Kapitel 5: Die Welt verändert ihr Gesicht

„Was soll er schon getan haben, die Karte ist vermutlich fehlerhaft, jetzt lass ihn doch wieder los."

„Aber nein, Severus, du verstehst nicht!"

Remus ließ den überraschten Rufus wieder los, sein Gesicht kreidebleich, als würde er gleich vom Stuhl fallen. Er zitterte.

„Wir haben dutzende unbrechbarer Zauber darüber gesprochen. Jeder von uns. Und Sirius hat mir erst letztes Jahr erzählt, dass Harry während des Trimagischen Turniers nachts durch das Schloss gelaufen war, weil er Barty Crouch Jr. in deinem Büro gesehen hatte. Als er jedoch in der falschen Stufe stecken geblieben war, war ihm Moody entgegen gekommen. Erinnerst du dich nicht? An die Begegnung mit Filch, Moody und dem goldenen Ei eines Champions? Du warst auch dabei! Erinnerst du dich nicht", seine Stimme wurde eindringlicher, „an den falschen Moody?"

Er griff nach der Karte und hielt sie Snape direkt ins Gesicht.

„Diese Karte hat noch niemals gelogen. Niemals. Sie zeigte immer die wahre Person, egal, ob unter einem Tarnumhang oder unter irgendeiner Art von Verwandlung. Was hat er getan? Um Himmels Willen! Severus! Warum ist er nicht mehr Harry? Was ist passiert? Wenn er nun nicht mehr Harry ist, dann… es wird ihn töten!"

Weiter konnte Remus nicht sprechen. Er war nun völlig aufgelöst. Er sah aus wie ein Häufchen Elend, in seinem Sessel zusammengesunken, mit den Händen durch sein ergrautes Haar fahrend, verzweifelt nach einer Antwort suchend. Severus schenkte ihm einen mitleidleidsvollen Blick, ehe er noch einmal nach der Karte griff und sie studierte, als suchte auch er nach einer Antwort darin.

Rufus hatte die Beiden während des Gespräches ständig abwechseln angesehen. Er verstand ihre Aufregung nicht.

Seine Frage kam zögernd: „Warum regt Ihr Euch eigentlich auf? Was ist schon… so schlimm daran? Ich… ich bin doch… doch Rufus. Jetzt."

„Aber nein! Rufus ist tot, Harry! Seit vielen Jahren schon! Du… du bist immer noch… Harry! Und das hier ist nicht echt, es ist ein Plan! Das darfst du niemals vergessen, bitte! Vergiss es nicht! Versprich es mir!" fuhr Remus ihn verzweifelt an.

Dann bemerkte er, wie sehr er aus seiner Haut gefahren war, und murmelte schnell eine kurze Entschuldigung, während er wieder verzweifelt nachdenkend durch sein Haar fuhr und kopfschüttelnd seine Knie betrachtete.

Snape verstand augenblicklich, dass sie so wohl nicht weiterkommen würden.

„Jetzt beruhige dich doch. Lass mich etwas anderes versuchen." Und sah mit seinen schwarzen, undurchdringlichen Augen Rufus an.

„Erzähle mir von Harry Potter."

Diese Frage verstand er nun ganz und gar nicht. Was sollte das nun wieder?

„Was soll ich Euch erzählen?"

„Du hast mich schon verstanden. Ich versuche hier herauszufinden, was genau geschehen ist."

Er verstand. Und mit einer sehr traurigen Stimme begann er langsam zu erzählen:

„Sicher. Ich… ich war Harry Potter. Früher. Dann… wurde er mein Doppelgänger und starb für mich. Er hatte… sowiso nicht mehr leben wollen. Es war einfach zuviel… passiert, versteht Ihr? Er… wurde beerdigt und ich war bei ihm. Eines Tages… sollte ich wieder er werden. Aber dann sah ich meine Freunde um ihn trauern und… beschloss, dass ich es ihnen niemals antun könnte, ihnen… ihn wieder zu bringen. Sie würden es nicht verkraften und… vermutlich würden Sie es mir niemals verzeihen.

