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Junge sein ist nicht schwer...

Man spürte die schlechte Laune förmlich am nächsten Morgen. Überall sah man betrübte Gesichter, so dass keine richtige Stimmung aufkommen wollte. Die meisten Schüler verbrachten den Tag in ihren jeweiligen Gemeinschafträumen und auf dem Schloss lag eine trügerische Stille. Die Flure waren leer und nur vereinzelt hörte man ferne Gelächter, die schnell in der Stille erstarben. Nicht einmal Filch, den Hausmeister, hörte man fluchen. Im Gemeinschaftsraum der Gryffindors war es leerer als an wohl jedem anderen Tag es je gewesen ist denn die meisten Schüler schliefen noch. Harry saß in einem Sessel vor dem Kamin und starrte wie so oft betrübt ins Feuer. Hinter ihm baute sich auf einigen zusammen geschobenen Tischen eine Art Frühstücksbuffet auf, das für diesen Tag von den Hauselfen nicht auf die Tische der Großen Halle gezaubert wurde sondern in die Aufenthaltsräume.

Die Flammen warfen Schatten auf Harrys Gesicht und brachten seine hellen Augen noch mehr als sonst zum leuchten. Doch das Leuchten wirkte nicht glücklich oder entspannt, wie es vielleicht im Angesicht von einem schulfreien Tag sein sollte. Seine Augen wirkten betrübt genau wie seine Körperhaltung. Er schreckte hoch als er eine Stimme hinter sich hörte. „Schon lange wach?"Harry drehte sich um und sah in das Gesicht von seinem besten Freund. „Ja", antwortete er und sah zu, wie Ron es sich im Sessel neben ihm gemütlich machte. Er betrachtete ihn eine Weile und stellte fest, dass auf Rons Gesicht ein Grinsen lag. Ein geradezu gespenstisch fröhliches Grinsen. Und je länger Harry ihn ansah, umso mehr sehnte es sich danach, Ron eine rein zuhauen. „Was bist du denn so scheißfröhlich?"fragte er und blickte finster zu dem Jungen im nebenstehenden Sessel und Ron sah ihn nur verdutzt an. „Scheißfröhlich? Sonst geht's dir aber gut, ja? Du hattest echt schon mal bessere Beleidigungen drauf!" Ron verdrehte die Augen und blickte Harry danach fest an. „Beruhig dich jetzt bitte erst mal wieder. Bist du etwa so beleidigt wegen gestern?"„Beleidigt? Weswegen sollte ich denn beleidigt sein? War doch ein toller Abend. Und Lavender und Parvati waren tolle Begleiterinnen!"Ron setzte wieder ein Grinsen auf und antwortet nur „Ja es war echt toll gestern. Hat mir auch richtig gut gefallen. Hermine aber auch."Den letzten Satz sprach er betont langsam und damit hatte er genau das erreicht was er wollte. Harry blickte ihn finster an und fing an auf ihn einzuschimpfen „Na toll für dich. Super Ron, du Herzensbrecher. Schön das du und Hermine euch so amüsiert habt. Hat ja die ganze Schule gesehen. Super Ron!"Harry stand wütend aus seinem Sessel auf und wollte schon gehen als Ron, der ebenfalls aufgestanden war, ihn am Arm packte und zurück hielt. „Warte mal kurz. Warum maulst du mich hier eigentlich an? Es ist doch nicht meine Schuld, dass sie nicht mit dir zum Ball gehen wollte. Aber sieh es mal so. Mit Draco wollte sie auch nicht gehen." Er sah Harry an und konnte mit Erleichterung feststellen, dass dessen Wut sich gelegt hatte. „Aber nenn ihn bitte nicht D-r-a-c-o , da kommt mir ja mein Essen gleich wieder hoch!"Er betonte den Namen besonders ausführlich und Ron musste unwillkürlich anfangen zu lachen. „Harry du weiß genau, dass ich Hermine nur gefragt hab weil sie sonst gar nicht hingegangen wäre. Und sie ist Schulsprecherin. Wie hätte es denn ausgesehen wenn sie in ihrem Zimmer geblieben wäre?"„Also läuft da echt nichts zwischen euch?"„Ach Quatsch. Gefühlsmäßig jedenfalls. Unsere Beziehung basiert nur auf Sex. Wilden, hemmungslosen Sex!"Ron musste sich schnell ducken, denn Harry sprang auf ihn zu und wollte ihn in den Schwitzkasten nehmen. Beide fingen laut an zu lachen und nach einiger Rangelei hatte Harry einen ganz roten Kopf, denn dieser war in einem von Rons Klammergriffen gefangen.

