Disclaimer: Alle Rechte an Mittelerde und seinen Geschöpfen gehört Ilúvatar... ach ne, Tolkien und seinen Erben ;o)
Nur für den Rest sind wir, die Autoren, sprich Magic Dragon und Lilthanor verantwortlich. Wir erklären auch, dass wir kein Geld mit dieser Geschichte verdienen... seufz
DAS GRAUEN IM DÜSTERWALD
6. Aragorn´s Entschluss
Aragorn überflog noch einmal kurz den Brief, den er gerade verfasst hatte und nickte schließlich. Seufzend verschloss er ihn und drückte sein königliches Siegel darauf, ehe er das Schriftstück dem Boten gab, der bereits seit einiger Zeit völlig reglos und mit unbewegter Miene vor ihm stand.
"Bitte richtet König Thranduil und Prinz Legolas mein tiefstes Mitgefühl über den Tod so vieler guter Elben aus. Meine Männer und ich werden morgen früh aufbrechen." Der Bote aus dem Düsterwald verneigte sich leicht. "Ich werde eurer Bitte umgehend nachkommen, eure Majestät!" Mit einer geschmeidigen Bewegung drehte sich der Elb um und verschwand nahezu lautlos durch die Tür.
Aragorn rief einen der Bediensteten und ließ nach Hauptmann Corin schicken.
Der König von Gondor schloss einen Moment die Augen und lehnte sich zurück. Was Legolas in dem Brief mitgeteilt hatte, beunruhigte ihn sehr. Was konnte es mit den Zerstörungen und dem Verschwinden der Elben bloss auf sich haben? Was kann so mächtig sein, dass er scheinbar mühelos Pferde durch die Luft zu schleudern vermag?
Ein sachtes Klopfen riss Aragorn aus seinen Gedanken, er öffnete die Augen und sah, dass sein Sohn den Kopf durch die Tür gesteckt hatte. "Bist du beschäftigt, Papa?" Ein Kopfschütteln ließ den Jungen grinsen und er trat in den Raum. "Was gibt es, Eldarion?" fragte Aragorn und lächelte seinen Jungen an. Es war unschwer zu erkennen, was sein Sohn gerade getan hatte, die Unterarmschoner und der Köcher mit den Pfeilen auf seinem Rücken verrieten seinem Vater, dass Eldarion vom Unterricht in Bogenschießen kam.
Eldarion hielt einen kunstvoll gefertigten Bogen in seinen Händen, ein Geschenk von Legolas zu seinem fünfzehnten Geburtstag, den er vor wenigen Wochen erst gefeiert hatte.
"Mein Lehrer meinte, ich bin schon sehr gut geworden." Sagte der Prinz stolz. "Meinst du, dass Ameron nicht weiter unterrichten könnte? Er beherrscht den Bogen bestimmt genau so gut, wie Onkel Legolas, und er hat es mir doch einmal versprochen."
Aragorn stand auf und legte seinem Sohn den Arm um die Schultern, ihm fiel wieder einmal auf, wie groß der Junge in letzter Zeit geworden war. Die Beiden setzten sich auf eine Bank und Aragorn seufzte leise. "Eldarion, ich weiß, dass Ameron der beste Bogenschütze in Minas Tirith ist, und er wäre bestimmt ein guter Lehrer, wenn..." Aragorn dachte kurz nach, dachte daran, was sein junger Freund hatte ertragen müssen, damals im Wald. "Du erinnerst dich doch bestimmt, wie Ameron reagiert hatte, als er dir einen Schuss zeigen sollte, oder?" Der Junge nickte. "Ja, er begann furchtbar zu zittern und lief dann davon. Es ist wegen der Sache im Wald, habe ich Recht?" Eldarion wusste nicht viel davon, nur dass Ameron von Männern gefangen worden war und es ihm sehr schlecht ergangen ist. Der Prinz hatte sehr wohl gemerkt, dass sich der Mann verändert hatte.
