Cause I am lost without you, how can I live at all?
Kekkai…
Reflexartig kauerte Tenshi sich hin und hielt schützend ihre Hände über den Kopf. Sie dachte nicht nach, sondern es geschah aus purem Instinkt. Es dauerte einige Sekunden bis sie wieder vollkommen bei Sinnen war und realisierte, dass sie etwas unternehmen musste, dass sie einen Bannkreis aufstellen musste. Nur langsam zog sie ihre Hände weg und betrachtete noch immer abwesend wie die Leute um sie herum panisch wegliefen, allein sie blieb ganz still während die Erde um sie bebte. Es war kein natürliches Beben, da war sie sich sicher. Aber wieso tat sie dann nichts? Sie wusste doch genau was sie tun musste...
Das Schreinen eines kleinen Mädchens was sich verzweifelt an ihre Mutter klammerte lies ihren Verstand wieder einrasten. Instinktiv wand sie all ihr Wissen was sie über die Jahre im Tempel gelernt hatte an und legte ihre Hände auf ihr Herz. Wenigstens einmal sollte der Schmerz in ihr etwas gutes hervorbringen, er sollte die beschützen die sie liebt. Ihn. Subaru. Mit aller Macht versuchte sie dieses Gefühl zu bündeln und aus sich heraus zu ziehen, sie hätte sich nicht träumen lassen, dass es so schwer sein könnte ihre Konzentration zwischen all der Zerstörung um sie herum zu halten. Mit einer letzten Anstrengung brach es aus ihr heraus und drückte sich in ihre Hände die sie reflexartig ausstreckte um es sofort wieder freizulassen. Aber allein die schiere Macht dieses Ausbruchs brachte Tenshis Knie zum zittern und letztendlich zum zusammenbrechen, da sie ihre ganze Kraft darauf aufwenden musste ihre Arme gestreckt zu lassen. Nach mehreren Sekunden hatte sich der kleine Bannkreis in ihren Händen ausgebreitet und bedeckte in Form eines riesigen Schildes weite Teil des Stadtbezirks. Mit einem angestrengten Keuchen lies sie den Bannkreis gehen und musste sich zunächst auf ihre Hände abstützen um die Gewalt der Magie zu verarbeiten.
Plötzliche Realisation traf sie und ihr Blick schoss hoch vom Boden um nach Erddrachen zu sehen. Niemand war da. Alles war Still, die Schreie der Menschen und das Geräusch der zerberstenden Gebäude wurden Komplett vom Bannkreis absorbiert. Und doch wusste sie, dass sie da waren. Es lag eine derartige Spannung in der Luft, dass es elektrisierend war. In langsamen Bewegungen stand Tenshi auf, damit sie in dieser totenstille nicht zuerst gehört werden würde. Sie traut sich kaum zu atmen, geschweige denn sich nach einem Gegner umzusehen. Sie zögerte für einen Moment und harrte in ihre Starre aus. Es nützte nichts. Sie entschied es sei besser den Feind zu finden, als Gefunden zu werden. Sie drehte sich um und riss erschrocken die Augen weit auf.
„Hallo."
Es war das stürmische blonde Mädchen, dass ihr damals im Krankenhaus begegnet war. Seelenruhig stand sie vor ihr in Mitten des Parks und sah sie mit einem seltsamen Blick an. Instinktiv wich Tenshi ein wenig zurück, was dem Mädchen nicht entging.
„Ich glaub nicht, dass ich mich vorgestellt habe." Sagte sie mit einem Lächeln, dessen Emotion nicht deutbar war und streckte ihre Hand zum schütteln aus. „Ich heiße Tanemura Ryoko."
Tenshi betrachtete die Geste argwöhnisch und entfernte sich noch etwas weiter von ihr. Irgendetwas stimmte nicht mit dem Mädchen. Sie schluckte und versuchte ihre Anspannung zu verbergen indem sie zu den Hochhäusern hinauf sah in der Hoffnung die Erddrachen zu finden.
„Ich muss... die Erddrachen suchen." Sagte sie unsicher und ließ dabei ihren Blick nie ruhen. „...hilfst du mir?"
„Das kann ich nicht." Kam die Antwort von sah nah hinter ihr, dass Tenshi sich erschrocken umdrehte.
„Lös den Bannkreis." Flüsterte Ryoko kaum hörbar. „Lös ihn auf, du hast sowieso keine Chance gegen sie. Ich sag es dir nur diesmal im Guten."
