Kapitel 7

Es geschehen noch Zeichen und Wunder

Der See war, genau wie am Vortag, äußerst gut besucht.

Harry spielte mit einigen seiner Mitschüler Wasserball mit einem verhexten Ball.

Dieser hatte die Angewohnheit sich alle paar Minuten in eine Wasserbombe zu verwandeln und beim Schlagen einfach zu platzen. Dann ergoss sich eisiges Wasser auf denjenigen der gerade darunterstand.

Natürlich fanden das alle klasse und immer wenn es auf die Zeit zuging, dass er sich wieder verwandelte entstand ein ganzes Knäuel aus Schülern, die gleichzeitig versuchten ihn zu fassen zu kriegen.

Ron hatte kein Interesse an dem Spiel.

Sein Interesse galt gerade eher dem erotischen Küssen, da er mit Emilie auf einer Decke im Schatten saß, vorborgen zwischen zwei Büschen, genau wie er es geplant hatte.

Er fühlte sich sehr nervös, da er wusste dass Emilie schon mit Zungenküssen vertraut war. Er war es jedoch nicht und hatte Angst etwas falsch zu machen. Gleichzeitig übte es auf ihn eine solche Faszination aus, dass er instinktiv das Richtige tat.

Er berührte ihre Lippen, die sich sanft gegen seine pressten, dann öffnete sie leicht den Mund und gewährte ihm Einlass.

Tausend Schmetterlinge tanzten in seinem Bauch und irgendwie weiteten sie sich flugs auf seinen Unterleib aus.

Er spürte ihre Wärme und das Eindringen in ihren Mund ließ ihn ein wenig erahnen wie es sein würde mit ihr zu schlafen.

Nicht dass sein Körper dazu noch nicht bereit gewesen wäre, aber er wusste es war noch zu früh dafür. Er wollte sie ganz langsam erkunden.

Mit einem Mal spürte er einen dunklen Schatten über sich.

Er öffnete ein Auge und hoffte dass Harry nicht die Frechheit besaß zu stören.

Aber es war nicht Harry.

Es war schrecklich.

Es war Snape!

Was machte der denn schon wieder hier?

Der hatte doch gestern erst Aufsicht.

Heute war Filch dran und der schlief doch immer unter irgendeinem Baum ein und sah und hörte dann nichts mehr.

Ron schob Emilie schnell von sich, die ihn irritiert ansah und nicht verstand.

Dann blickte auch sie nach oben und sah die dunkle Gestalt dort stehen.

Snape sah aus wie ein Racheengel.

Aber irgendetwas war anders an ihm.

Ron schluckte und wollte zu einer Erklärung ansetzen, die ja nur eine dumme sein konnte, weil die Sachlage wohl mehr als eindeutig war.

Snape brachte ihn denn auch sofort zum Schweigen.

„Ich denke, Mr. Weasley, Sie sollten sich ein wenig abkühlen gehen. Ich bin gespannt was Ihre Eltern zu Ihren Freizeitaktivitäten sagen werden. Miss Taylor, und Sie, glauben Sie Ihre Eltern werden erfreut sein davon zu hören?"

Ron war inzwischen hochrot angelaufen. Er fühlte sich schrecklich. Einerseits wollte er Emilie beschützen, andererseits war seine Erregung nicht zu übersehen und er schämte sich schrecklich.

Emilie dagegen war blaß geworden und zog es vor gar nichts zu erwidern sondern nur dem Blick des Lehrers stand zu halten.

'Wie mutig sie ist,' schoß es Ron durch den Kopf und er liebte sie dafür umsomehr.

„Solange ich hier die Aufsicht habe werden Sie beide sich mindestens fünfzig Meter entfernt voneinander aufhalten, ist das klar?"

„Aber Sir," versuchte es Ron.

Ein Blick genügte um ihn zum Schweigen zu bringen.

Nun sah Emilie Snape mit einem treuen Blick an.

„Lieber Professor," säuselte sie.

„Unsere Eltern müssen doch nichts davon erfahren, wir werden jetzt auch ganz artig sein, versprochen!"

Snape blieb unerbittlich.

„Miss Taylor, mit diesem Gesülze können Sie vielleicht pubertierende Teenager beeindrucken, aber mir können Sie so nicht kommen. Lassen Sie sich gesagt sein, dass Ihre Eltern von ihrem Fehlverhalten erfahren werden."

