Und als Dank für die Reviews auch schon das sechste Kapitel.
Wir hoffen, dass es euch weiterhin gefällt.
Kapitel 6
Der nächste Morgen kam viel zu schnell. Als der Morgen graute, kühlte der Rauch des erloschenen Feuers aus. Das Gras war feucht vom morgendlichen Tau und in jedem noch so kleinen Wassertropfen brach sich das warme Sonnenlicht. Es würde mit Sicherheit ein wunderschöner Tag werden.
Gellwen war als erste wach geworden. Sie hatte ja „zuhause" immer schlafen können, auch wenn man sie immer um 5 Uhr morgens rausgeschmissen hatte und sie immer hatte hart arbeiten müssen. Sie schlüpfte aus Legolas' Armen und suchte sich in den Satteltaschen was zu essen. Dann fiel ihr Blick auf ein paar Beeren. Die hatte sie gestern vor lauter Aufregung gar nicht gesehen. Sie hatte doch zuhause bei ihren Eltern schon immer gerne Beeren gegessen. Sie ging zu dem Strauch und nahm sich ein paar. Sie schob sie in den Mund. Hm, die schmeckten ja köstlich. Sie nahm sich noch ein paar und stopfte sie alle auf einmal in den Mund. Ihre Lippen und ihre Zunge wurden davon ganz lila. Sie fühlte sich plötzlich sehr, sehr seltsam und begann zu schwanken.
„Lilain!" wisperte sie leise.
Lilain hörte sie aber dennoch, dank ihres mehr als durchschnittlichen Gehörs. Sie sah auf und sprang sofort auf als sie Gellwen sah.
„Maus, was hast du gegessen?"
Gellwen schwankte in ihre Arme. Sie schaffte es nicht mehr auf den Strauch zu zeigen. Sie war so müde. Lilain schüttelte sie. Himmel, konnte denn nicht einmal alles einfach gut gehen?
„Gellwen?" flüsterte sie leicht panisch geworden. „Aufwachen, Mäuschen!"
Legolas wurde davon wach. Er fühlte sich nur unwesentlich besser, war aber auf der Stelle wach, als er die beiden da so sitzen sah.
„Was ist los? Was hat sie?" fragte er und in seiner Stimme klang viel mehr als nur Besorgnis.
Lilain sah ihn leicht verzweifelt an.
„Ich weiß es nicht. Sie stand da!"
Sie zeigte auf den Busch. Legolas folgte ihrem Fingerzeig.
„Da hängen Beeren!" meinte er und ging da hin.
Sein Schädel brummte heftig. Lilain beobachtete ihn. Sie hätte zu gern gewusst, was er dachte, über was er sich gerade Gedanken machte. Aber Gellwen war nun wichtiger. Sie drückte die Kleine an sich, die ganz leblos in ihren Armen hin. Legolas nahm eine der Beeren und betrachtete sie sich. Es war keine ihm bekannte Beere. Er hatte in seinem langen Leben ja schon viel gesehen, aber so was war ihm noch nie untergekommen.
„Die kenn ich nicht!" murmelte er.
Unter anderen Umständen hätte sie vielleicht eine spitze Bemerkung gemacht, aber unter den gegeben machte ihr das nur noch mehr Angst.
„Und was machen wir jetzt?" schrie sie ihn fast hysterisch an.
Erstaunt sah er sie an. Was war denn das für ein Ausbruch? Das schien zu seiner Mauertheorie zu passen und für einen Moment hatte er das Gefühl ein Stück ihres wahren Ichs zu sehen. Aber es war auch ganz schnell wieder weg. Schnell hatte sich Lilain wieder gefasst.
„Wir brauchen einen Arzt" meinte sie dann eher nüchtern und sachlich.
Er nickte nur. Jetzt wusste er, dass sie ihm das nur vorspielte. Aber einordnen konnte er sie deswegen immer noch nicht.
„Ich kenne da jemanden. Los komm!"