Und dann beschloss ich, ihn… ihn gehen zu lassen in der Hoffnung, dass er seinen Frieden finden würde und meine Eltern und Sirius wieder treffen. Ich beneide ihn. Und ich weis, dass ich… eines Tages… eines Tages an seine Stelle treten muss um die Prophezeiung in seinem Namen zu erfüllen. Aber ich werde nie wieder er sein. Ich werde immer Rufus bleiben, wenn… ich seine Narbe zurückbekomme und… gegen ihn kämpfe."

Seine Stimme wurde lauter, „als Harry Potter wollte ich sterben, verdammt! Ich habe die einmalige Chance erhalten ein neues Leben zu beginnen. Ich hasse mich dafür, was mit Sirius geschehen ist. Ich könnte ihm als Harry Potter nicht entgegentreten. Ich würde verlieren, weil mir der Tod einfach viel lieber wäre. Ich will dieses Leben nicht mehr. Nie wieder!"

Er merkte, dass ihm Tränen die Wangen hinunterliefen. Er hatte schon die ganze Zeit gewusst, dass er ihnen irgendwann einmal erzählen musste, dass seine alten Freunde niemals die Wahrheit erfahren durften. Aber dass es so schnell passieren würde, hätte er nicht gedacht. Aber jetzt war es heraus und er stand dazu. Doch, was war der Sinn dieser Frage gewesen? Dachten sie etwa, er könnte die Narbe nicht zurückerhalten, wenn er nicht mehr Harry Potter war? Wäre die Prophezeiung damit für immer zerstört? Hatte Voldemort sein Ziel dann damit erreicht? Indem er den echten Harry Potter getötet hatte? Leichte Panik stieg in ihm auf.

„Gut,… Rufus. Hmmmh! Lass uns etwas anderes versuchen."

Severus hob seinen Zauberstab und rief laut: „Serpensortia!" Eine Schlange sprang aus Severus Zauberstab und fiel laut zischend auf den Boden.

„Sprich mit ihr. Ich will wissen, ob du noch die Fähigkeiten besitzt, die der dunkle Lord bei seinem ersten Untergang auf dich übertragen hat. Vorausgesetzt es stimmt, was Dumbledore mir erzählt hat, und du diese Fähigkeit nicht bereits seit deiner Geburt besitzt."

Irritiert konzentrierte Rufus sich auf die Schlange. Gut, das war leicht. Ein Test. Er würde etwas zu ihr sagen und sie alle würden erfahren, ob er noch Parsel sprechen konnte, doch irgendetwas stimmte ihn sehr nachdenklich. Was war es nur? Was bohrte in ihm und versuchte hier gerade an die Oberfläche zu gelangen? Irgendetwas passte ihm hier nicht. Er holte tief Luft. Dann versuchte er sie anzusprechen:

„Kannst Du mich verstehen? Ich bin Rufus."

Die Schlange hob neugierig ihren Kopf und sah ihn einen Moment lang nachdenklich an.

„Du verssssstehssssssst mich? Menschhhhhh? Ssssssssseltssssssam."

Mit einem weiteren Zischen verschwand sie wieder. Wie aus seinen Gedanken gerissen sah er auf, er hatte nicht bemerkt, dass Snape inzwischen einen Zauber gesprochen hatte, der sie wieder verschwinden ließ, sah jedoch noch, wie er seinen Zauberstab gerade wieder senkte.

„Also gut, was hast Du ihr gesagt, und was hat sie Dir geantwortet?"

Severus hatte den gleichen irritierten Blick in seinen Augen, den er schon mal gesehen hatte, als er in seinem früheren Leben während des Duellierclubs zu einer Schlange gesprochen hatte.

Zerstreut murmelte er: „Ist doch völlig unwichtig."

Er spürte, wie Zorn ihm langsam seine Eingeweide hochstieg und das machte ihm auch irgendwie Angst. Er versuchte es sich jedoch nicht anmerken zu lassen.

Severus ließ jedoch nicht locker.

„Was ich von dir wissen will ist, ob du sie verstehen konntest? Sagte sie etwas, das für dich einen Sinn ergab?" Jetzt sah er wieder richtig besorgt aus.

