Kapitel 9: Freund oder Gefahr?

Er schüttelte grinsend den Kopf und sah wieder auf seinen Zaubertränkeaufsatz hinunter. „Nein, das werde ich nicht."

„Ach, und darf man auch fragen, warum nicht?"

„Darf man." Er steckte seine Feder zurück in das Tintenfass und lehnte sich seufzend in seinem Stuhl zurück, während er die Arme vor seiner Brust verschränkte und sie mit hochgezogenen Augenbrauen ansah.

„Also?"

Zögernd, und darauf bedacht, jedes Wort dabei genau abzuwägen, wusste er bereits im Voraus, dass sie diese Antwort nicht annähernd zufrieden stellen würde; jedoch war er nicht bereit, mit seinem falschen Zeugnis auch noch anzugeben.

„Also gut, lassen wir dabei doch einmal ganz außer Acht, dass dich mein Zeugnis nicht das Mindeste angeht, Hermine Granger. Ein sehr kluger, alter Zauberer sagte mir einmal, dass es vollkommen unwichtig ist, was wir sind, wer wir sind oder von wem wir abstammen. Was letztlich allein zählt, sind die Entscheidungen, die wir im Laufe unseres Lebens treffen. Egal, was uns vorgeschrieben oder von Kindesbeinen an gelehrt wird, wir alle sind in unserem Denken frei genug, über unsere eigenen Entscheidungen im Voraus nachzudenken, und von den daraus resultierenden Konsequenzen die Verantwortung zu übernehmen. Und auch, wenn ich mit diesem Mann nicht immer einer Meinung bin, so hatte er damit doch Recht, nicht wahr? Die Anzahl unserer ZAGs ist am Ende vollkommen unwichtig."

Hermine saß nun ebenfalls zurückgelehnt in ihrem Stuhl und sah ihm nachdenklich in die Augen. Es dauerte einen kleinen Moment, bevor Rufus die Barriere ihres seltsamen Blickes ein kleines Stück weit durchdringen konnte und ihre Gefühle auf ihn einströmten. Da waren Neugier, Vertrautheit und Verbundenheit; doch auch Zorn, Misstrauen, Trauer, Verwirrung und Ablehnung. „Verdammt, warum müssen Mädchen immer so Gefühlschaotisch sein!", fluchte er innerlich auf, doch bevor es ihm gelang, noch weiter vorzudringen, sprach sie auch schon weiter.

„Woher stammt dein Wissen? Snape sagte, dieser Athrymiatrank sei schwarze Magie. Befasst du dich mit schwarzer Magie?"

„Professor Snape tut dies. Und, Wissen zu sammeln bedeutet nicht, es anschließend auch anzuwenden."

„Und warum willst du dann alles darüber wissen, wenn du nicht vorhast, es jemals anzuwenden?"

„Falls dich das beruhigt, ich habe nicht vor ein Todesser zu werden, ganz im Gegenteil. Ich denke, der erste Schritt zur Verteidigung ist die Vorbereitung, sprich: du solltest deinen Gegner und dessen Waffen kennen."

Daraufhin wusste sie einen Augenblick lang nichts zu erwidern und Rufus gelang es, seine eigenen Gefühle weit genug abzuschalten, um für einige Sekunden ganz in ihren Geist einzudringen. Doch was er sah, schockte ihn. Er spürte deutlich, wie ihre weibliche Intuition ihr förmlich entgegen schrie, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Er erinnerte sie rein äußerlich an Sirius, doch da war noch mehr. Etwas schmerzhaft Vertrautes, doch sie wusste nicht, was. Abrupt entriss er sich ihr wieder und zog scharf die Luft ein. „Verdammt! Schluss jetzt!", fluchte er innerlich auf.

„Darf man…?"

„Nein", unterbrach er sie äußerlich ruhig, während es in seinem Inneren nur so brodelte, „das Verhör ist beendet. Wollen wir die verbleibende Zeit nicht etwas nützlicher verbringen und unsere Aufsätze schreiben?"

„Verzeihung, ich wollte dir nicht auf die Nerven fallen."

Mit einem gezwungenen Schmunzeln und einem äußerst flauen Gefühl im Magen, nahm er wieder seine Feder aus dem Tintenfass und sah noch einmal kurz zu ihr auf. „Du fällst mir keinesfalls auf die Nerven, Hermine, ganz im Gegenteil. Aber das Schuljahr hat heute erst begonnen, also bleibt dir logischerweise noch mehr als genug Zeit, mir auch weiterhin zu misstrauen, nicht wahr?"

