Tolkien gehört verdammt viel, mir nur wenig. Aber bei der Story sogar recht viel (gg). Alle Orte gehören Tolkien, viele Personen auch. Die Tatsachen (also Ringkrieg und so) entstammen leider ebenfalls nicht meiner Feder (heul)

Susanna Tamaro gewidmet, deren Buch „Geh, wohin dein Herz dich trägt" mir bei dieser Geschichte immer eine Quelle der Inspiration war und noch immer ist.

Er

1.Tag

Ich weiß nicht, warum ich dir schreibe. Wir haben uns doch alles gesagt. Zwischen uns steht doch nichts mehr. Es ist doch so, oder? Ich weiß nicht. Denn obgleich wir uns doch scheinbar alles gesagt haben, gibt es so vieles, das ich nicht verstehe. Und das, wo wir uns früher doch immer verstanden haben. Wir mussten einander doch nie etwas erklären. Ich sagte etwas und du wusstest sofort, was ich meinte. Du versuchtest zu erklären und noch bevor du geendet hattest, verstand ich. Das war es doch, wofür uns die Anderen immer so beneideten. Das war doch der Grund, warum unsere Väter beschlossen uns zu verheiraten... Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem sie uns das offenbarten. Es war nicht so, wie in den großen Geschichten, die wir beide so lieben. Es war nicht ein Tag, an dem man aufwacht und weiß, dass etwas Großes geschehen würde. Es war ein völlig normaler Tag. Einer, wie jeder andere. Ich war damals schon 2930 Jahre alt. Du warst gerade 1800. Ich weiß noch genau, wie belustigend es alle fanden, dass du genau 1100 Jahre jünger als ich warst. Das ist viel Zeit. Selbst für uns Elben. Das wussten wir beide. Deine Kindheit... auch an sie musste ich in der letzten Zeit viel denken, aber ich wollte über den Tag reden, der unser Leben so maßgebend veränderte... Ja, die Sonne schien und wir verbrachten den Morgen und den gesamten Vormittag zusammen. Wie so oft, redeten wir nicht viel. Zum einen ist dies typisch für unser Volk, zum anderen genossen wir es damals einfach unseren eigenen Gedanken nachzuhängen. Ich zumindest genoss es und ich behaupte sagen zu können, auch du mochtest diese Zeit mit mir nicht missen. Wir beide wollten im selben Augenblick das Schweigen durchbrechen und wie immer in solchen Situationen mussten wir lachen. Nach etlichen Aufforderungen, der jeweils Andere möge beginnen, wollte ich gerade ansetzten, als ein Bote auf uns zueilte und uns mitteilte, unsere Väter würden uns erwarten. Ironischerweise wollte ich dich in jenem Augenblick davon in Kenntnis setzten, dass mein Vater eine Braut für mich erwählt hatte und ich gegen Mittag erfahren sollte, wer sie war. Was du mir sagen wolltest, weiß ich bis heute nicht. Ich glaube, würde ich dich fragen, falls wir uns wieder sehen, wovon ich aber ausgehe, da weder deine noch meine soziale Stellung ein solches Treffen vermeiden können, du würdest mir sagen, du hättest es vergessen. Ich weiß, dass das falsch ist. Ich würde dich drängen und du würdest darauf beharren, bis du irgendwann genug hättest und gehen würdest, nicht ohne die Tür zuzuschlagen. Ich glaube, dass du so handeln würdest. Früher hättest du gelacht und es mir schließlich gesagt, nachdem ich dich durchgekitzelt hätte, dir ein Geheimnis anvertraut und hoch und heilig versprochen, es nicht weiterzuerzählen. Ja, früher hättest du so gehandelt, aber schon als ich aus dem Krieg zurückgekehrt bin merkte ich, dass du dich verändert hattest. Und nach den Vorfällen, die folgten, kannte ich dich nicht wieder... Aber zurück zu diesem Tag. Unsere Väter standen zufrieden lächelnd in meines Vaters Privaträumen und baten uns, uns zu setzen. Als wir sie erwartungsvoll ansahen erklärte uns mein Vater ohne