„Oh, ja! Panik kriegen sie! Sie haben Angst, dass du ihnen das Übel nicht vom Leib schaffen kannst! Sieh nur, wie sie zittern! Um etwas anderes sorgen sie sich doch überhaupt nicht! In Wahrheit bist du ihnen völlig egal! Du bist schließlich erst Schuld daran, dass das Übel überhaupt wieder da ist! Und sie hassen dich dafür! Sie werden dich immer hassen! Sie werden dich solange benutzen, bis du deinen Zweck erfüllt hast, und dann bist du nutzlos! Falls du es überhaupt schaffen solltest deinen Zweck zu erfüllen, denn wenn nicht, bist du sowiso tot!", hörte er auf einmal wieder die Stimmen in seinem Kopf schreien, die er seit Monaten nun schon nicht mehr wahrgenommen hatte, während ihm erneut Tränen in die Augen schossen, während er versuchte diesen Stimmen Einhalt zu gebieten.

„Aber sie haben mir auch ein neues Leben geschenkt. Und es ist ein Geschenk. Sie tun das nur, um mich wirklich vorzubereiten. Natürlich haben sie Angst. Du hättest doch auch Angst. Und auch sie erfüllen ihren Zweck! Sie opfern mir jede Minute ihrer Zeit, um mein Überleben zu sichern! Um das Überleben Aller zu sichern! Denk an Sirius! Nein, ich will jetzt nicht an Sirius denken! Doch, ich muss. Er war ebenfalls ein Opfer, und es wird noch viele Opfer geben! Oh, ja und ich bin Schuld daran!!"

Er war mit seinen Nerven nun völlig am Ende. Würde das denn niemals aufhören? Würde er sich für den Rest seines Lebens nun immer so zerrissen fühlen? Er wollte lernen sein altes Leben zu vergessen und das neue, das Geschenk, zu lieben. Stattdessen kam jetzt alles wieder wie eine mächtige Flutwelle auf ihn zurück gestürzt. Sein Leben war wieder eine völlige Katastrophe!

Doch hier saß Remus, vollkommen aufgelöst und unruhig in seinem Sessel und Severus, der sich in den letzten Monaten die größte Mühe gegeben hatte, aufrichtig zu ihm zu sein und seine Kindheit hinter sich zu lassen. Dem es nun möglich war, ihn anzusehen, statt seinen Vater. Und das war ihm gewiss nicht immer leicht gefallen. Sie alle hatten ihn behandelt wie einen Erwachsenen. Er war kein Kind mehr. „Reiß dich gefälligst wieder zusammen!", sagte er sich, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, was leider nur nicht viel half, weil noch immer Neue folgten.

„Aber ja, natürlich. Sie wunderte sich nur darüber einen Menschen verstehen zu können."

„Ich verstehe. Nun, gut. Ich denke, die Karte hat uns für heute Abend wohl genug Kopfzerbrechen bereitet, wahrscheinlich funktioniert sie sogar noch, wie sie es immer getan hat. Für den Moment komme ich zu dem Schluss, dass Rufus mit seinem alten Leben einfach abgeschlossen hat und es für immer vergessen wollte. Ich habe sehr wohl bemerkt, dass er sich in den letzten Monaten verändert hat, und wie es jetzt in seinem Inneren gerade aussieht, scheint er große Schwierigkeiten damit zu haben, zu begreifen, dass es ihn immer wieder einholen wird."

Nun wandte er sich ihm wieder zu.

„Aber du musst eines verstehen, Rufus, Harry, auch wenn du es nicht wahrhaben willst, dein Leben wird dich immer einholen. Tief in deinem Inneren bist du noch immer Harry Potter und wirst es immer sein. Wenn du verdrängst, was geschehen ist und nicht verarbeitest, und wir versuchen dir hier schließlich dabei zu helfen, wird es dich irgendwann mit einer noch viel stärkeren Welle wieder einholen, dann wenn du es eines Tages am wenigsten erwartest. Der dunkle Lord wird dich ohne mit der Wimper zu zucken töten, wenn er kann. Und er nimmt keine Rücksicht darauf, ob du nun Harry Potter sein willst oder nicht. Auch deine Freunde werden es eines Tages erfahren. Auf die ein oder andere Weise. Sie werden die Narbe wieder sehen. Sie werden zu recht irritiert sein. Was willst du ihnen dann sagen? Entschuldigt bitte, ich weis, dass euer Freund tot ist, aber ich stehe auf diese Narbe? Wohl kaum. Du wirst ihnen eines Tages die Wahrheit erzählen müssen. Glaubst du denn nicht, sie würden es verstehen?"

