Kapitel 9
„Nun das ist eine lange Geschichte..."setzte er an hielt dann jedoch kurz inne, als besinne er sich eines besseren.
„Zu lang als das ich jetzt alle Einzelheiten erzählen könnte, denn nur so viel ist wichtig. Im Harfen von Umbar ging schon seit längerem das Gerücht rum, dass Krona und seine Männer ihre Seelen verkauft hätten um so Berge von Gold zu erlangen. Meine Crew und ich wollten der Sache auf den Grund gehen, trotz der vielen Warnungen die uns ereilten. Wir segelten also zu der Insel, von der es hieß, dass Krona dort seinen Sitz habe. Mit den zwei mutigsten meiner Mannschaft ruderte sich zur Insel, dass Schiff und die anderen sollten in einer versteckten Bucht warten. Jedoch gerade als wir uns an ihr Lager anschleichen wollten, trat einer meiner Begleiter auf einen Ast, der mit einem lauten Knacken zerbrach. Sie hatten uns zwangsläufig gehört. Bei der Flucht verloren wir uns aus den Augen, was in jener Nacht mit ihnen geschah, weiß ich nicht. Ich sah sie seit dem nie wieder. Doch als ich die versteckte Bucht erreichte, war die Black Pearl weg."
Wehmut schwang in den letzten zwei Sätzen mit, doch schnell hatte Jack sich wieder unter Kontrolle.
„Auf jeden fall gab es keine Chance zu entkommen, Korona ließ mich mitnehmen und den Rest der Geschichte kennst du ja."Beendete er seinen Bericht.
(Anm. Die ganze Geschichte wird in einer Sidestory erzählt werden)
Als alle mit Essen fertig waren stapelten sich zwei Tellerberge in der Mitte.
Rosie nahm den einen Stapel, hielt Miriel jedoch zurück als diese den anderen nehmen wollte.
„Du hast schon genug getan heute, Sam kommst du mit?"
Schicksalsergeben griff der Hobbit sich die Teller und folgte Rosie schwankend.
„Miriel, würdest du kurz mitkommen?"
Die Angesprochene schreckte aus ihren Gedanken hoch.
„Ja, klar."
Sie wollte aufstehen, als sie eine feingliedrige Hand vor ihrem Gesicht bemerkte. Sie ergriff diese und wurde von Legolas hochgezogen.
„Danke." Lächelnd schaute sie auf und hatte das Gefühl zur Salzsäule zu erstarren. Diese unglaublich blauen Augen des Elbs waren ihr so nahe wie nie.
Sie erinnerten Miriel an den Ozean, so unglaublich blau und tief.
Wenn man nicht aufpasste musste man darin versinken, ertrinken in der endlosen Tiefe dieser Augen.
Mühsam riss sich Miriel vom Gesicht des Elben los, sie durfte jetzt nicht die Kontrolle über sich verlieren.
Erst jetzt bemerkte sie, dass ihre Hand immer noch in seiner lag. Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Wangen einen leichten Rotschimmer bekamen, schnell entzog sie Legolas Hand die ihrige, vielleicht etwas zu schnell.
„Ähm, wo wolltest du hin?"fragte Miriel um die peinliche Stille zu übergehen, vermied aber vorsichtshalber ihm in die Augen zu sehen. Mit einem Nicken setzte er sich in Bewegung, zur Miriels Überraschung blieb er bei seinen Sachen, die er etwas entfernter abgelegt hatte, und kramte ein kleines, unförmiges Päckchen hervor.
Mit einem etwas verlegenen Grinsen reichte er es Miriel, die ihn fragend ansah.
„Damit du nicht in dem nassen Kleid bleiben musst, du erkältest dich sonnt wohlmöglich noch."Meinte er während sie das Päckchen auseinander nahm und es sich als ein Hemd und eine Hose entpuppte.
„Vielen Danke, das ist lieb von dir!"sie schenkte ihm ein erleichtertes Lächeln, es wurde langsam wirklich kühl in dem Ding und der Rock klebte unangenehm an ihren Beinen.
Sie wollte gerade das feuchte Zeug abstreichen als ihr Blick auf Legolas fiel.
„Würdest du dich bitte umdrehen?"
„Oh, ja, natürlich... entschuldige..."
Zufrieden stellte sie fest, dass sich die Spitzen seiner Ohren tief rot färbten.
Schnell streifte sie ihr Kleid ab und schlüpfte in Legolas Sachen.
„Fertig!"
Wie ihm geheißen drehte der Elb sich wieder um und musterte die junge Frau vor sich.