Von seinen eigenen Gefühlen hin und her gerissen, wandte er sich wieder seinem Aufsatz zu und tat, als ob er darüber nachdachte, was er als nächstes dazu schreiben sollte. „Sie ahnt etwas, sie weiß nur noch nicht was es ist. Verdammt! Wie lange wird sie brauchen, um sich darüber klar zu werden?", schoss es ihm durch den Kopf und er überlegte, ob es wirklich so eine gute Idee war, wieder nach Gryffidor geschickt werden zu wollen. „Wäre Abstand nicht die klügere Wahl gewesen? Was, wenn sie es herausbekommt? Sie wird mich für alle Zeiten hassen, und ich könnte es ihr noch nicht einmal übel nehmen", dachte er, und beschloss im Stillen, ihr und den anderen Gryffindors gegenüber, in Zukunft etwas abweisender zu sein. Aber genau diese Vorstellung bereitete ihm wiederum am meisten Schmerz, da er sich hier endlich seit langer Zeit wieder zu Hause fühlte. Zu Hause bei seinen Freunden.

Peinlich berührt, über seine geradezu unverschämt direkte Offenheit, murmelte Hermine mit einem beschämten Lächeln eine leise Entschuldigung. Sie nahm nun auch ihrerseits ihre Hausaufgaben heraus und so saßen sie gemeinsam an diesem Dienstagmorgen die restliche Stunde schweigend beisammen, beendeten ihre Aufsätze über die verschiedenen Arten von Schlaftränken und lasen danach noch ein wenig in verschiedenen Büchern. Anschließend gingen sie zusammen zum Klassenzimmer von Professor Lupin.

Verteidigung gegen die dunklen Künste war das einzige Fach, welches jedes Haus für sich hatte, denn seit der offiziellen Bestätigung über die Rückkehr Voldemorts von Seiten des Ministeriums, war die Teilnahme an diesen Unterrichtsstunden Pflicht, und als Rufus und Hermine vor der Tür ankamen, waren bereits alle restlichen Gryffindor-Langschläfer dieses Tages dort versammelt.

Während Hermine schnurstracks auf die Gruppe zuging und sich sogleich an deren Gespräch beteiligte, blieb Rufus hinter ihr zurück und lehnte sich etwas abseits an eine Wand, wobei er seine Augen für einen Moment schloss. Er war mit den Gedanken meilenweit weg und zuckte erschrocken zusammen, als er auf seiner Schulter eine Hand spürte.

„Alles in Ordnung?", lächelte Remus ihn freundlich an. Rufus seufze und nickte ihm zu. Remus kam nun etwas näher und sprach sehr leise weiter, damit die anderen ihr Gespräch nicht hören konnten.

„Gut, bevor wir nämlich hineingehen, wollte ich dich noch kurz daran erinnern, dass ich dieses Schuljahr mit dem Patronus beginnen werde. Du erinnerst dich an unser Gespräch?"

„Keine Sorge, ich weiß, dass er mich verraten könnte. Er wird mir schon nicht gelingen", flüsterte Rufus und starrte dabei abwesend durch eines der gegenüberliegenden Fenster hinaus.

„Jedenfalls nicht im Unterricht", bestätigte Remus und zog scharf die Luft ein, „aber danach will ich ihn dennoch sehen. Und jetzt komm."

Remus übte nun mit seiner Hand auf Rufus Schulter einen leichten Druck aus und schob ihn ein kleines Stück in Richtung Klassenzimmer, bevor er sie wieder zurückzog und die Tür öffnete.

„So, meine Herrschaften, zuerst mal willkommen zurück zu einem neuen Schuljahr. Eurem Letzten, um genau zu sein", begann er, nachdem alle sich gesetzt und ihre Bücher aus den Taschen herausgeholt hatten. „Bevor wir beginnen, machen wir zuallererst ein paar Minuten Theorie. Packt alles weg, schreiben könnt ihr später; eure Zauberstäbe könnt ihr draußen lassen. Was wisst ihr über den Patronus-Zauber? Ja, Hermine?"

„Der Patronus ist ein Schutzzauber. Der einzige, um genau zu sein, der uns unter anderem vor einem Angriff von Dementoren wirklich schützen kann, denn er stellt sich zwischen sie und uns. Er bewirkt, dass diese nicht in der Lage sind, glückliche Gedanken von uns zu absorbieren, und in sehr seltenen Fällen ist er sogar stark genug, einen oder mehrere Dementoren ganz zu vertreiben. Wenn er stark genug ist, erscheint er meistens in der Form eines Tieres, von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Er entsteht durch die Worte Expecto Patronum´, wenn man sich dabei voll und ganz auf seinen glücklichsten Gedanken konzentriert."

