Kapitel 5

Entführung auf See

Keiner der Crew konnte schlafen. So saßen sie alle am Tisch und schwiegen. Nur das laute Geplätscher der Wellen und das Tosen des Windes waren zu hören.

Mirandas dunkle Vorahnung war noch immer da und obwohl sie sich allen anvertraut hatte, war dieses Gefühl der Gefahr nicht weg.

Es zog fürchterlich auf dem Schiff, der Wind pfiff durch die Ritzen des Holzes. Wenn nun Geister aufgetaucht wären, hätte niemand die Kälte bemerkt, die von ihnen ausging, da die Zugluft dieselbe Temperatur hatte, da war Miranda sich sicher.

Unbemerkt sah sie auf. Elizabeth' Kopf lag auf Wills Schulter und selbst Jack nahm keinen Alkohol zu sich. Plötzlich ließ Anamaria, die gegenüber von Miriam saß, ein lautes Keuchen hören. Wie versteinert und mit weit aufgerissenen Augen starrte sie hinter Miranda.

„Was ist?", fragte diese, obwohl sie sich nicht sicher war, ob sie die Antwort überhaupt hören wollte.

„Hinter dir", flüsterte sie mit hoher Stimme. Auch die anderen schienen nun wieder erwacht zu sein. Jack und Will waren aufgesprungen und standen kampfbereit da. Miranda ließ ihre Hand langsam zu ihrem Schwert gleiten, doch bevor sie es berührte, ertönte eine grausame Stimme.

„Denk nicht einmal dran..."Wie gelähmt drehte sie sich um und sah in die kalten und gnadenlosen Augen Barbossas. Im selben Moment kam Jack herbei und versuchte, Barbossa durch das Schwert Schaden zuzufügen, doch es ging durch den transparenten Körper hindurch und Barbossa lachte böse auf.

„Jack! Ich hätte ja wirklich nicht gedacht, dass Ihr so dumm seid! Ich bin ein Geist! Mir kann man keinen Schaden zufügen!" Nochmals ließ er ein grauenvolles und abrundtief böses Lachen erklingen. Dann senkte er seine Stimme.

„Aber ich kann euch Leiden zufügen", flüsterte er bedrohlich und im selben Moment spürte Miranda einen stechenden Schmerz am Arm.

Angsterfüllt blickte sie auf den einst weißen Ärmel ihres Kleides. Nun breitete sich ein immer größer werdender roter Fleck auf ihm auf und es brannte fürchterlich. Anamaria stürzte sofort zu ihr und zog sie von Barbossa weg, der mit einem teuflischen Grinsen sein Schwert in der Hand hielt.

„Was wollt ihr?", wiederholte Elizabeth ihre Frage von vorhin.

„Was ich will?", sagte Barbossa, „ich will euch alle! Ihr werdet einen kleinen Ausflug auf die Isla de Muerta machen, sicher seid ihr damit einverstanden?"Er blickte von einem Gesicht ins nächste.

„Und was bringt Euch das?", fragte Will, der nur mit Mühe den angsterfüllten Ausdruck auf seinem Gesicht verdrängen konnte.

„Sagen wir es mal so", begann Barbossa, „bringe ich euch dort um, werden ich und meine Crew wieder zu Menschen."

„Und warum?", rief Miranda und brachte ihren ganzen Mut auf. Doch Barbossa antwortete nicht sofort. Er musterte sie von oben bis unten.

„Wer bist du überhaupt?", fragte er mit unverhohlenem Interesse.

„Ich bin Miranda Norrington, Schwester von Commodore Norrington", antwortete sie bestimmt. Barbossa zog die Brauen hoch. Dann blickte er zu Elizabeth.

„Mrs. Turner, wohl eine von eurer Sorte? Na dann werde ich selbstverständlich meine besten Manieren zeigen."Jetzt mischte Gibbs sich ein.

„Und wie bitteschön wollt Ihr uns alle auf die Insel bringen? Wenn ich mich nicht täusche, sind wir Euch in einer Vielzahl überlegen!"Barbossa sah ihn an und rief:

„Erscheint! Wir wollen den feinen Leuten mal zeigen, wer hier überlegen ist!"

Mit einem Mal wurde es im Zimmer noch kälter als zuvor, denn nicht nur ein einziger Geist erschien, sondern gleich mehrere. Von Twig über Jacoby, zu Pintel und Ragetti, nicht zu vergessen der Rest der damaligen Crew. Alle waren sie als Geister wieder auferstanden. Dass sie nun noch unverletzbarer waren als vor fünf Jahren, jagte allen eine gewaltige Angst ein.

Miranda, die in den Armen von Anamaria lag und immer noch versuchte, das Blut zu stoppen, das aus ihrer Wunde kroch, konnte sich nur unter größte Anstrengung wach halten. Sie wollte nicht hier bewusstlos werden und möglicherweise neben dem toten Jack aufwachen.