Tenshi runzelte verwirrt die Stirn und sah dem Mädchen in die Augen. Egal wie sie es versuchte, sie konnte nicht hinter die Fassade ihres Gesichts sehen um ihre Emotionen zu erkennen. Automatisch fing sie an den Kopf zu schütteln.
„Wovon redest du? Du bist doch auch ein..." sie stoppte in der Mitte ihres Satzes als sie Ryokos vielsagenden Blick sah. Unweigerlich verkrampften ihre Hände sich wieder zu Fäusten. Wieso passierten solche Dinge immer? „Ich kann nicht."
Ryoko zog beide Augenbrauen überrascht hoch. Anscheinend hatte sie diese Antwort nicht erwartet.
„Schade." Sagte sie und mit einem letzten Blick auf Tenshi und machte einen katzenartigen Satz auf einen nahegelegenen Baum in dem sie sich es erst mal bequem machte. Für den Bruchteil einer Sekunde beobachtete Tenshi sie dabei, was ein fataler Fehler war. Erst als es bereits zu spät war hörte sie das leise prickeln von Magie hinter ihr. Mit einem zischen der Luft traf etwas Solides gewaltvoll ihren Rücken, sodass sie sich mehrmals überschlug bevor sie zum liegen kam. Mit schmerzverzerrtem Gesicht drückte sie sich vom Boden hoch und legte reflexartig die Ofuda, wie schon vor ein paar nächsten als sie besuch von dem Sakurazukamori bekam, sodass sich ein Dolch daraus formte, nur dass sie diesmal mehr Karten dazu benutzte damit er größer und mächtiger wurde. Sie packte den Griff der Waffe und durchschlug mit mehreren kräftigen hieben die metallnen Tentakel. Und wieder kehrte Stille ein. Sie verkrampfte ihre Hand um den Schaft des Schwerts und versuchte angestrengt den Erschaffer auszumachen. Plötzlich spürte sie eine Berührung auf ihrem Rücken die sie dazu brachte sich reflexartig zum zu drehen. Sie brauchte einige Sekunden bis sie realisierte, dass es Yuzurihas Kehle war an die sie das Schwert hielt. Gegen ihren Instinkt das Schwert zu senken schossen plötzliche Zweifel durch Tenshis Kopf. Was wenn sie auch nicht die war, die sie vorgab zu sein? Inuki, der neben Yuzuriha stand, neigte seinen Kopf zur Seite und sah Tenshi mit leuchtenden Hundeaugen an. Sie schüttelte kurz ihren Kopf um den Anflug von Zweifel zu überwinden und senkte schließlich die Waffe.
„Tut mir leid, ich dachte du wärst ein Erddrache..." entschuldigte sich Tenshi.
„...schon gut!" sagte Yuzuriha und zwang sich unter reiben ihres Halses zu einem Lächeln.
Aus dem Augenwinkel sah Tenshi wie von neuem die Kabelstränge auf die beiden zuschnellten und schnitt sie der Reihe nach durch bis sie in kleinen Teilen auf den Boden lagen. Sie keuchte vor Anstrengung, hatte aber nur wenig Zeit um durchzuatmen da plötzlich von jeder Seite diese Dinger um sie herum auftauchten. Sie warf Yuzuriha einen vielsagenden Blick zu und sah, dass auch sie sich schon kampfbereit gemacht hatte. Inuki hatte sich in ihrer Hand zu einem Schwert geformt. Schon ziemlich nützlich so ein Hundegott, dachte Tenshi erstaunt.
„Ich weis nicht wo der Erddrache ist. Wir sollten uns trennen, sonst haben wir keine Chance."
Yuzuriha warf ihr einen unsicheren Blick zu „Du musst deine Konzentration halten, wegen des Bannkreises... bist du dir sicher?"