"Ja, Eldarion. Ameron kann dir im Moment nicht helfen, die Waffen besser zu beherrschen, er muss erst seine Furcht besiegen und die schrecklichen Erinnerungen verarbeiten. Habe Geduld mit ihm, er bemüht sich und eines Tages wird Ameron wieder soweit sein, dass er dir all sein Können und Wissen übermitteln kann!" Aragorn strich seinem Sohn liebevoll über den Kopf. "Ameron hat seine Versprechen noch immer eingehalten, aber gib ihm bitte Zeit." Eldarion sah seinen Vater an und nickte. "Natürlich, wenn ich ihm doch nur dabei helfen könnte, dass es ihm bald wieder gut geht." – "Im Moment würdest du Ameron sehr helfen, wenn du ihn zu nichts drängst, mehr kannst du nicht tun." Der junge Prinz stand auf und lächelte seinem Vater zu: "Ich werde Geduld haben, auch wenn es mir schwer fällt." Aragorn sah seinem Sohn nach, als er das Zimmer verließ. Der Junge wurde langsam erwachsen, das merkte er an seinem Verhalten. Dabei schien es ihm, dass es noch nicht lange her war, dass ihm die Hebamme seinen kleinen, schreienden Sohn das erste Mal in den Arm gelegt hatte...
Erneut riss ihn das Klopfen an der Türe aus seinen Gedanken: "Ja, bitte?" rief er und blickte abwartend auf. Als Aragorn sah, wer den Raum betrat, sprang er sofort freudestrahlend auf und eilte dem Besucher entgegen. "Ameron! Welch Freude, dich zu sehen. Du kommst viel zu selten, mein Freund!" Lachend tadelte er seinen jungen Freund und wollte ihm in erst umarmen, besann sich aber und hielt ihm nur die Hand hin. Aragorn wusste, dass Ameron davor zurückschreckte, Körperkontakt konnte Panik in dem jungen Mann auslösen. "Ich weiß, aber du könntest uns doch auch einmal besuchen, Tabea und Mariel vermissen dich bereits!" erwiderte Ameron lächelnd und nahm Aragorns Hand. "Aber ich bin gekommen, weil ich dir etwas erzählen muss!" Der junge Mann grinste den König an und freute sich, dass Aragorn ihn neugierig ansah. "Was ist es denn?" Ameron atmete tief durch: "Tabea ist schwanger! Wir bekommen ein Kind!" platzte es schließlich aus ihm heraus. "Was? Aber das ist ja wundervoll. Ich gratuliere euch aufs Herzlichste!" Aragorn sah das Glück in Amerons Augen strahlen, etwas, das er verloren geglaubt hatte.
Die beiden Männer setzten sich und Ameron erzählte von Tabea, Mariel und von dem ungeborenen Kind, obwohl es noch gar nicht sichtbar war, sprach Ameron davon, als ob es bereits da war. Und im Grunde war es das ja auch für den jungen Mann, auch wenn er nichts weiter davon merkte, als dass es Tabea jeden Morgen schlecht ging und sie ein wenig launisch geworden war.
Aragorn lauschte lächelnd den Ausführungen seines jungen Freundes, froh darüber, Ameron so fröhlich und ausgelassen zu erleben. Fast so wie früher! Dieser Gedanke schoss dem König in den Kopf und er hoffte inständig, dass der junge Mann wirklich wieder der werden würde, der er vor der Begegnung mit Kandor war.
"Und was war bei dir so los in letzter Zeit?" fragte Ameron und sah Aragorn erwartungsvoll an. Der König wollte bereits von dem Brief berichten, den Legolas geschickt hatte, als es kurz an der Tür klopfte und ein Bediensteter eintrat. "Hauptmann Corin ist soeben eingetroffen!"
"Corin?" Ameron sah Aragorn fragend an. "Ich habe nach ihm schicken lassen, weil es etwas Wichtiges zu besprechen gibt" gab der König zur Antwort. Der junge Mann stand auf. "Dann sollte ich wohl besser gehen." – "Bitte bleib, Ameron! Es wäre mir sehr Recht, wenn du von dem Problem erfahren würdest!" Irritiert sah er Aragorn an, der ihn sanft am Arm zurückhielt. Achselzuckend setzte er sich wieder auf seinen Platz und sah zur Tür, wo gerade Hauptmann Corin eintrat. "Eure Majestät, ihr habt mich rufen lassen?" Der rothaarige junge Mann verneigte sich leicht und sah gespannt auf den König. "Ja, Hauptmann, kommt näher und setzt euch." Aragorn deutete auf einen freien Platz neben Ameron. "Ameron, du bist auch hier?" Erst sah Corin fragend zu seinem Freund und dann zu König Elessar, aber dann erhellte sich seine Miene schlagartig. "Wurde ich gerufen, weil Ameron wieder Hauptmann wird?" fragte er freudig. Die Männer sahen ihn erstaunt an. "Nein, Corin. Ich habe dir doch gestern schon gesagt, dass ich das nicht kann!" antwortete Ameron ein wenig verstört. "Nein Hauptmann, es geht um etwas anderes. Ich wollte nur gerne, dass er auch davon erfährt." Aragorn musste lächeln, als er Corins zerknirschtes Gesicht sah, ging aber nicht weiter darauf ein. Er wusste, dass die beiden jungen Männer die besten Freunde waren.