Hemd und Hose waren viel zu groß für sie, doch er hatte das Gefühl, dass sie in diesen Sachen trotzdem unbeschreiblich aussah. In seinen Sachen.
Wirr fluteten ihre blonden Haare über ihren Rücken und Schultern.
Die leichten Wellen hatten sich durch die Feuchtigkeit des Wassers zu sanften Locken gekräuselt und gaben ihr ein engelsgleiches Aussehen.
„Legolas?"
Erst jetzt wurde ihm gewahr, dass er sie die ganze Zeit über angestarrt hatte, sie förmlich in sich aufgesaugt hatte.
„Verzeih ich war in Gedanken..."
Miriel machte zaghaft einen Schritt auf ihn zu, als auch schon die viel zu große Hose auch schon begann, unter der Schwerkraft nachgebend, Richtung Boden zu rutschen. Nur Legolas schneller Reaktion war es zu verdanken das sie nicht untern ohne im Freien stand. Dies jedoch hatte zur Folge, dass der Elb nun dicht vor Miriel stand und die Hose in solch einem Griff hielt, dass ein Unbeteiligter die Situation hätte leicht falsch interpretieren können.
„D-danke"
Die Nähe des Elben ließ ihr Herz schneller schlagen, und einmal mehr verwünschte sie ihre Eigenschaft rot zu werden.
Sie war viel zu sehr damit beschäftigt sich einzureden das es keinen Grund gab nervös zu sein, sodass sie nicht hörte wie es etwas sagte und begann sich an der Hosen rumzufummeln. Jedoch als er sie so umdrehte das sie nun mit dem Rücken zu ihm stand fragte sie sich ernsthaft ob sie etwas nicht mitgekriegt hatte, als er dann seine Arme von hintern um sie schlang ging ihr alles eindeutig zu schnell.
„Legolas, was...?"
„Shhh..." bedeutete er ihr ruhig zu sein.
Sein heißer Atem kitzelte ihren Nacken. Erst als er seine Arme wieder wegzog (viel zu schnell eigentlich, wie Miriel fand) bemerkte sie, dass nun ein Gürtel die Hose an ihrem Platz hielt, derselbe Gürtel den Legolas zuvor umhatte.
„Danke"
Der Boden war plötzlich sehr interessant für Miriel geworden, war da nicht vielleicht irgendein Loch indem sie versinken könnte?
Wie konnte sie nur so etwas von ihm denken? Hatte sie jetzt ernsthaft erwartet, dass er hier und jetzt über sie herfallen würde? Innerlich lachte sie über ihre Blödheit, ihre Fantasie ging mal wieder mit ihr durch.
Legolas lächelte ihr aufmunternd zu, anscheinend hatte sie sein Handeln falsch verstanden gehabt. Doch seltsamerweise mochte er es der Grund für ihre Röte zu sein. Sie gab ihr einen besonderen Reiz, wie es fand.
„Du brauchst dich dafür nicht zu schämen!"
War das so offensichtlich?
Ihre Gesichtsfarbe steigerte sich ins tiefrot.
Langsam bekam sie das Gefühl, dass der Elb in ihr lesen konnte wie in einem offenen Buch, sie musste aufpassen mit dem was sie dachte.
Der Tag ging und die Nacht kam. Lange saßen die Gefährten zusammen am Feuer um sich gegenseitig zu erzählen, was sie in der Zeit seit des Ringkrieg erlebt hatten. Jetzt wurde ihnen erst richtig bewusst wie sehr Gandalf ihnen fehlte.
Er hatte an Abenden wie diesen, immer die besten und aufregendsten Geschichten zu erzählen gehabt. Doch er hatte leider zu dem Treffen nicht kommen können weil unaufschiebbare Geschäfte dazwischen gekommen waren.
Erst als der Mond schon hoch am Himmel stand, verstummte auch das leise Getuschel der Hobbits und die Stille breitete ihren Mantel über das Lager aus. Eine einsame Eule flog durch die Lüfte, beobachtete die friedlich schlafenden Personen am Boden skeptisch. Drehte ihre Runden über deren Köpfen und schwang sich hoch in die Wolken als sie sich vergewissert hatte, dass alles ruhig blieb.
Allein Miriel rollte sich unruhig von einer auf die andere Seite, schlug um sich als wollte sie einen unsichtbaren Angreifer abwehren. Mit einem erschreckten Keuchen führ sie ruckartig hoch. Das Hemd klebte an ihrem schweißnassen Rücken, ihr Atem ging stoßweise und ihr Puls raste.
Es war nur ein Traum, beruhig dich...versuchte sie sich einzureden doch der Schrecken, der sie erfüllte blieb. Langsam suchte sich eine einsame Träne den Weg über ihre Wange.
