Hier ist sie - die vorletzte Episode :) (Allerdings nicht das vorletzte Kapitel, da es noch ein.... -hust- interessantes Special gibt). Viel Spaß.
Ron saß an einem der Tische des Gryffindor-Gemeinschaftsraumes und starrte gedankenverloren aus dem Fenster. Eigentlich hätte er seinen Aufsatz für Zaubertränke zu Ende schreiben sollen, aber da weder Hermine noch Harry da waren, um ihn anzutreiben, kam er nicht so recht voran.
Er seufzte tief und beobachtete ein paar
Zweitklässler, wie sie draußen herumtollten. Unglaublich,
wie er seine Freunde vermisste. Seit Hermine vor gut zwei Wochen mit
seinem Bruder Fred zusammen gekommen war, war Ron zusehends alleine.
Der Twin schleppte seine Freundin bei jeder Gelegenheit Gott wusste
wohin, um mit ihr allein zu sein und Harry - nunja Harry war ja
vorher schon mehr mit Martha zusammen gewesen als mit ihm und
Hermine. Bei den beiden schien es mehr als gut zu laufen.
Ebenso
bei seiner Schwester Ginny und Draco. Er bekam sie kaum noch zu
Gesicht, da sie sich in jeder freien Minute zu ihrem blonden Freund
verkrümelte. Neuerdings passte der Slytherin sogar schon
verängstigte Gryffindors aus den unteren Jahrgängen ab,
damit sie Ginny sagten, dass er da und da auf sie wartete.
Sicher, er hätte mit George und Lee abhängen können, die sich, nachdem George seinem Freund einen stundenlangen Vortrag darüber gehalten hatte, dass er nie, nie, nie wieder in diesem Raum am hinteren Ende Hogwarts festsitzen wolle, egal aus welchen Gründen, besser denn je verstanden und Filch langsam aber sicher den letzten Nerv raubten, aber....es war irgendwie nicht dasselbe. Erstens war er sowieso nicht allzu erpicht darauf, sich eine Strafarbeit nach der anderen einzuhandeln und zweitens war es nun ohne Fred und Hermine, die eher selten zur Gruppe dazu stießen, auch nicht mehr wie früher.
Es war doch wirklich zum Haare raufen. Entnervt fuhr Ron sich durch das rote Haar, als etwas anderes als seine Gedanken an seine Freunde und Geschwister seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte.
"Hey Ron! Dürfen wir uns zu dir setzen?"
Als der Angesprochene aufsah blickte er in das grinsende Gesicht seines Zimmergenossen Seamus Finnigan, der, beladen mit Büchern, Pergamenten und Federn und flankiert von Dean Thomas und Amber Hays, vor seinem Tisch stand.
"Sonst pflanzt ihr euch doch auch einfach hin, ohne zu fragen," grinste Ron, der sich gerade an die Begebenheit erinnete, bei der die drei den Plan, Harry und Martha in den Drei Besen auszusetzen, durchkreuzt hatten.
"Autsch, da will man mal nett sein und dann so was..." Lachte Dean und ließ sich in den Sessel neben Ron fallen. Amber und Seamus setzten sich ebenfalls.
Seamus lugte zu der Rolle Pergament herüber, die vor Ron auf dem Tisch lag. "Oy, du hast den Aufsatz für Snape noch nicht fertig?"
"Du etwa?" Fragten Ron, Amber und Dean gleichzeitig.
"Ich mache meine Aufsätze immer an dem Tag fertig, an dem wir sie aufkriegen..." Erklärte Seamus, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, sich nach dem Unterricht sofort auf die Bücher zu stürzen.
Ron sah ihn aus zusammengekniffenen Augen an. "Bist du mit Hermine verwandt?"
"Nein." Antwortete Seamus verwirrt.
"Seamus... du bist wirklich ein komischer, irischer Junge."
Mit diesem Kommentar lenkte Amber Rons
Aufmerksamkeit auf sich. Er grinste sie an und sie zwinkerte ihm mit
einem Seitenblick zu Seamus - der in seinen Sessel eingesunken war -
zu. Erst jetzt fiel Ron die unglaubliche Farbe auf, die ihre Augen
hatten: Tiefblau und im Sonnenlicht schimmerten sie sogar leicht
lila... er konnte sich nicht erinnern, jemals zuvor solche Augen
gesehen zu haben. Zusammen mit den weißblonden Haaren, die ihr
Gesicht umrahmten sah sie richtiggehend atemberaubend aus... Whoa, wo
kam denn das jetzt her?
Ron schüttelte diese Gedanken schnell
ab. Wahrscheinlich erste Zeichen von akuter Einsamkeit.
"Dann kannst du uns deinen ja zum Abschreiben geben..." stellte Dean mit einem breiten Grinsen fest. Allerdings schien er nicht damit gerechnet zu haben, dass Seamus doch mehr mit Hermine gemeinsam hatte als angenommen, denn sein Freund funkelte ihn an.
"Vergiss es Dean, nur wer selber arbeitet, lernt was...!" gab er zurück. Fehler, wie sich herausstellte, als Amber erneut den Mund aufmachte.
"Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass man auch durch das bloße Abschreiben von Texten einen Großteil derer behält, da man sich auf sie konzentrieren muss..." Das hatte gesessen. Seamus klappte den Mund auf und wieder zu, dazu fiel ihm offenbar nichts ein. Dean und Ron starrten sie ebenso verblüfft an. Und während Dean schließlich in Gelächter ausbrach und Amber seine Dankbarkeit für diesen Kommentar versicherte, fragte Ron sich ernsthaft, ob dieses Mädchen immer so schlagfertig war...
Letztendlich lief es dann aber doch darauf hinaus, dass Ron, Dean und Amber ihren Aufsatz selbst schrieben - wobei sie sich tatkräftig unterstützten. Seamus hielt ihrer ständigen Fragerei nach einer Weile auch nicht mehr stand und gab mehr oder weniger bereitwillig Informationen zum Thema preis, so dass die anderen drei ziemlich schnell fertig wurden.
Ron, heilfroh, dass er endlich einen Anstoß bekommen hatte, fertig zu werden, rollte gerade seine Pergamentrolle zusammen, als Dean breit grinsend - langsam fragte sich Ron, ob es sich bei diesen Phänomen nicht doch um Gesichtslähmung handelte - einen Kartenstapel zückte. "Wie schauts, Lust auf eine Runde 'Exploding Snap' zur Entspannung?"
Wie
immer wollten alle nur zu gerne das explosive Kartenspiel spielen und
so verging etwa eine Stunde, in der Dean eine halbe Augenbraue
einbüßte und Seamus nur knapp dem Feuertod entkam.
Gerade
als sie eine neue Runde beginnen wollten, stieß Amber einen
erschreckten Schrei aus und starrte auf ihre Armbanduhr.
"Was ist denn mit dir los?" Fragte Dean, als die Blondine wie von einer Hornisse gestochen aufsprang.
"Ich wollte mich schon vor zehn Minuten mit Markus treffen! Verdammt, das ist das dritte Mal diese Woche, dass ich zu spät bin!" Nachdem sie einmal kräftig auf den Tisch geschlagen hatte, um ihrer Wut auf sich selbst Ausdruck zu verleihen, stürmte sie aus dem Gemeinschaftsraum und rannte dabei gleich zwei Erstklässler um.
"Markus?" Fragte Ron verwirrt.
"Markus Jones." Erklärte Seamus, während er seine Karten vorsichtig beäugte. "Sechstklässler aus Ravenclaw. Sie sind seit fast zehn Monaten zusammen, noch nicht gewusst?"
"Oh..." War alles, was Ron herausbrachte.
Amber sauste aus dem Schloss
heraus und rannte auf den See zu. Da stand er, neben einer Weide. Die
Arme vor der Brust verschränkt.
Als sie näher kam,
bemerkte er ihr Auftauchen und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen
an. In seinen dunkelgrünen Augen lag ein kleiner Tadel, da sie
ihn schon wieder hatte warten lassen.
"Tut mir leid, wir haben Exploding Snap gespielt und als Seamus sich angezündet hat, musste ich so lachen... da ist mir wohl alles andere aus dem Kopf gerauscht." Sie blieb vor ihm stehen und sah mit Hündchenblick zu ihm auf. "Sei nicht böse."
Da schlich sich ein kleines Lächeln auf seine vollen Lippen. "Ist schon OK."
Sie lachte, froh, dass sie nicht wie beim letzten Mal eine Predigt zu hören bekam und zog ihn an den Schultern zu sich herunter. Sie gab ihm einen kurzen Kuss und zerzauste dann seine schwarzen Haare; sie wusste, dass sie ihn damit immer dran kriegte.
Natürlich auch dieses Mal. Markus schlang seine muskulösen Arme um sie - auch wenn er 'nur' als Jäger für Ravenclaw spielte, so hatte er doch durchaus Kraft in den Armen - damit sie ihm nicht mehr entkommen konnte und beugte sich herunter, um Amber etwas mehr als nur einen so kurzen Kuss abzugewinnen.
