0123 Z-Zeit (19.23 Uhr
MDT)
The Crashdown Cafe
Roswell, New Mexiko
Liz, Harm und Mac
saßen im Wohnzimmer der Familie Parker, während Liz'
Eltern sich in der Küche um den Abwasch kümmerten.
Liz
war die Nervosität richtig anzusehen, so dass Mac langsam anfing
sich Sorgen zu machen: „Was ist denn nur los? Kann ich dir
irgendwie helfen?"
„Was?"fragte Liz überrascht.
„Nein, es geht schon."
„Gut, dann gehe ich jetzt,"sagte
Mac und stand auf. Bevor sie durch die Tür ging, drehte sie sich
noch einmal zu Harm um: „Ich schreibe dann schon mal den Bericht
und faxe ihn gleich ans Hauptquartier."
„In Ordnung."
Damit verließ sie entgültig das Zimmer und wenige
Minuten später traten Nancy und Jeffrey Parker ein. „Ist etwas
passiert?"fragte Liz' Mutter sofort.
„Nein,"antwortete
Harm. „Mac hat noch einen Bericht zu schreiben."
Beruhigt
nahmen die beiden Platz und dann begann Harm zu erzählen: „Wir
beide wollten sowieso noch etwas mit euch besprechen."
„Du
klingst ja so ernst. Ist etwas passiert?"fragte Nancy ängstlich.
Liz winkte ab: „Nein, Mum. Aber ich habe mir da was überlegt
und ich hoffe, dass ihr mir die Erlaubnis gebt."
„Solange du
nicht nach Washington zurück willst, können wir doch über
alles reden,"scherzte Jeffrey und wusste dabei gar nicht, wie
Recht er hatte.
Erschrocken warfen sich Harm und Liz einen Blick
zu. Dann schauten sie schuldbewusst zu Boden.
„Das ist doch
nicht dein Ernst?"fragte Nancy. „Du willst wirklich nicht hier
bleiben?"
„Mum, dass hat doch nichts mit euch zu tun. Es ist
nur ganz einfach so, dass im letzten Jahr so viele Dinge geschehen
sind und ich will dass nicht noch einmal durchleben. Und in Roswell
erinnert mich alles daran. In Washington konnte ich erstmals etwas
Abstand zu den Geschehnissen finden."
„Und deshalb willst du
gleich wegziehen?"Nancy schaute sie verständnislos an. „Ich
verstehe das nicht. Was ist denn nur passiert?"
Liz blickte
Harm hilfesuchend an und er nickte ihr aufmunternd zu. Dann nahm Liz
all ihren Mut zusammen und begann die Geschichte zu erzählen.
Dabei lies sie wieder die außerirdischen Details weg und auch
so erzählte sie ihren Eltern nicht alles so ausführlich wie
Harm. Das führte aber nur dazu, dass ihre Eltern noch mehr
Fragen stellten und am Ende wussten sie doch fast alles. Allerdings
gelang es Liz, die Sache mit Kyle und Tess' Schwangerschaft
erfolgreich zu verschweigen.
„Das ist ja schrecklich,"
wiederholte Nancy immer wieder. „Wieso hast du uns denn nichts
gesagt? Wir hätten dich doch unterstützen können."
„Ich musste das selbst schaffen,"antwortete Liz mit fester
Stimme.
Ihr Vater warf ihr einen strengen Blick zu: „Aber
weglaufen ist doch auch keine Lösung. Wie willst du über
die Sache hinwegkommen, wenn du sie verdrängst?"
„Ich
verdränge sie doch nicht. Ich weiß genau, was passiert ist
und ich versuche es zu verstehen und zu akzeptieren. Es geht mir doch
vielmehr darum, dass ich das nicht noch einmal durchleben möchte."
„Dann verbieten wir dir, dich weiterhin mit Max zu treffen,"
schlussfolgerte er.
„Das kann doch auch keine Lösung
sein,"mischte sich Harm ein. „Liz wird langsam erwachsen und sie
muss ihre eigenen Entscheidungen treffen. Und dass sie sich dazu
entschieden hat, ihre große Liebe zu verlassen, zeigt doch nur,
wie verantwortungsbewusst sie ist. Schließlich hätte sie
auch einfach zu ihrem alten Leben zurückkehren können und
dann hätte alles von vorn begonnen. Liz will das aber nicht.