"Ich habe heute einen Brief von Prinz Legolas aus dem Düsterwald erhalten, in dem er mich um meine Unterstützung bei der Aufklärung einiger äußerst eigenartiger Vorkommnisse bittet. Ich werde euch Beiden vorlesen, was er schreibt, vielleicht findet einer von euch eine Erklärung dafür!" Aragorn hatte den Brief in die Hand genommen und las den beiden gespannt lauschenden Männern den Bericht des Elben vor. Als er geendet hatte, sah der König erwartungsvoll in die Gesichter Ameron und Corins, die angestrengt nachzugrübeln schienen.
"Es muss irgendetwas Riesiges sein, das ist klar...wenn es ein Pferd durch die Luft schleudern kann" überlegte Ameron laut. "Und es muss bösartig sein, nachdem die Elben Blutspuren gefunden haben, muss es die Vermissten getötet haben!" Corin nagte an der Unterlippe, er hatte keine Ahnung, was dieses "Es" sein konnte, nicht die leiseste Ahnung! Aber Ameron ging es nicht besser, er hatte zwar schon einiges erlebt, aber nichts von diesen Berichten kam ihm in irgend einer Weise bekannt vor. "Raubtiere können es nicht gewesen sein, sie würden ein Blutbad an der Stelle verursachen, an dem sie die Beute gestellt haben, außerdem hat kein Bär, Wolf oder Warg die Kraft, derartige Verwüstungen in einem Wald anzurichten!" Ameron kannte das Verhalten der heimischen Raubtiere genau, war er doch in einem Wald aufgewachsen und hatte oft mit ihnen zu tun gehabt. Der junge Mann wusste auch, dass jedes Tier seinen Spuren Beachtung schenken und dafür sorgen würde, dass sie nicht zu sehen wären!" Aragorn nickte langsam. "Du hast Recht, Ameron, das kann kein Raubtier getan haben. Aber was wäre denn noch stark genug, solche Verwüstungen zu verursachen?"
Ratloses Schulterzucken der beiden jungen Männer zeigte Aragorn, dass sie genauso wenig wussten, wie er selbst.
"Wie dem auch sei, ich habe Legolas auf jeden Fall unsere Hilfe zugesichert und habe vor, dass ich morgen mit einigen Leibwächtern aufbrechen werde! Hauptmann Corin, ich wünsche, dass ihr die fähigsten Männer auswählt, die dann unter eurer Führung mich begleiten werden! Geht das in Ordnung?" Der rothaarige Mann nickte rasch: "Natürlich, eure Majestät! Ich werde mich umgehend darum kümmern!" Hastig stand er auf, verneigte sich noch einmal kurz vor seinem König und nach einem kurzen Gruß an Ameron verschwand er, um alles in die Wege zu leiten.
Ameron sah ihm stirnrunzelnd nach, irgendwie kam er sich ein wenig unnütz vor im Moment. Früher wäre das seine Aufgabe gewesen, die Leute zusammentrommeln und den König zu beschützen...Sein Freund Legolas steckte offenbar in Schwierigkeiten..."
"Ameron?" Aragorn sah besorgt den abwesenden Gesichtsausdruck seines jungen Freundes. Er konnte sich denken, woran es lag. "Komm doch mit, es wäre mir eine große Erleichterung, dich an meiner Seite..." – "Nein Aragorn! I...ich kann das nicht...nicht mehr..." Ameron war aufgestanden und sah seinen Freund erschrocken an. Aragorn hob beschwichtigend die Arme: "Ruhig Blut, mein Freund! Du musst nicht mit, wenn du das nicht willst! Ich dachte nur, dass es dich vielleicht interessieren würde!" Der junge Mann sah Aragorn gehetzt an: "Nein...doch...i...ich weiß es nicht! Bitte entschuldige mich!"
Der König sah Ameron irritiert nach, der fast aus dem Raum lief. Mit einem solchen Verhalten hatte er bestimmt nicht gerechnet, aber es zeigte ihm nur allzu deutlich, dass Ameron noch weit davon entfernt war, ein für ihn normales Leben führen zu können!