„Nein." Flüsterte er jetzt. „Wie könnten sie auch?"

„Sie werden es.", sagte Remus jetzt leise. „Sie kennen Dich seit vielen Jahren und wissen, wer du bist. Sie lieben dich. In Rufus werden sie dich wieder erkennen. Und eines Tages werden sie auch sehen können, warum. Jetzt und in den nächsten zwei bis drei Jahren natürlich nicht, doch eines Tages wirst du ihnen erklären können, warum es nicht anders ging. Warum Voldemort dich mehr als alles andere haben wollte, und dich immer verfolgt hat, und warum dir letztlich keine andere Möglichkeit blieb, als dich zu verstecken. Eines Tages werden sie von uns von der Prophezeiung erfahren und dann werden sie verstehen, dass du Ruhe brauchtest um dich vorbereiten zu können. Dass es dich zerstört hätte, immer erkannt und verfolgt zu werden. Aber wenn du jetzt vergisst, wer du bist, dann wirst du auch niemals wirklich bereit sein zu kämpfen und es wird nie enden. Vielleicht würde er auch sie töten. Und letztlich würde es dich töten. Egal wie, du kannst zumindest Ron und Hermine gegenüber nicht für immer die Wahrheit verschweigen sofern sie dir bis dahin noch immer etwas bedeuten."

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Nach diesem Gespräch, das so gar nicht nach seiner Vorstellung verlaufen war, lernte und trainierte er verbissener als je zuvor. Er wurde sehr ernst und zog sich fast völlig zurück. Remus und Severus erzählten den anderen nichts von der Sache mit der Karte der Rumtreiber. Allerdings besprachen sie ausführlich mit Dumbledore, Melinda und McGonagall Rufus Wunsch niemals wieder zu seinem alten Leben zurückkehren zu wollen und erzählten ihnen, wie sehr Rufus das Gespräch am Weihnachtsabend mitgenommen hatte.

Sie versprachen ihm, seinen Wunsch zu respektieren und seine wahre Identität auch später geheim zu halten, Dumbledore versicherte ihm, er würde darüber nachdenken, was sie für eine eventuelle Erklärung abgeben konnten, sollte die Narbe eines Tages Fragen aufwerfen. Melinda versprach ihm sogar, was ihn sehr rührte, dass er für die Zaubererwelt für immer Rufus Black, ihr Sohn sein dürfte. Auch würde sie immer für ihn da sein, als Mutter, selbst, wenn sie ihm Lily nicht ersetzen konnte.

Jedoch würde er eines Tages mit Ron und Hermine sprechen müssen und ihnen sagen was wirklich vorgefallen war, sofern ihm bis dahin noch immer etwas an ihnen lag. Er hasste diese Vorstellung. Ihnen sagen zu müssen, dass ihr allerbester Freund sie betrogen hatte. Mit dem Tod eines Menschen zu spielen war für Harry das größte Verbrechen, das er sich vorstellen konnte. Und hier war er. Lebendig. Er hatte sie beobachtet, wenn sie an ihren Tischen saßen und stumme Tränen weinten. Tränen für ihn, der wohlauf um sie herumgelaufen war, ohne, dass sie ihn wirklich sahen. Mit diesem Wissen würde er ihnen nie wieder in die Augen sehen können.

Tagsüber mied er fortan oft den Teil des Schlosses, in dem sich Schüler aufhielten. Seine fünf Lehrer versuchten ihn einige Male in den folgenden Monaten dazu zu bewegen mehr aus der Wohnung herauszukommen um nicht so viel allein zu sein, scheiterten dabei aber ebenso wie an ihren zahlreichen Versuchen ihn etwas aufzuheitern. Er wurde sehr ernst, schweigsam und zog sich oft mit einem Buch in der Hand zurück.

Das Frühjahr kam und ging. Die Tage wurden wärmer und wärmer. Für die meisten anderen Schüler in Hogwarts war Harry Potter bis zum Beginn der Sommerferien bereits in Vergessenheit geraten. Beinahe jeden Monat erschien im Tagespropheten eine neue Schreckensmeldung über Morde an Zaubererfamilien, genauso wie Überfälle auf Muggel.