Vielmehr will sie sich auf ihr Leben und die Schule konzentrieren und
das verdient doch unseren Respekt und keine Ablehnung."
„Natürlich
ist es schön zu sehen, dass sie sich so entwickelt,"gab Nancy
zu. „Aber du vergisst in deiner Überlegung, dass sie uns
verlassen will."
„Mum. In einem Jahr gehe ich sowieso auf das
College und dann hätte ich Roswell auch verlassen. So ist das
alles nur ein wenig früher."
„Ich weiß auch nicht.
Wie stellt ihr euch das eigentlich vor?"
Und so berichteten
Harm und Liz abwechselnd von ihrem Plan und überzeugten Liz'
Eltern Stück für Stück von ihrer Idee.
Harm und
Liz konnten später nicht mehr sagen, wie sie es genau geschafft
hatten, aber irgendwann an diesem Abend sagte Nancy Parker
schließlich: „Einverstanden."
Liz schaute ihre Mutter
verwundert an. Dann sprang sie auf und fiel ihr um den Hals: „Danke,
Mum."
Anschließend blickte sie ihren Vater an, der
ebenfalls nickte und sie fiel auch ihm um den Hals: „Danke, Dad."
1213 Z-Zeit (06.13
Uhr MDT)
The Crashdown Cafe
Roswell, New Mexiko
Langsam wachte Mac
auf. Ihre innere Uhr erinnerte sie daran, dass sie zwar bald
aufstehen musste, aber ein Paar Minuten blieben ihr noch. Und da sie
sich so ungewohnt geborgen fühlte, fand sie keinen Grund, ihre
augenblickliche Situation zu verändern. Je mehr sie sich von der
Traumwelt entfernte, desto genauer nahm sie auch ihre Umgebung wahr.
Sie erinnerte sich plötzlich daran, dass sie nicht in
Washington, sondern in Roswell im Haus von Liz' Eltern war.
Obwohl
die Zimmertemperatur niedrig war, fror sie nicht. Vielmehr fühlte
sie eine Wärme, die sie nicht sofort einordnen konnte.
Und
dann war da noch dieses Kissen. Und dieser sanfte Druck auf ihre
Taille.
‚Oh! Das ist Harm!' schoss es ihr plötzlich
durch den Kopf. ‚Harm ist mein Kissen!'
Plötzlich war
sie hell wach und öffnete ihre Augen. Die ungewohnte Nähe
ihres Partners verwirrte sie.
Doch dann beruhigte sich ihr Puls
wieder: ‚Wieso bin ich so nervös? Das ist Harm.' Entspannt
schloss sie wieder die Augen: ‚Irgendwie fühlt sich das
richtig gut an.'
Gleichzeitig wurde auch Harm munter.
Und
ohne, dass die beiden es auch nur ahnten, gingen ihre Gedanken in die
gleiche Richtung, so dass sie noch einige Zeit zusammen im Bett
liegen blieben, ohne zu wissen, dass der andere ebenfalls schon
munter war.
Doch dann klingelte der Wecker und die beiden
trennten sich unauffällig voneinander, bevor sie ihn ausmachten
und dann aufstanden.
Mac flüchtete sofort ins Bad, während
Harm in die Küche ging.
Wider Erwarten traf er dort auf Liz:
„Morgen, Liz. Wieso bist du schon auf?"
Liz schrak auf und
sah ihren Cousin komisch an: „Morgen, Harmon. Entschuldige, ich
habe dich gar nicht gehört. Wie spät ist es denn?"
„6.34
Uhr,"sagte Mac, wie aus der Pistole geschossen. Sie betrat
ebenfalls die Küche und fragte weiter: „Gibt es schon Kaffee?"
„Oh, ja,"antwortete Liz. „In der Maschine müsste noch
etwas sein. Allerdings ist er wahrscheinlich schon kalt."
„Kalt?"
fragte Harm überrascht. „Wie lang sitzt du hier denn schon?"