große Umschweife, dass wir heiraten sollten. Er legte uns die Gründe dar und gab dann an deinen Vater weiter. Dieser erklärte uns, dass die Verbindung zwischen uns großartig wäre, auch wenn du in der Tat noch etwas jung seiest. Deine Schwester sei zwar durchaus geeignet, aber da wir uns so gut verstünden wäre die Ehe geradezu für uns gemacht, um die Streitereien und die Zwietracht zwischen dem Düsterwald und Lothlorien ein für alle Mal zu unterbreiten. Zumindest für die Außenwelt. Was dann geschah, hätte so nicht sein sollen. Du hättest stumm und geschockt dasitzen sollen, während ich unseren Vätern nüchtern erklären hätte müssen, warum diese Verbindung nur in Unglück enden könnte. Stattdessen saß ich stumm da und sah unsere Väter mit großen Augen vorwurfsvoll an, während du aufsprangst, die beiden anschriest und teilweise sogar auf sie losgingst. Du gingst auf deinen König und auf deinen Vater los. Du warst wütend und du schriest immer wieder den einen Satz: „Es ist MEINE Zukunft und SEINE! Aber nicht EURE!!"Oh ja, du warst wütend und das zu Recht! Sobald ich meinen apathischen Zustand überwunden hatte, unterstützte ich dich lautstark. Die Diener, die sich in der Nähe der königlichen Gemächer aufhielten, mussten denken, es geschehe ein Mord. Aber unsere Väter blieben standhaft. Als sie nach einigen Stunden gingen und uns erschöpft, noch immer wütend und heißer zurückließen, waren wir verlobt. Diese wundervolle Nachricht sollte an diesem Abend öffentlich gemacht werden. Ich glaube, als wir so allein im Wohnzimmer meines Vaters auf dem Sofa saßen, war unser letzter wirklich vertrauter Moment. Denn zuerst sahen wir uns an und begannen zu lachen. Dein Lachen klang hysterisch und schrill und ich zweifle nicht, dass meines genauso klang. Als wir nicht mehr konnten, begannst du zu weinen und dich an mich zu schmiegen. Und wie immer, wenn du weintest, liefen auch mir die Tränen hinunter. Doch es gab keinen Trost. Es gibt Momente, in denen man nichts sagen kann, Geschehnisse, die kein Trost heilen kann. Denn unsere Situation war Ausweglos. Was hätten wir sagen sollen? Dinge wie „Alles wird wieder gut"oder „Abwarten und Tee trinken" hätten nichts geholfen. Nachdem wir uns voneinander gelöst hatten taten wir das erste Mal nach so langer Zeit etwas völlig verschiedenes. Ich will und kann nicht sagen, wer das Bessere tat. Ich ging zum Platz meiner Mutter, der ihr gewidmet war, seitdem sie Mittelerde verlassen hatte. Lange Zeit stand ich dort und betete. Bat um Kraft und Ruhe und um einen Sinneswandel für unsere Väter. Ich weiß nicht, ob ich Ruhe oder Kraft bekam, der Sinneswandel auf jeden Fall, blieb aus. Du aber schrittest zu Tat. Auch, wenn wir um Stillschweigen gebeten worden waren, begannst du sofort Ratgeber meines Vaters auf unsere Seite zu ziehen. Neben diesen Männern, die uns sicherlich beraten würden, aber eben meinem Vater hörig waren, batest du deinen Bruder, dessen Frau, also meine Schwester und deine Schwester um Hilfe. Du sagtest niemandem, was genau los war, denn das durftest weder du noch ich, aber du hattest Unterstützung gefunden. Du setztes Briefe an Lady Galadriel und ihren Gatten sowie an Lord Elrond auf. Wirklich, du verschwendetest keine Minute. Du wolltest es dir nicht gefallen lassen. Du und ich, ich und du, wir waren befreundet. Unsere Freundschaft reichte tief, aber Liebe? Ja, als Freunde liebten wir uns, doch nicht so, wie es für eine Heirat gut und billig wäre. Wie schon viele Male zuvor fragte ich mich auch in jenem Augenblick, warum es bei uns Elben arrangierte Hochzeiten gab und gibt. Denn wir