Das Zaubereigefängnis Askaban wurde nun von Auroren des Ministeriums bewacht, denn die Dementoren hatten versucht die Insel zu verlassen. Ihrer Gefährlichkeit wegen hatte man sie nun auf eine unbewohnte kleine Insel in Irland verbannt, jedoch war unklar, wie lange man sie dort würde festhalten können, denn immer wieder gelang es einigen von ihnen zu entkommen. Etliche Schüler aus allen Häusern trauerten nun ihrerseits ebenfalls um getötete Familienmitglieder und Freunde und Rufus war nun klar, wie bedrückend die Welt ausgesehen haben musste, bevor Voldemort vor nun fast sechzehn Jahren versucht hatte ihn zu töten und daran scheiterte.

Er verstand jetzt sehr gut, warum er ständig begafft worden war, als er noch mit seiner Narbe und seinem alten Namen lebte. Die Welt zeigte sich von ihrer düstersten Seite. Er war keinesfalls introvertiert, oder depressiv. Er war noch immer der gleiche, neugierige und wagemutige Junge, der er immer gewesen war und hätte sich noch immer lieber gestern als heute in ein neues Abenteuer gestürzt, gleich wie gefährlich es auch hätte sein können. Aber das tat er nicht, weil er keinen Sinn darin sah, etwas anderes zu tun als zu lernen. Er schaffte es sogar, sich selbst davon zu überzeugen, dass Sirius Tod nicht ganz allein seine Schuld war, sondern zum größten Teil Voldemorts. Und letztendlich würde Rufus das hoffentlich nur stärker machen, denn er würde sich eines Tages persönlich dafür rächen.

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Mit einem befreienden Gefühl von Anonymität bummelte er mit Melinda einige Tage vor Schulbeginn, das erste Mal wieder als Mensch in der Öffentlichkeit, durch die Winkelgasse. Er bekam einen neuen Koffer, neue Umhänge, Zaubertrankzutaten, Pergamentrollen und Tinte, Federn und Schulbücher sowie einige persönliche Dinge, da er seine alten Sachen in der versteckten Wohnung zurück lassen musste.

Seinen, Harrys, Besen ließ er nicht zurück. Auf keinen Fall. Glücklicherweise hatte seine heftige Debatte mit Melinda, darüber, dass es zu auffällig wäre irgendetwas von dem, was er früher besessen hatte mit in die Schule zu nehmen, letztlich einen guten Ausgang genommen:

Remus hatte ihn angelächelt als er erst drei Wochen zuvor Melinda und Rufus in ihrer kleinen, gemütlichen Wohnung vorfand, als sie gerade heftigst darüber diskutierten, ob er nun seinen Besen mitnehmen durfte oder nicht. Melinda vertrat den Standpunkt, dass es zu auffällig wäre, auch nur die kleinste Gemeinsamkeit mit Harry zu haben und ein Feuerblitz wäre so verdammt teuer.

„Nun, dann schenke ich dieses äußerst fabelhafte Exemplar eben meinem einzigen Patenkind", hatte Remus gesagt, „ich habe ihn offiziell geerbt und darf nun damit tun und lassen was ich will. Wer wäre dafür schon besser geeignet, als der Sohn meines besten Freundes? Melinda, wenn du Rufus das erste Mal spielen siehst, wirst du verstehen, warum wir ihm diese Bitte einfach nicht ausschlagen können. Er hat das Fliegen im Blut, er muss einfach fliegen. Und ich hasse es."

Rufus wäre beinahe mit samt seinem Stuhl rückwärts auf den Boden geflogen. „Du bist was?"

Melinda lächelte nun schweigend und nickte, während Remus es sichtlich genoss, Rufus diese Neuigkeit mitzuteilen.