Tabea hörte die Eingangstür zuschlagen und kurz darauf die Tür zum Schlafzimmer. Verwirrt sah sie nach und fand Ameron auf dem Bett liegen, den Blick starr an die Decke gerichtet.
"Ameron, was ist mit dir?" fragte die junge Frau vorsichtig und setzte sich neben ihren Mann. Sie beobachtete ihn eingehend, er wirkte völlig angespannt und in seinen Augen sah sie die Verzweiflung, die ihn wieder ergriffen hatte. "Ameron, ist etwas geschehen, sag doch etwas." Tabea hatte ihre Hand auf die Amerons gelegt und nach einer schier endlosen Zeit wandte er leicht den Kopf und sah sie verstört an. "Ich bin ein Narr" flüsterte er kaum hörbar. Die junge Frau runzelte die Stirn, sie hatte keine Ahnung, was er damit meinen konnte. Ameron bemerkte ihren ratlosen Blick und erzählte ihr von dem Vorfall in Aragorns Arbeitszimmer. "Du bist bestimmt kein Narr, Ameron!" sagte Tabea und strich ihrem Mann zärtlich durchs Haar. "Es ist noch nicht an der Zeit, dass du dich in neue Abenteuer und Gefahren stürzt, und du weißt es. Es ist sogar eine sehr weise Entscheidung gewesen, dich zu nichts drängen zu lassen!" – "Aber was, wenn sie mich dort brauchen, Tabea? Aragorn und Corin sind meine besten Freunde, ich sollte ihnen beistehen, nicht einfach davonlaufen." Gab er mit trauriger Stimme zurück und setzte sich auf. Seufzend lehnte er seinen Kopf an Tabeas Schulter und sie streichelte ihm tröstend über seinen Rücken. "Die Beiden können sehr gut auf sich selbst achten, das weißt du. Und Aragorn weiß, dass du noch nicht zu so etwas bereit bist, er versteht es, glaube mir." Langsam nickte Ameron und hob den Kopf. Liebevoll sah er sie an: "Du hast Recht. Was würde ich nur ohne dich tun, meine geliebte Tabea?" – "Wahrscheinlich verhungern! Komm essen, mein geliebter Narr!" lachte sie und zog ihn aus dem Bett. Lächelnd ließ er es sich gefallen, dass sie ihn in die Küche führte und setzte sich an den Tisch.
"Wo steckt Mariel?" fragte Ameron stirnrunzelnd. Jetzt erst fiel ihm auf, dass er das kleine Mädchen nirgends hören konnte. "Sie steckt im Garten. Da hat sie sich unter einem Busch eine kleine Höhle gebaut und spielt da." Antwortete Tabea. "Ich werde sie holen!" sagte Ameron und stand auf. Langsam ging er durch den Garten und lauschte gespannt. Seine scharfen Ohren vernahmen bald das Geplapper einer dünnen Kinderstimme. Leise schlich er sich näher und hockte sich neben dem Gebüsch nieder. Unter dem Blätterwerk saß Mariel auf einer Decke und spielte konzentriert mit ihrer Puppe und einem Stofftier. Dabei plapperte sie unaufhaltsam vor sich hin. Ameron hätte ihr stundenlang zusehen können, aber Tabea wartete bereits mit dem Mittagessen auf die Beiden, so ließ sich der junge Mann auf alle Viere nieder und begann leise zu knurren. Erschrocken fuhr das Mädchen hoch und lachte, als sie ihren Vater so sah. "Papa! Du hast mich erschreckt!" Ameron bemühte sich eine grimmige Miene zu machen und brummte: "Papa? Den habe ich gerade gefressen! Nun hab ich Lust auf hübsche Mädchen!" Ameron richtete sich wie ein Bär auf und packte das kreischende Kind. Lachend balgten Vater und Tochter durchs Gras, bis sie vom Haus Tabea rufen hörten: "Kommt essen! Es wird gleich kalt werden!" Ameron sah auf: "Wir sollten besser gehorchen, sonst bekommen wir Ärger!" Er ließ es zu, dass Mariel auf seinen Rücken sprang und ging rasch ins Haus, wo sie bereits erwartet wurden.