Liz zuckte mit den Schultern: „Ich konnte nicht schlafen und da
bin ich aufgestanden. Ich weiß nicht, wann das war."
„Ist
alles in Ordnung?"fragte Harm besorgt weiter.
„Sicher,"
antwortete Liz etwas zu schnell. Doch dann ergänzte sie mit
fester Stimme: „Ich musste nur über verschiedene Dinge
nachdenken, die mich am Einschlafen gehindert haben und irgendwann
habe ich es aufgegeben, schlafen zu wollen. Aber ich denke, dass ich
mich jetzt noch etwas hin lege."
„Willst du nicht mit uns
frühstücken?"schlug Mac vor. „Ich habe bereits
frischen Kaffee angesetzt."
Liz schüttelt den Kopf:
„Danke. Aber Maria kommt in 2 Stunden zum Frühstück."
„Dann versuch noch etwas zu schlafen,"sagte Harm.
Liz
nickte und verließ den Raum.
„Denkst du, dass wirklich
alles in Ordnung mit ihr ist?"fragte Mac besorgt.
Harm nickte:
„Mach dir keine Sorgen. Sie ist gestern nach zweimonatiger
Abwesenheit wieder nach Hause gekommen. Natürlich braucht sie da
etwas Zeit für sich, um mit der Situation fertig zu werden."
2359 Z-Zeit (17.59 Uhr MDT)
Michaels Apartment
Roswell, New Mexiko
Maria, Michael, Isabell und Max
saßen in der Wohnung und rätselten darüber, was Liz
wohl mit ihnen besprechen wollte. Maria verhielt sich dabei
erstaunlich still, was Michaels Aufmerksamkeit natürlich nicht
entging. Und während Isabell und Max weiter diskutierten, fragte
er sie leise: „Du weißt, warum sie uns herbestellt hat?!"
Maria drehte sich zu ihm um und schaute ihn verblüfft an. Er
kannte sie besser, als sie gedacht hatte. „Ich vermute es, ja,"
gab sie schließlich zu.
Plötzlich klopfte es und
Isabell öffnete die Tür. Dann ging sie zurück zu ihrem
Platz und setzte sich zu ihrem Bruder.
Liz trat ein und schaute
sich um. Als sie alle ihre Freunde versammelt sah, atmete sie
erleichtert aus. Dann schloss sie die Tür und ging zu ihnen.
Doch sie nahm nicht Platz. Sie blickte sie scheu an, bevor sie zu
sprechen begann: „Ihr fragt euch wahrscheinlich, warum ich euch
hierher bestellt habe und mit Sicherheit seit ihr auch noch
aufgebracht, weil ich nach Tess' Abflug so schnell verschwunden
war. Aber es gibt für alles eine logische Erklärung.
Allerdings ist sie etwas verwirrend und deshalb möchte ich euch
bitten, dass ihr mir erst einmal zuhört, bevor ihr eure Fragen
stellt. Und ich weiß auch nicht, ob ich diese beantworten
kann."
Als alle nickten, fuhr sie fort: „Ich weiß gar
nicht so Recht, wo ich genau anfangen soll, aber ich werde versuchen,
es so verständlich wie möglich zu erklären."Noch
einmal sammelte sie ihre Gedanken und dann sprach sie mit fester
Stimme: „Es war kurz bevor eure Doppelgänger hier in Roswell
auftauchten. Wir alle waren damals mehr als nur durcheinander, da wir
erst von eurer Bestimmung erfahren hatten. Max versuchte zu dieser
Zeit mich davon zu überzeugen, dass wir unser Schicksal selbst
bestimmen und ich hätte sicher nachgegeben, wenn dieser eine Tag
nicht gewesen wäre. Maria, Alex und ich waren bei einem
Wahrsager gewesen und ich war glücklich. Ich stand gerade vor
einem Spiegel, als es ein lautes Geräusch gab und ich sah ein
helles, gleißendes Licht auf dem Balkon erstrahlen. Dann war
wieder alles wie vorher. Und doch gab es eine Veränderung. Auf
meinem Balkon stand ein Mann, der aussah, wie du Max."Dabei
schauten sie alle erschrocken an. Bisher war alles nur wie eine
Einleitung gewesen, doch das forderte ihre Beachtung. „Doch er sah
nicht nur so aus, wie du, er war du – dein zukünftiges Ich.
