Kapitel 3 Piccolo vs. Kit?

„Absatz in der Kaffeetasse des Universums!" KLIRR!

„Abfall des Treibguts der Sterne!" SCHEPPER!

„Bodensatz des Suppentopfs der Galaxien!" WUM!!

„.?."

Kit stoppte mitten in ihrer wutentbrannten Tirade und überdachte die vorherigen Äußerungen noch einmal. Nachdenklich kaute sie auf ihrer Unterlippe.

Etwas stimmte mit dem letzten Fluch nicht. War das überhaupt einer? Der Bodensatz einer Suppe konnte zweifellos erfreuliche, nahrhafte Sachen enthalten. Etwas, das auf Vegeta definitiv nicht zutraf.

Ganz bestimmt nicht.

Obwohl, bei näherer Überlegung ... nahrhaft? ... am Spieß gebraten hätte sie ihn zweifellos gerne gesehen. Mit einem unwirschen Laut schleuderte sie den Scheuerlappen, den sie in der Hand hielt, auf den Tisch zu etlichen Silbersachen. Sie sah auf ihre rechte Seite und bedachte fünf, an sich unschuldige Kisten mit einem mehr als gefährlichen Blick.

Die Hauptursache ihrer leicht geschirrorientierten, verbalen Wutentladungen.

„O Kit", ahmte sie erstaunlich gelungen Vegetas Tonfall nach, sogar der selbstzufriedene Unterton fehlte nicht. „Nachdem du nicht gerne kochst, polier doch das Silber." Die Feraijen hielt kurz inne, um demonstrativ ihre Nägel anzuhauchen und anschließend die Arme in der typischen Pose des Prinzen zu verschränken. „Es ist nur ein Set für 150 Leute." Bei dem 150 kickste ihre Stimme vor Wut und verdarb die ansonsten perfekte Imitation.

„BASTARD!" Das wurde wieder in ihrer eigenen Stimmlage geäußert, mit einigem Nachdruck. Nachdem das jedoch noch nicht genügte, um ihrem Widerwillen Ausdruck zu verleihen, schloss sie noch die schlimmste Beschimpfung an, die sie kannte – das, was sie im Moment auf dieser Welt und allen anderen am meisten verabscheute.

„SAIYAJIN!"

„Hoffentlich nicht."

Kit hüpfte vor Schreck fast von ihrem Stuhl, als sie die trockene Stimme hörte. Überrascht drehte sie sich um und sah nach oben ... und nach oben  ... und noch ein Stückchen höher. Nachdem ihr Blick langsam über erfreuliche Muskelflächen geschweift war, sah sie stirnrunzelnd in die Augen eines grünhäutigen Mannes.

Piccolo unterdrückte ein Grinsen, während er die kleine, lautstarke Person mit den roten Strähnen im Haar musterte. Ganz eindeutig brodelte es in ihr, daran bestand nicht der geringste Zweifel. Es war schon vor dem Haus nicht zu überhören gewesen und übersehen konnte man es erst recht nicht: Ihre Haare standen in alle Richtungen, die vor Wut gerötet Wangen wurden von einem Schmutzstreifen geziert, und das Lodern in den großen Augen sprach von Mordabsichten. Der Mahagonitisch hinter ihr schien unter einem Berg von Silber zu verschwinden - und recht dankbar für diese Möglichkeit, ihren brennenden Blicken zu entkommen, zu sein. Dem konform schien sie von seinem Auftauchen zwar überrascht, aber nicht im geringsten beeindruckt zu sein. Seinem sondierenden Blick hielt sie, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, stand.

In Kit braute sich langsam, aber stetig ein Gewitter zusammen. Ein Namekianer. Auch das noch. Na super. Fand hier auf der Erde ein Außerirdischenkongress statt und niemand hatte es für nötig befunden, ihr davon zu erzählen? Zumindest besser als noch ein Saiyajin. Die zwei, die sie kannte, kosteten sie schon genug Nerven.

Die lautlos in sich grummelnde Feraijen ging in Gedanken durch, was ihr von dieser Rasse noch in Erinnerung geblieben war. Grünes Blut - oder war es violett? - auf alle Fälle eine Art Chlorophyllverbindung, asexuelle Vermehrung und meist Pazifisten.

Zweifaches Doppelgähn - bei dieser Auflistung war das Blut noch das interessanteste.

Aber immerhin hatte dieser Grünling Aussehen und Aura eines Kriegers. Ein Anreiz, dem sie nicht widerstehen konnte.