„Sehr gut, Hermine, 5 Punkte für Gryffindor. Also, wer von euch hat schon einmal versucht einen Patronus zu erschaffen?"

Alle, bis auf Rufus hoben ihre Hände. „Was, so viele? Was ist mit dir, Rufus? Hast du es noch nie versucht?"

„Doch, schon", stammelte er leise, „aber geklappt hat es nicht."

„Nun", sagte Remus jetzt gut gelaunt, „dann sind wir mit der Theorie ja schon beinahe durch. Zeigt mir mal, wie weit ihr im Einzelnen bereits seid. Kommt alle der Reihe nach hier nach vorne und versucht bitte, einen Patronus zu erzeugen. Ron, sei doch so gut und fange an, ja?"

Ron stand auf, ging nach vorne und drehte sich zur Klasse um. Dann zog er seinen Zauberstab, schloss für einen Moment seine Augen und sagte den Zauberspruch. Aus der Spitze seines Zauberstabes kam jedoch nur etwas silbriger Dunst, wie danach auch bei fast allen anderen. Seamus und Hermine waren die Einzigen, die einen gestaltlichen Patronus erzeugen konnten, aber auch diese lösten sich wenige Sekunden später wieder in silbrigem Dunst auf, bevor sie verschwanden.

Rufus hatte es erst gar nicht versucht, sich ernsthaft auf einen glücklichen Gedanken zu konzentrieren und das Ergebnis war wie erwartet, nämlich dass aus der Spitze seines Zauberstabes rein gar nichts kam.

„Also gut, das war doch schon einmal ein guter Anfang, das gibt dann jeweils 5 Punkte für Gryffindor für Miss Granger und Mr. Finnigan. Ich bin beeindruckt. Ziel dieses Kurses in diesem Jahr sind zwar in der Tat noch einige Abwehrzauber mehr zu erlernen, doch für die haben wir noch ein wenig Zeit. Ich hoffe ich schaffe es, euch allen diesen sehr wichtigen Schutzzauber noch vor Halloween beizubringen, damit wir euch beruhigt in euer erstes Hogsmade-Wochenende schicken können. Für all diejenigen, die ihn bis dahin nicht beherrschen, werden immer wieder zwischendurch Wiederholungen angesetzt, denn bis zum Ende des Jahres erwarte ich diese Leistung von euch. Gut, dann noch ein wenig Theorie."

Als die Stunde sich dem Ende neigte und er mit seinen Ausführungen weitestgehend durch war, zwinkerte er ihnen aufmunternd zu. „Als Hausaufgabe möchte ich, dass jeder von euch sich heute Abend vor dem Schlafengehen in aller Ruhe Gedanken darüber macht, welches glückliche Erlebnis aus eurem Leben stark genug sein könnte, einen gestaltlichen Patronus zu erschaffen, damit ihr euch morgen in der nächsten Stunde richtig darauf konzentrieren könnt. Über das Wochenende schreibt ihr bitte einen Aufsatz über Dementoren; eine Rolle Pergament genügt für den Anfang. Das war es dann auch schon für heute, ihr könnt gehen. Rufus? Auf ein Wort."

Alle Gryffindors erhoben sich und auch Rufus schulterte seine Tasche, während er an den anderen vorbei nach vorne zu seinem Lehrer ging. Er hatte in der hintersten Reihe gesessen und seine Hauskameraden schenkten ihm nur verständnislose Blicke und Schulterzucken, bevor sie das Klassenzimmer verließen.

„Und? Wie fühlst du dich an deinem ersten Schultag?", fragte Remus ihn, als die Tür geschlossen und sie allein waren.

„Ich weiß es nicht", sagte Rufus ehrlich. Zuerst hatte er sich noch ganz gut gefühlt, doch seit dem Gespräch mit Hermine in der Bibliothek war ihm nur noch übel.

„Du bist gerade siebzehn Jahre alt und hast dein ganzes Leben noch vor dir. Jetzt, wo du wieder normal zur Schule gehst, lebe bitte auch wieder. Du musst lernen, das stimmt schon. Aber es hilft dir nicht weiter, deine Nase immerzu nur in Bücher zu stecken. Du darfst nebenher nicht vergessen, dass Bücher dir keine glücklichen Erinnerungen schenken können", sprach Remus nun mit seiner sanften Stimme auf ihn ein.

„Ich bemühe mich", antwortete er genervt. Er wollte dieses Gespräch nur so schnell wie möglich hinter sich bringen. Er wollte nicht, dass sich irgendjemand um ihn sorgte, schon gar nicht Remus, der unter Sirius Tod beinahe ebenso zu leiden hatte, wie er selbst.