Natürlich wollte ich ihm das nicht glauben, aber er wusste
Dinge, die nur wir beide wissen konnten."Sie summte eine Melodie,
die Max als das Lied erkannte, das er zusammen mit der Mariacchi-Band
gesungen hatte. Er nickte wissend, was auch die anderen bemerkten.
Dann widmeten sie Liz wieder ihre Aufmerksamkeit und diese erzählte:
„Er erklärte mir, dass er mit Hilfe des Graniliths einen
Zeitsprung gemacht hatte, um die Vergangenheit zu verändern,
damit es eine Zukunft gibt. Denn in seiner Zeit stand die Erde kurz
vor ihrem Untergang. Tess hatte euch verlassen und dadurch war die
Einheit, die ihr bildet, zerbrochen. Deshalb wart ihr geschwächt
und als die Skins angriffen, reichten eure Fähigkeiten nicht
aus. Nur zusammen könnt ihr sie besiegen. Wir wussten nichts von
ihrem Plan. Max ging davon aus, dass Tess gut ist – das sie sich
einfach nur ausgeschlossen fühlte. Denn im etwa zu diesem
Zeitpunkt, als dieser Max bei mir auftauchte, entschloss Tess sich,
weg zu gehen. Und das wollte der Max aus dem Jahr 2014 unbedingt
verhindern. Deshalb wollte er ihr das geben, was sie unbedingt
wollte. Ich sollte mich von dir trennen, damit Tess eine Chance hat.
Denn auch wenn wir beide wunderschöne gemeinsame Jahre hatten,
so war er bereit all das aufzugeben, um die Erde zu retten. Wie hätte
ich mich ihm da in den Weg stellen sollen? Er wusste schließlich,
was passieren würde und damit, konnte ich nur eins tun: ihm
vertrauen. Wir entwickelten einen Plan nach dem anderen und jeder
scheiterte. Einmal hat er sich sogar fast aufgelöst, doch dann
verfestigte sich seine Gestalt wieder und wir wussten, dass du noch
immer in mich verliebt warst. Deshalb mussten wir zum äußersten
Mittel greifen. Ich musste dein Vertrauen in mich zerstören. Ich
wollte dir nicht weh tun, doch es ging nicht anders. Kyle war so nett
mir zu helfen, aber da war überhaupt nichts."Sie atmete noch
einmal tief durch, bevor sie Max direkt in die Augen blickte und
sagte: „Wir beide hätten an diesem Abend unsere Beziehung in
einer Weise vertieft, dass selbst Tess mit ihren Kräften
machtlos gewesen wäre. Und das wäre der Anfang vom Ende der
Welt gewesen."
Liz brach mit Tränen in den Augen ab und
Maria ging langsam auf sie zu und nahm sie in den Arm. Beruhigend
strich sie ihr über den Rücken: „Ganz ruhig. Jetzt ist es
ja raus. Du musst dir keine Sorgen mehr machen. Schhh..."Immer
weiter redete sie leise auf sie ein. Dann setzten sie sich gemeinsam
hin, während die anderen die vielen Neuigkeiten erst einmal
verdauen mussten. Und auch wenn Isabell und Michael das Ende nicht
ganz verstanden hatten, so begriffen sie doch die Tragweite von Liz'
Ausführungen und vor allem, was sie alles durchgemacht haben
musste.
„Wieso hast du mir nie etwas gesagt?"durchbrach Max
irgendwann die Stille. „Wieso... wieso ist er nicht einfach zu mir
gekommen?"
Liz schaute ihn an: „Wenn du es gewusst hättest,
wäre unser letzter Plan auch gescheitert. Und er konnte dir
nicht gegenübertreten, da euch das beide vernichtet hätte.
Ich habe das auch nicht ganz verstanden."
Max wollte sich aber
nicht zufrieden geben: „Aber wieso ist er dann zu dir gegangen. Er
hätte doch auch mit Tess reden können oder ..."