Eigentlich sollte sie aus dem letzten Desaster wohl etwas gelernt haben...

Das Glitzern in ihren Bernsteinaugen wurde noch intensiver, und die wirbelnden Farben nahmen einen fast goldenen Ton an. Sie hatte es schon immer vorgezogen, die unangenehmen Lektionen im Leben zu ignorieren. Wer auch immer an das Sprichwort glaubte, dass ein gebranntes Kind das Feuer scheute, war einer gewissen Feraijen eindeutig noch nicht begegnet. Kit hielt Brandwunden vielmehr für einen Hinweis des Schicksals es beim nächsten Mal besser zu machen. 90 % der Zeit dachte sie bei dem "besser machen" allerdings nicht unbedingt an die Schadensminimierung...

Was konnte es schließlich schon schaden ein bisschen zu stochern? Es versprach auf alle Fälle mehr Spaß, als sie in den letzten Tagen gehabt hatte. Verschlimmern konnte sie ihre persönliche, im Moment silberpolierende Misere sowieso nicht mehr - tausend Dank, Vegeta.

Mit einem zuckersüßen Lächeln neigte sie ihren Oberkörper leicht schräg zurück, bis sie sich auf ihrem Stuhl bequem gegen den Tisch lehnen konnte, und ging zum Angriff über.

„Ein Namekianer auf der Erde. Interessant. Nicht genug Pflanzen auf deinem Planeten?" Ihr Tonfall sagte mehr als deutlich, dass sie es alles andere als interessant fand. Kit kombinierte ihr Lächeln mit einem abschätzigen Blick und winkte mit der Hand lässig in eine Richtung. „Der Garten ist da hinten." Die Feraijen legte eine kunstvolle Pause ein, bevor sie fortfuhr. „Der Rhododendron braucht Wasser." 

Während sie auf seine Antwort wartet, hoffte Kit intensiv, dass der Effekt ihrer Aussage nicht durch ihre noch nicht sehr ausgeprägte Kenntnis der irdischen Tier - und Pflanzenwelt geschmälert wurde. Mit ein bisschen Glück war ein Rhododendron zumindest irgendetwas, das Wasser brauchen konnte...

Piccolo warf den Kopf in den Nacken und brüllte vor Lachen. Er hatte es nicht glauben wollen, als Dende ihm – einem Gott entgeht wenig – von dem Zuwachs bei Vegeta erzählt hatte. Das zufriedene, schadenfrohe Grinsen des anderen Namekianers hatte seine Neugier entfacht - schadenfroh? Dende?? - und er hatte beschlossen, dass er dieses Wunderwesen selbst sehen musste.

Der ehemalige Oberteufel hatte eine Zeit abgewartet, in der weder Son Goku noch Vegeta anwesend waren, um diese Neuerung alleine einer Musterung unterziehen zu können. Zwei Faktoren verkürzten seine Wartezeit auf ein erträgliches Maß: Zum einem half Vegeta bei der Leitung die Capsule Corp. und war häufig außer Haus - wenn es nach Kit ging noch eindeutig zu wenig: ein 23-Stunden-pro-Tag-Job wäre viel annehmbarer gewesen... - und zum anderen kümmerte sich Son Goku um seine Exfrau. Kurz nach der friedlichen Scheidung hatte die ehemalige Kampfkünstlerin einen Schlaganfall erlitten und weder Magie noch Dende waren in der Lage gewesen den Schaden wieder zu beheben. Da sich der gutherzige Saiyajin die Hauptlast ihrer Pflege aufgeladen hatte, war er nur verhältnismäßig selten bei seinem Bindungsgefährten anzutreffen; ChiChi schien in ihrem alten Haus am glücklichsten zu sein.

Piccolo hatte deswegen nur für zwei Tage mit seiner Neugier kämpfen müssen - erstaunlich, wie viel störenden Einfluss eine so banale Angelegenheit auf den Frieden seiner Meditationen ausüben konnte.

Was den störenden Einfluss betraf... Vegeta wäre wohl bei dieser Beschreibung von Kits Wirkung zum ersten Mal in seinem Leben freiwillig mit dem Namekianer vollständig und widerspruchslos einer Meinung gewesen.

Der ehemalige Oberteufel kam langsam wieder zu Atem. Er war sich jetzt schon nahezu sicher: Diese Angelegenheit war das Warten wert gewesen.

Bei Dende, sie war wirklich so keck wie der Erdgott behauptet hatte. Er war fast doppelt so groß wie sie, vermutlich drei- oder viermal schwerer, und diese kleine Göre schenkte ihm nicht mehr als einen gelangweilten Blick, bevor sie ihn ganz nebenbei zum Gärtner degradierte.