Lächelnd sah die junge Frau, dass sich Ameron wieder beruhigt hatte und mit der kleinen Mariel spielte, sie war aufrichtig froh, dass das Mädchen hier war. Durch ihre unbeschwerte Art schaffte die Kleine etwas, dass sonst niemand vermochte... sie vertrieb die dunklen Gedanken bei Ameron.
"Du hast mich rufen lassen, Aragorn?" Faramir sah ihn fragend an. "Der Bote hat etwas von äußerst wichtig und dringend gesagt, was ist los?" der Statthalter Gondors hatte es sich in einem Stuhl bequem gemacht und wartete gespannt auf eine Antwort.
"Danke, dass du so schnell kommen konntest, mein Freund. Es ist in der Tat etwas äußerst wichtiges, du musst mich einige Zeit hier in Gondor vertreten." Aragorn berichtete Faramir von den Vorkommnissen im Düsterwald und dem Brief, in dem Legolas um Hilfe bat. Schweigend hörte der Truchsess zu und nickte schließlich. "Natürlich werde ich die Regierungsgeschäfte während deiner Abwesenheit übernehmen, keine Frage. Aber wenn du es wünschst, kann ich auch mit in den Düsterwald kommen." Aragorn schüttelte den Kopf: "Nein, ich habe einige sehr gute Männer an meiner Seite, außerdem werden wir mit den Elben zusammenarbeiten. Ich würde dich hier in Gondor dringender brauchen. Arwen ist zur Zeit in Lorien bei Celeborn zu Gast und es wäre mir sehr lieb, wenn du und Eowyn auch auf Eldarion ein Auge werft."
Faramir nickte: "Gut, ich bleibe hier und hüte Haus und Kind!" scherzte er und grinste seinen Freund an. "Wann geht es los?" – "Morgen früh werde ich mit einem Teil der Leibwache aufbrechen!" gab Aragorn zur Antwort.
"Onkel Faramir!" Eldarion war gerade zur Tür hereingekommen, man konnte ihm die Freude ansehen. Der Junge mochte den Truchsess sehr.
"Eldarion! Bist du es wirklich?" rief Faramir erstaunt aus und musterte den Prinz eingehend. "Du bist gewachsen!" Eldarion grinste: "Ja, Onkel Faramir, und ich lerne gerade mit dem Bogen umzugehen!"
Beeindruckt nickte der Statthalter und klopfte ihm auf die Schulter. "Das musst du mir unbedingt zeigen! Ich werde eine Zeit hier in Minas Tirith bleiben, da musst du mir deine Künste vorführen!"
Freudig nickte der junge Prinz und ging wieder, nun wollte er weiterüben, damit er sich nicht vor Faramir blamieren würde!
Aragorn schüttelte lachend den Kopf und begann seinen Freund genaue Instruktionen und Informationen zu geben, die vonnöten werden würden in den nächsten Wochen, in dem er unterwegs sein würde...
"Mariel, du solltest längst im Bett liegen und schlafen!" tadelte Tabea das Mädchen, das mit langem Gesicht zu ihr hochsah. "Aber Tipi ist noch gar nicht müde!" piepste sie und hielt der jungen Frau ihre Puppe entgegen. "Und ob Tipi müde ist...sieh sie dir an, ihr fallen ja schon die Augen zu!" versuchte Tabea die Kleine zu überzeugen. "Nein, Tipi will aufbleiben und auf Papa warten!" behauptete Mariel mit überzeugtem Gesicht und sah die junge Frau ernst an. "Papa ist im Stall, Perian füttern und ihr frisches Stroh zum Schlafen zu bringen. Er kommt dann und gibt dir einen Gute- Nacht- Kuss! Aber du musst jetzt ins Bett!" Tabeas Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt, Mariel konnte furchtbar stur sein! Aber noch ehe das Mädchen was sagen konnte, klopfte es an der Tür. Tabea seufzte und öffnete. "Corin! Was führt dich hierher?" rief sie freudig und ließ den jungen Mann ins Haus. "Ich weiß nicht, ob es dir Ameron gesagt hat, aber ich werde morgen mit König Elessar und einigen meiner Männer in den Düsterwald reiten. Könntet ihr während dieser Zeit euch um Jago kümmern? Meine Eltern haben selber einen Hund, der sich aber leider nicht mit ihm vertragen will!" Corin sah sie fragend an. Die junge Frau nickte langsam: "Ich muss zwar noch Ameron fragen, was er davon hält, aber ich denke nicht, dass er etwas dagegen hätte. Mariel wird in jedem Fall begeistert sein, wenn sie das hört!"