Isabell
unterbrach ihn noch bevor er die Frage zu Ende stellen oder Liz
antworten konnte: „Max, ich bitte dich, an wen würdest du dich
zuerst wenden, wenn du ein Problem hast? Ihr beide hattet schon immer
diese Bindung."
„Und nach allem, was wir jetzt über Tess
wissen, hätte es sowieso nichts gebracht, mit ihr zu reden,"
ergänzte Michael sofort.
„Wir wollten das alles nicht. Max
meinte, dass das unsere einzige Chance sei, euch vor dem Tod zu
bewahren und... und..."weinend brach Liz ab.
Max hackte nach:
„Was hat er über seine Zukunft erzählt?"
Maria
streichelte Liz noch immer beruhigend über den Rücken und
als sie ihren bittenden Blick sah, antwortete sie: „Ihr wärt
wieder zusammengekommen und eure Verbindung wäre tiefer gewesen,
als je zuvor."Alle starrten sie verblüfft an, da sie nicht
wussten, dass Maria eingeweiht war, doch diese fuhr einfach fort: „An
diesem Punkt erkannte Tess, dass sie niemals eine Chance haben würde
und verschwand. Mit 19 wärt ihr durchgebrannt und hättet in
Las Vegas geheiratet."
„Die Vision,"flüsterte Max.
Maria nickte: „Genau. Soweit war alles gut. Aber dann griffen
die Skins an und Tess tauchte nie wieder auf und deshalb wart ihr
drei auf euch allein gestellt und ihr habt gekämpft, aber... es
war nicht genug. Zuerst... starb Isabell und dann..."Maria atmete
tief durch, bevor sie mit tränenerstickter Stimme sagte:
„Michael!"Erneut brach Maria ab und schaute ihrem Freund tief in
die Augen, bevor sie weitersprach: „Am Ende wart nur noch ihr beide
übrig und dir blieb keine andere Wahl, als Liz zu verlassen und
in der Vergangenheit zu versuchen all das zu verhindern. Keiner
konnte zu diesem Zeitpunkt ahnen, dass Tess' Bleiben genauso
schlimme, wenn nicht sogar schlimmere Folgen haben würde."
„Ihr seid eine Einheit,"erklärte Liz leise. „Ihr
konntet zu viert die Kommunikatoren aktivieren und genauso seid ihr
auch nur zu viert wirklich stark."
So langsam verstanden alle,
worauf Liz eigentlich hinaus wollte. Und Max war es dann, der die
Gedanken aller aussprach: „Und jetzt ist dieses Band wieder
zerstört."
Liz nickte: „Ich habe lange überlegt, ob
ich es euch erzählen soll. Doch ich denke, dass es die einzige
Möglichkeit ist, das schlimmste vielleicht doch noch zu
verhindern. Im Gegensatz zu der anderen Zukunft wisst ihr jetzt, was
vermutlich passieren wird und könnt euch vorbereiten. Ich kann
euch nicht sagen, was Tess' Abflug im Lauf der Geschichte ändern
wird, aber wenn sie wirklich mit Kivar zusammenarbeitet, kann man
davon ausgehen, dass der Angriff eurer Feinde eher früher als
später zu erwarten ist. Deshalb müsst ihr wirklich
trainieren. Denn auch wenn Nasedos Ansichten manchmal etwas
engstirnig waren, so hatte er in einem Punkt Recht. Wenn ihr
überleben wollt, dann müsst ihr wissen, was ihr könnt."
„Als ob das so einfach wäre,"fuhr Max sie an.