haben die Ewigkeit. Und wir verschenken unser Herz nur einmal. Wäre es da nicht besser, auf den richtigen Partner zu warten? An diesem Abend sollten wir zusammen zum Fest kommen. Ich weiß noch gut, wie schön du damals warst! Doch ich konnte deine Anspannung sehen und seit langer Zeit war die Stimmung zwischen uns nicht mehr ausgeglichen und heiter, sondern gespannt. Wenn ich so zurück denke, fällt mir auf, dass diese Tatsache eigentlich deine Schuld war. Nicht Schuld, das Wort ist falsch, es richtet schon wieder und richten will ich nicht. Vor allem nicht über dich, denn das könnte ich nicht, selbst wenn ich wollte... Aber wirklich, ohne deine Gereiztheit wären wir auf der gleichen Seite gewesen, hätten wir unsere Differenzen überwunden, wären wir stärker gewesen. Aber so standen wir beide für uns allein. Du sprachst kein Wort. Wurdest du gegrüßt, so neigtest du huldvoll dein schönes Haupt, antwortetest aber nicht. Als unsere Väter um Mitternacht unsere Verlobung bekannt gaben und sie erst dich und dann mich auf beide Wangen küssen wollten, weigertest du dich, nur einen Schritt auf sie zu zu machen. Die Elben, die uns ihre besten Wünsche überbringen wollten schautest du nur kalt an. Du warst wütend, an diesem Abend. Das war ich auch, aber du warst noch etwas anderes. Du warst verletzt. Tief verletzt, verraten, gedemütigt. Ich weiß, dass dein Vater dir versprochen hatte, du würdest den heiraten, den du liebst. Und hier kam ich. Versteh mich nicht falsch, ich nehme dir das nicht übel! Ich bewundere nach wie vor dein Durchhaltevermögen. Manchen erschienst du an diesem Abend wohl gefühlskalt, wenn nicht sogar gefühllos, denn immerhin solltest du einen Prinzen zum Gemahl nehmen, aber an einem Titel warst du noch nie interessiert. Warum auch? Nach meiner geliebten Schwester warst du die höchste Frau Düsterwalds, aber auch das spielte für dich nie eine Rolle. Aber ich drifte schon wieder ab... Spät in der Nacht, oder war es nicht schon früher Morgen, geleitete ich dich in deine Gemächer. Sie waren gleich neben meinen. Ich weiß, dass du, als du es bemerktest, die Tränen nur schwer zurückhalten konntest. Deine Gemächer waren immer in der Nähe derer deines Bruders und deiner Schwester gewesen und nun solltest du hier, soweit weg von deiner Familie, verweilen. Aber du weintest nicht. Jetzt, da ich darüber nachdenke, fällt mir auf, dass du auch bei unserem Abschied nicht weintest. Zu dieser Zeit war dein Panzer schon so dick, dass keine Gefühlsregung mehr zu sehen war. Ich weiß, ich weiß, du verziehst deine vollen Lippen jetzt zu jenem spöttischen Lächeln, das in letzter Zeit so oft dein Gesicht geziert hat und sagst: „Aber, aber, ich bin eine Elbe. Elben zeigen keine Gefühlsregung."Und ich weiß, dass du versuchst bist zu sagen „Das solltest du doch wissen, mein Prinz"aber so weit würdest du nicht gehen wollen. Du wolltest mich nie ernsthaft verletzen, das weiß ich und das schätze ich an dir, aber ich muss dich verletzt haben, auch wenn ich nicht weiß wie. Welche andere Erklärung gäbe es sonst für dein Verhalten mir gegenüber? Dass du dich den Anderen, speziell unseren Vätern gegenüber kühl verhieltest kann ich nachvollziehen, das tat ich auch, aber auf andere Art und Weise, bei mir aber warst du doch bis zu jenem Tag nicht die Unnahbare, die Perfekte. Worauf ich hinaus wollte war, dass ich dich an diesem Vormittag das letzte Mal weinen sah. Das letzte ehrliche Lachen...ich weiß nicht genau, wann das war...es muss in der darauf folgenden Zeit gewesen sein, aber ich bin mir sicher, dass es nicht an jenem bedeutenden Tag war.