Das Weibsbild würde Vegeta noch Kopfschmerzen bereiten. Ob er wohl jemanden finden konnte, der bereit war darauf Wetten abzuschließen?

Kaum, dass er sich beruhigt hatte, erhielt sein Gelächter neuen Aufschwung, als er einen Blick auf das Silberbesteck auf dem Tisch warf, das sie schon geputzt hatte. Ein Teil davon war fein säuberlich angeordnet und bildete unmissverständlich in Standard – der Allgemeinschriftsprache der Galaxie – das Äquivalent der Worte „VEGETA SUCKS".

Kopfschmerzen? Sie würde dem selbstherrlichen Saiyajin eine ausgewachsene Migräne bescheren!

Kit wartete den ersten Lachanfall mit erstaunlicher Gelassenheit ab. Ihre auf dem Mahagonitisch klickenden Nägel trommelten einen immer schneller werdenden Rhythmus, während sie sich langsam den Grenzen ihrer Geduld näherte. Wenn ihr Leben nicht schon mit Rachegedanken gegen Vegeta ausgefüllt gewesen wäre, dann hätte sie den Namekianer vermutlich auch gleich noch auf ihre Liste der zu bedrohenden Lebewesen gesetzt. Nahm denn niemand sie ernst? Erst zum Geschirrpolieren verdammt und jetzt ausgelacht. Es war einfach nicht ihr Tag.

Eigentlich auch nicht ihre Woche.

Wenn man schon das Thema breit treten wollte: es würde nicht einmal ihr Jahr werden, wenn das so weiterging.

Als der Namekianer von einem Gelächter gleich in das nächste sprang, runzelte sie entnervt die Stirn und beschloss die Sache abzukürzen. Sie bewegte leicht die Hand.

Piccolo sprang überrascht in die Höhe, als plötzlich Flammensäulen unter ihm aus dem Boden brachen. Gerade als er sein Ki aufflackern ließ, um sie auszulöschen, bemerkte er, dass sie keinerlei Hitze ausstrahlten.

Er streckte vorsichtig die Hand nach ihnen aus und beobachtete fasziniert wie die kühlen Flammen sie umtanzten, um sich dann in seiner Handfläche zu einem kleinen Feuerspiel zu versammeln.

Die selbstgefällige Ursache dieses ungewöhnlichen Schauspiels, betrachtete im Moment übertrieben gelangweilt die Zimmerdecke. Das lauernde Funkeln in Kits Augenwinkeln verriet Piccolo jedoch, dass seine Reaktionen keineswegs so unbeobachtet blieben, wie ihm weisgemacht werden sollte. 

Der Namekianer hielt eine stille Rücksprache mit sich selbst: In ihm erinnerte sich der Nail-Teil daran, dass dieser schon einmal Feraijen getroffen und eine ihrer Vorstellungen besucht hatte. Es war ein beeindruckendes Schauspiel gewesen, aber selbst dort waren die Illusionen nicht mit so einer beiläufigen Selbstverständlichkeit geschaffen worden. Wenn dieser kleine Wildfang über derartige Fähigkeiten verfügte, dann bestand kein Zweifel daran, dass die "Attacke" ihm keinen Schaden zufügen sollte. Sonst wäre er schon innerhalb der ersten zwei Sekunden recht gut durchgebraten gewesen...

Mit einem schnellen, abwägenden Blick zu Kit, schloss er die Hand und löschte das kleine Ki-Kunstwerk.Als er die Finger wieder öffnete, sprangen verschiedene Spiralen aus bunten Lichter hervor.

Erfreutes, silberhelles Gelächter erklang. Kit war begeistert; er hatte die Herausforderung angenommen und erwidert. Aller Groll – und das verfluchte Silberset – wurde in Sekundenschnelle, aus purer Freude spielen zu können, aus ihren Gedanken verdrängt. Seit mehreren Jahren hatte sie nicht mehr mit jemanden um die Wette Ki-Figuren geschaffen -  zumindest nicht ohne Einschränkungen. In Haneks Clan hatte sie darauf verzichtet müssen, da sonst leicht jemand hätte dahinter kommen können, dass sie gerade mal ihre Minimalleistung in den Gruppentanz einbrachte. Aber hier gab es niemanden, der sie kannte. Niemanden, der Ki-Muster und Arten der Bildung wiedererkennen konnte. Niemanden, der Vergleiche anstellen konnte. Warum sollte sie also das einzig einigermaßen Angenehme, das diese lästige Bindung an den arroganten Saiyajin-Bastard mit sich brachte, nicht in freien Zügen genießen?