„Wirklich? Dann überzeuge mich davon, zeig mir deinen Patronus", forderte ihn dieser jetzt herausfordernd auf. Rufus stellte seine Tasche neben sich auf den Boden, nahm seinen Zauberstab heraus und versuchte sich ernsthaft auf etwas Glückliches zu konzentrieren. Doch worauf? Der einzige glückliche Gedanke, der es ihm bislang überhaupt jemals ermöglicht hatte, einen wahrhaft starken Patronus hervorzurufen, war das Glücksgefühl, bei Sirius sein zu können. Seit dessen Tod jedoch war alles Glück in ihm wie ausgestorben. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie glücklich Harry damals war, als er das erste Mal mit dem Hogwarts-Express in dieses herrliche Schloss gereist war.

„Expeco Patronum", sagte er mit fester Stimme, doch noch immer geschah nichts.

„Also noch immer nicht", seufzte Remus traurig, „und ich dachte, spätestens jetzt müsstest du wieder wenigstens eine klitzekleine glückliche Erinnerung haben, die stark genug ist. Denk doch nur einmal an deine Mutter", versuchte er es jetzt etwas drängender, „oder an deinen Adler Ashraw, an deine Zugfahrt hierher, denk an das Fest von gestern Abend oder an deine Freunde in Gryffindor, an irgendetwas, aber versuch es."

„Gib mir noch etwas mehr Zeit. Bitte, Remus. Nur ein paar Wochen, dann schaffe ich das auch."

„Zeit! Dafür haben wir aber nicht alle Zeit der Welt, verdammt! Ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Du weißt selbst, wie wichtig dieser Schutzzauber ist! Verbissenheit allein reicht für den Patronus nun einmal nicht. Versuche es wenigstens für mich, damit ich auch mal wieder eine Nacht ruhig schlafen kann. Ich weiß doch, dass du es kannst."

„Es tut mir leid, Remus. Ich verspreche dir, ich werde nicht aufgeben es zu versuchen." Remus tat Rufus wirklich sehr Leid. Es ließ ihm fast das Herz bluten, ihn so voller Sorge an seinem Tisch sitzen zu sehen. Sein Haar war im vergangenen Jahr beinahe vollständig ergraut und tiefe Sorgenfalten zogen sich über seine Stirn. „Sieh ihn dir genau an, das ist alles deine Schuld", sagte ihm eine böse Stimme in seinem Kopf, aber war es das wirklich?

„Was hast du jetzt, Arithmantik? Ich denke, du solltest jetzt besser gehen, Professor Vektor hat es nicht sonderlich gerne, wenn Schüler zu spät kommen."

„Gib mir einfach noch ein wenig Zeit, ich bin doch erst einen Tag hier. Mach dir keine Sorgen, ich schaffe das schon", startete er noch einen besänftigenden Versuch, in der Hoffnung den schmächtigen Lehrer doch noch ein wenig zu ermutigen.

„Das hoffe ich", flüsterte Remus nun fast, nickte ihm zu. Als Rufus die geschlossene Tür des Klassenzimmers erreichte, stellte er überrascht fest, dass diese lediglich angelehnt war. Hatte er vorhin nicht gehört, wie sie zuschlug? Wer hatte den Klassenraum zuletzt verlassen? Sein äußerst flaues Gefühl in der Magengegend machte sich jetzt noch stärker bemerkbar, als er sich zu erinnern glaubte, dass es Hermine war, die die Tür von außen geschlossen hatte.

Unruhig ging er mit schnellen Schritten den Korridor entlang zu seiner nächsten Unterrichtsstunde, denn nach einem Blick auf seine Uhr hatte er festgestellt, dass die nächste Stunde schon begonnen haben musste. Auf den Gängen waren keine Schüler mehr und als er das Klassenzimmer von Professor Vektor erreichte, stand kein Schüler mehr davor. Er klopfte nur kurz an die Tür, öffnete sie und trat entschlossen ein.

„Verzeihung, Professor Vektor? Professor Lupin läst mich entschuldigen, er bat mich nach dem Unterricht noch auf ein Wort."

„Schon gut, setz dich, sagte die noch relativ junge Professorin, die höchstens in ihren Vierzigern zu sein schien, in einem sehr entnervt klingenden Tonfall. „Zumindest können sie sich entschuldigen."

„Verzeihung?"