"Hallo Corin!" Amerons Stimme ließ die Beiden herumfahren. "Ameron! Gut, dass du hier bist, ich möchte dich um etwas bitten!" Corin lächelte seinen Freund an.
"Wenn du mich überreden willst, mit euch zu kommen, dann war der Weg sinnlos, Corin." Sagte der junge Mann und sah seinen rothaarigen Freund misstrauisch an. Dieser hob beschwichtigend die Arme: "Nein, überhaupt nicht! Ich wollte euch nur bitten, Jago zu euch zu nehmen, bis ich wiederkomme!"
Ameron musterte einen Moment aufmerksam den jungen Hauptmann, dann entspannte er sich wieder und begann zu traurig zu lächeln: "Verzeih mir mein Misstrauen, Corin. Aber ich dachte, du wolltest mich genau wie Aragorn zu etwas überreden, zu dem ich nicht mehr in der Lage bin...Aber wir werden uns um deinen Hund kümmern, keine Sorge. Mariel wird bestimmt ganz aus dem Häuschen sein, wenn sie..."
In diesem Moment sauste ein kleiner Wirbelwind in seinem Nachthemdchen in den Raum und sprang jubelnd an Ameron hoch. "Jago bleibt bei uns, ist das wahr? Oh ich freue mich so sehr!" Dann lief Mariel zu dem Hund und drückte ihn übermütig an ihr Herz. "Du wirst bei uns wohnen, Jago! Ist das nicht toll? Wir werden den ganzen Tag miteinander spielen können!" Der kleine Hund ließ sich diese Behandlung schwanzwedelnd gefallen und leckte freudig über die Wange seiner kleinen Freundin.
"Na, dann ist ja alles klar! Die Beiden scheinen sich ja bereits entschlossen zu haben!" lachte Ameron und schlug Corin freundschaftlich auf die Schulter. "Wir werden uns um ihn kümmern, sei unbesorgt!" – "Ich weiß es, meine Freunde! Jago wird es bei euch gut gehen." Antwortete Corin.
"So, mein kleiner Schatz, nun solltest du aber wirklich in dein Bett verschwinden!" Tabeas Stimme ließ das kleine Mädchen zusammenfahren und, nach einem Blick zu ihrem Vater, der bestätigend mit dem Kopf nickte, ergeben seufzen. "Darf ich Jago mit in mein Zimmer nehmen?" fragte sie und Ameron nickte lachend. "Ja, das darfst du. Aber ihr Beide werdet nicht mehr spielen, sondern schlafen, klar?" – "Ja, Papa. Gute Nacht! Komm, Jago" piepste die Kleine und verschwand in ihrem Zimmer.
Lächelnd schüttelte Corin den Kopf: "Oh, die Kleine ist ja so niedlich. Ich wünsche mir auch solch ein Kind!" Ameron konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen: "Sprich doch mit Merina darüber!" Für diese Bemerkung kassierte der Mann einen bösen Blick und einen Stoß in die Rippen.
"Wann reitet ihr morgen los?" fragte Ameron und deutete auf einen Stuhl, in dem sich Corin niederließ, während Tabea Teewasser aufsetzte. "Wir sollen uns kurz nach Sonnenaufgang im Hof des Palastes sammeln. Ich bin sehr gespannt, was auf uns zukommen wird!" Es war der erste größere Einsatz, den Corin vor sich hatte. Er hatte Ameron stets darum beneidet, mit dem König so weite Reisen und Abenteuer zu erleben, aber nun war es an ihm, seinen König in den Düsterwald zu begleiten.
"Ich werde dasein und euch verabschieden" Amerons Stimme riss den rothaarigen Mann aus seinen Gedanken. Erstaunt sah er seinen Freund an, damit hatte er nicht gerechnet. "Bist du dir sicher, macht es dir nichts aus? Ich meine...immerhin warst es bisher immer du, der König Elessar geschützt hat und..."
"Nein" beinahe trotzig schüttelte Ameron den Kopf. "Es macht mir nichts aus, du bist nun an der Reihe, ich bin nur noch ein ganz normaler Zivilist, mehr nicht!" Corin sah seinem Freund ins Gesicht und in seinen Augen konnte er erkennen, dass Ameron nicht ganz aufrichtig war, was seine Gefühle betraf. Aber er würde bestimmt nichts davon sagen, der junge Mann ahnte, dass jedes Wort, jeder Versuch, Ameron zum Mitkommen zu bewegen, falsch wäre. Noch war es zu früh dafür...