Während die beiden unten am See den Rest des Abends gemeinsam verbrachten, spielten die drei anderen - nachdem Seamus sich wieder traute - weiter Exploding Snap. Wobei Ron sich dabei ertappte, wie er über Amber nachdachte. Doch grade, als er sich fragte, warum überhaupt, stießen seine Brüder, Harry, Lee, Hermine und Ginny, die sich wohl von Draco hatte loseisen können, zur Gruppe dazu und erweiterten die Spielrunde. In dem allgemeinen Gelächter, dass die Zwillinge und der Kommentator immer mit sich brachten, schob er den Gedanken an das blonde Mädchen rasch beiseite.
Nichts desto trotz kam er aber nicht umhin, ihr am nächsten Tag wieder zu begegnen, als sie alle vor Professor McGonagalls Klassenraum darauf warteten, dass ihre erste Stunde anfing. Ron stand bei Dean und Seamus und sprach gerade mit ihnen über das turbulente Spiel vom Vorabend, als eine strahlende Amber zu ihnen dazustieß.
"Morgen!" rief sie vergnügt in die kleine Runde, da sie sich beim Frühstück noch nicht begrüßt hatten, weil die Jungs ein ganzes Stück weit weg von Amber gesessen hatten.
"Morgen Amber - na, schon wieder Gute Laune zum Frühstück gegessen?" Dean grinste breit und auch die anderen beiden begrüßten Amber.
"Jain..." Sie grinste. "Ich hab nur..."
Weiter kam sie nicht mit Erklären,
da sie einen überraschten Laut ausstieß, als sich von
hinten zwei Arme um sie schlungen und an sich zogen.
Markus,
seinerseits mit seinen Freunden auf dem Weg zum eigenen Unterricht,
war vorbei gekommen und hatte es sich nicht nehmen lassen, einen
Abstecher zu seiner Freundin zu machen.
Jetzt grinste er Dean,
Seamus und Ron breit an, wobei er seine strahlend weißen Zähne
entblößte. "Moin!"
"Morgen Markus!"
Dean hob die Hand zum Gruß. Seamus schnitt eine Grimasse.
"Morgen - irgendwann bekommt sie nochmal einen Herzkasper wegen
dir, Markus!" Er deutete auf Amber, der die Röte in die
Wangen geschossen war und die scheinbar wirklich ob dieser 'Attacke'
erschrocken war.
"Herzklopfen meinst du wohl?"
Markus gab seiner Freundin einen Kuss auf die Wange und wandte sich
dann überraschender Weise an Ron, der bisher stumm geblieben
war.
"Hey Ron! Na, schon bereit, sich beim Spiel eine
ordentliche Abreibung zu holen?"
Markus spielte auf das bevorstehende Spiel zwischen Ravenclaw und Gryffindor an. Er und Ron kannten sich natürlich, da sie als Jäger und Hüter des Öfteren während eines Spieles aufeinandertrafen. Und zu Rons großem Leidwesen war Markus ein verdammt guter Jäger. Seine Bälle zu halten war scheinbar schier unmöglich...
Ron merkte, wie er vor Verlegenheit leicht rot wurde - er machte sich immerhin nichts vor und wusste, dass er allenfalls ein mittelmäßiger Hüter war, längst nicht so gut wie Oliver Wood - aber ehe er sich eine Antwort zusammen stammeln konnte, sprangen Dean und Amber gemeinsam in die Bresche.
"Ha! Von wegen, wir werden euch die Abreibung verpassen! Zieh dich also schonmal warm an, Markus!" trumpfte Dean auf und Amber stieß ihren Freund leicht in die Rippen. "Genau! Gegen die Löwen habt ihr Krähen keine Chance..." Sie legte den Kopf zurück und grinste frech zu dem Ravenclaw auf, der einen gespielt geknickten Blick aufgesetzt hatte.
"Wie gemein
von euch...." beschwerte er sich im Kleinkinder-Nöhlton und
zog eine Schnute. Amber, Seamus und Dean lachten.
"Jaja, du
bekommst später deinen Lolli...Jetzt geh lieber, sonst kommst du
zu spät zum Unterricht..." scheuchte das blonde Mädchen
den jungen Zauberer schließlich wieder von dannen, gerade als
Professor McGonagall um die Ecke bog und sie nun alle in ihren
eigenen Unterricht gingen.
"Ron...
ich wollte mal mit dir reden."
Harry trat an den Tisch im
Gemeinschaftsraum, an dem sein bester Freund mit Seamus und Dean über
seinen Büchern hockte.
Der Rotschopf sah auf. "Klar, worum geht's?"
Harry öffnete gerade den Mund, um ihm zu sagen, dass sie vielleicht besser unter vier Augen reden sollten, als er praktisch umgerannt wurde und mit einem Lauten Krachen gegen einen Holztisch fiel, der neben ihm stand.
Ginny sah sich kurz nach ihm um, rannte aber weiter. "Entschuldige, Harry!" Weg war sie.
"Wo will die denn hin? Brennt es in den Mädchenzimmern?" Fragte Dean mit hochgezogenen Augenbrauen.
Harry rappelte sich wieder auf und rieb sich die Seite. "Ginny ist wirklich absolut... umwerfend." Stöhnte er mit schmerzverzogenen Gesicht.
Ron sah Harry mitleidig an. "Kleiner Wirbelsturm eben."
Ehe Harry etwas erwidern konnte, wurde er erneut von den Beinen gerissen und krachte wieder auf den Tisch.
"Entschuldigung Harry!" Riefen
Hermine und Fred, während sie ebenfalls aus dem
Gemeinschaftsraum sprinteten.
Bevor sich das Portraitloch wieder
schloss, konnte Freds Stimme erneut vernommen werden.
"Ginny!
Du gehst da nicht rein! Ich bin dein großer Bruder, ich
verbiete es! Außerdem wollten wir.... BLEIB STEHEN!"
Ginny
bog um die letzte Ecke. Gleich hätte sie es geschafft. Draco
stand bereits an der Stelle, an der der Raum der Wünsche immer
dann auftauchte, wenn man ihn brauchte.
Der Raum war
ihrer!
"Schnell, los!" Ginny rannte an ihm vorbei und
drehte wieder um, nur um kurz darauf erneut die Richtung zu wechseln.
"Drei Mal, richtig? Los, lauf mit, verdammt!"
Draco
starrte seine Freundin an, als sei sie verrückt geworden. Sie
erinnerte ihn an ein Huhn, dem gerade der Kopf abgeschlagen wurde.
Rannten und zapptelten die nach ihrem Tod nicht auch so herum?
Bevor
er fragen konnte, was los war, hörte er ein lautes Poltern und
im nächsten Moment waren Fred und Hermine bei ihnen. Fred packte
seine Schwester um die Taille und hob sie hoch.
"Ich habe dir doch gesagt, du gehst da nicht rein!"
Ginny zappelte mit den Beinen in der Luft herum "Hermine! Ich hasse dich! Warum hast du's ihm erzählt?!"
"Du wusstest genau, dass wir heute reinwollten! Außerdem sollte Fred schon Bescheid wissen, wenn seine kleine Schwester... SO etwas vorhat!"
"Du darfst also mit Fred Sex haben, aber ich nicht mit Draco?" Schrie Ginny aufgebracht und versuchte, sich von ihrem Bruder loszureißen und wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen.
Hermine hatte eigentlich erklären wollen, dass sie sicherlich nicht Sex haben würden, wenn sie in dem Raum waren, doch ihr Freund kam ihr zuvor.
"Sie
ist ein Jahr älter als du! Und das ist außerdem was ganz
anderes!" Ginny immer noch mit einem Arm in der Luft haltend
wandte Fred sich an Draco.
"Du wolltest meine Schwester
entehren! Komm her! Dich mach ich auch mit nur einem Arm
fertig!"
"Hast du Drogen genommen, Weasley?" Fragte Draco, ruhiger als er war.
Fred fuchtelte wütend mit seinen Armen in der Luft herum - wobei er Ginny kräftig durchschüttelte. Er schien gar nicht zu bemerken, dass da noch jemand an seinem Arm hing. "Werd nicht frech! Ich dachte dir liegt was an Ginny, wie kannst du auch nur auf die Idee kommen, sie anzufassen?!"
Der Slytherin hob die Schultern. "Na ja... Darf ich daraus schließen, dass dir nichts an Granger liegt?"
Hermine schnaufte. Das lief alles anders als geplant. Sie hätte schon längst mit Fred in dem Zimmer sein müssen - ungestört. Statt dessen stand er hier mit dem Rücken zu ihr, fügte Ginny ein Schleudertrauma zu und stritt mit Malfoy. Während sie überlegte, wie sie die Situation entschärfen könnte, hörte sie nicht, wie sich noch jemand zu ihnen gesellte.