„Nun, im Gegensatz zu ihrer Hauskollegin, die nur eine Minute vor ihnen hier eintraf. Ich war gerade mit meinem Kommentar dazu fertig, als sie hereinkamen. Also Miss Granger, 5 Punkte Abzug für Gryffindor, denn im Gegensatz zu Mr. Black hatten sie ja leider keine Entschuldigung. Gut, da nun also alle Schüler anwesend sind, beginnen wir dieses Schuljahr doch einmal mit einem Test, damit ich erfahren kann, ob ihr in den Sommerferien nicht alles wieder vergessen habt, und auf welchem Stand Mr. Black ist."

Sie zog ihren Zauberstab und ließ auf jeden Tisch ein unbeschriftetes Pergament schweben. „Ihr habt genau eine halbe Stunde Zeit, danach benote ich unverzüglich… ab jetzt", sagte sie, und in diesem Moment erschienen auf den Pergamenten auch schon die Aufgaben.

Nachdem Rufus sie erst einmal durchgelesen hatte, stellte er fest, dass sie alles andere als schwierig für ihn waren. Das Rechnen war Harry schon damals in der Muggelschule nicht sonderlich schwer gefallen und im vergangenen Jahr hatte er unter Professor McGonagalls strengem Regiment weitaus schwierigere Aufgaben zu lösen gehabt, und auch Dumbledore hatte wesentlich mehr verlangt als so einen einfachen Test. Er rechnete die Aufgaben in Windeseile im Kopf aus, schrieb die Zahlen einfach auf den Testbogen hinter die Antworten, kritzelte zwei kleinere Tabellen auf die Rückseite und lehnte sich bereits nach zehn Minuten in seinem Stuhl zurück.

Wütend und enttäuscht betrachtete er Hermine, während er darüber grübelte, wie viel sie wohl gehört haben könnte. Hatte er denn das Recht, wütend auf sie zu sein? Würde sie ihn in nicht in Ruhe lassen, bevor sie sein dunkles Geheimnis gelüftet hatte? Sicher nicht, dazu kannte er sie viel zu gut. Ein kalter Schauer lief ihm den Rücken hinunter bei dem Gedanken, dass sie allen erzählen könnte, wer er noch vor gut einem Jahr war, sollte sie es je herausfinden. Dann wäre alle Mühe umsonst gewesen, Voldemort würde ihn wieder verfolgen und alle Welt würde ihn hassen. Seine ehemals besten Freunde, die ihn geliebt und ihm vertraut hatten, kämen sich verraten und belogen vor. Falls das je geschehen sollte, seufzte er innerlich auf, dann ist es vermutlich ohnehin egal, was ich noch tue.

Eine halbe Stunde nach Beginn des Tests, flogen die Pergamente automatisch wieder auf den Schreibtisch von Professor Vektor, die sie nun bat, in ihren Büchern zu lesen, bis sie die Ergebnisse austeilte. Erst kurz bevor die Stunde zu Ende, war bekamen sie ihre Tests wieder zurück. Rufus sah seinen ohne jede Emotion nur kurz an und steckte ihn dann schnell in seine Tasche, bevor er aufstand und hinausging. Wie zu erwarten, hatte er ein Ohnegleichen bekommen.

Sein Magen knurrte und er fühlte sich schrecklich müde. Ohne sich umzublicken, schritt er zielsicher in Richtung Große Halle, als Hermine hinter ihm her gerannt kam und erst neben ihm abbremste.

„Hey, und wie ist der Test bei dir gelaufen?", fragte sie ihn mit einer Unschuldsmiene, die Rufus nun auf einen Schlag fast zur Weißglut trieb.

„Hast du genug gehört?", fragte er in einem sehr abwertenden Tonfall und sah sie grimmig von der Seite an.

„Wovon sprichst du?", sagte sie und blieb stehen. Rufus blieb nun ebenfalls stehen und drehte sich blitzschnell drohend zu ihr um.

„Zum Beispiel von einer angelehnten Tür und einer unentschuldigten Verspätung", zischte er ihr entgegen und sah ihr dabei direkt in die Augen. Wenn sie es jetzt immer noch abstritt, würde er genau feststellen können, ob sie ihn anlog oder er sich gerade unglaublich lächerlich machte.

„Ich weiß nicht, was du meinst." Er fühlte zwar deutlich ihre Unsicherheit, aber noch nicht mehr, er musste nun wohl versuchen, direkter zu werden.

„Pah! Und ich dachte, Gryffindors seien mutig. Also, wenn du mir schon hinterher spionierst und ich es merke, könntest du doch zumindest die Courage haben, es auch zuzugeben, nicht? Also los, geh schon… erzähl es schnell den anderen… na los, worauf wartest du?"

