My whole world surrounds you, I stumble then I crawl...

Interlude – der Kirschbaum...

Das alles war zu viel für sie gewesen. Sie war kaum einen Tag in Tokio und schon folgte eine Katastrophe der anderen, aber so war es nun mal in solchen Zeiten. Schließlich stand nicht nur irgendetwas auf dem Spiel, sondern die Erde und alles Leben auf ihr. Trotzdem waren so viele Menschen auf einmal mehr als sie verkraften konnte, wo sie doch an ein Leben allein gewöhnt war. Nachdem sie noch eine Weile mit den anderen Himmelsdrachen in dem Vorzimmer auf eine Nachricht von Subaru oder dem Arzt gewartet hatte, wobei alle miteinander etwas ins Gespräch kamen, hatte sie sich dann höflich verabschiedet. Sorata erklärte ihr allerdings sofort haarklein wo sie später zu finden sein würden. Tenshi entschied sich einen Spaziergang zu machen um erst mal ihre Gedanken zu ordnen und ein bisschen Abstand von allem zu gewinnen. Sie atmete die frische Luft tief ein als sie den ekelhaften Geruch und die roten Wände des Krankenhauses verließ. Die Sonne schien hell über Tokio, als ob der Kampf und die damit verbundene Zerstörung vordem es stand nur ein böser Traum wäre den es weit von sich weg schob und die Menschen taten es ihm gleich. Schulmädchen liefen in Gruppen umher, tuschelnd und kichernd, Tenshi war nicht traurig das ihr so ein Leben vergönnt war, doch es stimmte sie irgendwie melancholisch. Noch viele andere Leute kreuzten ihren Weg, wichtig aussehende Männer in Anzügen und mit Aktenkoffern erweckten Tokio um diese Tageszeit zu regem Leben, genau wie die zahlreichen Mütter die mit ihren kleinen Kindern, grad vom Einkaufen kamen und mittendrin zwischen all dem... war sie. Tenshi war den Trubel so einer Stadt nicht gewöhnt, da der Tempel in dem sie aufwuchs weit abgelegen von so etwas war. Doch sie würde sich daran gewöhnen, schließlich war es notwendig.

Ihre Blick suchten verzweifelt nach einem Fleckchen grün in dieser grauen Betonlandschaft, was ihr mit einem Schlag auch sofort in Form einer erst vereinzelt scheinenden Baumgruppe die sich hinter hohen Mauern versteckte ins Auge viel. Als sie der Mauer eine Weile folgte, gelangte sie zu einem Tor hinter dem sich ein weiter Park ausstreckte, der Clamp-Campus.

Natürlich wusste sie wie bedeutend dieser Ort war, doch sie hätte nie gedacht das er auch so schön ist. Viele Schüler, Leute in ihrem Alter, hielten sich hier auf da die Clamp Oberschule diesem Campus erst den Namen gab, doch auch andere Leute die einfach nur ihre Ruhe wollten genossen hier die warmen Sonnenstrahlen.