Er sattelte das Pferd, steckte alles in die Satteltaschen und schaffte sich in den Sattel. Lilain reichte ihm Gellwen und stieg hinter ihm auf. Er trieb das Pferd an, die kleine Maus fest an sich gedrückt.
„Es wird alles wieder gut, hörst du mich? Es wird alles wieder gut" flüsterte er immer wieder.
Lilain seufzte leise. Er schien sich ja wirklich richtige Sorgen zu machen. War er vielleicht doch nicht so der hormongesteuerte Idiot für den sie ihn hielt? Sie zwang sich dazu nicht daran zu denken. Wo wollte er denn nur hin? Auf jeden Fall lief das Pferd mit seiner nicht geraden leichten Last so schnell wie es nur konnte. Wiesen und Felder flogen nur so an ihnen vorbei. Er gönnte dem Pferd auch kaum eine Pause bis sie ein kleines Dorf erreichten. Galad konnte einfach nicht mehr und sie hatten keine andere Wahl als zu rasten. Legolas bekam langsam Panik. Er hatte Angst, sie würden es nicht mehr rechtzeitig schaffen. Die kleine Maus hing noch immer schlaff und leblos in seinen Armen. Sie hatte sich während des ganzen Rittes noch kein bisschen gerührt. Legolas war den ganzen Ritt mehr als schweigsam gewesen und hatte auf keine einzige Äußerung Lilains reagiert. Irgendwann hatte sie dann einfach nichts mehr gesagt und sie hatte eine ganze Menge Zeit zum Nachdenken gehabt.
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Der Schrecken der Berge erreichte derweil seinen Chef. Der war natürlich alles andere als erfreut als er hörte, dass ihnen ausgerechnet dieses Mädchen entwischt war und es ärgerte ihn noch mehr, dass so ein dämlicher Elb dafür verantwortlich war, dass ihm nun eine ganze Menge Geld entging und was noch viel schlimmer war. Es bestand nun allerhöchste Gefahr, dass ihr Plan aufflog. Das musste unbedingt verhindert werden und er wusste auch schon wie. Er brauchte eine Armee und er kannte jemanden, der ihm die würde besorgen können. Wie gut, dass er einen dieser Steine in seinen Besitz gebracht hatte. Und was noch viel besser war, war dass jedermann glaubte, dass dieser Stein längst vernichtet war. Ein diebisch höhnisches Lachen schallte durch die Hallen seines dunklen Palastes.
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Legolas hatte Glück, denn Galad hielt durch und schaffte es bis Minas Tirith. Legolas stieß einen dankbaren Seufzer aus. Er ritt durch die Ringe der Stadt. Er war froh, dass sie nicht mehr so weit von der Stadt entfernt gewesen waren. Wachen versperrten ihm den Weg. Lilain war nervös und hatte kaum Zeit sich umzusehen, denn sie war ja noch nie hier gewesen, hatte aber schon sehr viel von der Stadt und dem König gehört.
„Ich muss zu König Elessar!" hörte sie Legolas fast schreien und merkte, dass er bereits samt Gellwen abgestiegen war.
Nachdem die Wachen kapiert hatten, wer er war und sich mehr als einmal entschuldigten, eilte er schon an ihnen vorbei in die Burg. Lilain sprang von Galads Rücken und rannte Legolas nach. Sie musste schon staunen, als sie ins Innere des Palastes kam. Es war mehr als wunderschön.
König Elessar kam Legolas entgegen, ein Wache hatte ihn geholt. Lilain blieb etwas abseits stehen, hörte nur, dass Legolas dem König erklärte, was sich zugetragen hatte, der König ihm das Mädchen aus den Armen nahm und mit ihr die Burg verließ. Legolas blieb seufzend stehen wo er stand und strich sich frustriert durch die Haare. Er hätte wachsein sollen. Er hätte aufpassen sollen. Nein, Lilain hätte wachsein sollen. Sie hatte Wache halten sollen. Er drehte sich zu ihr um und sah sie an. Er wollte sie anschreien, sie für das Geschehene verantwortlich machen, doch als er sie ansah, konnte er es nicht tun. Sie hatte sich auf eine Steinbank in dem langen Gang gesetzt und hatte die Hände vors Gesicht geschlagen. Sie sah im selben Moment auf, wie er sie ansah. Sie war blass und er sah, dass ihre Hände zitterten und er hatte das Gefühl nicht die starke Lady vor sich zu haben, die sie zu sein schien. Also doch eine Schutzmauer.
