7. Szene. Liz Backers Appartment
Nachdem sie den restlichen Tag damit verbracht hatten, das Museum in Kairo und ein paar alte Handwerksläden zu besuchen, ging es unnatürlich früh ins Bett.
Der befürchtete Aufstand gegen das zeitige Schlafen blieb, zu Professor Gingers Überraschung, aber aus.
Die Schüler waren noch vom gestrigem Abend völlig entkräftet und suchten wortlos ihre Zimmer auf. Jeder hatte sein eigenes Apartment, was eine gewisse Privatsphäre bot und mit allem Komfort ausgestattet war. Liz, die sich den ganzen Tag über nicht einmal über das Benehmen von Bud oder Rico Sanders aufgeregt hatte, was bei den Besagten Verwunderung auslöste, hatte sich ein Bad einlaufen lassen. Sie würde für die nächsten Stunden in dem wohlig, warmen Wasser entspannen können und damit ihrem geistigem Chaos ein Ende bereiten. Als die Wanne fast bis zur Mitte voll war, drehte sie den Hahn zu.
Flüchtig überflog sie die kleinen Fläschchen, in denen wohlriechendes Öl bereitstand. Sie schritt zum Spiegel und blickte hinein.
Ein blasses Mädchen starrte sie darin an. Eine Weile betrachtete sie sich selbst und fing an Kleinigkeiten in ihrem Gesicht festzuhalten. Doch das nervte sie, also zog sie sich aus und stieg ins Wasser.
Noch etwas, was Liz Backer liebte.
Wasser!
Die Geborgenheit in diesem Element, hatte sie schon als kleines Mädchen gemocht und deshalb so früh wie möglich schwimmen gelernt. Sie überlegte, wie alt sie wohl gewesen war, als ihre Eltern es ihr beigebracht hatten. Ein Lächeln flog über ihre Lippen. Es war doch egal, wie alt sie war, Hauptsache sie dachte nicht mehr an... Allen. Liz verzog das Gesicht.
„Na toll, jetzt denkst du ja doch wieder an ihn!", schmollte ihr alter Ego. Sie verwischte den Gedanken mit einem Kopfschütteln.
Es half nichts.
Alles spielte sich gnadenlos vor ihren Augen ab. Der stickige Antiquitätenladen, das alte Buch und Allen. Im Kopf spulte sie die Erinnerung bis zu dem Punkt, an dem Allen sie angesprochen hatte. Ihre Konzentration drehte sich nun immer dichter um die Worte, die in ihr dieses furchtbare Feuer entzündet hatten. War es griechisch gewesen? Italienisch? Liz blätterte gedanklich in ihrem Sprachlexikon nach.
Wie alle Menschen, hatte sie das ein oder andere Wort einer anderen Redensart aufgeschnappt und gespeichert. Doch sie fand nichts, was Allens Dialekt auch nur annähernd ähnelte. Sie glitt tiefer in das Wasser. Akribisch versuchte ihr Hirn die Sätze noch einmal aufzulisten, sie festzuhalten und vielleicht später aufzuschreiben. Es gestaltete sich schwerer, als Liz geahnt hatte. Stumpf gab ihr Geist zu verstehen, das ziemlich viele L und A Laute in dem Gesprochenen waren. Mehr nicht. Jedoch blockierte ihr Erinnerungsvermögen ihr tieferes Nachforschen und so blieben Allens Worte in Lizs Blackbox und würden sich auch behaglich weigern von selbst hinauszukommen. Verärgert über sich selbst, pustete Liz Luft aus. Beiläufig fingen ihre Augen an, das Zimmer abzuwandern. Sie konnte direkt zur Tür schauen, die sie aus Vorsicht abgeschlossen hatte.
Vielleicht war sie nicht die Hübscheste, doch die Jungs hatten trotzdem die dumme Angewohnheit, den Mädchen im Bad aufzulauern und ihnen die Sachen zu klauen, wenn sie splitternackt aus der Wanne kamen. Liz lächelte zufrieden. Mit mir nicht!
Vielleicht könnte man sie als liebes Mädchen oder scheue Jungfrau bezeichnen, doch das störte Liz nicht. Sie wollte nicht wie Helen Glasboug, einer 16 Jährigen aus der Parallelklasse, enden, die sich jetzt mit einem kleinen Jungen im Bauch herumschleppte und den Vater nicht fand. „Kann sein, das Karen auch mal so was passiert", dachte sie verholen. Doch sie hörte auf, sich darüber Gedanken zu machen, griff einer der Ölfläschchen und salbte sich damit ein.