Tenshi fühlte sich hier sofort wohl, ob es wegen der Natur um sie herum war, oder ob es daran lag, dass sich das Zentrum aller Bannkreise unter dieser Erde befand wusste sie nicht, doch das war auch nebensächlich. Ihre Sinne waren abgelenkt von den vielen Eindrücken um sie herum und so bemerkte sie es kaum wie sie langsam einen der vielen Wege auf dem Campus entlang ging, als kannte sie diesen Ort genauso gut wie alle anderen. Sie begann sich Tief in ihren eigenen Gedanken zu verlieren und verlor jedes Gefühl für Zeit und Raum, fühlte jedoch ihren eigenen Körper um so mehr. Erst jetzt bemerkte sie wie erschöpft sie wirklich von den Verletzungen der gestrigen Nacht in Wirklichkeit noch war. Sie starrte auf ihren Arm, auf die kleinen, noch ganz frischen Narben die sich auf ihrer Haut gebildet hatten und sich auf ihrem ganzen Körper verteilen, manche waren tiefer als andere, was auch der Grund war weshalb sie nicht komplett bandagiert herum lief. Tenshi war dran gewöhnt den Schmerz der ab und zu in ihr aufwellte zu unterdrücken, doch die Müdigkeit war weitaus schwerer zu unterdrücken. Sie war grade dabei ein Gähnen in sich aufsteigen zu spüren als es abrupt von einem anderen Gefühl überwältigt würde welches durch ihren ganzen Körper zuckte. Tenshi blieb wie angewurzelt stehen. Sie spürte wie ein Schauer über ihren Rücken lief und sich die kleinen Haare in ihrem Nacken aufstellten. Alle ihre Alarmglocken klingelten in voller Lautstärke, ausgelöst von einer Macht die sich in Tenshis unmittelbarer Nähe befand um genau zu sein, zu ihrer Linken. Vorsichtig schielte sie in diese Richtung um einen Blick zu erhaschen, doch alles was sie sehen konnte war ein gewöhnliches Schulmädchen. Als sie Tenshi nicht zu bemerken schien, drehte sie sich ganz zu ihr um und sah sie offen an. Sie hatte kürzere, rote Haare und trug ihre Schuluniform, eine die Tenshi nicht kannte doch das war kaum verwunderlich bei den vielen Oberschulen in Tokio. Sie saß ganz allein auf einer Bank direkt unter einen Kirschbaum, dessen Blüten sanft im Wind wiegten. Einige von ihnen wurden von ihm mitgetragen und umspielten beide Mädchen sanft. Hatte sich Tenshi die Macht vielleicht nur eingebildet? Das Mädchen war sicher nicht viel älter als sie selbst und machte auch sonst einen relativ normalen Eindruck, außer das sie allein war und in ihren Gedanken verloren zu sein schien. Doch das alles traf ja auf sie selbst auch zu bemerkte Tenshi und musste etwas über sich lächeln.

Plötzlich wurde sie aus ihren Gedanken herausgerissen und sah mit Schreck, dass das Mädchen sie zurück ansah. Jetzt war ihr es schon wieder passiert, dass sie jemanden so anstarrte. Sie spürte die bohrenden Blicke des Mädchens auf sich, doch vor lauter Verlegenheit wusste sie gleich gar nicht was sie sagen sollte.

„Oh e... es tut mir leid!"sagte sie hastig „ich... ich wollte dich nicht anstarren, e-es ist nur dieser Baum er... hatte irgendwie meinen Blick gefangen."Log Tenshi schnell.

Das Mädchen sah sie verwundert an und antwortete nach einigem Zögern „Ja, ich mag ihn auch sehr... die Sakura sind wunderschön." Trotz dieser Worte zeigte sie keinerlei emotionale Regung.

Tenshi stockte für einen Moment und hob misstrauische eine Augenbraue. Irgendetwas hatte es mit diesem Mädchen auf sich, sie hatte sich die Kraft nicht eingebildet. Ihr Blick schien sie regelrecht zu durchbohren, sodass Tenshi sich plötzlich fragte ob das Mädchen vielleicht auch ihre Kraft spüren konnte.

„Ja... aber sie haben auch was gespenstiges."Antwortete sie letztendlich.

Das Mädchen lächelte müde zu sich selbst und meinte „Aber eigentlich ist es ja egal, denn die Menschen, sie..."

Tenshi warf ihr einen Blick zu der dazu führte, das sie ihren Satz nicht beendete, wofür sie sich selbst hätte schlagen können. Sie wusste nicht weshalb, doch dieses Mädchen übte irgendeine Anziehung auf sie aus. Ihre Aura war frisch, nicht die einer lang trainierten Meisterin oder Wächterin, sondern neu von einer Macht angetrieben und noch nicht ganz vollständig erweckt.

„Wohnst du schon lange hier?"fragte Tenshi herausfordernd, in der Hoffnung das Mädchen vielleicht dazu zu bringen etwas von ihrer Identität preiszugeben.

„Ein paar Jahre schon..."sagte sie und es glitt ein seltsames Grinsen über ihre Lippen „... aber du bist fremd hier... das spüre ich."

Es war also wirklich so wie Tenshi es vermutet hatte, dieses Mädchen hatte wirklich etwas mit dem Ende der Welt zu tun und sie wusste, dass es bei Tenshi genauso war. Es war genau wie bei dem Kamui der Erddrachen, sie versuchte sich ihr gegenüber überlegen zu geben, aber war hieß das automatisch, dass sie auch ein Erddrache war? Sie konnte es nicht glauben, schließlich hätte sie sonst sicher schon einen Kampf angefangen.

