3. Fluchtversuch

Als sie keine Anstalten mehr machte weiter zu trinken, zog er sie an der Kette wieder hoch. Mit einem fiesen Grinsen ging er weiter zu Rasha. „Deine Freundin hat dir was zu trinken über gelassen, ist doch verdammt nett von ihr, nicht wahr? Möchtest du nicht auch etwas Wasser? Die Orkfrau fauchte ihn an, mehr konnte sie nicht tun, da er nicht in ihrer Reichweite war. Rashas Zunge klebte an ihrem Gaumen und der Geruch des Wassers machte sie fast wahnsinnig, auch wenn es schmutzig war. Sie dachte an Pheras Vorschlag sich zum Schein zu ergeben. Zumindest würde es Dogra helfen. Ihr Zustand war nicht besonders gut, soweit Rasha das beurteilen konnte. Sie zwang sich Ekel und Abscheu herunter zu schlucken und würgte die Worte hervor: „Ja bitte…Herr."

Lekhamzaam grinste noch breiter und stellte den Eimer vor sie hin, ging dann zu ihrer Kettenhalterung und ließ auch sie gerade soweit runter, dass sie auf Hände und Knie kam. Während sie mit angehaltenem Atem ihren Durst stillte, trat er an Dogra heran, hob prüfend ihren Kopf an und betrachtete sie mürrisch. „Hm, macht schon schlapp, die Orkschlampe, die wird mir nicht viel einbringen…aber vielleicht ist sie zur Zucht zu gebrauchen."

Er griff ihr an die Brüste, drückte sie kurz, dann glitten seine Hände weiter über ihren Bauch und ihre Hüften. Er nickte zufrieden, als er ihr kräftiges Becken bemerkte. Dann glitt ein schmieriges Lächeln über sein Gesicht und er schob seine Hand in ihr Lendentuch und schob einen dreckigen Finger in sie hinein. Sie knurrte leise, doch er war sicher, dass sie im Moment keine Kraft mehr hatte sich zu widersetzen. Von ihrer Wehrlosigkeit angestachelt schob er einen zweiten Finger nach und das wurde ihm zum Verhängnis. Dogra erwachte schlagartig aus ihrer Starre, ihr Kopf zuckte vor und ihre Fänge gruben sich tief in das immer noch grinsende Gesicht ihres Peinigers.

Lekhamzaam schrie auf, seine Hände zuckten hoch zu seinem Gesicht und ein Schutzinstinkt veranlasste ihn, den Kopf nicht einfach zurück zu ziehen, denn dann hätte er eine Menge Haut und Fleisch verloren. Phera und Rasha starrten gebannt auf Dogra und den Sklavenhändler. Sie hätten es beide nicht für möglich gehalten, dass ihre Freundin noch über soviel Kraft verfügte. Dogra warf sich in die Ketten und biss noch stärker zu. Der Mensch heulte inzwischen wie ein verendendes Tier, während ihm das Blut in Strömen über sein zerfleischtes Gesicht lief.

Rasha richtete sich auf, hatte ja nun mehr Spielraum, durch die gelockerten Ketten. Es war ihr sogar möglich einen kleinen Schritt in Lekhamzaams Richtung zu machen, doch sie erreichte ihn nicht, den begehrten Schlüssel für die Fesseln. Frustriert warf sie sich in die Ketten. Zu ihrem großen Erstaunen gaben diese nach und sie fiel vornüber. Der Sklavenhändler hatte anscheinend nicht die sonstige Sorgfalt walten lassen, als er sie heruntergelassen hatte. Sie stolperte wieder auf die Beine, die ihr nach dem langen Hängen den Dienst verweigern wollten. Halb taumelnd, halb kriechend näherte sie sich dem schreienden Mann und riss ihm den Schlüsselbund vom Gürtel. Mit einem triumphierenden Knurren schob sie den Schlüssel ins Schloss ihrer Handeisen und öffnete sie. Dann kamen die Fußeisen dran. Lekhamzaam hatte es geschafft Dogra seine Fäuste in den Magen zu rammen und ihr so den Atem zu rauben. Sie musste nach Luft schnappen und öffnete ihren Mund. Der Mann fiel nach hinten und landete auf dem Hosenboden. „Du verdammtes Miststück, ich werde dich aufschlitzen." Fluchte er kaum verständlich durch das Blut, welches ihm in den Mund lief. Rückwärts kroch er zur Tür, weitere Drohungen ausstoßend. Doch die drei Frauen hörten ihm kaum zu. Rasha löste so schnell sie konnte die Fesseln der anderen beiden. Auch sie konnten sich schwer auf den Beinen halten und Dogra musste erst mal ihren Durst an dem brackigen Wasser stillen, mit dem sie sich auch gleich das Blut aus dem Gesicht wusch.