Damit deutete er auf die andere Seite des Sees und taxierte Ron.

Dieser erhob sich und packte seine Tasche.

Ein letzter sehnsüchtiger Blick auf Emilie, dann ging er in die angedeutete Richtung.

Snape wandte sich um und nahm seinen Kontrollgang wieder auf.

Harry hatte das Geschehen am Ufer mitverfolgt.

Er war so vertieft gewesen dass er noch nicht einmal gemerkt hatte wie der Wasserball sich zweimal direkt über seinem Kopf entleert hatte.

Nun watete er durch das Wasser zum Ufer und ging zu Ron der traurig auf seiner Decke saß.

„Was war los?" fragte er und ließ sich neben Ron nieder.

Ron erzählte ihm in kurzen Worten was sich zugetragen hatte. Harry hörte zu und grinste.

„Echt, ihr habt euch richtig geküsst? Ist ja cool. Ach, vergiss doch Snape den Looser. Der ist doch nur neidig. Ist Dir eigentlich aufgefallen dass er heute keinen Umhang anhat?"

Ron stutzte.

„Irgendetwas war anderes an ihm. Seine gute Laune war es jedenfalls nicht. Stimmt, du hast recht. Er hat keinen Umhang an. Ob das etwas zu bedeuten hat?" sinnierte Ron.

„Hat es bestimmt," sagte Harry,

„nämlich dass es ihm zu heiß ist."

„Kann nicht sein," sagte Ron nun wieder schlechtgelaunt.

„Das würde voraussetzen dass er menschliche Gefühle hat, und die hat er definitiv nicht. Das hat er ja eben wieder zur Genüge bewiesen. Gott, Harry, was wird meine Mutter nur sagen wenn sie es erfährt?"

Harry schaute betreten.

„Sie wird ausrasten," sagte er dann mitfühlend,

plötzlich schlich sich ein breites Grinsen auf sein Gesicht,

„aber ich glaube dein Vater wird mächtig stolz auf dich sein."

Nun lächelte auch Ron.

„Ja, ich glaube du hast recht. Aber erst wird er ein riesen Theater machen, schon meiner Mutter zuliebe."

„Ach Ron, nun wart es erst mal ab. Hat es sich für diesen Kuss nicht gelohnt ein wenig Ärger zu bekommen?"

„Doch," gab Ron zu und sein Blick verschleierte sich.

Er sah zu Emilie hinüber und stellte erfreut fest dass sie ebenfalls zu ihm sah.

'Wir stehen erst am Anfang,' dachte er glücklich.

Erst als die Sonne untergegangen war kühlten die Temperaturen ein wenig ab.

Fast hätten die Schüler sich ein ordentliches Gewitter gewünscht damit der Hitze endlich ein ende gesetzt wäre.

Die Nachmittage am See waren eine nette Abwechslung, ansonsten schwitzten sie im Unterricht und in ihren Türmen, da die Luft dort stickig war wie nie.

Snape hatte den ganzen Nachmittag am See patrouilliert und bei der Gelegenheit zu seiner Überraschung ein Gespräch unter zwei Schülerinen mitbekommen.

Die beiden sonnten sich und Snape, der an Hermines Sonnenstich denken musste, wollte zu ihnen gehen um sie aufzufordern den Schatten aufzusuchen.

Er stand gerade hinter ihnen als sein Name fiel.

„Super, morgen haben wir bei Snape Unterricht."

Das andere Mädchen, eine Blondine stöhnte erstaunt auf.

„Was ist denn mit dir los. Seit wann freust du dich denn auf Zaubertränke?"

„Ich freu mich weil es dort so schön kühl ist. Was glaubst du denn? Denkst du ich freu mich auf unser Oberekel?"

Jetzt lachte die Blondine.

„In den Kerkern ist es doch nur so kalt weil er dort seine eisige Aura verströmt. Ich glaub der würde sogar die Hölle einfrieren lassen."

Sie legte sich zurück auf ihr Handtuch und schloß die Augen.

Aber sie hatte vorher eine große Gestalt erkannt die direkt hinter ihnen stand. Das Mädchen riss die Augen förmlich wieder auf.

Die Blondine erkannte ihren Lehrer und schlug nun unsanft gegen ihre Freundin, die gerade zu einem neuen bösartigen Kommentar über ihn ansetzten wollte.