"Hey, Mine...."
Hermine gefror das Blut in den Adern. Diese Stimme... dieses "Mine"... Oh, bitte nicht. Langsam und mit blanken Horror in dem Augen drehte sie sich um und sah sich ihrem größten Alptraum gegenüber: Regis Philbin.
"Was willst du?" Fragte sie mit piepsiger Stimme. Bei dem Schleimbolzen konnte man nie wissen, was er als nächstes tat; das machte sie ziemlich nervös. Wenn sie sich nur an seine plumpe Anmache in der Großen Halle erinnerte.... Uargh.
"Ich habe gehört, du bist jetzt mit ihm zusammen." Regis zeigte auf den Rücken von Fred - er war immer noch damit beschäftigt, Draco anzubrüllen.
"Richtig gehört." Hermine nickte. "Also lass mich bitte in Ruhe, wir müssen hier jetzt was klären..." Sie wollte sich wieder wegdrehen und zu Fred treten, doch Regis packte sie um die Hüfte.
"Die sind doch beschäftigt... wie wär's, wenn wir uns in den Raum der Wünsche verziehen?" Er zog sie näher an sich heran.
"Lass mich los!" Hermine versuchte, ihn wegzuschupsen, war allerdings nicht sehr erfolgreich. Da hörte sie hinter sich ein Plummsen und Ginny aufstöhnen. Anscheinend hatte Fred sie fallen gelassen. Im nächsten Moment packte sie jemand bei den Schultern, Fred wie sie hoffte, und zog sie zu sich.
"Hau ab Philbin, oder ich schmeiße dir diesmal
nicht nur einen Saftbecher an den Kopf!"
Definitiv Fred.
Dieses Gebrüll würde sie aus hunderten herauserkennen...
nachdem sie eben schon zu genüge diesem süßen Klang
hatte lauschen dürfen.
"Du wusstest, dass ich in sie verliebt bin! Ich hab es dir auf dem Astronomieturm gesagt!" Regis versuchte, nach Hermine zu greifen - sie fühlte sich langsam wie ein Bauklotz oder so - doch Fred zog sie aus seiner Reichweite und hob sie nun so hoch, wie Ginny zuvor.
"Hau ab, sonst setzt es Prügel!"
Klack
Klack?
Klack?!
Fred drehte sich panisch in die Richtung, wo eben noch Draco gestanden hatte. Sie waren weg... Ginny und Draco hatten die Ablenkung genutzt und waren im Raum der Wünsche!
"VERDAMMT!"
"Alles
okay..?" Ron war im Gemeinschaftsraum dabei, seinem Freund Harry
wieder auf die Beine zu helfen. Dieser schüttelte zuerst den
Kopf, allerdings nur, weil er wieder klar werden wollte nach dieser
neuerlichen Attacke, dann nickte er.
"Jaaa...alles noch
dran..." Er sah mit hochgezogenen Augenbrauen zum Portraitloch,
durch das Fred und Hermine soeben Ginny gefolgt waren.
"Was
zum Geier ist denn in die gefahren?"
"Vielleicht brennt es bei uns ja auch..." merkte Seamus trocken an.
"Also, über was willst du reden?" fragte Ron fünf Minuten später, als er mit Harry in ihrem Zimmer stand, nachdem dieser ihn kurz von Dean und Seamus 'entführt' hatte.
Harry
zögerte noch kurz, legte dann aber los. Immerhin hatte er Ron
extra hierher geschleift.
"Ich wollte fragen, ob
dich...irgendwas beschäftigt? Martha ist aufgefallen, dass du
seit gestern so komisch drauf bist - stimmt was nicht?"
Der Rotschopf sah seinen besten Freund überrascht an. Wie? Was? Wo?
"Was soll denn nicht stimmen?" Verwirrt ließ er sich auf sein Bett sinken. Harry folgte seinem Beispiel und ließ sich auch nieder.
"Naja...sie meint, du kommst ihr so schweigsam und nachdenklich vor und wenn ich so drüber nachdenke, dass fällt mir das auch auf. Du hast heute kaum ein Wort gesprochen und starrst ständig vor dich hin...Liegt das an uns?"
Harry spielte darauf an, dass er, seit er mit Martha zusammen war, deutlich weniger Zeit mit seinem besten Freund und Hermine verbracht hatte, und nun, da Hermine durch Fred auch weitgehend wegfiel...
Ron blinzelte. Dann grinste er. "Quatsch Mann, das liegt nicht an euch! Ich habe wohl einfach schlecht geschlafen die Nacht und Snape hat heute ja auch nicht unbedingt aufgeheitert...Ich hab nichts, alles Bestens..." sagte er.
Harry schwieg kurz, erhob sich dann aber grinsend. "Okay, dann sind wir ja beruhigt!" Damit machte er sich wieder auf den Weg nach unten und zurück zu seiner Freundin. Auch Ron ging wieder in den Gemeinschaftsraum. Allerdings war er irgendwie weniger erleichtert. Denn es hatte sehr wohl einen anderen Grund, dass er so grüblerisch war...
„Neues Spiel, neues Glück! Wir haben uns heute hier versammelt, um abermals Zeuge einer vernichtenden Niederlage Ravenclaws zu werden!"
„Mister Jordan..."
„Entschuldigen Sie, Professor. Also, hier sind sie, unsere Lööööwen: Spinnet, Bell, Johnson, Weasley, Weasley und mal was ganz anderes: Weasley! Und natürlich unser Star! Unser Erlöser! Der Rächer: Harry Potter! - Auf sie treffen heute Jones, Quinn, Combs, Erban, Hall, Doyle und Doe! Madam Hooch steht bereit, Johnson und Hall schütteln Patschehändchen, Klatscher befreit, Schnatz wie üblich weg, Quaffel in der Luft und los geht's! - Jones schnappt sich den roten Ball - gibt ab an Quinn, zurück zu Jones, Jones auf dem Weg zu den Ringen! Weasley macht sich bereit, zu halten... Oh je. Jones wirft und zehn Punkte für Ravenclaw! Macht nichts, Ron, tschakka! Ball in Besitz von Spinnet, wird abgefangen von Combs, gibt ab an Jones und... Tor! 20 zu 0 für Ravenclaw! Das kann man noch aufholen!..."
„... Wir spielen seit einer halben Stunde - es steht 130 zu 50 für Ravenclaw - kann man seine Wetten noch umbuchen? Oh, aufregende Wendung im Spiel: Jones im Ballbesitz, auf dem Weg zu den Ringen, weicht einem Klatscher aus und... Bye."
„Mister Jordan!"
Lee wank McGonagall ein letztes Mal zu, ehe er sein magisches Megaphon wegschleuderte - eindeutig in Rons Richtung. Dieser sah das Metall in letzter Minute auf sich zukommen und fing es ab, ehe es ihn am Kopf treffen konnte.
„Ja! DAS fängst du jetzt!" Schrie Lee und stampfte die Tribünentreppe runter. „Ich kündige!"
Noch eine halbe Stunde später -
Lee hatte inzwischen sein Amt als Kommentator widerwillig wieder
aufgenommen - gelang es Harry endlich, den kleinen goldenen Schnatz
in die Finger zu bekommen und das grausame Spiel zu beenden.
Nichts
desto Trotz stand es im Endergebnis 320 zu 210 für Ravenclaw.
Während die in ihre blauen Umhänge gehüllten Schüler
des Siegeshauses johlten und jubelten - und dabei teilweise sogar von
Slytherins unterstützt wurden, hielten sich die Gryffindors arg
zurück. Eine solche Niederlage hatten sie schon lange nicht mehr
einstecken müssen. Dean war besonders geknickt - immerhin hatte
er Ravenclaws Sucher Markus Jones noch groß angekündigt,
dass die Löwen den Raben eine ordentliche Abreibung verpassen
würden. Während er mit Amber und Seamus die Tribünentreppe
hinunterstieg, sprach er das aus, was wohl zahlreiche ihrer
Mitschüler in diesem Moment dachten: „ Hätte Ron doch nur
ein paar der Bälle gehalten...."
„Habt ihr Ron gesehen?" Harry stand vor Fred, Hermine, George und Lee und sah sie fragend an. Fred, der seine Arme um Hermine auf seinem Schoß gelegt hatte, zuckte die Schultern. „Also ich nicht..." Auch sein Zwilling, Lee und Hermine verneinten. „Wieso, was ist denn?" fragte der Kommentator Harry.
„ Ich mache mir nur Sorgen....seit er nach dem Spiel so schnell aus der Umkleide heraus ist, habe ich ihn nicht mehr gesehen und das ist inzwischen gut zwei Stunden her..."
„Und in eurem Zimmer ist er nicht?" George runzelte die Stirn.
„Nein, Harry hat schon nachgesehen..." schaltete sich nun Martha in das Gespräch ein, die eben dazu kam.