Liz
schüttelte den Kopf: „Ich habe nie gesagt, dass es einfach
wird. Das ist die schwerste Prüfung, vor der ihr je gestanden
habt und eure bisherigen Gegner werden nichts im Gegensatz zu dem
sein, was euch jetzt erwartet. Trotzdem dürft ihr euch nicht
verkriechen. Wenn ihr kämpft, könnt ihr verlieren, aber
wenn ihr von vornherein aufgebt, dann habt ihr schon verloren."Sie
blickte in die Runde: „Ich denke, das waren jetzt ganz schön
viele Informationen auf einmal. Ihr solltet in Ruhe darüber
nachdenken."Sie schaute ihre Freunde an und bemerkte den
abwesenden Gesichtsausdruck auf ihren Gesichtern. ‚Vielleicht
sollte ich ihnen etwas Zeit lassen und nicht auch noch die zweite
Bombe platzen lassen,' dachte Liz bei sich, doch dann atmete sie
noch einmal tief durch, bevor sie erneut anfing zu reden: „Ich
weiß, dass ihr jetzt mit euren Gedanken ganz wo anders seid,
aber ich muss euch da noch etwas sagen, dass nichts mit
Außerirdischen zu tun hat."Sie blickte alle an und als sie
ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte, fuhr sie fort: „Ich weiß,
dass es euch gegenüber unfair war, wie ich vor Wochen
verschwunden bin. Doch in meiner damaligen Situation sah ich keinen
anderen Ausweg. Jetzt ist das anders... Meine Rückkehr nach
Roswell war nicht endgültig. Ich werde in ein Paar Tagen mit Mac
und Harmon nach Washington zurückkehren. Und es gibt nichts, was
ihr sagen könntet, um mich aufzuhalten. Ich weiß, dass das
ein Schock ist, aber ich sehe keinen anderen Weg."Liz sah starr zu
Boden, da sie die verletzten Blicke der anderen nicht sehen wollte.
Dann fügte sie eine Erklärung hinzu: „Ich möchte
nicht undankbar erscheinen, da ich sehr froh bin, dass ihr alle in
mein Leben getreten seid, aber ich kann so einfach nicht weiter
machen. Ihr habt schon oft euer Leben für mich riskiert –
nicht zuletzt, weil ihr mir das Leben gerettet habt, aber irgendwann
sind auch meine Kräfte erschöpft. Ich würde euch
unglaublich gern zur Seite stehen und euch unterstützen, doch
einerseits habe ich keine Ahnung, wie ich euch jetzt noch helfen kann
und andererseits glaube ich auch nicht, dass ich noch einmal die
Kraft und den Mut aufbringen könnte. Ihr seid die wichtigsten
Personen in meinem Leben und wenn ich könnte, würde ich das
alles rückgängig machen und nach einer anderen Möglichkeit
suchen, aber das geht nicht. Ich muss jetzt erst einmal wieder zu mir
finden. Und das geht hier nicht."
Max blickte sie traurig an:
„Du gehst meinetwegen."
Liz schaute überrascht auf und
ihr Blick traf den von Max und sie versanken in den Augen des jeweils
anderen.
Isabell, Michael und Maria verständigten sich durch
Handzeichen, dass sie die beiden lieber allein lassen sollten und so
gingen sie in ein anderes Zimmer.
„Du fliehst vor mir,"
wiederholte Max.
Liz nickte: „Ich liebe dich. Und ich weiß,
dass ich dir vergeben würde, wenn ich hier bleibe. Doch so
einfach ist das nicht. Ich würde ein solches Gefühlschaos
nicht noch einmal überstehen."
„Und ich kann dir nicht
versprechen, dass nichts passiert. Zur Zeit scheint alles ruhig zu
sein, doch wir können nicht ausschließen, dass wieder
irgendeine Gefahr auf uns zukommt. Ich will dich keiner Bedrohung
aussetzen und... und vielleicht ist es wirklich besser, wenn du
gehst."Max wurde immer leiser bis er verstummte.
Sofort stand
Liz auf und setzte sich neben ihn. Dann legte sie ihre Hand an sein
Kinn und zwang ihn sie anzusehen: „Max, alles was ich in dieser
Zeit gesagt habe, war eine Lüge. Ich wollte dich nie verletzten,
doch..."
Max' Finger auf ihren Lippen brachte sie zum
Schweigen: „Du musst dich nicht rechtfertigen oder entschuldigen.
Was du für uns getan hast war einmalig. Ich weiß nicht, ob
ich dazu in der Lage gewesen wäre, wenn ich vor deinen
Entscheidungen gestanden hätte. Ich weiß jetzt überhaupt
nichts mehr."