Tenshi nickte ihr so entschlossen sie konnte zu und bekam letztendlich die selbe Geste zurück. Es dauerte keine Minute bis sie Yuzuriha nicht mehr sehen konnte. Alles was sie noch sah waren die vor Elektrizität knisternden Überreste des zerschlagenen Kabel und Leitungen um sie herum. Egal wie viele sie durchschnitt, es kam die doppelte Menge nach. Tenshi schlug einfach immer weiter zu, sodass ihre Arme ihr schon ganz taub geworden waren. In all der Raserei fand sie irgendwas befreiendes. Ihr Gedanken waren leer. Alles was noch existierte waren diese nie zu Enden scheinenden Massen von Tentakel die ihr irgendein Feind entgegen schickte und ihr Bannkreis der als letztes diese Viertel zusammen hielt. Ein plötzlicher Schrei riss sie zurück in die Realität. Es war Yuzuriha, da war sie sich sicher, aber sie konnte sie nicht sehen. Verzweifelt überflog sie mit ihre Augen die Umgebung nach einem Zeichen von der Kleinen und fand es mit einem Schlag. Auf dem Dach von einem der Hochhäuser stand sie einem riesigen Bildschirm gegenüber. Sie wusste nicht weshalb, aber sie war sich sicher, dass das nichts Gutes bedeutete.
Ohne darüber nachzudenken lief Tenshi sofort in ihre Richtung. Wie hatte sie nur so dumm sein können? Diese Angreifer waren nur Spielereinen gewesen, Ablenkungen während der Erddrache sich um den Rest kümmerte. Tenshi hätte sich selbst verfluchen können. Sie versuchte die Kabel die immer noch auf sie einschlugen zu ignorieren. Wahrscheinlich schnitten sie an vielen Stellen in ihre Haut ein und öffneten somit die alten Narben, doch das war nebensächlich, denn sie wusste, dass sie es zu Yuzuriha schaffen musste. Irgendwie hatte sie es geschafft auf einen Balkon des Hochhauses zu springen, etwa vier Stockwerke unter dem Dach von wo aus sie auch den Bildschirm sehen konnte. Eine junge Frau war darauf abgebildet mit schwarzen Haaren und einer Brille und sie sprach mit Yuzuriha. Tenshi wollte grade ansetzten um die letzten Stockwerke hoch zu springen, als sie bemerkte das sie von irgendwas zurückgehalten wurde. Es schien als steckte ihre linke Hand irgendwie fest, sie hatte kein Gefühl in ihr. Verwirrt drehte sie den Kopf etwas zur Seite um auf sie sehen zu können. Für einen Moment sah sie nichts, nur Blut was an ihrem Arm herunter Tropfte, sodass sich unter ihm schon eine kleine Pfütze gebildet hatte. Schock durchzuckte ihren ganzen Körper, der langsam von Übelkeit abgelöst wurde als sie realisierte, dass es ihr Hand war die den Boden mit Blut tränkte. Einer der Stränge hatte ihre Handfläche durchbohrt und sich dann in der Wand verhackt.
Mit Schrecken merkte sie wie sich ihre Konzentration vom Bannkreis abwand und er an den unteren Stellen schon begann sich aufzulösen. Krampfhaft versuchte sie sich auf seinen Erhalt zu konzentrieren, doch der pochende Schmerz der begann sich in ihrer Hand auszubreiten übertönte alles in ihrem Kopf. Aus dem Augenwinkel heraus sah sie, wie einige Metalltentakel blitzschnell auf das Dach zuschossen. Sie fühlte wie ihr der Atmen stockte, als darauf ein markerschütternder Schrei folgte. Sie musste etwas tun, von dort loskommen. Kurzentschlossen und mit einem Hieb schnitt sie die Leitung so nah wie möglich an ihrer Hand ab. Sie holte tief Luft und packte mit ihrer Rechten das linke Handgelenk um es mit einem kräftigen Ruck heraus zu ziehen. Das Geräusch was dabei entstand drehte ihr den Magen um, geschweige denn das Gefühl. Sie erstickte mit Mühe den in ihrer Kehle aufsteigenden Schrei als sich ihre Hand von dem Stummel des Kabels löste und umklammerte sie sofort verzweifelt. So kräftig sie konnte und es die Schmerzen zuließen drückte sie die Hand gegen ihren Brustkorb in der Hoffnung die Blutung etwas zu stillen. Für mehr war keine Zeit.
Mit einem kraftvollen Satz sprang sie auf das Dach. Und fand es leer vor. Sie runzelte verwirrt die Stirn, das konnte doch nicht sein. Vor ein paar Minuten hatte sie Yuzuriha doch noch hier gesehen. Ein leises Lachen lenkte ihre Aufmerksamkeit auf den Bildschirm. Die Frau, der Erddrache, er lachte. Wieso lachte er?
„Was hast du mit Yuzuriha gemacht?!" schrie Tenshi ihr mit der ganzen Kraft ihrer Lungen entgegen. Unbemerkt von ihr hatten Tränen den Weg in ihre Augen gefunden, doch sie weigerte sich ihnen freien Lauf zu lassen.