Legolas saß etwas abseits von den anderen unter einem Baum und schaute hoch zum nächtlichen Himmel, an dem friedlich die Sterne funkelten.
Er wollte zum Einen, die Schlafenden nicht stören und zum Anderen schnarchte Gimli einfach zu laut als dass er hätte schlafen können. Doch auch hier gelang es ihm nicht recht Ruhe zu finden, seine Gedanken schwirrten, flogen hier hin und dort hin, schweiften ab in seine Heimat.
Wie anders Miriel doch war, als all die Elbinnen die er kannte. Vor allem wussten sie alle wer er war, der Prinz des Düsterwaldes, und behandelten ihn auch dem entsprechend wie ein rohes Ei.
Wie sehr er es hasste!
Selbst ein vernünftiges Gespräch, wobei die Sätze seines Gegenübers nicht mit "Eure Hoheit"oder "Mein Prinz"endeten waren selten.
Das war auch der Grund warum er sich hier so wohl fühlte: Hier war er einer von ihnen, konnte so sein, wie er wirklich war und musste nicht immer auf irgendwelche Regeln des Anstands achten.
Ein brechender Zweig ließ ihn aus seinen Gedanken hochfahren. Eine Gestalt war hinter einem der Bäumen hervorgetreten, hatten ihn jedoch noch nicht gesehen.
Gerade als sie an ihm vorbei gehen wollte hielt Legolas sie am Arm fest.
„Du solltest dich nicht zu weit entfernen, Orks sind in der Nähe."
Ihr Kopf ruckte herum, gehetzt sah sie ihn an. Trotz der Dunkelheit konnte Legolas sehen, dass ihre Augen gerötet waren, die nasse Spur auf ihren Wangen glänzte im Licht des Mondes.
„Miriel, was ist passiert?"Seine Stimme klang sanft und beruhigend.
Zögernd gab sie dem Zug an ihrem Arm nach, lehnte sich neben dem Elben an den Baum, begann stockend zu erzählen was auf dem Schiff und in der Höhle passiert war, die Augen zu Boden gewandt.
„Es fing alles mit den Piraten an..."
Nachdem sie geendet hatte, kam sie auf den eigentlichen Grund:
„Und dann vorhin... ich habe geträumt... alles was passiert ist... doch in der Höhle kamst du nicht rechtzeitig... ...weil du tot warst!
Sie spürte wie der Klos in ihrem Hals sie am sprechen hinderte. Es war befreiend gewesen alles erzählen zu können, doch beim letzten Satz konnte sie die Tränen nicht mehr zurück halten.
Legolas hatte schweigend zugehört und je länger er hörte desto schutzbedürftiger wurde sie in seinen Augen.
Verzweifelt versuchte Miriel die Tränenflut zu stoppen. Würde er sie für eine Heulsuse halten?
Unbewusst war sie näher zu dem Elbenprinzen gerückt und hatte ihren Kopf auf seine Schulter gelegt, ihre Tränen tränkten seine moosgrüne Tunika.
Diese Geste verursachte bei ihm eine Gänsehaut. Wie gern würde er ihr alle Sorgen nehmen, dafür sorgen das sie wieder Glücklich sein könnte.
Tröstend nahm er sie in den Arm, strich beruhigend über ihren Rücken.
„Ruhig, du bist in Sicherheit, Eleidi.
Lange saßen sie so, die Stille nur durch die Schluchzer Miriels unterbrochen. Leise, ganz leises begann Legolas eine alte Weise Düsterwalds zu singen.
Schöner als der Gesang der Nachtigal und wärmer als jeder Sommertag klag seine Stimme in ihren Ohren. Er sang, bald lauter, bald leiser, so wie der Wind in den Blättern schwillt und schwindet.
Langsam versiegten ihre Tränen ihr Atem ging ruhiger- Sie wurde davon getragen, flog mit dem Lied in unbekannte, schöne Lande...
Die letzten Töne verloren sich im Nachtwind, Miriel schlief ruhig an seiner Seite, ihr Gesicht nahe seines Halses. Ein lächeln stahl sich auf seine Züge, sie sah so friedlich, so unschuldig aus wenn sie schlief.
Vorsichtig strich er eine Locke aus ihrem Gesicht, als sie plötzlich anfing etwas im Schlaf zu murmeln. Zuerst nur unverständliches, doch ein Satz war klar zu vernehmen.
„Bitte, lass mich nicht allein..."
In diesem Moment schwor sich Legolas, dafür zu sorgen, dass ihr nie wieder etwas zustoßen sollte und wenn er seinen Leben dafür geben müsste.
