel wahrgenommen. Herbert schaute nach oben und sprang mit einem erschrockenem "Stimmt!" auf.
Die beiden gingen zum Schlosstor zurück, aus dem ihnen die Gäste entgegenkamen, die sich schleunigst auf den Weg nach Hause machten.
"Das schaffen die doch nie", meinte Ardora besorgt. Sie, Graf von Krolock, Sarah, Julian und die Catine-Kinder standen vor dem Tor und schauten der Verwandtschaft des Grafen hinterher. "Die kommen doch teilweise von so weit her..."
"Die werden sich in den King's-Hotels einnisten", erwiederte der Graf mit einem innerlichen Lächeln. Man bemerkte eben doch, dass die dunkelhaarige Vampirin erst 84 Jahre alt war.
"Exzellenz", meldete sich Professor Abronsius aus dem Hintergrund zu Wort. "Sie sollten nun auch schlafen gehen, es wird bald hell. Ich werde mich mit den... ähm.. Priestern, Madame Chagal und Koukol um den Ballsaal kümmern."
Von Krolock nickte. Er war froh, dass zumindest der Professor noch nüchtern war - soviel er wusste, war der Wissenschaftler tatsächlich der Einzige, der heute Nacht keinen Tropfen Alkohol angerührt hatte - sogar Koukol hatte er ein paar Schlucke Wein trinken sehen. Der Graf wies seine Schützlinge und Verwandten an, sich auf den Weg zu ihren Särgen zu machen.
Alfred und Herbert gingen schweigend nebeneinander her, unter den milde lächelnden Blicken von Julian, Sarah und Ardora.
"Wisst ihr, was da heute noch los war?", fragte Sarah neugierig.
Julian schüttelte den Kopf. "Aber ich wüsste, was ich an Herberts Stelle getan hätte", grinste er, und bekam gleich darauf Ardoras Ellebogen in die Rippe. "Hey", machte der Teen-Vampir. "Geh lieber zu Magda, als anderen Leuten die Knochen zu brechen."
Sarah musste lachen. "Ihr seid unmöglich, wisst ihr das?" Julian nickte frech, während sich Ardora tatsächlich zu Magda verzog.
Graf von Krolock bildete mit seiner Cousine und deren Mann die Nachhut. "Also, ich denke, der Abend war ganz gelungen", meinte Titania.
"Wenn du von ein paar Zwischenfällen absiehst", erwiederte der Graf und dachte dabei nicht nur an Chagals Auftritt.
"Ach komm schon!" Jonathan lächelte. "So schlimm war es doch gar nicht, dass du mit Dorothee Karaoke singen musstest."
"Und ob!", sagte der Graf starrköpfig, aber immer noch würdevoll. "Ich glaub langsam, ihr wollt einen Wettbewerb starten, wie oft ihr mich im Laufe dieser Hochzeit blamieren könnt!"
Titania lachte leise. "Na, nach über 400 Jahren wird das ja auch mal Zeit. Ich kenne wirklich niemanden, der dermaßen lange ohne Blamagen und mit so viel Würde auskommt."
"Mir ist das eben wichtig. Können wir jetzt vielleicht das Thema wechseln?" Von Krolock machte ein griesgrämiges Gesicht.
"Okay, wir hätten zur Auswahl: Deine Knutscherei mit deiner Frau auf offener Bühne", begann Jonathan aufzuzählen.
"... die Intoleranz deines Schwiegervaters im Hinblick auf deinen Sohn", fuhr Titania weiter.
"... die Bauchtanz-Begeisterung deiner Frau und deiner Nichte in zusammenarbeite mit der "Dirrty"-Einlage von... wie hieß sie, deine Großtante aus Spanien? Maria von Krolock?", schlug Jonathan ein Hassthema des Grafen an.
"... oder doch lieber das Liebesleben deines Sohnes?", schloss Krolocks Cousine.
Letzteres quittierte der Graf nur mit einem Stöhnen und hoffte, dass seine Familie im Laufe der nächsten zwei Tage einen anderen Gesprächspunkt finden würde, als Kuppelversuche für seinen Sohn und einen Angebeteten.
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So, das war der Polterabend. Ich hoffe, es war diesmal mehr Herbert/Alfred-Fluff drin, ich bin glaub ich nicht allzu gut darin... Sagt es mir einfach :D
Tja, das war das vorvorletzte Kapitel, nächstes mal werden wir die Priester noch etwas besser kennen lernen, es gibt ein paar klägliche Stylingversuche von Seiten Julians an seinen Freunden und die letzten Vorbereitungen für den großen Tag. Und - was natürlich nicht fehlen darf: Sarahs und Krolocks leichte Zweifel an gewissen Dingen...
Ich freue mich über jedes Review :-)
Eure Aisa