Der Mann war inzwischen an der Tür angekommen und hatte sie aufgestoßen. Als er draußen war, warf er die schwere Tür zu und schob den stabilen Riegel vor. „Ihr mögt frei sein, aber raus kommt ihr nicht. Ihr gehört mir und das bleibt auch so." zeterte er während er sich auf den Weg in seine Gemächer machte, um sich von seinem Leibarzt helfen zu lassen. Jetzt war es doch geschehen und warum? Weil er seine Triebe nicht zügeln konnte, weil er sich nicht in der Gewalt hatte. Nun hatte er seine Rechnung bekommen, dass wovor er immer gewarnt worden war. Nie zu nah heran gehen, das war ein Gesetz der Abrichter. Diesen Fehler würde er nie wieder machen, aber der Schaden war angerichtet.

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Mit einem frustrierten Knurren warf sich Phera gegen die Tür, doch sie kam zu spät. Ihre Füße hatten sie zuerst nicht tragen wollen, so konnte der Mensch entkommen. Rasha ließ ihren Blick durch den kahlen Raum gleiten, doch einen anderen Ausgang gab es auf den ersten Blick nicht. An den Felswänden waren die Ketten und Halterungen befestigt. An einem Ständer hingen und lagen verschiedene Peitschen und Folterinstrumente, die sie in den letzten Tagen zu spüren bekommen hatten. Aber mehr gab es hier nicht. Sie runzelte die Stirn und betrachtete das Gitter, welches ziemlich in der Raummitte in den Boden eingelassen war. Es diente augenscheinlich als Abfluss zum Beispiel für ihre Exkremente. Der Abrichter hatte ihnen natürlich nicht gestattet ihre Notdurft angemessen zu verrichten, sie mussten sich vor seinen Augen erleichtern und hinterher spritzte er sie mit eisigem Wasser ab. Dieses Gitter war zumindest groß genug, damit sie hindurchpassten. Allerdings war ihr nicht sehr wohl bei dem Gedanken, was sie unter dem Gitter erwartete.

Phera kehrte zu den anderen zurück. „Die Tür ist dicht, da kommen wir nicht raus." Rasha trat näher an das Gitter heran, kniete sich daneben. „Vielleicht haben wir hier einen Fluchtweg. Kommt drauf an, ob wir das Gitter hochkriegen."

Phera schnaubte. „In das stinkende Loch? Das meinst du doch nicht ernst." Doch auch sie stellte fest, dass es keinen anderen Weg zu geben schien. Sie kniete sich neben Rasha und versuchte gemeinsam mit ihr das Gitter anzuheben. Das Metall knirschte in seiner Einlassung, doch es saß fest, ziemlich fest. Aber nicht unlösbar, denn als nun auch Dogra mit anpackte schafften sie es die Abdeckung zu lösen. Klirrend krachte das Gitter neben dem Loch zu Boden, als sie es achtlos beiseite schoben. Phera schubste Rasha an. „Dein Einfall, also auch dein Vorrecht."

Rasha rümpfte die Nase und grollte leise, aber dann schob sie sich doch mit den Füßen voran in die Kloake. Phera zögerte nicht lange und folgte ihr nach. Als auch Dogra in dem dreckigen Abflusskanal anlangte blickten sie sich in der schummerigen Umgebung um. Phera nieste heftig.

„Bah! Hier gibt's kaum Luft genug für einen, aber zu dritt ist ersticken nur eine Frage der Zeit. Also wohin jetzt? Folgen wir dem Kanal nach links oder nach rechts?"

Rasha hielt mit angewidertem Gesicht ihre Hand in die trübe Brühe. „Das Wasser bewegt sich, es fließt nach rechts. Ich denke, wir sollten ihm folgen, vielleicht fließt es irgendwo nach draußen."