„Vielleicht in der Eulerei?" Seamus war mit Amber und Dean bei den anderen aufgetaucht und konnte sich denken, worum es ging. Die drei hatten soeben auch nach Ron fragen wollen, weil ebenso wie einigen anderen ebenfalls aufgefallen war, dass der Hüter der Gryffindors seit Spielende vom Erdboden verschluckt schien.
Martha hob die Hand, wie um sich zu melden, und schüttelte den Kopf. „Da komme ich gerade her und außer den Eulen und ihrem Mist ist da niemand..."
Fred und George sahen sich an. „Letzter Raum?" - So bezeichnete die kleine Runde inzwischen den Raum, der im letzten Winkel von Hogwarts lag und in dem man immer zuletzt nach etwas suchte.
Harry hob die Schultern. „Meint ihr?"
„Warum sollte sich Ron dahin verkriechen??" fragte Hermine und ignorierte dabei die fragenden Blicke von Dean, Seamus und Amber.
„Vielleicht weil er mit seiner lausigen Haltetechnik an unserer Niederlage Schuld ist?" fragte Lee trocken zurück und ging gleich darauf in Deckung vor den bösen Blicken der anderen.
„Das ist wirklich gemein so etwas zu sagen - er hat doch sein Bestes gegeben..." meinte Amber und legte den Kopf schief. „Wollen wir ihn nicht lieber suchen?"
Die anderen nickten nacheinander und George, Lee,
Fred und Hermine standen aus ihren Sesseln auf.
„Wir sehen im
letzten Raum nach..." sagte George und verschwand mit Lee durch das
Portraitloch nach draußen.
„Ich sehe in der Bibliothek nach." sagte Hermine. Sie konnte sich zwar nicht vorstellen, dass Ron sich ausgerechnet in einen Raum voller Bücher verkrümeln sollte, aber vielleicht rechnete er ja genau damit, dass ihn dort niemand vermuten würde.
„Wir sehen mal bei Hagrid nach...." sagte Harry und zog Martha mit sich ebenfalls nach draußen, dicht gefolgt von Hermine.
„Dann nehmen wir uns wohl mal die Klassenräume vor?" Fred sah die verbliebenen Drei fragend an und als diese nickten, folgten sie den anderen durch das Portraitloch und verteilten sich dann in den Gängen von Hogwarts.
„Ron, da bist du ja!" Amber war soeben die unzähligen Stufen auf den Astronomieturm hinaufgestiegen und da war er endlich - Ron saß, die Arme um die angezogenen Knie gelegt, mitten auf dem Turm und starrte hinauf in den sternenklaren Himmel. Er sah sich nicht einmal um, aber sein Atem formte sich in der kalten Luft - der Winter stand unübersehbar vor der Tür - für sie gut sichtbar zu einer kleinen weißen Wolke, als er ihr antwortete. „Verschwinde...."
Einen Moment lang stand das blonde Mädchen einfach nur verblüfft da. Sie hatte Ron noch nie so abweisend erlebt. Er schien wirklich nicht gut drauf zu sein. Aber statt zu verschwinden, ging sie schließlich zu ihn hin und ließ sich neben ihm nieder.
„Die anderen suchen dich überall..."
Ron zuckte die Schultern. „Sollen sie."
Amber sah ihn nachdenklich an und entschied, dass es wohl am besten war, nicht lange um den heißen Brei herumzureden. „Du musst dir keine Vorwürfe machen. Du spielst noch nicht so lang und keiner aus der Mannschaft nimmt es dir übel."
Er lachte trocken. „Ja, weil sie schon nichts anderes von mir erwarten."
„Wir haben immer noch Chancen auf den Pokal. Es bringt nichts, wenn du jetzt Trübsal bläst."
Ron drehte den Kopf und sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Man sollte meinen, du freust dich, dass Ravenclaw gewonnen hat. Markus hat eine gute Figur gemacht."
Amber runzelte die Stirn. Hatte sie da gerade
einen bitteren Unterton in seiner Stimme gehört, als er ihren
Freund erwähnte? Nein, das konnte nicht sein.
Sie grinste ihn
schief an. „Ich bin eine Gryffindor. Natürlich will ich den
Pokal in unseren Händen sehen. Kein Junge könnte mich so
weit bringen, dass ich mir wünsche, sein Haus würde
gewinnen."
Er wusste zwar nicht warum, aber er verspürte
tiefe Befriedigung bei ihrer Antwort. Sie schien ihn nicht für
einen Versager zu halten - immerhin würde sie sonst wohl nicht
hier sitzen und versuchen, ihn aufzuheitern - und obwohl sie mit
Markus zusammen war, wollte sie nicht, dass Ravenclaw gewann.
Irgendwie konnte er nicht anders, als wieder etwas fröhlicher zu
werden. In dem Moment in dem seine Selbstvorwürfe sich
verflüchtigten, merkte er auch, wie kalt es hier oben auf dem
Turm war und das sie leicht zitterte.
„Willst du wieder in den
Gemeinschaftsraum gehen? Dir ist doch bestimmt kalt."
„Nein, ich möchte noch etwas hier sitzen bleiben. Es ist irgendwie schön hier oben, wenn man nicht grad von einem Lehrer dazu genötigt wird, die Laufbahn von Mars zu verfolgen."
„Stimmt." Er richtete seinen Blick wieder auf die Sterne und nach kurzem Zögern tat er etwas, was beide überraschte: Er legte einen Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich.
Amber verdrängte das Gefühl, dass das hier nicht richtig war - immerhin waren sie und Ron nur Freunde. Dean oder Seamus umarmte sie auch ab und zu und es war absolut nichts Verwerfliches daran... Nur das hier fühlte sich irgendwie anders an. Sie schüttelte fast unmerklich den Kopf und kuschelte sich an ihn. Sie waren einfach nur zwei Freunde, die sich die Sterne ansahen. Mehr nicht.
„Habt ihr die Niederlage schon weggesteckt?"
Am nächsten Tag hatte Markus erneut Halt vor dem Klassenzimmer gemacht, in dem seine Freundin als nächstes Unterricht haben würde und funkelte Dean und Seamus belustigt an.
Dean schnaufte. „Werd nicht zu übermütig, Jones. Auch ein blindes Huhn findet mal ein Korn, das heißt aber noch lange nicht, dass es das Zeug zum Weltmeister hat."
Markus lachte. „Gute Antwort, aber vielleicht wird es Zeit, dass mal wieder jemand anderes die Führung hier übernimmt?"
Amber, die neben ihrem Freund stand, seufzte leise. Sie war zwar gerne mit Markus zusammen, aber sein Konkurrenzverhalten ging ihr manchmal schon auf die Nerven und jetzt, wo Ravenclaw gesiegt hatte, würde sie sich in den nächsten Wochen wahrscheinlich nichts anderes mehr anhören dürfen, als die glorreiche Siegesgeschichte seines Hauses.
„Es gibt da bei den Muggeln ein nettes Sprichwort," bemerkte Seamus. „Hochmut kommt vor dem Fall, das solltest du dir mal durch den Kopf gehen lassen, Markus."
Markus legte sich eine Hand auf die Brust. „Treffer versenkt. Autsch." Dann lachte er wieder. „Als Wood noch hier war wäre es uns wohl nicht so leicht gefallen."
„Hör schon auf," zischte Amber und warf Ron, der etwas abseits mit seinen Freunden stand, einen nervösen Blick zu. Wenn er Markus jetzt hörte, würde er sich sicher nur wieder Vorwürfe machen.
Markus sah seine Freundin fragend an, zuckte jedoch bald darauf die Schulten und verabschiedete sich mit einem schnellen Kuss von ihr, ehe er in Richtung Verließe davon ging.
Zwei Wochen später hatte sich die ganze Aufregung um das vergangene Spiel dann glücklicherweise wieder gelegt. Nicht nur, weil ein Hogsmeade-Wochenende vor der Tür stand, sondern auch, weil Weihnachten und damit die Ferien immer näher rückten.
Nach einer Stunde in Pflege magischer Geschöpfe bei Hagrid halfen Ron und Amber diesem noch beim wieder einsperren der Krinkelbüchser. Als der stämmige Wildhüter dann allerdings zu Professor Dumbledore zitiert wurde, blieb die Arbeit unerwartet an ihnen beiden allein hängen.
Ron schnaufte mühsam, als er versuchte, das letzte, besonders kräftige Exemplar der Krinkelbüchser wieder in seinen vorgesehenen Käfig zu schieben. Amber die, gerade den Vorletzten 'verstaut' hatte, kam ihm zu Hilfe.
