Anm: Meine Kapitel sind nicht sonderlich lang, dafür versuche ich sie recht regelmäßig online zu stellen. Bitte lest mal durch und sagt mir wie ihr es fandet. liebschaut

Kapitel 1 - Trauer

Stumm stehe ich an dem Grab meines geliebten Onkels. Eine einsame Träne findet den Weg über meine Wangen und perlt von meinem Kinn ab. Ich spüre es nicht. Die Trauer um ihn ist zu groß. So oft hatte ich ihn im Stillen verflucht, als er unter Sarumans Gift alterte und schwach wurde. So oft hatte ich ihn verdammt, wenn ich ihn stützen musste, einen alten Mann der doch in den besten Jahren sein sollte, sein Volk leiten sollte. So oft wollte ich schreiend davon rennen, wenn Éomer fortritt und ich erneut mit ihm und seinem widerlichen Diener zurückblieb. Und doch hatte ich ihn geliebt, vor allem als Sarumans Gift aus seinem Blut verschwand, und wollte nicht glauben, dass er nun fort war. Ich hatte bis zur letzten Sekunde sein Leben verteidigt und meinen eigenen Tod dafür nicht gescheut. Und doch konnte ich ihn nicht retten und lebte noch. Hätte mich der Tod doch nur an seiner Seite auf dem Schlachtfeld ereilt. Was für eine Erlösung wäre es, wenn mein Geist nun frei wäre von allem Leid. Was hält mich hier? Alles wofür ich lebte liegt in Trümmern und mein Herz ist zersprungen. Und bald werde ich in Ketten gelegt und eingesperrt sein, in der Ehe mit einem Manne den ich nur enttäuschen kann. Faramir liebt mich aufrichtig und nichts davon kann ich ihm zurückgeben. Meine Einwilligung gab ich aus Verzweiflung und Trotz heraus und bereute sie bald darauf so wie nichts bisher. Und doch bringe ich es nicht übers Herz ihm die Wahrheit zu sagen. Ich kann nicht zurück, nicht sein Herz auch noch brechen. Ich könnte meinem Bruder nicht mehr ins Gesicht sehen, wenn ich auch ihn so enttäuschen müsste.

Sie denken ich bin glücklich. Mir kommen erneut Éomers Worte in den Sinn, die er mir vorhin sagte. „Einst kamst du mir vor, wie vom Frost befallen und mein Herz ist voll vor Freude, dich nun warm und fröhlich zu sehen, geliebte Schwester!" Oh wenn er wüsste, wie es in Wahrheit um mich bestellt ist. Wenn er nur wüsste, dass ich innerlich zu Eis erstarrt bin und nichts mich zu erwärmen vermag. Ich versinke in meiner eigenen Verzweiflung und bin zu schwach um mich herauszuziehen und zu stolz um Andere um Hilfe zu bitten. Oh Onkel, wieso musstest nun auch du gehen? Wieso lässt du mich allein? Selbst Éomer, meinem geliebten Bruder, kann ich nicht sagen was mich quält. Und der Einzige Mensch dem ich mich anvertraut hätte liegt nun kalt in seinem Grabe und kann mir nicht antworten. Langsam knie ich nieder, pflücke eine Symbelmyne, halte sie mir an die Wange. Eine wunderschöne, weiße Blume so nannte mich Faramir. Eine erstarrte, weiße Blume, dem Tod gedenkend und die Toten liebend, so nenne ich mich.

These are the darkest clouds
They have surrounded me
Now I find myself alone caught in a cage
Theres's no flower I can find in here
Not withering
Or pale to me
Everyone with an friendly face
Seems to hide some secret inside


Genauso langsam wie ich mich hingekniet habe erhebe ich mich wieder, streiche mein Kleid glatt und gehe schleppenden Schrittes und doch leichtfüßig hinauf zur goldenen Halle. Mit jedem Schritt scheint sich mein Leid zu verdoppeln und mich niederdrücken zu wollen und die Blume fest umklammert gehe ich langsam vorwärts. Hinein in den Trubel, das Fest zu Ehren des toten Königs, das Fest zu Ehren des neuen, lebendigen Königs und das Fest zu Ehren der Schwester des Königs und deren Verlobung. Die Kundgebung des neuerlichen Bundes zwischen Gondor und Rohan. Der Kummer scheint mich zu erdrücken, nimmt mir schier den Atem. In wenigen Stunden wird mein Schicksal besiegelt sein. Und ich werde strahlend neben dem Heerführer Gondors stehen und mein Herz wird bluten und niemand wird es sehen.

Mit gestrafften Schultern und einem traurigen Lächeln trete ich ein in die goldene Halle. Und da stehen sie nebeneinander, der Stadthalter und sein König. Ich möchte schreien, weinen, fortlaufen und nie wieder anhalten. Ich möchte überall sein nur nicht hier. Ich möchte jedem gegenüber stehen, nur nicht diesen beiden Männern. Ich möchte alles tun, nur nicht diesen Raum durchqueren und auf sie zu gehen. Ich möchte alles getan haben, nur nicht hierher gekommen sein. Und als auf Faramirs Gesicht ein Lächeln erstrahlt und er liebevoll meinen Namen spricht, setze ich einen Fuß vor den Anderen und trete lächelnd zu ihnen.