Hermine saß auf ihrem Bett in ihrem Schlafzimmer und starrte nun schon seit geraumer Zeit die Decke an. Ihre Anziehsachen, die sie auf dem Ball getragen hatte, lagen verstreut auf dem Fußboden rum, etwas, was ganz untypisch für sie war. „Oh Mann, über diese Peinlichkeit werde ich wohl niemals hinweg kommen."Sie warf eines ihrer Kopfkissen quer durchs Zimmer und traf damit eines der Bilder, die auf ihrem Schreibtisch standen. „Na super, ich bin viel zu deprimiert um jetzt auch noch die Unordnung wegzumachen."Aber nach einigen zögernden Momenten, raffte sie sich auf und ging zum Schreibtisch. „Na klasse, auch noch das schönste Bild ist kaputt."Hermine kniete sich neben die Scherben auf den Boden und nahm das Bild in die Band. Es zeigte sie, Harry und Ron im Gemeinschaftsraum der Gryffindors. Alle drei lachten unbeschwert auf dem Foto. Hermine fiel besonders auf, wie sehr Ron versuchte sie immer zu ärgern und ihre Haare mit einem Wink seines Zauberstabs immer in die Höhe schnellen ließen. „Männer!"

Sie ließ das Foto, Foto sein und zog sich was an, dann ging sie auf dem Zimmer auf direktem Wege in den Gemeinschaftsraum.

„Was hast du denn gestern noch gemacht? Ihr wart ja alle plötzlich verschwunden. Dean, Seamus und ich haben uns schon Sorgen gemacht aber dann dachten wir uns, ihr seid ja schon groß und braucht keinen Aufpasser mehr. Obwohl ich mir bei dir Gedanken mache, kleiner Harry."Ron musste sich den Bauch halten vor lachen und duckte sich zu spät, womit eine Zeitung mit dem Titel 1001 Schönheitstipps für Hexen an seinem Kopf landete. „Hey, was soll das denn. Du bist doch praktisch mein kleiner Bruder und ich bin somit verpflichtet auf dich aufzupassen. Und was ist das überhaupt für eine Zeitschrift?"Ron blätterte sie durch und brach erneut in Gelächter aus. „Harry, ich glaub es nicht. Hier ist ein Bild von dir drin!"Harry verschluckte sich an einem Schokofrosch und fiel seitlich auf Ron, der mittlerweile schon zusammengekrümmt auf dem Boden lag. „Was? Ich? Du spinnst doch wohl!"Harry nahm die Zeitung in die Hand und starrte mit entsetztem Blick auf sein eigenes Gesicht. Die Überschrift über dem Foto lautete Pickel in der Pubertät- Nicht mal Helden sind davor gefreit. „Sag mal spinnen die? Das Bild ist doch bestimmt schon zwei Jahre alt und fast alle Pickel wurden dazu erfunden. So sehe ich überhaupt nicht aus! Hier lies mal was die darüber geschrieben haben."Ron nahm die Zeitung an sich und überflog den Artikel über Harrys Pickelprobleme. „Wie lustig, hör dir das mal an...selbst die tragischen Helden unser Zeit müssen sich mit den Qualen der Pubertät herumschlagen. Der allseits beliebte Harry Potter, besser bekannt als Sieger über den Dunklen Lord, hat genauso Probleme mit dem Erwachsenwerden wie alle Jugendlichen seines Alters.....Harry Potter gibt anderen Mut mit einem ebenfalls ungesunden Hautbild... Potter gilt schon heute als Leitbild der Hässlichen und Verdammten.....Oh Harry, jetzt kommt das beste...der junge Potter durchleidet aber nicht nur die quälenden Schmerzen dieser Hautunreinheit sondern sein Aussehen macht es ihm auch unmöglich eine Freundin zu bekommen...ist das genial."Ron hatte Tränen im Gesicht und lag nun auf dem Rücken und musste sich krampfhaft bemühen nicht zu ersticken. „Witzig, wirklich witzig. Man Ron, lass dieses Gelächter. Ich kann mich doch nie mehr raus trauen ohne als „Pickelgesicht" gezeichnet zu werden." Harry wollte eigentlich ein ärgerliches Gesicht aufsetzten aber er schaffte es nicht. Das Grinsen auf dem Gesicht seines besten Freundes verleitete ihn ebenfalls zum lachen. Wie immer.

Hermine ging die Steinstufen herunter und hörte immer wieder so dumpfe Geräusche. So als würde gerade jemand umgekippt sein. Sie ging einige Schritte schneller und als sie an der Tür zum Gemeinschaftraum angekommen was, sah sie Ron und Harry lachend auf dem Boden sitzen. Hermine wollte gerade hineingehen und Hallo sagen, doch sie hielt sich zurück als die beiden Jungen wieder anfingen zu reden.

„Du hast meine Frage noch nicht beantwortet. Was hast du gestern noch gemacht?"Harry senkte seinen Blick und lief etwas rot an im Gesicht. „Harry, sag schon. Was hast du gestern getrieben? Oder soll ich besser fragen mit wem?"Ron sah in das Gesicht von Harry und musste feststellen, dass dieser einen ziemlich peinlich berührten Eindruck machte. „Sag schon, was ist nach dem Feuerwerk passiert? Du hast dich doch nicht etwa mit Parvati und Lavender in eine dunkle Ecke verzogen und eine Runde Bettdeckentango getanzt, oder?"„Nein, natürlich nicht. Was denkst du von mir?"„Das du 17 Jahre alt bist!" „Ich bitte dich. Ich hab mich doch nicht mit Parvati und Lavender verzogen."Harry haute energisch mit der Faust auf das Knie von seinem Freund."Nur mit Lavender"fügte er kleinlaut hinzu.