„Rührt euch nicht! Dann könnt ihr noch die letzten Sekunden eures erbärmlichen Lebens ausschöpfen", befahl Barbossa. Mit seiner Crew verließ er den Raum, nur Twig ließ er als Wächter da. Mit seiner schwarz-transparenten Haut und den Nägeln in seinem Gesicht sah er furchtbar bedrohlich aus, geschweige denn mit dem großen Säbel in seiner rechten Hand.

Miranda warf Jack einen Blick zu. Er starrte reaktionslos zurück, offenbar hatte keine Idee, wie sie fliehen konnten. Die Wunde hatte aufgehört zu bluten, Miranda setzte sich auf.

Elizabeth blickte umher, dass niemand was unternahm, machte sie wahnsinnig.

„Warum werdet Ihr wieder leben, wenn Ihr uns auf der Insel umbringt?", fragte sie Twig und hoffte, diesmal keine Ohrfeigen zu bekommen, wie es das erste Mal geschehen war, als sie unaufgefordert gesprochen hatte. Twig sah aus, als entschied er sich gerade zwischen der Möglichkeit, Gewalt anzuwenden oder zu sprechen. Zu Elizabeth' Erleichterung entschied er sich für letzteres.

„Du dummes kleines Mädchen", fauchte er, „auf der Insel wurden wir alle getötet. Wenn wir dort die Schuldigen dafür umbringen, kehren wir zurück."Das hatte Elizabeth' Frage zwar nicht beantwortet, aber wenigstens hatte sie neue Informationen.

Keiner wusste, wie lange sie unterwegs seien würden. Nach vielen Stunden der Angst und des tatenlosen Herumsitzens, wurden sie alle hungrig. Doch Twig sah nicht danach aus, als ob er auch nur darüber nachdachte, ihnen was zu essen und zu trinken zu geben. Das einzige, was sie hörten, war das Meer, niemand sprach, sie warfen sich nur gelegentlich ratlose Blicke zu. Cottons Papagei krähte ab und dann, worauf hin sie sich alle erschrecken. Nach einer endlosen Zeit wurde Miranda müde. Langsam erhob sie sich und ging, ohne Twig aus den Augen zu lassen, zu Jack, der bereits vor sich hin schnarchte. Sie legte sich neben ihn und schlief ebenfalls ein.

Sie wurden erst wieder wach, als vereinzelte Sonnenstrahlen in den Raum gelangten. Zuerst wusste Miranda gar nicht, was passiert war, doch dieser glückliche Zustand verschwand recht schnell.

Jack saß neben ihr, er blickte nachdenklich umher.

„Was werden wir jetzt machen?", flüsterte Miranda so leise, dass nur er sie hören konnte.

„Wir warten erst mal, bis wir da sind. Dann weiß ich einen Ort, an den wir flüchten können", antwortete er. „Ich werde mich nicht tatenlos töten lassen."

Etwas erschrocken über diese Antwort starrte Miranda ihn an, doch er blickte nur ausdruckslos zurück.

Eine Angst vor dem Kommenden machte sich in ihr breit, wie sie sie noch nie gespürt hatte. Das dunkle Gefühl in ihrem Bauch machte sich immer bemerkbarer. Kein Wunder, bei der Aussicht auf den Tod, dachte Miranda sich mit einem Kloß im Hals. Sie sah sich um. Jeder der Crew war entweder am Schlafen oder blickte voller Verzweiflung umher.

Miranda dachte an ihre Familie. Wie sehr sie sie auch manchmal verabscheute, es war immerhin ihre Familie. Lieber würde ich irgendjemanden heiraten und wenigstens in einem wohl behüteten Haus leben, als auf einer fernen Insel zu sterben´, dachte sie.

Auch Jack machte sich Gedanken. Doch ihn plagte weniger die Angst. Was ihn belästigte, waren bitterböse Schuldgefühle. Hätte er Miranda nicht entführt, würde sie jetzt nicht in solch einer Lebensgefahr sein. Ich werde einen Ausweg für uns alle finden´, versprach er sich. Wir müssen nur zum anderen Ende der Insel und das versteckte Schiff einnehmen!´

Es war bereits Abend, als ein weiterte Geist in dem Raum erschien. Es war Jacoby, er sprach leise mit Twig. Als er geendet hatte, entschwebte er wieder und Twig wandte sich ihnen zu. Doch anstatt dass er sprach, holte er ein großes Schwert hervor. „Aussteigen! Tut, was wir sagen, dann erfährt ihr nicht mehr Schaden, als nötig."Miranda blickte sich um, und als sie sah, dass die anderen sich widerwillig erhoben, schloss sie sich ihnen an.

Bitte, bitte, bitte, bitte, ich möchte doch nur ein klitzekleines Review, #schnief#...