Kapitel 5: Hilfe
Sie warf ihre Reisetasche auf das gemütlich wirkende Doppelbett in dem kleinen, aber feinen Gästezimmer seines Hauses. Ein Blick auf die Uhr verriet ihr, dass es mittlerweile halb zwei in der Nacht war. Sie war gerade dabei die Kleidung für den nächsten Tag aus ihrer Tasche zu holen um zu vermeiden, dass diese total zerknitterte, als es an der Tür klopfte.
„Ja, bitte."
„Ähm, hier sind die versprochenen Handtücher.", ein Stapel von diesen landete auf dem Bett.
„Ah, herzlichen Dank. Wann stehst du Morgen, oder besser gesagt, nachher auf?"
„Viertel vor sieben."
„Großartig.", sie fischte mit einer schnellen Bewegung den Reisewecker aus ihrem Gepäck, stellte diesen auf die besagte Uhrzeit und ging extra einmal um das Bett herum um diesen auf den Nachtschrank der fensternahen, linken Bettseite zu stellen.
„Du schläfst auch am Fenster.", sagte er schmunzelnd.
„Jep, ich brauche nachts Frischluft, dann träume ich besser.", sagte sie und grinste.
„Was brauchst du zum Frühstück?", fragte er und klang dabei ein wenig, wie eine besorgte Herbergsmutter.
„Nicht viel. Kaffee und irgendwas Essbares. Ich bin pflegeleicht.", der letzte Teil des Satzes verschwand unter einem Gähnen hinter vorgehaltener Hand.
„Naja, also, dann schlaf mal gut."
„Ja, du auch.", sie schaute mit einem himmlischen Lächeln zu ihm herüber, „Gute Nacht, Horatio."
Das Klingeln ihres Reiseweckers ließ Anie aus dem Tiefschlaf aufschrecken. Sie brauchte erst einmal zwei Minuten um zu realisieren, wo sie war. Dann erinnerte sie sich wieder, dass es Horatio gestern doch noch gelungen war sie zu überzeugen, nicht alleine zu bleiben und, so lange die Situation um die Morde noch so unklar war, bei ihm unterzukommen. Er war dann gestern sogar noch mit ihr nach Hause gefahren um das Nötigste an Kleidung und so weiter für sie zu holen.
Sie streckte sich, ließ ihre Finger und Wirbel krachen und schlurfte noch etwas verschlafen ins Gästebadezimmer um sich fertigzumachen. Auf dem Flur stieß sie fast mit Horatio zusammen, der ebenfalls mit kleinen Augen auf dem Weg in sein Badezimmer war. Er war jedoch als er Anie sah war sofort wach. Wie schaffte sie es nur in Schlafshorts und T-Shirt, mit einem notdürftig zusammengebundenen Pferdeschwanz so verdammt hinreißend auszusehen. Auch Anie war bei dem Anblick Horatios kurz nach dem Aufstehen nicht unangetan, sie wusste aber später nicht mehr ob es einfach daran gelegen hatte, dass seine kupferroten Haare sehr niedlich zu allen Seiten seines Kopfes total strubbelig abgestanden hatten und ihm somit mehr den Charme eines Schuljungen, als den des coolen Tatortermittlers verliehen hatten.
Das kühle Duschwasser auf ihrer Haut erweckte sie nach dieser anstrengenden Doppelschicht zu neuem Leben. Als sie erfrischt und für den Tag fertig gemacht das Bad verließ summte und sang sie leise Frank Sinatras „Under my skin"vor sich hin.
Als sie bei der Stelle:
„Use your mentality, wake up to reality"
angekommen war, ging sie gerade durch die Küchentür und sah, dass H bereits am reichlich gedeckten Frühstückstisch saß und sie interessiert beäugte. Sie lächelte freundlich, hörte auf zu singen und setzte sich zu ihm an den Tisch.
„Guten Morgen! Gut geschlafen?", er legte auf seine typische Art seinen Kopf schief und zeigte er ihr so, dass er zuhörte, während er ihr Kaffee einschenkte
„Wie ein Baby.", sie gab Milch zu ihrem Getränk und rührte um, „Und selber?"
„Hervorragend! Brötchen?", er hielt ihr einen kleinen Brotkorb hin.
„Gern.", sie nahm sich eines und begann es zu schmieren. „Ich muss ja sagen, dass ich seit Monaten nicht mehr so ein reichhaltiges Frühstück hatte."
„Wieso das denn nicht?", er legte die Stirn in Falten.
„Keine Ahnung, ich habe keine Lust früher aufzustehen um mir was zu essen zu machen. Also muss Müsli reichen."
„Körnerfutter?", er verzog das Gesicht. „Ne, dann steh ich lieber eher auf...", beide lachten und merkten, wie schön es war morgens wieder jemandem im Haus zu haben, mit dem man sich unterhalten konnte.
Als sie fertig gegessen hatten stand Anie auf um ihren Teller abzuräumen, doch Horatio hielt sie auf.
„Warte, ich mach das schon."Er nahm ihr den Teller aus der Hand und räumte ihn, mit dem anderen Geschirr in die Spülmaschine, danach räumte er schnell das Essen in den Kühlschrank. Anie war vollkommen perplex.
„Wow, Service. An dir ist ja ein richtiger Hausmann verloren gegangen."
Er grinste „Singlemänner sollten das doch ein bisschen beherrschen, oder?", sagte er und drehte sich zu ihr um.
„So, ja der berühmte Singlehaushalt. Ich habe mir es schlimmer vorgestellt. Mit einem hatte ich z.B. Recht: Ich kann froh sein gestern einen Fön eingepackt zu haben, sonst wäre ich heute Morgen mit nassen Haaren ins Büro gegangen..."
Sie zwinkerte ihm verschmitzt zu und ging dann nach oben um ihren Laptop, den Dienstkoffer und ihre Jacke zu holen.