„Warte, ich helfe dir..." sagte sie und fasste den vorderen Teil des kleinen Ungetüms, der Ron bereits wieder entglitten war. Allerdings war der kleine Teufel wehrhafter als angenommen. Binnen Sekundenbruchteilen hatte sich das Vieh auch aus ihrem Griff gewunden und schnappte zu - mit Erfolg. Amber stieß einen kleinen Schrei aus und ließ los, als der Krinkelbüchser zubiss. Ron fluchte wie ein Bauarbeiter und bugsierte das Tier mit einem kräftigen Stoß endlich in den Käfig. Das stämmige Kerlchen jaulte herzzerreißend auf, als es sich die empfindliche Nase stieß, aber Ron gab nichts mehr darauf - was zickte es auch so herum?
Amber hielt indes ihre rechte Hand an ihren Umhang gedrückt und beschimpfte das Tierchen äußerst wüst - Ron fragte sich ernsthaft, wer zum Henker ihr nur diese Ausdrücke beigebracht hatte.
„Zeig mal her..." Er trat näher zu ihr und nahm ihre Hand. Zuerst zögerte das blonde Mädchen, dann aber ließ es zu, dass Ron ihre Hand zu sich zog und sie näher betrachtete.
„Sieht böse aus..." murmelte er. Der Krinkelbüchser war nicht gerade zimperlich gewesen und hatte Amber zweifelsohne gut erwischt.
„Das muss raus...." fügte der Rotschopf dann hinzu und Amber schnappte überrascht nach Luft, als ihr Gegenüber ihre schmale Hand an seine Lippen zog und begann, die kleine Wunde auszusaugen, damit der Speichel des Krinkelbüschsers nicht zu der übel juckenden, schmerzenden Schwellung führen konnte, die er gemeinhin verursachte.
Amber spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss. Was machte Ron denn da?! Sicher, sie wusste, was er tat und auch, warum, aber sie war doch durchaus noch in der Lage, so etwas selbst zu tun. Immerhin lag sie nicht im Sterben! Und außerdem...fühlte sich diese ganze Situation hier so komisch an. Ähnlich wie auf dem Astronomieturm zwei Wochen zuvor hatte sie das Gefühl, dass hier irgendetwas anders war als 'nur' zwischen Freunden. Wurde sie jetzt etwa verrückt und begann, unter Wahnvorstellungen zu leiden?
Ron indes löste seine Lippen wieder von Ambers Hand und spuckte neben sich auf den Boden aus. Als er aufsah und sein Blick auf die kornblumenblauen Augen von Amber traf, wurde ihm erst wirklich bewusst, was er gerade getan hatte. Sein Gesicht nahm prompt die Farbe seiner Haare an und er wandte sich rasch wieder den Krinkelbüchser-Kisten zu.
„Du
solltest gleich zu Madam Pomfrey gehen...." murmelte er etwas
undeutlich und vermied es, die ebenfalls rote Amber anzusehen.
Diese
stand noch einen Augenblick lang wie erstarrt da, ehe sie nickte und
mit einem hastigen 'Ja' den Weg hinauf zum Schloss lief.
„Was hast du?" Markus saß nach dem Abendessen mit seiner Freundin im Raum der Wünsche und strich über den Verband, den Madam Pomfrey ihr nach dem Reinigen der Wunde um die verletzte Hand gewickelt hatte.
„Hm?" Amber schreckte leicht aus ihren Gedanken hoch und legte den Kopf leicht in den Nacken, um zu ihrem hinter ihr sitzenden Freund aufsehen zu können.
„Was du hast..." wiederholte dieser und strich ihr eine ihrer weißblonden Haarsträhnen zurück hinter das rechte Ohr. „Du wirkst so abwesend..."
„Oh....nichts...gar nichts, was sollte schon sein?" Amber rutschte ein Stück zurecht und gab Markus einen Kuss. Der Jäger erwiderte mit Freuden, löste ihn dann aber alsbald wieder und blickte sie streng an. „Wirklich nichts?"
„Wirklich..." - Nun, wahrhaft überzeugt war er nicht, aber als sie ihn erneut küsste entschied Markus, dass es ihm, zumindest im Moment, doch egal war, ob und was da war, dass seine Freundin beschäftigte. Im Hier und Jetzt gab es gerade wichtigere Dinge....
Einige Tage später zeigte sich im Gemeinschaftsraum ein inzwischen recht ungewohntes Bild: Hermine, Harry und Ron saßen alleine in den Sesseln am Kamin. Die anderen waren alle Gott weiß wo und stellten Gott weiß was an, also hatten die Drei die Gelegenheit genutzt, wieder das alte Gruppengefühl aufkommen zu lassen.
„Kannst du mir mal bitte das Buch da geben, Ron?" Hermine besserte einige Stellen in ihrem Aufsatz für Professor Sinistra aus und streckte ihre linke Hand aus, um das Buch entgegen zu nehmen. Als jedoch nichts kam, sah sie auf. „Ron... das Buch."
Rons Blick, der vorher auf das prasselnde Kaminfeuer gerichtet war, zuckte zu Hermine. „Oh ja, 'Tschuldigung." Er griff nach dem Buch und reichte es ihr.
Hermine sah ihn mit gerunzelter Stirn an. „Geht es dir nicht gut? Du bist irgendwie so komisch. Doch nicht etwa immer noch wegen des Spiels, oder? Wie oft sollen wir dir noch sagen, dass du dir nicht den Kopf darüber zerbrechen sollst?"
Er winkte ab. „Alles bestens."
„Den Eindruck habe ich nicht." Sagte Harry. „Und jetzt sag nicht, dass du wieder nur müde bist."
Ron verdrehte die Augen. „Ihr seht Gespenster."
Hermine legte ihre Feder nieder und verschränkte die Arme vor der Brust. „Das denke ich nicht. Wir sind jetzt schon seit fünf Jahren befreundet, da sollte man meinen, wir merken, wenn etwas mit dir nicht stimmt."
Harry nickte und sah seinen besten Freund eindringlich an. „Du kannst mit uns reden, wenn etwas nicht in Ordnung ist, das weißt du, oder? Ich weiss, das wir in den letzten Wochen nicht so viel Zeit miteinander verbracht haben, aber das heißt nicht, dass wir uns nicht um dich Sorgen."
Ron schüttelte den Kopf. „Es ist nichts."
„Weißt du, was ich denke?" Fragte Hermine und warf Harry einen bedeutungsvollen Blick zu. „Es geht um Amber."
Ron stutzte. „Was? Nein! Ich... Nein! Wie kommst du darauf?!"
Hermine lachte leise. „Man muss schon blind sein, um das nicht zu bemerken."
„Na ja, du benimmst dich schon irgendwie seltsam, wenn sie in der Nähe ist. Besonders, wenn auch noch Jones dabei steht..." Bemerkte Harry.
Ron seufzte. „Da ist nichts."
„Wenn du nicht darüber reden willst, auch gut." Schnappte Hermine und nahm ihre Feder wieder zur Hand. „Aber lüg uns nicht an." Mit einem letzten, warnenden Blick zu Ron wandte sie sich wieder ihrem Aufsatz zu. „Vielleicht hast du ja aber Glück und wenigstens Markus glaubt, dass da nichts ist, denn früher oder später wird er es auch mitkriegen und falls du es noch nicht bemerkt hast: Er ist größer als du."
Ron sah sie giftig an. „Danke für den Hinweis." Dann sprang er auf und stürmte die Treppe zu den Schlafsälen hoch.
Die nächsten Tage verbrachte er damit, über das, was Hermine gesagt hatte, nachzugrübeln. War es denn wirklich so, dass man glauben konnte, zwischen ihm und Amber sei etwas? So ein Quatsch - sie waren halt befreundet. Ganz normal, so wie er mit Dean und Seamus eben auch befreundet war - mit dem Unterschied natürlich, dass Amber zweifelsfrei ein Mädchen war.
Und ein verdammt hübsches dazu. Während Ron grübelte, hing sein Blick fortwährend an ihren weißblonden Haaren, ihren kornblumenblauen Augen und den geschwungenen Lippen. Bis ihm schließlich selber auffiel, wie er sie anstarrte.
"Sag mal, hast du dich mit Ron gestritten?" Dean saß mit Amber am Kaminfeuer und spielte mit ein paar Exploding Snap Karten, während sie auf Seamus warteten, der noch ein paar Mitspieler organisieren wollte.
Amber zog die schmalen Augenbrauen in die Höhe.
"Nein, wie kommst du denn darauf?"
"Naja, er
scheint dir neuerdings extrem aus dem Weg gehen zu wollen..."
Dean hob die Schultern und sah zum anderen Ende des Raumes hinüber,
wo der rothaarige Weasley mit Harry noch an seinen Hausaufgaben
hockte.
Amber seufzte. "Und ich dachte, ich bilde mir das nur ein..." Sie schüttelte den Kopf. "Ich weiß aber auch nicht, was er auf einmal hat..." Sie sah Dean ratlos an.
