Einteiler. Ebony trauert um Jay.

Lacrimae

Vernichtende Dunkelheit umhüllte sie. Sanfte Sonnenstrahlen beschienen den Raum, doch davon nahm sie keine Notiz. Einsam und unglücklich saß Ebony auf der roten Couch und lauschte der Stille. Ihr Blick war starr auf den Boden gerichtet, sie betrachtete die schwarz-roten Punkte, die sich ständig wiederholten, bis sie schließlich vor ihren Augen verschwammen und eine Flut von Tränen Zeugen ihrer Verzweiflung wurden.

Ihre Gedanken schweiften zu der Person, die für ihren angeschlagenen Zustand verantwortlich war und neben der tiefen Trauer stiegen nun Gefühle von unbändiger Wund in ihr auf. Es war ihr vollkommen bewusst, dass sie sich in der Vergangenheit unzählige Male nicht richtig verhalten hatte und dieser Ausdruck war maßlos untertrieben.

Aber er hatte ihr Gewissen, das sie für so lange Zeit abgestellt hatte, wach gerüttelt und Gefühle wie Reue und Besserungswünsche in ihr hervorgerufen. Er hatte sie mir seiner Liebe überschüttet und zum ersten Mal in ihrem Leben war sie wirklich glücklich gewesen.

Und dann war sie aufgetaucht. Amber. Und alles was Ebony und Jay mühsam aufgebaut hattten, hatte sie einfach zerstört. Oder hatte Jay von Anfang an nur ein übles Spiel mit ihr getrieben? Ambers Gelächter hallte in ihren Ohren wider und ein neuer Tränenfluss überkam sie, während sie schmerzvoll daran zurückdachte, dass sich die Geschichte ein weiteres Mal wiederholt hatte. Vor Jahren hatte Amber Bray bekommen. Doch das war ihr anscheinend nicht genug. Wieder einmal hatte sie ihr das geraubt, was ihr am meisten bedeutete. Amber hatte gewonnen. So wie sie immer gewann.

Die Frage war, wie sie nun damit umgehen sollte? Ihr größter Schwachpunkt war getroffen worden. Oder war es der einzige? Im Grunde spielte es keine Rolle.

Ein dumpfes Türklopfen unterbrach ihre Gedanken. Sie erschrak. Was, wenn Jay draußen stand? Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter und versuchte, es ihrer Stimme nicht anmerken zu lassen, dass sie geweint hatte. „Wer ist da?", fragte sie, und ihre Stimme klang kalt und abweisend, so wie sie es immer tat.

„Ich bin's nur.", antwortete eine ihr wohlbekannte Stimme und sie stieß erleichtert die Luft aus, die sie, ohne es selbst zu bemerken, angehalten hatte. „Die Tür ist offen, komm herein," forderte sie ihre Besucherin auf, ohne aufzustehen. Dies tat sie erst, als sie das verquollene Gesicht ihrer eintretenden Schwester sah. „Welche Ironie," bemerkte sie sarkastisch. „Du siehst genauso aus, wie ich mich fühle."

Ihre Schwester versuchte sich die Tränen aus ihren Augen wegzublinzeln, was ihr jedoch nicht gelang. „Könntest du für einen Moment den Streit und Hass einfach vergessen und... meine Schwester sein?" Mit der eben formulierten Bitte hatte Ebony niemals gerechnet und als sie in ihrem Kopf die Worte nochmals wiederholte stiegen auch ihr wieder die Tränen in die Augen.

„Komm her, Sivi," flüsterte sie und die beiden weinenden Mädchen fielen sich in die Arme, ein Gefühl, das sie beide lang vermisst hatten, wie sie insgeheim zugeben mussten. Während dieser Szene stand die dritte Schwester etwas abseits von diesem Raum. Und trocknete ihre eigenen Tränen.