„Ich habe dir nicht hinterher spioniert, Rufus. Ich war auf der Toilette", da war es. Sie log eindeutig, er konnte es fühlen und eine kleine Spur von Triumph schlich sich in seine Stimmung ein.

„Gib dir keine Mühe, ich sehe es, wenn ich belogen werde. Einfach alles an dir verrät dich", giftete er sie jetzt an und betrachtete sie abwertend von oben bis unten. Wieder waren einige Schüler stehen geblieben, die das Geschehen verwundert mitverfolgten. Der Neue stritt sich mit einer Schülerin aus seinem eigenen Haus, das war ja ein toller Start.

„Also schön, gut. Ich gebe es zu und es tut mir leid. Können wir uns später darüber unterhalten?", fragte sie nun mit ehrlicher Stimme, doch obwohl Rufus jetzt die Aufrichtigkeit in ihren Augen sehen konnte, waren das Misstrauen und die Neugier noch immer vorhanden.

„Wann später? Nach dem Abendessen muss ich noch zu Professor Snape, schon vergessen? Außerdem, warum sollte ich mich mit dir noch unterhalten wollen? Für ein weiteres Verhör vielleicht? Oder um mir noch mehr Lügen von dir anzuhören? Kein Interesse!", fuhr er sie kalt und abweisend an, doch noch ehe sie antworten konnte, bekam er unerwartet Hilfe.

„Hey Rufus!", drängte sich Draco Malfoy zwischen die beiden, und betrachtete ebenfalls Hermine von oben bis unten mit einem abwerteten Blick, „Granger verzieh dich, wir unterhalten uns gerade."

Innerlich musste Rufus beinahe darüber lachen, dass ihm ausgerechnet Draco Malfoy persönlich, Harrys ehemals größter Erzfeind nach Voldemort, gerade eine äußerst unangenehme Weiterführung dieses Gespräches ersparte, doch er verzog keine Miene, als er Hermine ansah, und sagte auch kein weiteres Wort dazu. Hermine indessen blickte ungläubig zwischen den beiden hin und her, bevor sie sich ohne Kommentar umdrehte und davonrannte.

„Sah so aus, als könntest du Hilfe brauchen. Ärger mit deinen Hauskollegen?", grinste ihn Draco an. Rufus sah ihm einen Augenblick lang in die Augen und stellte fest, dass Draco dies wahrhaft ernst gemeint hatte. Er schien Rufus gegenüber in diesem Moment tatsächlich unvoreingenommen zu sein und ihm zu trauen.

„Danke, Draco. Ich weiß auch nicht… ich denke, sie misstraut mir, weil ich mich mit dir unterhalte", er schüttelte ungläubig den Kopf, „verstehst du das?"

„Ja und nein. Komm, lass uns was essen gehen."

Gemeinsam gingen sie nebeneinander in die Große Halle und trennten sich wieder erst vor dem Tisch der Slytherins mit einem freundlichen Gruß. Als Rufus am Gryffindortisch ankam, war Hermine nicht da. Erleichtert darüber setzte er sich und aß rasch, ohne viele Worte mit den anderen zu wechseln, seinen Teller leer und stand dann mit einem kurzen Nicken auf.

Ohne sich noch einmal nach seinen Kameraden umzudrehen, schulterte er seine Tasche und ging geradewegs hinunter in die Kerker. Vor Severus Büro jedoch hielt er für einen Moment inne bevor er anklopfte und klärte gewissenhaft seine Gedanken und Gefühle. Zwar war Severus in den vergangenen Monaten immer mehr ein Freund für ihn geworden, doch konnte er noch immer sehr zornig reagieren, wenn er merkte, dass Rufus sein Training nicht absolut gewissenhaft absolvierte. Ein sehr strenger, guter Freund, der sich um ihn genau so sorgte wie Remus.

„Herein", tönte Snapes strenge Stimme durch die feuchten Kerkerwände und die massive Holztür nachdem er angeklopft hatte.

„Ach Sie sind es, Black", schnarrte er angriffslustig als Rufus öffnete und in das dunkle Büro trat, „schließen Sie die Tür und kommen Sie hier nach vorne."

Er tat wie ihm geheißen, schloss die Türe und lief durch das Büro zu Severus Schreibtisch, wo er sich auf dem unbequemen Stuhl davor niederließ.

„Guten Abend, Severus", begrüßte Rufus seinen Lehrer freundlich, während er seine Tasche neben sich abstellte.