"Vielleicht hat er Stress mit Markus?" Dean grinste breit, aber Amber fand das nicht lustig. Markus war ein Traumtyp, zweifelsohne, aber manchmal war er beunruhigend eifersüchtig. Sie erinnerte sich nur zu gut daran, wie er Seamus im Jahr davor verprügelt hatte, weil er geglaubt hatte, er wolle sich an Amber heranmachen. Was seine Freundin anging, war er nunmal sehr besitzergreifend. Zum Glück hatte sich das Ganze schnell aufgeklärt und Seamus hatte außer ein paar Beulen keinen Schaden genommen.
"Schlechter Scherz Dean..."
kommentierte sie und sah auf, als Seamus neben sie trat.
"Voila!
Unsere Mitspieler!" verkündete dieser und deutete hinter
sich auf George und Lee, die sich schnellstens zwei Sessel
sicherten.
Fünf Minuten später war der Raum vom lautstarken Gejohle der Spieler erfüllt. Amber verlor jedes Spiel - sie dachte nach....
Nachdem Ron es tagelang geschafft hatte, Amber aus dem Weg zu gehen, schlug das Schicksal mal wieder zu: Er wollte mit Harry, Martha und Hermine zurück ins Schloss, - sie hatten gerade Pflege magischer Geschöpfe gehabt - als er von jemandem bei der Schulter gefasst wurde. Er drehte sich um und...
Sein Blick traf den von kornblumenblauen Augen.
„Ron? Ich wollte dich etwas fragen."
„Oh?" Er scharrte nervös mit den Füßen. „Ja, was denn?"
Hermine warf Harry und Martha wissende Blicke zu. „Wir gehen schon mal vor, Ron."
Harry lächelte Ron aufmunternd an, ehe er einen Arm um Martha legte und mit ihr und Hermine davon ging.
„Ich..." Amber fummelte an ihrer Tasche herum. „Du... Also ich hab mir gedacht, du könntest mir vielleicht Nachhilfe geben. Du bist doch so gut in... Verwandlung."
Ron sah sie überrascht an. So gut in Verwandlung? Na ja, er war nicht wirklich schlecht, seine Noten waren sogar ganz präsentabel, aber 'so gut'? War sie etwa so schlecht, dass er plötzlich 'so gut' war? Er hätte mal mehr auf ihre schulischen Leistungen, als auf ihre Haare und Augen achten sollen.
„Nur wenn du Zeit und Lust hast." Fügte sie hastig hinzu, als er nicht antwortete.
„Oh..." Nein, tut mir leid. „Klar doch, gerne."
Ein Lächeln erhellte ihr Gesicht. „Wirklich? Oh, danke! Können wir dann gleich heute Abend anfangen? Um sieben in der Bibliothek?"
Neeeeheeeeein. „Ok." Weichei.
Amber bedankte sich noch ein letztes Mal bei Ron und rannte dann an ihm vorbei, in Richtung Schloss.
Nachhilfe? Schrie eine stimme in ihrem Kopf.
Du brauchst keine Nachhilfe!
Nachhilfe hat noch niemandem geschadet, entschied sie stumm.
Mit dem Nachhilfelehrer rumknutschen aber schon!
Nun ja, Rumknutschen taten die beiden dann nicht. Es sah eher so aus, als würden sie den neuen Rekord im Daueranschweigen aufstellen wollen. Als sie abends in einer der hinteren Ecken über einem Stapel Bücher hockten, redeten sie dafür, dass das hier eigentlich Nachhilfe-Unterricht werden sollte, verdammt wenig miteinander.
Nach einer drei viertel Stunde hatte Amber dann genug. Sie schlug das Buch, in dem sie gerade einen Absatz über die Verwandlung von Kaffekannen in Wollmützen las, geräuschvoll zu und lenkte somit Rons volle Aufmerksamkeit auf sich.
„Okay, was habe ich verkehrt gemacht?"
Rons linke Augenbraue zog sich in die Höhe. „Verkehrt gemacht?"
„Ja - irgendetwas muss ja verkehrt sein, wenn du mich neuerdings so meidest...also was?"
Verwirrt sah er sie an, wie sie ihn da mit einem Blick bedachte, den er sonst nur von seinem Bruder George kannte. Der „Du-kommst-hier-nicht-weg-ohne-eine-ehrliche-Antwort"-Blick.
„Aber....ich meide dich doch gar nicht...." versuchte er die Situation für sich zu retten, aber ihm war selbst bewusst, dass an dem, was Amber sagte, zumindest etwas Wahres dran war.
„Doch das tust du Ron Weasley. Sonst hast du dich immer ganz normal verhalten, wenn ich in der Nähe war, aber seit dem Quidditch-Spiel....Ist es, weil ich mit Markus zusammen bin? Weil er die Tore gemacht hat?"
Amber zog ein ziemlich unglückliches Gesicht. Der Gedanke, dass Ron nicht mehr mit ihr befreundet sein wollte, weil ihr Freund sein Rivale auf dem Spielfeld war, war ihr unangenehm.
Ron indes starrte sie fassungslos an. Sicher, er war es ja von Ginny und Hermine gewohnt, dass Mädchen manchmal die absurdesten Einfälle hatten, aber das?
„Das ist doch Quatsch!" sagte er dann also auch. „Klar ärgert es mich, dass er so viele Punkte machen konnte, aber deswegen bin ich doch nicht-....naja doch nicht böse auf dich oder so..." Er sah sie unsicher an.
„Aber warum hältst du dann auf einmal soviel Abstand? Man könnte ja meinen, wir kennen uns gar nicht..." Offenbar war Amber mit dieser einen Antwort nicht zufrieden gestellt.
„Ich...hatte ein bisschen viel um die Ohren...." Ron setzte - zum ersten Mal ehrlich - seinen schuldbewussten Hundeblick auf und griff über den Tisch nach Ambers Hand.
„Außerdem ist da doch gar kein Abstand...Jedenfalls nicht so viel..."
Amber spürte, wie sie leicht rot wurde, als Ron ihre Hand nahm. Und wieso kribbelte das so?
„Hm....dann...halt dir die Ohren ein wenig freier in Zukunft..."
Damit entzog sie ihm ihre Hand und schlug das Buch erneut auf. Für den Rest ihrer Nachhilfestunde gab sie sich offenbar mit Rons Antwort zufrieden und präsentierte ihrem „Lehrer" am Ende eine schicke, gestreifte Wollmütze.
'Die Ohren frei halten'. Ja, das wäre ein guter Anfang. Vor allem sollte er lernen, seine Hormone im Griff zu halten, entschied er. Er wollte schließlich mit Amber befreundet sein und nicht alles kaputt machen, indem er sich wie ein 15 jähriger Junge benahm.
Wie sollte ein 15 jähriger Junge allerdings lernen, sich nicht wie ein 15 jähriger Junge zu benehmen?
So unmöglich diese Aufgabe auch schien, schaffte er es irgendwie, sich Amber gegenüber wie ein normaler Freund zu verhalten. Seine früheren 'Ausrutscher' hatten sicher nur damit zu tun, dass sich in seinem Freundes- und Familienkreis ein glückliches Pärchen nach dem anderen fand. Da war es doch nur logisch, dass er sich auch eine Freundin wünschte, oder? ... Eben. Aber sich wegen dieses Wunsches an Amber heran zu schmeißen, von der er ja eigentlich gar nichts wollte... Definitiv falsch.
So vergingen die Wochen für Ron ohne weitere 'Ausrutscher' und unangenehme Zwischenfälle. Er gab Amber weiterhin Nachhilfe - die sie allerdings nicht wirklich nötig zu haben schien - und verbrachte unzählige Stunden mit ihr, Dean und Seamus, in denen sie bevorzugt Exploding Snap spielten, oder sich über Quidditch unterhielten.
Was Ron nicht wusste, war, dass Amber auf der anderen Seite durchaus weiterhin mit unerwünschten Ausbrüchen zu kämpfen hatte; Markus war nicht entgangen, dass nun auch Ron zu ihrem engeren Freundeskreis zählte und das er ihr Nachhilfe gab.
Als die Beiden am letzten Hogsmeade-Wochenende vor den Weihnachtsferien in Madam Puddifoot's saßen, sprach er das ungeliebte Thema wohl schon zum hundertsten Mal an.
„Wie läuft die Nachhilfe?"
Amber wich dem Blick von Markus aus und konzentrierte sich darauf, Milch in ihren Tee zu schütten. Sie wusste, dass er nichts über ihre Lernfortschritte wissen wollte, sondern mal wieder alles über ihre, für ihn fragwürdigen, Freundschaft mit Ron.
Sie zuckte die Schultern. „Gut. Ich konnte vieles von dem aufholen, was mir während des Unterrichts nicht klar war."
Markus zog seine Augenbrauen zusammen. „Du weisst, dass ich dir auch Nachhilfe geben könnte, wenn du etwas nicht verstehst, immerhin bin ich ein Jahr über dir."
„Ich weis, aber..." Sie richtete ihren Blick leicht wiederstrebend auf ihn. „Ich dachte, es wäre besser, wenn ich mit jemandem lerne, der in meiner Klasse ist. Und Ron ist wirklich gut in Verwandlung, also..."
