Der Hexenkönig am Pool - (Heute mit Untertiteln)

Ein neuer Morgen brach über dem Hotel "Graue Anfurten" an. Die Vögel zwitscherten und die Morgensonne wärmte die Terrasse und den Swimmingpool mit dem azurblauen Wasser, dessen sanfte Wellung der Szenerie etwas Harmonisches verlieh. Einige wenige Gäste hatten schon auf den komfortablen Ligestühlen von feinster Elbenarbeit Platz genommen und begrüßten den neuen Tag. Noch viel mehr Leute hatten nur ihre bunten Handtücher zurückgelassen, bevor sie sich zu einem ausgiebigen Frühstück begeben hatten. Neben der Tür stand dienstbeflissen ein Hauspage und einige Meter entfernt bereitete ein Kellner hinter einer Bar die ersten Bestellungen zu.

Wiedereinmal öffnete sich die Tür in das Foyer und ein weiterer Gast in bunter Sommerkleidung betrat die Poolanlage. Jedoch ließ dieser neue Gast dem Pagen das sorgsam geübte Lächeln im Gesicht erfrieren. Und auch das obligatorisch enthusiastische "Guten Morgen" blieb dem Pagen im Hals stecken. Die Anwesenheit der fremden Gestalt ließ alle Vögel verstummen und einen etwas altersschwachen Kanarienvogel mit einem letzten "Piep" von seiner Stange fallen. Aber um die Situation noch zu verschlimmern passierte der Gast nicht etwa den unglückseligen Pagen, nein, zu allem Übel blieb die Gestalt stehen und wandte sich an den erschütternden Hausangestellten.

"Bringen Sie mir... die Mordor -Times... aber... entfernen Sie den Wirtschaftsteil... der regt mich immer so auf."

Ohne das"Jawohl" des zur Salzsäule erstarrten Pagen abzuwarten, wandte sich der Gast einer der nächsten Sonnenliegen zu, entfernte das darauf liegende Handtuch und legte sich nieder.

Wenige Augenblicke später erschien der sichtlich abgehetzte Page und legte vorsichtig die Zeitung auf ein kleines Beistelltischchen, das neben jeder Sonnenliege zu finden war.

Nachdem der Hexenkönig wenige Minuten in der Zeitung geblättert hatte, erschien durch die Foyer-Tür der Graf Wahnfried von Süppelbrack zu Dumpfmoor samt Gattin. Kurz nach dem Verlassen des Gebäudes teilte sich das Paar wie einst das rote Meer und während die Dame auf den Pool zusteuerte, vermutlich in dem Versuch, durch ihr Betreten des selbigen, ihn zum Überlaufen zu bringen, legte sich der Graf nach kurzem Umsehen neben die düstere Gestalt mit der Zeitung.

"Ein wunderschöner Morgen, nicht wahr." begann der Graf, der den Gast nicht erkannte das Gespräch. Er war nämlich kurzsichtig und hatte, wie üblich, seine Sichtgläser vergessen.

"Jaa... nur etwas... zu sonnig für... meinen Geschmack. Das liegt wohl daran, dass es hier... so wenig Vulkane gibt."

"Jaja, das habe ich zu meiner Frau auch schon gesagt. Sobald ich zurück bin werden wir uns auch einen anschaffen." sagte der Graf, der offensichtlich nur halb zugehört hatte.

Bald darauf erschien zögernd und sichtlich verstört der Page bei den Liegestühlen.

"K-k-k-k-ann ich I-i-i-i-ihnen n-n-noch etw-wa-wa-was zu t-tr-r-rinken be-be-bringen?"

"Ja, bringen sie mir von der Getränkekarte die Punkte 5-23 in fünfminütigen Abständen. Und dann noch einen keinen Snack dazu. Ich denke, ich nehme den gebratenen Truthahn mit Kartoffeln, Klößen und einigen, wenigen Speckbohnen. Man gönnt sich ja sonst nichts."

"Für mich... nichts... ich muss seit einigen Jahren... auf meinen Cholesterinspiegel achten... Mein Arzt sagt... wenn ich noch fünf Kilo abnehme... habe ich mein Idealgewicht."

"Jaja, das Idealgewicht. Ich halte meins schon seit dreißig Jahren." sagte der Graf und der Hexenkönig wandte sich wieder seiner Zeitung zu.