„Kommen wir gleich zum Punkt, Rufus", begann Severus Snape sachlich und direkt hinaus, „trotz deiner schauspielerischen Glanzleistung heute habe ich wohl bemerkt, dass du deine Gefühle wieder einmal nicht hundertprozentig unter Kontrolle hattest. Du bist erschrocken wie ein kleines Kind, als du meine Stimme hörtest, nicht wahr? Und davor warst du zornig, weil du dir nicht sicher warst, ob ich dich nun hasse, oder nicht."

„Die Frage ist, warum habe ich deine Stimme gehört, wenn du doch nicht gesprochen hast? Wie ist das möglich, kann ich jetzt Gedanken lesen oder gehört das zur Legilimentik dazu? Oder warst du das? Ich muss zugeben, ich war verwirrt, und bin es noch", sagte er ehrlich und hoffte, dass Severus auch eine Antwort darauf hatte.

„Nein, das war ich nicht." Severus sprach langsam, als ob er selbst noch über seine Worte nachdenken musste und sich scheinbar nicht ganz sicher war, das Richtige zu erklären. „Ich kann Gefühle wahrnehmen und Lügen erkennen und verstehe es auch recht vorzüglich, meine eigenen Gefühle zu verbergen und Falsche glaubhaft vorzuspielen. Legilimentik und Okklumentik, wie du weißt. Aber das Projizieren eigener Gedanken in den Geist eines anderen, und das Heraushören fremder Gedanken, ist eine sehr seltene Gabe. Einmal in fünfhundert Jahren vielleicht, wenn überhaupt, wird ein Zauberer oder eine Hexe geboren, der oder die dieses Gedankenprojizieren bereits als Kind beherrscht. Diese Menschen nennt man Telepathen so wie man dich einst abwertend als Parselmund bezeichnete. Es sind keine sehr gerngesehenen Leute, obwohl sie nichts dafür können. Niemand teilt seine privaten und intimen Gedanken gerne einer fremden Person mit. Man fühlt sich in deren Gegenwart einfach seiner Privatsphäre beraubt; man sollte damit also nicht unbedingt hausieren gehen."

„Aber wenn ich nun ein Telepathen wäre", versuchte Rufus nun unsicher nachzuhaken, „warum kann ich das dann nicht schon länger? Außerdem hat das heute das erste Mal bei dir im Unterricht funktioniert und danach nicht wieder?"

„Ich weiß es nicht", seufzte Severus, „mit Telepathie habe ich mich noch nie befasst. Ich werde sehen, ob ich unauffällig einige Bücher zu diesem Gebiet auftreiben kann, die wir dann gemeinsam studieren können, um das, was wir heute an dir entdeckt haben, richtig verstehen und fördern zu können. Ich denke zudem nicht, dass du ein Telepath bist, dennoch entwickelst du dich wie jeder andere natürlich ständig weiter, aber um das alles richtig begreifen zu können, brauchen wir jetzt Geduld und Bücher. Wichtig ist für den Moment nur, dass du das für dich behälst, hast du verstanden?"

„Sicher", erwiderte Rufus nachdenklich, ganz in diese neuen Erkenntnisse versunken.

„Gut, was wollen wir heute machen? Ich schlage vor, wir setzen heute noch einmal Veritaserum auf, damit hattest du beim letzten Mal noch einige Schwierigkeiten, und Dumbledore braucht noch eine Flasche für den Orden."

Fortsetzung folgt!

Autornote: Vielen lieben Dank für eure zahlreichen und sehr lieben Reviews! Ich hab mich wirklich sehr darüber gefreut sfg ich hab Luftsprünge gemacht, vor Freude! Ich hoffe, dieses Kapitel hat euch auch wieder so gut gefallen, wie das letzte? Hmm… na, ihr werdet es mir hoffentlich mitteilen, gell? Auf alle Fälle freue ich mich super doll über jeden Einzelnen von euch, der mir sagt, was ihm/ihr gefallen hat und was nicht. So, dann versuche ich auch gleich mal alle zu beantworten und hoffe, ihr seid mit meinen Antworten und spärlichen Informationen dennoch glücklich… gg

Review-Antworten

janine black: g er sagt es nicht, er sagt es nicht, hihi! Aber wer weis, vielleicht kriegt sie es ja noch raus? Nicht böse sein, ja? Auch dir einen dicken Knuddel!