„Du hast schon richtig gehört. Sirius konnte wohl kaum Pate bei seinem eigenen Kind werden, zumal er sich damals mit Melinda zerstritten hatte. Ich hatte den Kontakt zu ihr nie abgebrochen und wurde schließlich Rufus Pate. Warum, glaubst Du, konnte Dumbledore Melinda überhaupt finden in Australien? Nur Sirius, James, Lily, Peter und ich wussten von dieser Heirat. Und Eulen können nur dann jemanden finden, wenn sie wissen, wem genau sie einen Brief zustellen sollen. Und die Papiere standen der Öffentlichkeit nicht zur Verfügung. Sie wurden vertraulich aufbewahrt. Deine Eltern starben leider, Peter hätte es keinen Vorteil gebracht Kontakt zu Melinda aufzunehmen und Sirius fürchtete, sie könne in Gefahr geraten, wenn er sie aufsuchte, schließlich war er noch immer auf der Flucht. Sagen wir einfach, ich bin ab jetzt Onkel Remus für Dich und wir haben uns einige Jahre lang nicht gesehen. Niemand wird Fragen stellen."

Nach dieser Neuigkeit hatte sich seine Laune deutlich gehoben. Fliegen und Quidditch waren das Einzige, wobei er sich schon immer wirklich glücklich gefühlt hatte. Wenn er auf seinem Besen saß und spielte waren das bisher immer die einzigen Momente gewesen, bei denen er wirklich einfach alles andere vergessen konnte. Nun war sein lebenslanges Quidditchverbot aus der Welt, da niemand wusste wer er in Wirklichkeit war und Rufus Black natürlich niemals eines bekommen hatte.

Der Frust der letzten Monate schien wie weggeblasen. Er würde wieder Quidditch spielen, McGonagall würde sicher einen Weg finden ihn wieder in die Mannschaft aufzunehmen. Er würde wieder mit Ron spielen, er würde wieder den Hauspokal gewinnen. Er würde Malfoy wieder schlagen. Für diesen Moment hatte er die neue düstere Welt, die unter Voldemorts Schreckensherrschaft entstanden war, wirklich verdrängt. Und es wurde sogar noch besser.

Da Hedwig jetzt offiziell Remus gehörte, sollte er nun eine neue Eule bekommen. In der magischen Menagerie war es stickig. Die Käfige standen noch genauso aufeinander gestapelt in dem völlig überfüllten Raum wie in seinem dritten Jahr, als er mit Ron und Hermine hier war. Etwa eine halbe Stunde lang sah er von Käfig zu Käfig, konnte sich letztlich jedoch nicht wirklich entscheiden. Die Hexe hinter der Theke war gerade damit fertig geworden einen anderen Kunden zu bedienen und kam nun zu ihnen herübergelaufen.

„Kann ich Euch vielleicht helfen? Suchen Sie etwas Bestimmtes?"

„Oh, hallo. Nun, wir suchen eine Eule für meinen Sohn", antwortete Melinda, „aber er hat sich noch nicht entschieden, die Auswahl ist wirklich groß."

„Wenn das so ist, hab ich vielleicht etwas Besonderes für dich", sagte sie zu Rufus, drehte sich um und ging mit raschen Schritten in den hinteren, etwas abgedunkelten Bereich des Raumes. Über ihre Schulter rief sie: „Komm mal mit."

Als er bei ihr angekommen war, hatte sie schon begonnen mit ihrem Zauberstab einen großen Käfig von der Decke schweben zu lassen. Neugierig sah er hinein.

„Aquila chrysaetos. Er ist noch ganz jung, aber seine Eltern sind sehr tüchtig und überaus intelligent. Diese Art ist so gut wie überall heimisch. Hier in Europa, aber auch in Nord-Afrika, Asien und Nordamerika. In freier Wildbahn werden gewöhnliche Tiere bis zu 20 Jahre alt. Dieser hier wird natürlich wesentlich älter. Sie können sehr lange Strecken fliegen und sind sehr schwer abzufangen, weil es Raubvögel sind. Dieser hier ist ein besonders Hüpscher, nicht wahr? Er ist ein Steinadler. Gefällt er dir?"

Rufus war einen langen Moment sprachlos. Mit großen Augen starrte er dieses wundervolle, dunkelbraun gefiederte Tier an, welches auch ihn mit seinen kleinen schwarzen Augen misstrauisch musterte. Er war es.

„Und ob er mir gefällt. Mum, wie findest du ihn?"