Die Frau grinste selbstgefällig. „Sie konnte mir nicht antworten." Sagte sie simpel „Sie konnte mir nicht sagen wieso man keine Menschen tötet."
Tenshi fühlte sich, als hätte sie etwas hart in den Magen getroffen. „Was hast du mit ihr gemacht?!" schrie sie noch einmal verzweifelt und zog rein instinktiv einige Ofuda um sie mit einem Fluch zu besprechen.
„Spar dir die Mühe." Sagte die Frau gelassen. „Ich bin fertig hier."
Und mit einem leisen Piepen verschwand ihr Gesicht vom Bildschirm und es blieben nur noch schwarz-weiße Kriesel.
Ohne das sie es hätte verhindern können zerbrach ihr Bannkreis und löste sich in Nichts auf. Sie hatte versagt, dachte sie bitter. Das war bereits das zweite Mal, dass sie jemanden nicht beschützen konnte. Was für einen Sinn machte es ein Himmelsdrache zu sein, wenn man doch niemanden damit beschützen konnte?
Sie war sich nicht sicher wie sie es bis hierher geschafft hatte. Das Dach hatte angefangen zu beben und irgendwie hatte sie sich instinktiv hierher gerettet, doch jetzt konnte sie nicht mehr weiter. Erschöpft brach sie in dem Gang vor Subarus Wohnung zusammen und vergrub ihren Kopf in den Armen. Es war ihr egal ob sie hier verbluten würde. Alles woran sie denken konnte war Yuzuriha und wieso sie ihr nicht hatte helfen können. Wieso sie vorgeschlagen hatte sich zu trennen.
Mit einem leisen Klacken öffnete sich die Tür einen Spalt weit und legte einen sanften Lichtkegel auf Tenshi. Sie merkte es kaum wie Subaru erschrocken aus der Tür trat und sie in die Wohnung hinein trug. Oder wie er panisch zum Telefon lief um einen Arzt zu rufen. Erst der stechende Schmerz der Nadel die durch ihre Haut ging und sie wieder zusammen nähte brachte sie zurück ins Bewusstsein.
Sie lag auf dem Sofa und fühlte sich als würde sich das ganze Zimmer um sie herum drehen. Wahrscheinlich machte das der hohe Blutverlust. Entfernt hörte sie Subaru den Arzt verabschieden und leise die Tür schließen. Instinktiv drückte sie sich vom Sofa hoch und stand wacklig auf ihren Beinen auf. Sie tapste einige Schritte in Subarus Richtung, der sie überrascht ansah.
„Tenshi! Du sollst doch liegen bleiben!" rief er überrascht.
Sie streckte ihre Arme unweigerlich nach ihm aus als sie fühlte wie von neuem Tränen in ihr aufstiegen. So fest sie konnte schloss sie beide Arme um seinen Brustkorb und erlaubte sich ihre Tränen an ihm zutrocknen. Eine Welle von Erleichterung ebbte sanft über sie, sodass sie erneut die Kontrolle über ihre Muskeln verlor und hilflos in seine Arme sank. Subaru legt sanft einen Arm unter ihre Kniehöhlen und trug sie zurück zum Sofa auf dass er sich mit ihr setzte. Ihr Kopf fiel automatisch in die Beuge zwischen seiner Schulter und seinem Hals, als wäre sie genau für ihn gemacht worden. Wie ein hilfloses Kind verkrampfte sie ihre Finger in dem Stoff seines Hemds und lies den Tränen freien Lauf.
„Yuzuriha..." schluchzte sie „Ich konnte sie nicht... beschützen und jetzt... ist sie weg..."
Subaru betrachtete mit gerunzelter Stirn das weinende Mädchen in seinen Armen. Er strich ihr sanft über die Stirn um sie zu beruhigen.
„Shh. Nicht reden, das strengt dich zu sehr an." Flüsterte er ihr zu. „Schlaf ein wenig."
Tenshi sah ihn mit müden Augen an und runzelte die Stirn. Sie wollte so gern seinen Worten nachgeben und sich wie schon so oft zuvor in seinem Geruch verlieren. Letztendlich verlor sie den Kampf gegen die Erschöpfung und gab ihrem Verlangen nach sich komplett in seine Arme sinken zu lassen, sodass alles andere um sie herum unwichtig wurde.
Schild: im Sinne von Drachenviereck, aber das klang dumm im Kontext!