Diese stieß nur ein leises „oh, scheiße" aus als sie erkannte wer da hinter ihnen stand und vermutlich jedes Wort mitbekommen hatte.

„Schön, Miss Adams, dass Sie meinen Unterricht anscheinend kaum abwarten können. Dann werden Sie die besondere Ehre haben morgen ein Referat zu halten über das Thema: 'Verwendung von Fingerhut in der historischen Zaubertrankbrauerei.'

Ich schlage vor Sie suchen sofort die Bibliothek auf um mit den Vorbereitungen zu beginnen. Und Sie, Miss Rutherford sollten sich mit dem Thema: 'Allgemeine Sicherheitsbestimmungen bei Zubereitungen von Giften' auseinandersetzen."

Er beobachtet mit Vergnügen wie die beiden Mädchen mit offenen Mündern dasaßen, offenbar viel zu geschockt für einen Protest.

„Ich freue mich auch schon auf den Unterricht morgen. Insbesondere weil Sie beide ihn bestreiten werden. Schönen Nachmittag noch."

Mit diesen Worten drehte er sich abrupt um und stapfte über die Wiese zurück zu den Bäumen.

Die beiden Mädchen machten sich mürrisch auf den Weg zurück zum Schloß.

Nun, ein paar Stunden später waren alle Schüler wieder in ihren Türmen versammelt. Snape hatte das Abendessen endlich hinter sich gebracht und für heute waren seine Verpflichtungen zu seiner Erleichterung vorrüber.

Er hatte gerade seinen Kerker betreten und die Schuhe abgestreift als es an der Tür klopfte.

'Nicht schon wieder' dachte er und ging ärgerlich hin um zu öffnen.

Madam Pomfrey stand dort und sah ihn erschrocken an.

„Sie? Äh, darf ich reinkommen?" fragte sie atemlos.

Snape grummelte.

Dann öffnete er weit die Tür und ließ sie herein.

„Ja, ich" sagte er dann und betonte beide Wörter deutlich.

„Ich wohne hier, falls es Ihnen nichts ausmacht."

„Natürlich," gab Poppy schwach zurück.

„Äh, ich wollte zu Hermine."

„Ach, darauf wäre ich gar nicht gekommen," sagte er ironisch.

Poppy beschloß sich nicht weiter mit ihm zu beschäftigen und ging durch die Tür zu ihrer Patientin.

„Hallo Hermine, wie geht es dir? Immer noch Fieber?" fragte sie freundlich.

Hermine saß auf dem Bett und hatte die Gegenstände die Poppy ihr morgens gebracht hatte kreuz und quer über dem Bett verteilt. In der Hand hielt sie ein Buch, von dem Poppy sich einigermaßen sicher war dass sie es nicht in Hermines Tasche gepackt hatte.

„Danke Poppy, es geht schon. Ich sterbe hier zwar gerade an Langeweile, aber ich bin sicher dass Sie feststellen werden dass es mir gut genug geht damit ich wieder nach oben kann."

Madam Pomfrey lächelte als wollte sie sagen 'guter Versuch'. Sie stellte das Tablett mit dem Abendessen auf den Nachttisch und holte noch einen Beutel mit frischem Obst aus ihrer Tasche hervor.

„Du musst essen, hörst du? Ich weiß dass dir immer noch leicht übel ist, aber Essen und Trinken stärkt die Abwehrkräfte."

Sie holte ein Stethoskop aus ihrer Tasche und hörte Hermines Herzschlag und Atmung ab.

Dann wiederholten sie das Prozedere mit dem Fieberthermometer.

„Tja, am Fieber hat sich nicht viel geändert. Aber gegen Abend steigt es immer an. Wir werden sehen müssen wie es morgen früh ist. Hast du noch genug Salbe?"

Hermine deutete auf den Tiegel, der noch halbvoll war.

„Gut, dann wünsche ich eine erholsame Nacht."

Hermine stellte zu ihrem Entsetzen fest dass Poppy schon gehen wollte.

„Bitte, können Sie nicht noch etwas bleiben? Vielleicht können wir uns ein wenig unterhalten, oder ein Spiel spielen?" fragte sie flehend.

Die Krankenschwester guckte bedauernd.

„Hermine, es tut mir wirklich leid. Ich muss zurück auf die Krankenstation. Zwei Schüler sind heute beim Wasserball mit den Köpfen zusammengestossen und haben eine leichte Gehirnerschütterung. Außerdem hat sich ein Mädchen den Fuß verstaucht. Aber warte mal, ich werde mein Bestes tun um dir zu helfen."