Meine Liebe, ich muss nun aufhören. Die Regierungsgeschäfte rufen. Ich bin nach wie vor nicht König, aber das weißt du sicher, das soll ich erst werden, wenn du aus deinem Exil zurückkehrst, aber da unsere Väter nicht aufgeben darauf zu hoffen, muss ich auf mein zukünftiges Amt vorbereitet werden. Eigentlich solltest auch du an solchen Räten teilnehmen. Du bist unglaublich intelligent und auch listig, du hättest vermutlich Freude an den Rededuellen, die sich die Elben hier liefern. Überhaupt solltest du hier sein...ich vermisse dich! Dein Lachen...dein Funkeln in den Augen... Aber schon wieder schweifen meine Gedanken ab. Wie so häufig, seitdem du weg bist. Mein Vater wartet schon ungeduldig auf mich. Das zeigt er mir, indem er mir alle fünf Minuten einen Boten schickt. Alle fünf Minuten? Das würdest du jetzt spöttisch fragen. Ja, alle fünf Minuten, denn es kostet mich Mühe, Anstrengung und Schmerz diese Zeilen zu schreiben. Auch wenn ich weiß, dass ich sie vermutlich nicht abschicken werde. Bei deinem Abschied hast du mich gebeten, dir nicht zu schreiben und schweren Herzens habe ich zugestimmt. Von dir habe ich seither einige Lebenszeichen bekommen, aber ich weiß nichts Genaues. Du schickst mir jedes Mal einen Boten, wenn du eine Stadt verlässt, aber dieser sagt mir nie, woher er kommt und wohin du willst. Ich glaube, er weiß es wohl, aber du hast ihm verboten, es mir zu sagen. Ich bin mir sicher, dass es so ist. Du hast Angst, ich könnte mich nicht an unsere Abmachung halten und nach dir suchen lassen. Jetzt sitze ich immer noch hier und schreibe an dich. Was musst du von mir denken? Dass ich all meine Stärke und Willenskraft verloren habe? Nein, das habe ich nicht, aber es tut mir gut, all das zu Papier zu bringen und ich habe, ehrlich gesagt, keine Lust, jetzt aufzustehen und unseren Vätern vor Augen treten zu müssen. Mein Vater, wütend auf mich, dein Vater...verletzt. Gebrochen? Nein, denn er gibt die Hoffnung nicht auf, aber hast du jemals daran gedacht, wie vielen du tiefen Schmerz verursachst? Als du fortgingst sicher nicht. Aber jetzt? Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, du kennst den Schmerz mittlerweile wohl. Er ist vielleicht zu deinem täglichen Weggefährten geworden. Sicher weiß ich auch das nicht... Aber eines weiß ich fast sicher: du vermisst uns ebenso, wie wir dich vermissen. Wenn nicht sogar mehr, denn was hast du alles hier zurückgelassen? Wir hier sind viele, du aber bist allein. Ich werde nicht verlangen, dass du zurückkommst, aber ich bitte dich, dich noch einmal sehen zu dürfen... Jetzt muss ich endgültig los. Weißt du, um was es bei diesen Räten immer zuerst geht? Um dich. Ja, du hast richtig gehört, um dich! Aber weil ich den Schmerz deines Vaters nicht noch vergrößern will, will ich jetzt gehen und mich den Problemen Mittelerdes stellen. Falls ich vergesse, mehr darüber zu berichten, warum es immer zuerst um dich geht, erinner mich bitte daran! Auf bald...


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