„Wo hat er sie hingebracht?" fragte sie ruhig, ohne zu schreien, obwohl sie das am liebsten getan hätte.
Sie war so wütend, das aber eher auf sich selbst. Wäre sie nicht eingeschlafen, dann hätte sie auf Gellwen aufgepasst.
„Zu den Häusern der Heilung. Aragorn kriegt das schon wieder hin. Er hat die Hände eines Heilers." Meinte Legolas und lehnte sich an die Wand ihr gegenüber.
„Es tut mir leid." Meinte Lilain leise.
Er sah sie lange an, bevor er dazu etwas sagte.
„Es war nicht deine Schuld."
Sie sah ihn an. „Ach nein? Ich hab gepennt, statt Wache zu halten!" schrie sie.
Sie stand auf.
„Meine Schuld, alles meine Schuld!"
Das war mehr als nur ein kleiner Gefühlsausbruch. Legolas sah sie an, unsicher, was er tun sollte. Er hätte sie gerne in den Arm genommen, war aber absolut unsicher, wie sie darauf reagieren würde. Er wollte gerade zu ihr gehen, um es einfach darauf ankommen zu lassen, als eine junge Frau zu ihnen kam und ihnen mitteilte, dass Gellwen auf dem Weg zur Besserung sei und dass der König sie in seinem Büro erwarte.
„Kann ich zu ihr?" fragte Lilain sofort.
„Noch nicht. Sie muss erst ruhen."
Damit ging die junge Frau wieder. Lilain sah Legolas an.
"Komm, gehen wir."
Sie folgte ihm einfach, kaute auf ihrer Lippe rum. Aragorn erwartete die beiden.
„Es geht ihr gut." Beantwortete er die Frage, bevor Legolas oder Lilain sie gestellt hatten.
Er sah die Erleichterung in den beiden Gesichtern. Er lächelte herzlich.
„Darf ich fragen, wer deine Begleiterin ist, Legolas?"
„Oh, natürlich. Das ist Lilain. Lilain, das ist Aragorn."
Lilain nickte, obwohl sie eine böse Spitze in Richtung Legolas auf der Zunge gehabt hatte, ließ es aber in Anbetracht der Situation, versuchte ein Lächeln und sagte brav Hallo und schwieg dann wieder. Aragorn entging nicht die Spannung zwischen Legolas und Lilain. Er sah den Freund an. Er hatte Legolas selten zusammen mit einer Frau gesehen.
„Lilain, Ihr wollt Euch sicher etwas ausruhen und ein Bad nehmen. Frische Kleidung werdet Ihr natürlich auch bekommen."
„Ich möchte zu Gellwen." Meinte Lilain.
Aragorn lächelte.
„Bald. Sie muss sich zuerst ausruhen."
Er rief ein Mädchen, das Lilain lächelnd mitnahm und zu einem Zimmer brachte. So hatte Aragorn nun die Chance mit Legolas zu reden und raus zu finden, was geschehen war.
Lilain wurde ein Bad eingelassen, in das sie auch hineinglitt. Allerdings konnte sie kaum entspannen. Sie fühlte sich so elend. Sie schloss die Augen. Sie hatte das nicht gewollt. Sie schien echt kein Glück im Leben zu haben und immer nur von der einen Misere in die nächste zu schlittern. Sie spürte wie ein paar heiße Tränen über ihre Wangen rannen. Das war alles so unfair. So schrecklich, schrecklich unfair. Und sie fühlte sich gerade schrecklich klein und alleine.
Ende Kapitel 6