Er verdrehte die Augen. „Wahrscheinlich muss jedes noch so kleine Licht irgendeine Stärke haben."
Amber spürte, wie Wut in ihr hochkochte. Musste Markus Ron denn immer schlecht machen? Musste er immer versuchen, sich selbst so in ein besseres Licht zu rücken?
„Sprich nicht so über Ron, er ist sehr nett. Das weisst du auch."
„Ja, Ron ist klasse," gab Markus hitzig zurück. „Gut, dass wir das auch geklärt haben, sonst hätte ich heute nach wahrscheinlich kein Auge zu getan."
Ihr lag bereits eine bissige Antwort auf der Zunge, als ihr klar wurde, was hier eigentlich ablief: Markus MUSSTE Ron immer schlecht machen und sich so in ein besseres Licht stellen. Weil er eifersüchtig auf Ron war und sich neben ihm selbst wie ein 'kleines Licht' vorkam... Ja, Markus war toll. Aber Markus war nur toll, solange alle anderen eine Stufe weiter unten standen.
Als die erwartete Zurechtweisung ausblieb, sah Markus sie fragend an. „Amb? In deinen Gedanken ertrunken?"
Sie schüttelte leicht den Kopf und starrte wieder auf ihre Teetasse herunter. Sie hatte das Gefühl, gerade eine Entdeckung gemacht zu haben, die ihr gar nicht gefiel.
„Warum musst du denn ausgerechnet dieses Weihnachten nach Hause?" Fred saß mit den anderen in den Sesseln vor dem Kamin und sah Hermine mit einem Blick an, der dem eines bettelnden Welpen verdammt nahe kam.
„Fred, ich war die letzten fünf Jahre kaum zu Hause. Meine Eltern wollen auch mal wieder Zeit mit mir verbringen...."
„Die wollen euch ja bloß über uns ausfragen..." murrte Harry, dessen Freundin Martha über die Weihnachtsferien ebenfalls nach Hause fahren würde. Diese grinste. „Kann auch gut sein...."
Doch alles Betteln und Bitten von Seiten Freds und Harrys half nichts - zwei Tage später fuhren Hermine und Martha zusammen mit Amber und auch Draco über Weihnachten und Neujahr nach Hause.
„Ich bin ja dafür, dass Weihnachten abgeschafft wird..." Die Zurückgelassenen saßen an ihrem Stammplatz und bliesen Trübsal.
„Nein Fred, das wäre auch doof...." maulte Ginny, die sich als einziges Mädchen dazu gesellt hatte.
„Aber dann wären sie alle noch hier..." gab Harry zu bedenken, der ebenso wie die anderen mit aufgestütztem Kinn vor sich hinvegetierte.
„Man könnte sie ja zwingen, Weihnachten hier zu verbringen..." gab sie zurück.
Ron seufzte tief, was Fred nach fünf Minuten selbstmitleidigen Schweigens zu einem Stirnrunzeln veranlasste.
„Warum bist DU eigentlich so mies drauf?"
Ron bedachte seinen Bruder mit einem seltsamen Blick und zuckte die Schultern.
Er war mies drauf, weil ihm Amber fehlte. Aber dass musste er den anderen ja nicht unbedingt auf die Nase binden. Zuerst einmal musste er ja selbst mit dieser Tatsache fertig werden. Seit die anderen großteils in die Ferien gefahren waren, saßen Fred, Harry und Ginny stets vor dem Kamin und bemitleideten sich selbst. Pardon, 'vergingen vor Sehnsucht nach dem anderen', wie Lee es formuliert hatte. Irgendwann während dieser Zeit war ihm auf einmal klar geworden, dass er auch jemanden vermisste - Amber.
Seit er ihr Nachhilfe gab waren sie fast jeden Abend zusammen in der Bibliothek und auch sonst unternahmen sie viel gemeinsam. Er hatte Spaß, wenn sie bei ihm war und jetzt, wo das nicht mehr der Fall war, fehlte ihm das. Ihr Lachen, ihr vergnügtes Grinsen, einfach alles.
Während er Tag für Tag an sie dachte und im Stillen mit den anderen hoffte, dass diese Ferien bald vorbei sein würden, wurde ihm langsam eines klar: Er hatte sich in Amber verliebt - und wenn er nicht elend an diesem Gefühl verenden wollte, dann hatte er nach den Ferien nur noch eins zu tun: zu handeln.
Hermine streckte sich in ihren Sitz im Hogwarts Express aus. „Also ich fand die Ferien überraschend schön. Ich hatte ganz vergessen, wie viel Spaß es machen kann, richtig traditionell mit der Familie zu feiern."
Martha, die ihr gegenüber saß, starrte aus dem Fenster und rutschte vor lauter Aufregung ständig hin und her. „Ja ja ja. War alles schön und gut, aber ich hab Harry vermisst."
Hermine lachte. „Kein Wunder. Manchmal frag ich mich schon, wie du ohne ihn einschlafen kannst, weil ihr den ganzen Tag über aufeinander hockt."
„So schlimm sind wir auch nicht," gab Martha mit geröteten Wangen zurück und wandte sich an das blonde Mädchen, das neben ihr saß. „Stimmt doch, oder Amber?... Amber? Huhu." Sie fuchtelte mit einem Arm vor dem Gesicht ihrer Freundin herum, die bereits seit der Zug vor einer Stunde losgefahren war, gedankenverloren in die Gegend starrte.
Amber zuckte zusammen, als sie aus ihrer eigenen Gedankenwelt gerissen wurde. „Was? Oh... Stimmt."
Martha und Hermine verdrehten die Augen. „Du hast überhaupt nicht zugehört, oder?"
„Doch!... Ok, nein. Tut mir leid, ich musste nur über etwas nachdenken."
Hermine hob fragend eine Augenbraue. „Über? Oder nein... Lass mich raten: Über Markus."
Amber konnte den leichten Schrecken, von dem sie wusste, dass er sich auf ihrem Gesicht abzeichnete, nicht unterdrücken. „Woher weisst du das?"
„Ich weiss so was einfach." Hermine tippte sich scherzhaft mit ihren Zeigefingern gegen die Schläfen. „Was ist denn los? Habt ihr euch gestritten?"
Amber schüttelte den Kopf. „Ich... hab nur generell an ihn gedacht, das ist alles. So wie Martha an Harry."
Sie hasste es zwar, ihre Freunde zu belügen, aber sie wollte ihnen nicht gerade jetzt unter die Nase binden, dass sie nicht einmal im Entferntesten so an Markus dachte, wie Martha an Harry.
Sie hatte während der Weihnachtsferien etwas Zeit mit Markus verbracht und es nicht lassen können, genauer auf ihn zu achten. Was sie bemerkt hatte, gefiel ihr gar nicht: Er sagte wirklich nie etwas Gutes über andere Menschen, oder, genauer gesagt, über andere Jungs. Dafür wurde er nicht müde, immer wieder detailliert davon zu berichten, wie er dieses und jenes Tor beim Quidditch erzielt hatte, welche Noten er bekam - natürlich nur hervorragende - wie froh er war, endlich seinen neuen superteuren Zauberstab zu haben usw. Eigentlich sprach er vorzugshalber nur über sich. Nun ja, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war, sie über ihre männlichen Freunde auszufragen und sarkastische Bemerkungen über sie zu machen.
Amber hatte lange überlegt, warum ihr das alles jetzt erst auffiel und die Antwort auf diese Frage war schnell gefunden: Ron. Leugnen und Verdrängen nutzte nichts mehr; Ronald Weasley war genau so, wie sie sich Markus gewünscht hätte. Er war lustig - nicht nur auf Kosten anderer - kümmerte sich um seine Freunde, konnte genauso gut erzählen wie zuhören und... er hatte einfach das süßeste Lächeln, das sie jemals gesehen hatte. Süß auf eine trottelige Art zwar, aber nichts desto trotz... süß.
Sie seufzte und machte sich eine gedankliche Notiz, bei passender Gelegenheit mal ein Wörterbuch zu kaufen und ihren Wortschatz zu erweitern. Vielleicht würde sie Rons Lächeln dann auch beschreiben können, ohne zwanzig Mal das Wort 'süß' zu benutzen.
„Gleich sind sie da, gleich sind sie da!" Fred rannte wie ein aufgescheuchtes Huhn durch den Gemeinschaftsraum. Er, Ron und zwei Drittklässler waren die Einzigen, die sich im Moment dort aufhielten. Ginny war in die Eingangshalle gegangen, um Draco zu begrüßen (was auch der Grund war, aus dem Fred oben wartete; die Versuchung dem Blondschopf den Hals umzudrehen, wenn er seine Schwester auch nur anguckte, war einfach zu groß) und Harry hatte sich vor einer Stunde auf sein Zimmer zurückgezogen, weil er es nicht mehr aushielt, dass Fred jede Minute zum Eintreffen der anderen Schüler runter zählte.