"Danke, Tabea" Corin lächelte der jungen Frau zu, die gerade die Tassen mit dem Tee auf den Tisch gestellt hatte. "Wie geht es dir eigentlich? Du siehst ja sehr gut aus, richtig strahlend sozusagen!" Tabea lächelte ihn an. "Genauso fühle ich mich auch im Moment. Das einzig störende an der Schwangerschaft ist im Moment die Übelkeit am Morgen!" – "Und die Launen..." fügte Ameron rasch hinzu und zog den Kopf ein, als ihn ein vernichtender Blick seiner Frau traf. "Mein lieber Herr Ameron, ich bin nicht launisch!" schimpfte sie und machte ein gespielt böses Gesicht. "Siehst du, was ich meinte?" Ameron hatte die Augenbrauen hochgezogen und sah seinen Freund an.
Corin musste aufpassen, dass er nicht vor lauter Lachen vom Stuhl kippte, er fand das Ganze einfach zu komisch. Der junge Mann wusste, dass das nicht Ernst gemeint war, noch selten zuvor hatte er ein glücklicheres und verliebteres Ehepaar gesehen als Ameron und Tabea.
Die Drei saßen noch einige Zeit zusammen und sprachen über alle möglichen Dinge, ehe sich Corin schließlich erhob: "Ich sollte nun gehen, es ist schon spät." – "Willst du Jago heute noch mitnehmen? Ich könnte ihn dir morgen früh ja abnehmen, ehe ihr aufbrecht" bot Ameron an und der junge Mann nickte. "Ja, das wäre keine schlechte Idee...so habe ich ihn zumindest heute noch um mich, der kleine freche Kerl wird mir ohnehin sehr fehlen!" Leise schlichen die Männer in das Kinderzimmer. "Jago?" Corin flüsterte leise den Namen des Hundes, aber nichts rührte sich, es waren nur die gleichmäßigen Atemzüge Mariels zu vernehmen...und ein anderes, für Ameron undefinierbares Geräusch. Stirnrunzelnd sah er Corin an, der breit zu grinsen begonnen hatte. Er hob die Lampe ein wenig an, sodass das flackernde Licht auf das Kinderbettchen fiel. Neben Mariels Kopf ragte Jagos Kopf aus der Decke. Der kleine Hund schien fest zu schlafen...und er schnarchte leise vor sich hin. Entgeistert starrte Ameron den Hund an und hob die Augenbrauen. "Dein Hund schnarcht!" Corin hatte alle Mühe, nicht laut loszuprusten. Durch die Männer wurde Jago schließlich wach, er hob ein wenig den Kopf und sah sie an, ehe er sich schnaufend wieder in die Kissen fallen ließ. "Wir stören!" sagte Ameron trocken und zog seinen Freund leise aus dem Zimmer. Vor der Türe sahen sich die Männer einen Augenblick an, ehe sie beide zu lachen begannen und zurück in die Küche gingen.
"Ich werde morgen früh Jago mitbringen, damit du dich von ihm verabschieden kannst, Corin!" Ameron wischte sich eine Träne aus den Augen und holte tief Luft. Der junge Hauptmann nickte und ging zur Tür. "Gut, ich werde auf euch warten! Gute Nacht, Ameron und Tabea!" – "Gute Nacht, Corin!" rief Tabea aus der Küche und Ameron klopft ihm zum Abschied noch einmal auf die Schulter.
In aller Frühe machte sich Ameron mit dem kleinen Hund auf den Weg zum Palast, die Sonne war gerade am aufgehen und tauchte den weißen Turm in ein goldenes Licht. Der Mann atmete tief die frische, kühle Luft ein und lauschte den ersten Vögeln. Diese Tageszeit hatte er immer schon besonders gemocht, zu kaum einer anderen Zeit erschien die Welt so friedlich wie jetzt.
"Komm, Jago! Sonst verpassen wir am Ende noch deinen Herrn!" rief Ameron und ging ein wenig schneller. Kläffend sprang der Hund um ihn herum und wedelte mit seinem Schwanz.
Als er in den Hof des Palastes einbog, sah er, dass sich bereits die Leibwächter mit ihren Pferden versammelt haben, am Rande stand Corin und gab Anweisungen an die Männer, Ameron hörte, wie er die Reihenfolge der Reiter bestimmte.