So geschah es dann auch. Schweigend bahnten die drei Frauen sich ihren Weg durch den Abwasserkanal, wobei sie merkten, dass es stetig etwas bergab ging. Sie vermieden es völlig zu sprechen, denn schon das Atmen war schwer genug in der stickigen feuchten Luft, die nach Verwesung roch. So erreichten sie einen scharfen Knick. Hier war eine Tür in die steinerne Wand eingelassen, die seltsamerweise von außen, also von ihrer Seite her mit zwei massiven Metallriegeln verschlossen war. Sie hielten an und Rasha, die vorne ging ruckte vorsichtig prüfend an einem der Riegel. „Sie lassen sich bewegen." Flüsterte sie den anderen zu. „Was machen wir? Ignorieren, oder versuchen wir, ob sich hier ein Fluchtweg für uns anbietet?" Phera und Dogra überlegten nicht lange, sie stimmten dem ersten Vorschlag zu und gemeinsam entfernten sie die Riegel. Dann drückte Rasha sich gegen die Tür, die mit einem ächzenden Knarren nachgab und aufschwang. Dahinter befand sich ein düsterer Gang mit feuchten Wänden, der nur von ein paar trüben Öllampen erhellt wurde. Es roch modrig und feucht, aber wesentlich besser als im Abflussschacht. Sie beeilten sich in den Gang zu kommen und die Tür wieder zu schließen. Nachdem sie erst einmal durchgeatmet hatten schauten sie sich weiter um. Doch außer dem Gang gab es nichts zu sehen. Der Gang verlief geradeaus und machte dann einen Knick nach links. Plötzlich hob Dogra den Kopf und witterte aufgeregt. „Orks…ich rieche andere Uruks…" stieß sie hervor und die anderen schnupperten ebenfalls. Sie nickten. „Ja, das stimmt, eindeutig. Hier sind noch andere, vermutlich Sklaven. Lasst uns nachsehen." Phera setzte sich an die Spitze der Gruppe und so kamen sie an die Stelle, wo der Weg abbog. Vorsichtig spähten sie um die Ecke und konnten im Dämmerlicht vergitterte Zellen erkennen. Massive Gitterstäbe waren es, dick und solide geschmiedet. Phera witterte, aber außer den Uruk-hai nichts auffälliges, also schienen keine Menschen in der Nähe zu sein. Langsam näherten sie sich den Zellen und ein aufbrandendes Schnüffeln und Schnaufen verriet ihnen, dass sie nicht unbemerkt blieben.

Die Zellen waren alle nach dem gleichen Schema gebaut, rechteckige Räume, in den Felsen gehauen, der Boden ist feucht. In einer der Ecken liegt immer etwas Stroh, schon angefault. Es riecht auch hier nach Fäkalien, nicht mal Eimer sind für die Notdurft vorhanden. Es waren sechs Zellen, von denen aber nur zwei belegt waren. In jeder befanden sich drei Orks. Vier von ihnen lagen auf den primitiven Strohlagern und rührten sich nicht, die beiden anderen standen an den Gittern und blickten den Frauen entgegen. Auf ihren Gesichtern spiegelte sich der Unglaube wider hier Orks zu sehen, die sich frei bewegten. Einer der beiden sprach als erstes. Seine Stimme klang krächzend und brüchig, als habe er sie lange nicht gebraucht.

„Wie…ist das…möglich? Wie…seid ihr…hierher…gekommen?" Phera schob sich nah an das Gitter heran, doch ehe sie antworten konnte drang ein alarmierendes Geräusch an ihre Ohren…Schritte…und sie kamen näher. Schon hatte Rasha sie gepackt und zurückgezogen.

„Menschen…" zischte sie. „Wir müssen hier weg…schnell…" Phera blickte in einem Anflug von Panik zwischen ihr und den beiden wachen Orks hin und her. „Was, wenn sie uns verraten?" Doch der große Ork in der Zelle schüttelte nur leicht den Kopf. Das schien Phera als Antwort zu genügen. Schnell folgte sie Rasha und Dogra zurück um die Ecke, zurück in Richtung des Abwasserkanals. An der Tür hielten sie inne und lauschten angestrengt. Die Schritte kamen näher, aber wer auch immer dort entlang kam, er nahm einen anderen Weg, denn die Schritte verhallten weiter entfernt. Aufatmend lehnte Phera sich an die Wand. „Das hätte daneben gehen können." Rasha nickte. „Ja, wir hatten Glück. Was jetzt? Gehen wir zurück oder suchen wir uns einen anderen Weg?" Sie deutete zur Tür, die zurück in die Kloake führte. Phera schüttelte den Kopf und auch Dogra schien nicht sonderlich begeistert von der Vorstellung zurück in die stinkende Brühe zu müssen. Rasha nickte. „Gut, dann also zurück."

Genau wie die beiden anderen brannte sie darauf zu erfahren, die Geschichte der anderen Gefangenen zu erfahren. Vielleicht konnten sie ihnen sogar helfen ebenfalls zu fliehen. Ein grimmiges Lächeln huschte über ihr Gesicht bei der Vorstellung, wie der Sklavenhändler kam um die Zellen zu inspizieren und sie leer vorfand…

--- Ok, war vielleicht etwas schleppend stellenweise, aber ich brauchte einen Übergang zum nächsten Kapitel. Hat es euch gefallen? Lasst es mich wissen. ---