Die zierliche Feraijen lächelte strahlend, hob ihre eigene Hand und zeigte dem Namekianer eine perfekte Nachbildung seiner Ki-Figur. Dann begann sie Formen hinzuzufügen.

Etwas mehr als fünfzehn Minuten später rannen Schweißtropfen Piccolos Stirn herunter und versammelten sich unzeremoniell an seiner Nasenspitze, angestrengt konzentrierte er sich, um das letzte Gebilde der Feraijen nachzuformen. Die achtfarbigen Spiralen und Sphären hatte er verhältnismäßig gut hinbekommen, die rotierenden Kreise ebenfalls, die darin verschlungenen Bänder schwankten zwar, hielten aber stand. Jetzt musste er das Ganze nur noch in Bewegung setzen.

Ganz einfach.

Puff

...  

... vielleicht doch nicht.

Mit einem enttäuschten Grollen beobachtete er, wie sein mühsam erzeugtes Kunstwerk mit sich selbst kollidierte und sich in muntere Funken auflöste, die durch den ganzen Raum segelten.

Er war gescheitert.

Der ehemalige Oberteufel warf Kit einen frustrierten Blick zu. Zwischen den Beiden hatte sich in der letzten Viertelstunde ohne viele Worte – zum Glück, sonst wäre es vermutlich zu einigen unerfreulichen Zwischenfällen gekommen – im spielerischen Wettstreit eine Art Verständnis entwickelt.

Jetzt zwinkerte sie ihm einfach nur fröhlich zu und streckte die Hand nach den Überbleibseln seiner Bemühungen aus.

Erstaunt verfolgte der große Namekianer wie die Funken sich zu ihren ursprünglichen Formen versammelten und vor ihm tanzten. Als sie sich wieder auf seiner Hand niederließen, begriff er, dass Kit ihm anbot weiter zu spielen, auch wenn seine Fähigkeiten nicht mithalten konnten. Sein inneres pikiertes Knurren verstummte kleinlaut, als es sich mit großen Bernsteinaugen konfrontiert sah, die hoffnungsvoll mit kindlichem Eifer strahlten. Piccolo schmunzelte gegen seinen Willen, schüttelte den Kopf und schloss die Hand um die Miniaturfiguren, um das Ende des Spiels anzuzeigen. Ob ihm das Verlieren gegen Son Goku leichter gefallen wäre, wenn dieser weiblich gewesen wäre? Ein interessanter Gedanke, aber höchst unwahrscheinlich. Er entschied, dass er diese Person leiden konnte. Jeder, der ein so vielversprechendes Potential in sich trug, Vegeta an den Rand eines Nervenzusammenbruchs zu bringen, war sein Freund. Der Namekianer beschloss sich vorzustellen.

„Mein Name ist Piccolo." Er streckte ihr die Hand entgegen.

Es verstrichen ein paar Sekunden, während der Kit die ausgestreckte Hand verwirrt musterte. Dann erinnerte sie sich an den irdischen Brauch, sprang auf und griff nach seiner Klaue, um sie zu schütteln. Ihre kleine Hand verschwand vollständig in seiner. Mit einem Lächeln blickte sie nach oben in die Augen ihres neuen Freundes.

„Freut mich. Ich bin Kit."

In den lebhaften Augen der Feraijen blitzte plötzlich der Schalk. Sie konzentrierte sich kurz, formte Energie und öffnete zeitgleich mit ihrer nächsten Aussage die andere Hand. „Piccolo? Ich dachte, Namekianer haben keine Flöten ..."

In dem Aufstöhnen des ehemaligen Oberteufels war ein Hauch von Besorgnis zu vernehmen.

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tbc

Was meint Ihr? Ob Vegeta wohl währenddessen ein kalter Schauer über den Rücken gelaufen ist? *evilgrin*

Eigentlich hatte ich ja vor eine Szene zwischen Vegeta und Kit zu schreiben... aber plötzlich stand Piccolo in der Tür ^^;;

Ich hoffe das Kapitel gefällt Euch, auch wenn Vegeta und Goku dieses Mal nur am Rand vorkommen?

Bis zum nächsten Mal *verbeug*

... und Ihr wisst, was ich und meine Muse sehr lieben und gerne hätten, oder? *große hoffnungsvolle Kulleraugen macht*