Auch Melinda bestaunte den Adler nun neugierig und war entzückt. „Oh, er ist großartig und wunderschön. Er ist einfach perfekt."

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Schon am frühen Morgen hatte er seine sieben Sachen gepackt, seine Hogwarts-Uniform und seinen Umhang angezogen, einen Zauber über seine Kleidung gelegt, damit sie aussah wie Muggelkleidung und war unruhig in seinem Schlafzimmer auf und abgegangen, bis es schließlich an der Tür geklopft hatte und er mit Melinda zum Frühstück hinunter in den Speisesaal des kleinen Motels gegangen war.

Anschließend waren sie zur U-Bahn Station gelaufen. Auch über ihre Koffer hatten sie einen Zauber gelegt, der sie leichter machte, denn sie waren voller Bücher und der Weg von ihrer schäbigen, kleinen Absteige war sehr weit. Den Adlerkäfig hatte Remus, der sie kurz vor ihrer Abreise aus dem Motel aufgesucht hatte, und war mit ihm bereits zum Bahnhof, wo er auf sie warten würde, appariert. Den Adler in der U-Bahn mitzunehmen wäre viel zu auffällig und zudem auch viel zu stressig für das junge Tier gewesen. Die Londoner U-Bahn war übervoll und stickig.

Nun war es soweit. Nicht gerade pünktlich waren sie gerade noch rechtzeitig um elf Uhr am Bahnhof angelangt und zum Gleis 9 ¾ hinübergewechselt. Dampf nach allen Richtungen ausblasend, stand der Hogwarts-Express schon bereit. Hastig stiegen sie ein. Bevor sie sich auf die Suche nach einem Abteil machen konnten, hielt Remus ihn jedoch noch kurz zurück.

„Rufus, vielleicht wäre es ganz gut, du würdest dir ein anderes Abteil suchen als wir. Na? Du verstehst schon, misch dich ein wenig unter die anderen Schüler, ja?" Er gab ihm einen Klaps auf den Rücken und ging mit Melinda, die auch noch einmal über ihre Schulter grinste, lächelnd davon.

„Na toll!" Dachte er sich und schleppte seinen Koffer durch den Gang und sah in jedes Abteil. Er hatte jedoch eine ganze Weile lang Pech, bis er endlich eines fand. Ohne recht darauf zu achten, wer bereits darin saß, öffnete er die Tür und steckte seinen Kopf hinein.

„Entschuldigt bitte, ist hier noch ein Platz frei? Der restliche Zug ist leider schon voll."

„Oh! Auch Entschuldigung! Aber hast du keine Augen im Kopf? Das hier ist das Vertrauensschülerabteil, du Dummko… hey Moment mal, dich kenne ich überhaupt nicht. Wer bist du denn?"

Für einen sehr langen Moment sah er gebannt in die Augen, die er hier am allerwenigsten erwartet hätte. Es traf ihn wie eine kalte Welle, die seine Eingeweide schmerzlich zusammen zog. „Was soll das denn, du hast sie doch während des ganzen letzten Schuljahres auch gesehen!" meldete wieder die Stimme in seinem Hinterkopf, bis ihm bewusst wurde, dass er sie anstarrte.

„Rufus. Und… Verzeihung!" Brachte er mühsam hervor, dann zog er rasch wieder seinen Kopf aus dem Abteil und sah zu, dass er schnellstens Abstand davon gewann. Einige Minuten später, er war nur an bereits voll besetzten Abteilen vorbeigegangen, stellte er seinen Koffer im Gang ab, setzte sich darauf und sah lange gedankenverloren aus dem Fenster. Er musste sich sammeln, denn er dürfte sich nicht anmerken lassen irgendjemanden außer Remus und seiner Mum hier bereits zu kennen. Es tat so gut, wieder hier zu sein. Seine Gedanken schweiften ab, als er sich an seine erste Fahrt nach Hogwarts erinnerte. Als er unerwartet angesprochen wurde, riss es ihn so stark aus seinen Gedanken, dass er erschrocken auffuhr und sich umdrehte.

„Sorry, ich wollte dich gewiss nicht erschrecken. Ich war nur neugierig. Ein neuer Schüler? Du siehst gar nicht aus wie ein Erstklässler."