"Ahh... der Sportteil... wie ich sehe... haben meine Angmar-Raiders die Minas Morgul Ironfists... mit 3:2 geschlagen. Das sind... meine Jungs." flüsterte der Hexenkönig zufrieden.

"In welcher Sportart. Weitlauf? Hochsprung?", fragte der Graf neugierig, denn das sportliche Vorankommen anderer Leute interessierte ihn kolossal.

"Nein, nein... im zweistündigen Karawanenwettplündern der Herren."

"Oh." sagte der Graf und langsam dämmerte ihm neben wem er saß. Aber hoch erfreut über das Interesse seines Nachbarn plauderte der Hexenkönig weiter.

"Jaa... und Kronk... hat auch einen neuen Rekord aufgestellt... das zusätzliche Training... hat sich also bezahlt gemacht..."

"Ich hoffe im Kugelstoßen." antwortete der Graf zaghaft, der gar nicht wissen wollte, wer Kronk eigentlich war.

"Ja, so ähnlich... Kronk... mein Lieblingskriegstroll... hat im Moriagoblinweitwurf die sagenhafte Weite von 230 Metern geschafft... Außerdem hat er... noch einen Zusatzpunkt für Stil erhalten...da er den Moriagoblin in die Zuschauermenge geworfen hat... und einige Unbeteiligte zu Schaden gekommen sind... Er hat sich... scheinbar... meinen Rat zu Herzen genommen... Goblins immer mit dem Kopf voran zu werfen... dann quietschen sie auch schöner wenn sie aufkommen."

Noch bevor Herr Wahnfried von Süppelbrack zu Dumpfmoor heimlich das Weite suchen konnte, wurde die friedliche Eintracht des Augenblicks von einem sichtlich erbosten Gast gestört, der offensichtlich noch kurzsichtiger war, als der soeben fliehende Graf.

"Ai isch glabs ja wohl net! Kommt da so oi Bazi un roimt mein Snoopihandtuch weg. Weißt du Flachzange wie früh isch heit frie uffgschtande bin um moin Snoopihandtuch dohi z'lege? Finf Uhr! Da wo du Dödl no gpennt hosch! Also scher doin fauln Arsch von meinerer Liege. Sonst machsch disch platt. Drecksäckl!"

Der Hexenkönig war mit dem gesprochenen Dialekt nicht vertraut, hatte allerdings die geäußerten Beleidigungen scheinbar sehr wohl verstanden. Er sah kurz von seiner Zeitung auf.

"Fluffi!... Hol's dir!"

Nachdem er sein Gegenüber an der Stimme erkannt hatte, war der etwas rüde Gast nun dabei rückwärts von der besetzten Liege wegzutaumeln, wobei er sich dem Rand der Terrasse näherte.

"Ei leksch mi am Arsch. Scheise, das des ausg'rechnet mir passiere muss..."

Zeitgleich hörte man von jenseits der schmucken Terrasse das Splittern von Holz, das Kreischen panischer Pagen und das unheimliche Geräusch dunkler Flügelschläge. Plötzlich tauchte der Kopf des geflügelten Schatten über der Balustrade der Terrasse auf, stieß nach vorn, schnappte sich den Zurücktaumelnden und verschwand wieder.

"Auch dir... einen wunderschönen guten Morgen... Fluffi. Und lass es dir schmecken... wenn ein Tag so gut beginnt... dann ist noch viel drin..."

Und der Blick des Hexenkönigs wanderte langsam zur Bar, an der eine wohlgeformte, langbeinige Doppel-D-Elfe saß und verführerisch an ihrem Drink nippte, während sie mit ihren langen Wimpern klimperte.

Und der Hexenkönig wusste, es würde ein guter Tag werden.

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Für alle die nicht aus Süddeutschland kommen, hier eine (politisch korrekte) kleine Hilfe...

"Ich glaub es ja wohl nicht, da kommt jemand und räumt mir mein Snoopihandtuch ab. Wissen Sie wie früh ich heute aufgestanden bin um mein Snoopihandtuch dahin zulegen? Fünf Uhr. Da haben Sie noch geschlafen. Also entfernen Sie bitte Ihren Allerwertesten von meiner Liege, sonst können Sie was erleben, Sie unverschämter Mensch."

und:

"Ich fasse es nicht. So ein Unglück, dass das ausgerechnet mir passieren muss."

Mit sommerlicher Gehässigkeit,

Euer Blackjack.