"Seht mal, hier ist Hauptmann Ameron!" rief einer der Männer und Ameron sah, dass sich alle nach ihm umdrehten. "Kiran, ich bin kein Hauptmann mehr, wann geht das in deinen Kopf?" sagte er und verzog das Gesicht. Ein anderer Mann lächelte: "Für uns werdet ihr immer unser Hauptmann sein!" Die Leibwächter scharten sich alle um Ameron und begrüßten ihn freudig, sie vermissten ihn sehr, obwohl Corin ein würdiger Nachfolger war. Der rothaarige Mann nahm es ihnen aber auch nicht übel. Auch ihm wäre es bedeutend lieber, wenn Ameron wieder den Platz einnahm, der ihm seiner Ansicht nach zustand.
Ameron war gerührt, als er die Reaktionen der Männer sah, auch er vermisste es im Grunde, nicht mehr einer von ihnen zu sein.
"Corin, hier ist jemand, der sich von dir verabschieden möchte!" sagte er schließlich, als die Soldaten sich wieder ihren Pferden und dem Gepäck zugewendet hatten. Der kleine Hund sprang an Corin hoch und der junge Mann nahm ihn liebevoll auf die Arme und drückte ihn an sich. "Na, mein Junge, gut geschlafen? Du wirst nun eine Zeit bei Mariel bleiben und auf sie achten, ist das klar?" Jago sah seinen Herrn mit schiefgelegtem Kopf an und winselte leise.
"Ich wünsche dir eine gute Reise, Corin. Bitte pass gut auf dich auf, was immer den Düsterwald unsicher macht, es ist groß und gefährlich, bring dich nicht unnötig in Gefahr, versprich es mir." Ameron sah seinen jungen Freund beschwörend an. Er hatte sich die halbe Nacht lang Gedanken darüber gemacht, was in Legolas´ Brief stand, aber er war zu keiner Lösung gekommen. Am liebsten wäre er selbst mitgeritten...Energisch schüttelte Ameron den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben. Nein, nie wieder würde er das tun können, die Angst davor, dass er im entscheidenden Moment versagte, war einfach zu groß...
"Guten Morgen, meine Herren!" Aragorns Stimme ließ die Leibwächter verstummen und sie verneigten sich ehrerbietig vor ihrem König. Als er Ameron unter seinen Männern erkannte, runzelte er kurz die Stirn, aber er sah, dass sein Freund wohl nur zum Abschied gekommen war. Einen kurzen Augenblick lang hatte Aragorn die Hoffnung gehabt, dass er es sich anders überlegt hätte und nun bereit war, mitzureiten, aber dem war nicht so. Leider...
"Ameron, schön, dass du dich noch einmal blicken lässt!" sagte er und lächelte erfreut. "Ich wollte mich nur noch von meinen besten Freunden verabschieden, ehe sie losreiten. Bitte passt gut auf euch auf und kommt gesund wieder...ihr alle!" Ameron konnte seine Sorge nicht verbergen. Aragorn klopfte ihm leicht auf die Schulter: "Keine Angst, wir werden wiederkommen!"
"Guten Morgen!" An der Treppe waren zwei weitere Personen erschienen und Amerons Gesicht begann zu strahlen, als er Faramir und Eowyn erkannte. "Das ist aber eine Freude, euch einmal wiederzusehen!" lachte der junge Mann. Er hatte die Beiden schon längere Zeit nicht mehr gesehen und freute sich aufrichtig. "Einer muss ja hier die Stellung halten, wenn sich Aragorn auf Vergnügungsreise begibt!" lachte Faramir und begrüßte seinen jungen Freund. Auch Eowyn kam die Treppe hinab und schloss Ameron in die Arme.
"So, wir sollten nun aber aufbrechen!" ermahnte Aragorn und stieg in Bregos Sattel.
"Aufsitzen!" Corins Befehl klang durch den Hof und die Leibwächter schwangen sich auf ihre Pferde. "Alles Gute, und gebt gut acht!" rief Faramir und hob die Hand zum Abschied. Aragorn nickte seinem Statthalter zu und trieb seinen Hengst an. Schließlich setzten sich alle Pferde in Bewegung und die Männer ritten aus dem Hof. Ameron hatte Jago hochgenommen, der kleine Hund winselte leise und er strich ihm tröstend über den Kopf. "Er kommt ja wieder, keine Angst, mein Kleiner."