„Ja, das stimmt."Tenshi lächelte und sagte herausfordernd „...ich hab hier etwas zu erledigen."

Das Mädchen erwiderte ihr Lächeln und sagte nur „Vielleicht sieht man sich ja mal..."und stand dann von der Bank auf.

Im stehen war sie etwas größer als Tenshi und machte, trotz frisch gewonnener Kraft oder vielleicht grade deswegen, einen ziemlichen Eindruck auf sie. Aber hinter all dem war noch etwas anderes, was sie nicht einordnen konnte da das Mädchen es durch ihre Kälte überspielte.

„Würde mich freuen!"sagte Tenshi und wollte ihr aus Reflex die Hand entgegenstrecken um sie zu schütteln, zuckte jedoch im letzten Moment zurück und änderte die Bewegung in ein Winken um.

Mit einem seltsamen Gefühl im Bauch drehte sich Tenshi zum Gehen um, hielt aber plötzlich inne. Ihr fiel ein, dass sie das Mädchen gar nicht nach ihrem Namen gefragt hatte, doch als sie sich umdrehte war die Bank leer und das Mädchen verschwunden, lediglich die Kirschblüten wehten immer noch sanft im Wind umher. Misstrauisch schaute sie sich um, fand jedoch keine Spur von ihr. Sie seufzte laut als ihr Blick plötzlich von einer in der Luft wedelnden Hand gefangen wurde.

„Hey Kleine!"rief Sorata ihr mit einem enthusiastischem Lächeln entgegen. Er war nicht alleine, sondern einige der Himmelsdrachen begleiteten ihn, es waren Yuzuriha mit ihrer Hundegottheit Inuki, Arashi, Seiichiro und natürlich Kamui. Weil sie nicht warten wollte lief sie ihnen schon entgegen, was Sorata zum lächeln brachte. Er streckte seine rechte Hand aus um ihr auf den Kopf zu tätscheln. „Schön das du gewartet hast! Wir sollten uns alle aufeinander verlassen können."

Etwas aus dem Konzept gebracht blinzelte Tenshi ihn an und stammelte ein „J-ja..."als Antwort.

„Wir haben das Heiligeschwert versiegelt."Sagte Arashi rein zur Information, da sie davon Ausging, dass es auch für Tenshi als Himmelsdrache interessant sein. Diese nickte jedoch nur verlegen, da sie das Gefühl hatte nicht mal annähernd so viel darüber zu wissen wie die anderen.

„Oje!" rief Seiichiro schockiert auf seine Uhr starrend. „Ist es wirklich schon so spät?! Tut mir leid ich muss in die Redaktion!" höflich, und so schnell wie möglich, verbeugte er sich und ruf noch im gehen „Auf Wiedersehen!!"

Die anderen winkten ihm noch nach, als Tenshis Blick plötzlich auf Kamui fiel. Es war als würde sie grade erst, ganz plötzlich realisieren wer er eigentlich war, dass dieser Junge der sogar noch jünger war als sie und so zerbrechlich wirkte, das Schicksal der Welt in seinen Händen hielt. Das war nicht fair, dachte sie. Man kann nicht von jemandem verlangen eine solche Bürde zu tragen, erst recht nicht allein, aber dafür waren sie ja da, die anderen Himmelsdrachen.

„Hast du eine Wohnung Kleine?"

Sie wurde von Soratas Frage aus ihren Gedanken gerissen und musste sich erst mal fangen bevor sie antworten konnte. „Ähm... ja, in der Nähe vom Sunshine 60."

„Hm, wir müssen in eine andere Richtung..."grübelte Sorata.

„Findest du den Weg?"fragte Yuzuriha, Tenshi nickte als Antwort.

„Dann treffen wir dich morgen früh wieder hier für die Schule, ...du gehst doch zur Schule oder?"bohrte Sorata mit erhobener Augenbraue nach.

„J-ja..." stotterte Tenshi überrumpelt „Also bis morgen dann, ja?"

Die vier verabschiedeten sich noch bevor sich ihre Wege trennten.