„Du hast was? Du hattest was mit Lavender? Gestern? Und wir reden hier über deine Pickelprobleme? Harry, los erzähl was passiert ist!" „Nichts!"„Du bist also mit Lavender alleine verschwunden nach dem Ball. Die Betonung liegt hier auf alleine. Und du willst mir allen Ernstes erzählen, dass da nichts weiter war?"Ron sah Harry durchdringend an und zwang ihn so, erneut zu sprechen. „Ja, wirklich. Wir haben uns zwar verzogen aber da lief nichts dolles ab." „Also bringt klein Harry es nicht wenn es drauf ankommt?"„Man Ron, hör auf mit dem Scheiß. Es ist ja nicht so, dass ich es nicht machen wollte. So im Allgemein aber mit Lavender? Ich wollte eigentlich nur mit jemanden schlafen den ich wirklich liebe und nicht so was halbherziges auf einem Weihnachtsball. Verstehst du?"„Ist doch klar aber du denkst doch da nicht etwa an Hermine, oder?" Harry sah wieder zu Boden und zog seine Schultern ein. „Um ehrlich zu sein schon. Das klingt jetzt vielleicht komisch aber seit dem du mir die Augen geöffnet hast, wie sehr ich Hermine mag. Mehr noch, mich in sie verliebt habe, da denke ich ständig daran mit ihr zu schlafen. Mit wem den im Grunde auch sonst. Es wäre ja nicht so, dass ich niemals die Möglichkeit gehabt hätte aber das wäre doch alles nur bedeutungslos gewesen. Ich dachte wirklich, als ich mit Lavender und Parvati zum Ball gegangen bin, dass ich mich gut fühlen würde und mit den beiden angeben könnte aber als ich Hermine gesehen habe, wie schön sie aussah an deiner Seite, da hatte ich ein richtiges Stechen im Herzen. Ich mag sie so sehr, dass ich es nicht ertragen kann, sie mit jemand anderen zu sehen."Ron sah Harry an und seufzte. „Ach Man, das hört sich ja alles schön und gut an und ich will deine Träume vom ersten Sex ja nicht zerstören aber ich fürchte, wenn ihr beide mal was miteinander haben würdet, wärest du der einzige ohne Erfahrungen."„Was?"Harrys Gesicht nahm die Farbe eines Radieschens an und Ron richtete seinen Oberkörper so auf, dass er gerade saß. Er wollte damit wohl einen ernsteren Eindruck erwecken. „War doch nur ein Scherz. Ich hab gestern so ein Gerücht von Hermine gehört, dass sie mit so einem Typen in den Büschen rum gemacht haben soll. Aber das stimmt eh nicht. Du kennst doch Hermine."„Was für ein Typ soll das gewesen sein?"Ron nahm schnell ein Schluck aus der Butterbierflasche von Harry und nuschelte mit vollem Mund: „mllvoi". „Würdest du das bitte wiederholen, ich fürchte mein Gehör hat gerade nachgelassen."„Malfoy! Aber das ist nur ein Gerücht. Hermine würde so was nie tun."„Oh doch, das würde sie tun. Wer weiß was Malfoy alles mit ihr angestellt hat. Diesem Perversen würde ich alles zutrauen. Guck ihn dir doch an. Würde mich nicht wundern wenn er weiß Gott was für abscheuliche Praktiken anwendet. Er ist ein Slytherin. Die sind alle gestört!" „Harry, du bist unfair. Was denkst du eigentlich von Herm? Du kennst sie doch. Und außerdem bist du auch ungerecht Malfoy gegenüber. Er ist nicht mehr ganz so schrecklich wie früher. Wirklich. Ich finde ihn auch nicht besonders reizend und ich denke, er würde einem hungernden Kind den letzten Keks klauen aber er und Hermine? Zusammen? Nein, nein, nein...!"Harry zuckte mit den Schultern und setzte ein gleichgültiges Gesicht auf, von dem Ron wusste, dass es gestellt war, und sagte: „Na toll, dann komme ich wohl nie zum Zug. Jetzt bin ich sogar bei Lavender unten durch. Wer bleibt denn jetzt bitte noch über?"„Kopf hoch Harry, vielleicht haben Geister ja auch Sex. Auf der Mädchentoilette bist du dann wenigstens ungestört mit Myrthe."

Hermine wischte sich ihre Tränen aus den Augenwinkeln und legte sich mit dem Rücken an eine der Steinwände. „Na super, Herz Nummer 3 gebrochen. Am besten werde ich Nonne."