„Mir geht es doch nicht anders und deshalb
brauche ich etwas Abstand,"erklärte Liz. „Nur wenn ich
etwas Ruhe finde, werde ich in der Lage sein, das alles zu
verarbeiten. Und dabei kann ich dir nicht täglich über den
Weg laufen. Ich muss wissen, was ich will und das kann ich nicht in
Roswell herausfinden."
„In Ordnung. Ich werde dich nicht
davon abhalten,"erklärte Max zögernd. „Aber bitte
versprich mir eins: melde dich immer mal, damit wir wissen, dass es
dir gut geht. Du musst ja nicht unbedingt mit mir reden, aber wenn du
zu Maria Kontakt hältst und sie mir manchmal sagt, was du
machst, dann bin ich schon zufrieden."Liz blickte verlegen zu
Boden und so fuhr Max fort: „Ich verstehe. Du musst deinen eigenen
Weg gehen und willst mich da überhaupt nicht mehr dabei haben."
Sie schüttelte den Kopf: „Nein, so meine ich das nicht. Es
ist vielmehr so, dass ich die ganze Zeit über mit Maria in
Verbindung stand. Sie wusste, wo ich war und sie sollte euch nichts
erzählen, weil ich Angst davor hatte, dass ihr mir folgt."Liz
schaute wieder auf und blickte direkt in Max' Augen: „Wenn du mir
versprichst, dass du nichts unternehmen wirst, egal was Maria
erzählt, dann bin ich einverstanden."
Max nickte
glücklich: „Okay. Ich weiß, dass du viele Träume
hast und die kannst du einfach nicht in meiner Nähe
verwirklichen. Auch wenn es weh tut, so muss ich doch erkennen, dass
du damals Recht hattest, als du gesagt hast..."
„Ich weiß,
was ich gesagt habe,"unterbrach Liz ihn sofort, als sie den
Tränenfilm in seinen Augen erkannte, „doch das war ganz sicher
nicht die Wahrheit. Ich sollte dich von unserer Liebe abbringen und
dafür habe ich viele Dinge gesagt, die einfach nicht stimmen.
Ja, ich will eine Familie: ein Haus, einen Mann und Kinder. Und ich
will, dass wir in Sicherheit und geordneten Verhältnissen leben,
aber ich habe mich nie sicherer gefühlt, als in deiner Umgebung.
Ohne dich würde ich heute gar nicht mehr leben. Außerdem
hast du mein Leben erst lebenswert gemacht. Unsere Beziehung bedeutet
mir unheimlich viel und ich will auch nicht, dass sie hier endet, nur
braucht sie einfach eine Pause. Ich werde immer für dich da
sein, wenn du mich brauchst. Daran darfst du gar nicht erst zweifeln.
Und dass ich gesagt habe, ich würde nicht für dich sterben,
war die größte Lüge meines Lebens. Ich liebe dich und
ich würde alles für dich tun."
„Ich liebe dich
auch,"erwiderte Max zärtlich. Langsam beugte er sich nach
vorn bis sich ihre Lippen sanft berührten. Sofort schlang Liz
ihre Arme um seinen Nacken und intensivierte den Kuss.
Plötzlich wurde den beiden
bewusst, dass sie nicht allein waren und vor allem, dass sie nicht
zusammen waren und so trennten sie sich – wenn auch widerwillig –
wieder voneinander.
Verlegen schauten sie in die jeweils andere
Richtung, doch dann blickten sie sich wieder in die Augen und
erkannten die Liebe, die sie füreinander empfanden.
Liz
schüttelte leicht den Kopf, um die Verwirrung zu vertreiben, die
sich in ihr gebildet hatte und sagte dann mit leiser Stimme: „Es
muss sein. Meine Eltern haben auch schon zugestimmt. Ich brauche das
jetzt einfach."
Max streichelte ihr sanft über die Wange:
„Und ich werde der letzte sein, der sich dir in den Weg stellt.
Wenn das dein Wunsch ist, so sollst du es haben."
„Danke,"
antwortete Liz und schon wieder bildeten sich Tränen in ihren
Augen, die Max sofort wegwischte. Und erneut trafen sich ihre Lippen
zu dem vorerst letzten Kuss – einem Abschiedskuss, den wohl keiner
von beiden jemals vergessen würde.