Konni: Bitte schön, mein lieber Konni, und noch mal vielen herzlichen Dank für deine FF-Links, die du in Sternchens Thread gepostet hast, die waren wirklich toll! Wie geht es jetzt eigentlich mit deiner FF-Seite weiter? Ach ja, an alle: Konni hat eine eigene FF-Seite in Deutsch, da fehlen auch noch jede Menge Autoren. Hier der Link: http:www.city-box.de/ff/ muss doch auch mal ein bissele Werbung für meinen lieben Konni machen sfg

asani-celine: Hermine hat 13 ZAGs, liebe Celine, und Rufus 14. Allerdings ist Rufus Zeugnis nicht echt, obwohl er während seines sechsten Schuljahres tagtäglich nichts anderes getan hat, als sein Wissen zu erweitern und er sehr wohl 14 ZAGs erreichen könnte, müsste er die Prüfung wiederholen. Das kann ich dir hier so frei beantworten, weil es (wenn auch ganz versteckt) in den früheren Kapiteln bereits erwähnt wurde (Gespräch mit Severus) ;-)

Jo Lizard: Deine Review zu lesen hat mir wirklich großen Spaß gemacht, Jo Lizard! knuddel! Reicht dir fur den Anfang das, was Hermine im Moment fühlt? Naja, zu schnell darf ich dann aber auch wieder nicht werden, das muss ich dann für die weiteren Kapitel doch wieder etwas langsamer angehen lassen. Und für Vorschläge bin ich natürlich immer offen und dankbar dazu… danke für deinen! :-)

sternchen: So, mein liebes Sternchen, hier ist es also wie versprochen gggg Es war einfach super toll, dich, deinen Schatz und deine süße Tochter mal persönlich kennen zu lernen, und ich hoffe wirklich sehr, das war nicht das erste und letzte Mal! Es war einfach viel zu kurz und ich hätte heulen können, dass ich nicht mehr Zeit hatte. Nächstes Mal bleibe ich auf alle Fälle länger und bringe auch ein Zelt mit, das ist ein offizielles Versprechen! Nun warte ich aber auch ganz gespannt auf dein nächstes Kapitel, ich kann es kaum noch erwarten! Knuddelknutsch!!! :-)

Angel344: Vielen Dank, Angel! Ich hoffe, das war schnell genug? ;-)

Kissymouse: Ich hoffe, ein kleiner Teil deiner Fragen wurde in diesem Kapitel auch schon beantwortet, liebe Kissymouse? Und selbstverständlich werde ich mich auch weiterhin bemühen, schnell weiter zu schreiben. Ich freue mich immer wieder sehr darüber, eine Review von dir lesen zu können!

vero: dieses Gedankenlesen wird in diesem Kapitel zwar nur teilweise beantwortet, aber es hat was mit dem zu tun, was der sprechende Hut Rufus erzählt hat. Ich hoffe nur, ich hab jetzt nicht zuviel verraten? g Und ich hoffe, ich hab mich, ohne Rufus lügen zu lassen, geschickt aus der Affäre gezogen? ;-)

Max88: Es freut mich wirklich unglaublich, dass mein letztes Kapitelchen dir so gut gefallen hat, deine gute Laune konnte man aus deiner lieben Review förmlich herausspüren, lieber Max. Nun, über den Arithmantik-Unterricht erfährst du in diesem Kapitelchen ja mal etwas, wenn auch noch nicht sehr viel… und das andere kommt natürlich noch, fest versprochen! Ich knuddel dich ganz fest und sage ganz lieb: Danke schön! :-)

Tiberitus: Vielen Dank für dein Kompliment, Tiberitus! Ja, Rufus gefällt mir ehrlich gesagt sogar fast besser als Harry, und mit den Kapiteln gebe ich mir wirklich große Mühe… hier muss ich dann aber auch gleich noch ein ganz herzliches Danke schön und einen riesigen Knuddel an die liebe Vivi weitergeben, denn sie korrigiert meine Geschichte wirklich super und kritisch! Eine ganz liebe, Süße, die ich am vergangenen Wochenende zusammen mit ihrem süßen Sohnemann endlich auch mal persönlich kennen lernen durfte! Und ein Knuddel natürlich auch an dich, lieber Tiberitus!

Fidi: Muss es denn gleich zu Beginn ein Pärchen geben? Nun, schlag mir aber jetzt bitte nicht den Kopf ein, weil es im Moment nicht so aussieht, als ob die beiden je zusammenfinden, Fidi! Ich mach mich ja schon ganz klein sfg

sunny: Ich hoffe, du bist jetzt nicht enttäuscht, weil es im Moment noch nicht wirklich so aussieht, als ob die beiden so gut zusammenpassen?

auxia: Vielen Dank, mach ich auch gleich, hier ist schon mal das nächste! :-)

So, das war es dann auch schon wieder für dieses Mal.

Viel Spaß und bis zum nächsten Kapitel

Eure bandu