Jetzt jedoch, kurz bevor es endlich soweit war, kam er wieder die Treppe zu den Schlafsälen herunter gejoggt und wurde sofort von Fred bestürmt.
„Gleich sind sie da, Harry, gleich sind sie da!!"
Harry verkniff sich ein Lachen. „Ich weiss..."
Wie auf Kommando schwang das Portrait der Fetten Lady auf und die ersten Gryffindors schwärmten in den Gemeinschaftsraum.
Fred warf jedem Schüler und jeder Schülerin, die an ihm vorbeigingen einen giftigen Blick zu, weil er oder sie nicht Hermine waren und als er seine Freundin am Eingang zum Gemeinschaftsraum entdeckte, rannte er einen Haufen Erstklässler um, die es gewagt hatten, vor ihr das Zimmer zu betreten.
Harry schaffte es gerade noch, Hermine zu zuwinken, ehe Fred sie erreichte und mit genauso viel Wucht in den Flur hinausbeförderte, wie er sie vor einigen Monaten aus selbigem herausgestoßen hatte. Da Fred und Hermine nun am Boden lagen (und es sah auch nicht so aus, als würden sie da schnell wieder wegkommen, da Fred sich an das erschrockene Mädchen geklammert hatte), konnte er den ersten Blick auf Martha erhaschen, die gerade noch hinter Hermine hatte wegspringen können, bevor es auch sie umriss. Lächelnd ging er auf sie zu.
Ron währenddessen stand etwas unentschlossen vor dem Kamin und begrüßte, mehr halb als herzig, einige seiner Freunde. Er suchte nach Amber... Wo war sie? Etwa irgendwo mit Markus? Bevor sich das Flaue Gefühl in seinem Magen weiter ausbreiten konnte, legten sich plötzlich zwei Arme um seinen Nacken.
Mehr als verwirrt richtete er seinen Blick nach unten und zu seiner Überraschung sah er genau in Ambers kornblumenblaue Augen. Während er so angestrengt nach ihr Ausschau gehalten hatte, war ihm doch glatt entgangen, dass sie mitten in dem Gewusel anderer Schüler den Gemeinschaftsraum betreten hatte.
„A-Amber?" fragte er ein wenig irritiert, da er eine derartige Begrüßung nicht erwartet hatte. Nicht so....nicht so...ja, wie überhaupt? Wie ein Mädchen ihren Freund begrüßte? Wie Amber wohl eher Markus begrüßen sollte?
„Hey, du hast mich nicht vergessen..." schmunzelte sie ob seiner Verwirrung, dann aber wurde sie wieder ernst. „Ron, kann ich mit dir reden?"
Als er nickte, wandte sie sich wieder um und ging vor ihm aus dem Gemeinschaftsraum, wobei sie einen Bogen um die immer noch am Boden liegenden Fred und Hermine machen mussten.
Sie gingen wieder in die Eingangshalle und hinaus ins Freie, wo es trotz der noch recht frühen Stunde bereits sehr dunkel war und kleine weiße Schneeflocken vom Himmel tanzten. Dort angekommen schlug Amber den Weg zu Hagrids Hütte hinunter ein. Da alle in das Schloss strömten, würde hier so schnell keiner lang kommen und sie konnte ihm ungestört das sagen, was ihr seit den Ferien nicht mehr aus dem Kopf ging.
„Also...." Jetzt, wo es soweit war, verließ sie beinahe der Mut. Aber sie musste das klären, sonst würde sie noch wahnsinnig werden. Ron sah sie abwartend an. „Also?"
„Uhm....sag mal....ganz ehrlich - was denkst du so über mich?"
Ron errötete leicht. Was er von ihr dachte? Oh, er hatte eine Menge von und an sie gedacht während der Ferien. Sollte er ihr jetzt wirklich all das sagen? Sollte? Musste! Er hatte immerhin beschlossen, ihr seine Gefühle zu gestehen, und so eine passende Gelegenheit würde er wohl nicht so schnell wieder bekommen.
„Über dich?" Er nutzte den kurzen Augenblick, in dem sie nickte, um seinen letzten Gryffindormut zusammen zu kratzen.
„Ich denke, dass du ein wunderbares Mädchen bist, Amber. Du bist wahnsinnig hübsch, du bist klug , humorvoll, freundlich, lieb,...ich...Du bist die absolute Traumfrau, man kann ungemein Spaß mit dir haben und....ganz ehrlich....Markus kann sich wahnsinnig glücklich schätzen, dich zur Freundin zu haben...."
Jetzt war es raus. Unsicher sah er sie an. Sie schien verblüfft über seine Ehrlichkeit. Dann sah sie zu Boden.
„Er KONNTE sich glücklich schätzen..."
„Konnte?" Ron runzelte die Stirn. „Wieso konnte?"
Sie sah wieder auf und ihn an. „Weil ich Schluss machen werde..."
Rons Augen weiteten sich ungläubig. „Schluss? - Mit Markus?" Irgendwie konnte er das, was er da hörte, nicht fassen. Amber wollte mit Markus Schluss machen? Mit dem gut aussehenden, intelligenten, sportlichen Markus??
Sie nickte langsam. „Ja...weißt du, mir ist klar geworden, dass er gar nicht so toll ist. Er...er ist nur lustig, wenn er Späße auf Kosten anderer machen kann und er muss sich immer in den Vordergrund spielen. Früher ist mir das nie so aufgefallen aber jetzt...Ich will keinen solchen Freund....Ich...." Jetzt war es an Amber, allen Gryffindormut zusammen zu suchen, den sie irgendwo in sich hatte.
„Ich will dich...."
Ron glaubte, sich verhört zu haben. IHN? Sie machte wegen IHM mit Markus Schluss?
„Mich?!" Das hätte er wirklich nie zu träumen gewagt. Moment mal, vielleicht träumte er ja auch. Doch auch als er sich in dem Arm kniff, wachte er nicht auf. Offenbar war das hier doch grade die Realität.
„Also...." Amber war knallrot und wusste nicht, was sie sagen sollte. Rons überraschter Blick verunsicherte sie. Wahrscheinlich war es doch unklug gewesen, ihm auf diese Art und Weise zu gestehen, dass sie sich in ihn verliebt hatte und wahrscheinlich hatte sie sich auch nur eingebildet, dass Rons Verhalten darauf hindeutete, dass es ihm wohl umgekehrt ebenso ging. Umso überraschter war sie dann aber, als Ron plötzlich breit zu Grinsen anfing und sie einfach an sich zog.
„Ron?"
Er grinste immer noch. „Amber, du glaubst gar nicht, wie oft ich mir inzwischen schon gewünscht habe, dass genau das passiert." Ob er damit nun meinte, dass sie Markus den Laufpass gab und statt dessen ihn nahm oder, dass er sie hier und jetzt liebevoll küsste, war Amber egal.
Nachdem sie nun also mit Ron zusammen gekommen war, musste sie natürlich schnellstens wie angekündigt mit Markus Schluss machen. Ihr war etwas unwohl dabei, denn sie wusste nicht, wie er wohl reagieren würde. Sie wollte immerhin nicht, dass er sich wie ein wildgewordener Stier auf Ron stürzte, in der Meinung, dieser habe ihm die Freundin ausgespannt. Als sie allerdings vor dem Gemeinschaftsraum der Ravenclaws ankamen, war es Ron, der sich auf Markus stürzte, als sie ihn vor dem Porträt knutschend mit Cho Chang entdeckten.
„Weißt du, wenn ich so darüber nachdenke, wie er sich in letzter Zeit verhielt, dann hat er wohl schon länger was mit ihr...." Amber saß an Rons Krankenbett, in dem er sich von den ganzen Blessuren, die der größere und kräftigere Markus ihm während ihrer Prügelei verabreicht hatte, erholte.
„Dieser miese Hund..." knurrte Ron und sah so aus, als würde er sich am liebsten sofort wieder in eine Schlägerei mit Markus stürzen. Seine Freundin zu betrügen war ja wohl das Allerletzte.
Amber lächelte leicht. „Naja....immerhin hat mir das alles bestätigt, was ich in der letzten zeit so über ihn vermutet habe." Sie beugte sich vor und gab Ron einen Kuss.
„Und außerdem macht es mich ja nicht unglücklich....weil ich dich habe...."
Fin
Oioioi, das war ja ein Durcheinander. . Gar nicht so einfach, ein Mädchen zu bekommen, dass schon einen Freund hat, hm? Zum Glück für Ron stellte sich mal wieder heraus, dass die vermeintlichen Traumtypen eben meist doch keine sind. Na, und Ende gut alles gut, könnte man sagen, nicht wahr? XD
So verbleiben wir mit freundlichen Grüßen und nehmen weiterhin Wetten an - diesmal natürlich für unser fünftes und letztes Pairing.
Auf ein freudiges Wiederlesen,
Ley und Ganjazuka