Bei diesen Worten grinste der Junge vor ihm und musterte ihn von oben bis unten. Er hatte strahlend graue Augen und nach hinten gekämmtes hellblondes Haar. Sie waren gleich groß. Er musste sich zusammenreißen, denn vorerst würde er vollkommen unbefangen mit ihm sprechen müssen, egal wie sehr er diesen Jungen auch hasste.

„Woher kommst du? Ist Rufus dein Vor- oder Zunahme? In welche Klassenstufe kommst Du?"

„Ach ja, du warst auch in diesem Vertrauensschülerabteil vorhin, richtig? Ich bin Rufus. Rufus Black. Ich bin in der Nähe von Derby aufgewachsen, das ist an der Westseite von Australien. Meine Mum und ich sind erst vor einer Woche hier in London angekommen, meine Mum beginnt hier eine neue Arbeit. Ich komme jetzt in mein siebtes Jahr, und du?"

„Ich auch. In mein siebtes Jahr meine ich. Gab es in deiner alten Schule auch Häuser, in die ihr eingeteilt wurdet? In Hogwarts gibt es vier, ich bin in Slytherin. Ist auch das Beste von allen. Wenn du auch in mein Haus kommst, kann ich dir die ganze Schule zeigen und dir alles erklären. Ach ja, ich bin Draco. Draco Malfoy. Was glaubst Du, in welches Haus Du kommst?"

Und dann reichte Malfoy ihm seine Hand.

Fortsetzung folgt!

Autornote: Ich hoffe, Ihr fühlt Euch jetzt nicht überrumpelt, weil das 6. Schuljahr so kurz ausgefallen ist, aber das hatte ich im Forum ja schon angekündigt. Das siebte Jahr wird dafür um so länger, fest versprochen!

Review-Antworten:

Jo-Lizard: Oh, ja! Das war echt gute konstruktive Kritik! Genau so hab ich mir das wirklich gewünscht! Vielen lieben Dank! „Freu!" Und: ich weis, der Gesinnungswandel von Snape erscheint dir sehr übereilt, aber ich hab tatsächlich meine Gründe dafür. Im Forum ( http:www.maennerseiten.de/harrypotter/hpfreunde.htm ) hab ich die auch schon ausführlicher erläutert, vielleicht hast du mal Lust es dir anzusehen… und... hey! Es ist immerhin meine allererste Geschichte, die ich je zu schreiben versuchte. Vielleicht schaffe ich es ja, mich in den nächsten Kapiteln noch etwas zu steigern. Hemmungen hab ich nicht, dafür sind eure Reviews einfach zu lieb!

vero: Sorry für den Cliff, Süße, aber hier hast du ja schon die Fortsetzung. Ging doch recht flott, nicht? Ich finde es wundervoll, dass du so darüber lachen konntest, das freut mich sehr!

Konni: Konni! (einen Luftsprung macht!) Mein lieber, süßer, guter Konni! Super! Ich freu mich riesig und heiße dich herzlich willkommen!

Scharlany: Vielen Dank, Scharlany!

saku-dat-cherry: Naja, ich musste mir halt etwas einfallen lassen, hoffe, es wirkt nicht zuuu unrealistisch. Das mit der Animagusform hatte ich mir auch schon überlegt, jedoch musste Rufus im 6. Jahr einfach zu viel aufholen. Vielleicht kriege ich das ja im 7. Jahr irgendwie noch unter, mal sehen. Aber hauptsache, das Lesen macht dir Spaß und es gefällt dir etwas! Danke!

Goldener Junge: Danke schön! Und wie du siehst: hier ist sogar schon das fünfte! gg Deine Geschichte werde ich auch noch lesen, danke für den Hinweis. Ich liebe FF´s!

Kissymouse: Ging es dir zuuu schnell? Tut mir leid, aber so gut wie Sternchen krieg ich es einfach nicht hin. Vielleicht kann ich mich ja noch steigern in den nächsten Kapiteln. Es ist meine allererste FF. Ich habe vorher noch nie irgendetwas geschrieben, außer in der Schule mal. Sorry!

Janine Black: Danke für die email, Süße! Freut mich wirklich sehr, dass sie dir gefällt! Und hier ist sie auch schon, die Fortsetzung!