Noch bevor Hermine etwas dagegen unternehmen konnte, hörte sie zu ihrem Entsetzen wie Poppy rief: "Professor Snape, kommen Sie bitte mal?"

Grauenhafte Visionen bildeten sich in Hermines Kopf.

Sie sah förmlich vor sich wie Madam Pomfrey den Professor bat Gesellschaftspiele mit Hermine zu spielen, oder gar sich netterweise mit ihr zu unterhalten.

„Ist schon gut Poppy. Ich komm schon klar," beeilte sie sich zu versichern.

Aber diese winkte nur ab und zwinkerte ihr zu.

Snape betrat misstrauisch den Raum.

Abwartend sah er die Krankenschwester an.

„Professor. Miss Granger stirbt hier vor Langeweile. Schließlich ist sie ja auch die meiste Zeit allein – nicht wahr? Ich habe mit Freude vernommen dass Sie sich gut um sie kümmern. Trotzdem habe ich – haben wir eine Bitte an Sie."

Snape hob die Augenbrauen fragend.

„Gewähren Sie Hermine doch bitte Krankenbesuche. Sie würde dann auch sicher viel schneller genesen."

Poppy sah ihn flehendlich an.

Hermine schaute eher überrascht weil sie mit dieser Bitte selber nicht gerechnet hatte.

Die Miene des Zaubertranklehrers verfinsterte sich zusehends.

„Nein, das geht nicht. Ich will darüber kein Wort mehr hören. Schließlich hat sich Miss Granger schon selber um Unterhaltung gekümmert, auch wenn sie sich dabei schon wieder an meinem Eigentum vergriffen hat."

Er deutete auf Goethes „Die Leiden des jungen Werther" der auf Hermines Schoß lag.

„Sie würde vielleicht damit aufhören wenn sie Besuch hätte," versuchte es Poppy erneut.

„Sehen Sie, dann könnte sie zum Beispiel Karten spielen, oder Schach, oder..."

„Ich werde mit ihr Schach spielen," stieß Snape genervt hervor, offensichlich noch bevor sein Gehirn registriert hatte was sein Mund da von sich geben würde.

Für einen Moment schien er selbst überrascht zu sein was er da gerade gesagt hatte.

Allerdings nicht so überrascht wie Hermine und Poppy, die ihn entgeistert ansahen.

„Ich werde mit ihr Schach spielen," wiederholte er noch einmal, „und das Thema Besuch ist damit ein für alle mal beendet. Ist das klar?"

„Nun, dann ist ja alles geklärt," sagte Madam Pomfrey, für die nun eigentlich gar nichts mehr klar war.

„Gute Nacht dann Hermine. Schlaf gut. Ich komme morgen früh um die gleiche Zeit wie heute."

Damit verschwand sie immer noch völlig konfus aus dem Kerker.

Hermine saß auf dem Bett und schaute ihren Lehrer geradezu ängstlich an.

„Ich muss erst ins Bad," nuschelte er und verschwand nun ebenfalls.

Hermine wünschte sich wieder einmal sich in Luft auflösen zu können.

Leider war sie dazu immer noch nicht in der Lage und so wartete sie einfach ab.

Sie hörte die Dusche und einige Zeit später ging Snape im Bademantel wortlos zum Kleiderschrank und suchte sich eine schwarze Hose und einen dünnen grauen Pulli heraus.

Dann verschwand er wieder im Bad um die Sachen anzuziehen.

Hermine hatte derweil ein wenig von ihrem Abendessen gegessen.

Poppy hatte ihr leider keinen Saft mitgebracht weil sie ja davon ausging dass Snape sich darum kümmerte.

Hermine seufzte leise.

Als Snape wieder das Schlafzimmer betreten hatte stellte er sich vor das Bett und sah sie gleichgültig an.

„Was jetzt?" fragte er gespielt untertänig.

Hermine schluckte.

„Äh, könnten Sie mir vielleicht ein Glas geben? Ich komme mir blöd vor mich immer unter den Wasserhahn zu hängen."

Snape kniff kurz die Augen zusammen, dann ging er nach nebenan und kam mit einem leeren Whiskyglas wieder.

Er gab es ihr jedoch nicht, sondern ging ins Bad um es zu füllen, erst dann stellte er es neben Hermine ab.

Sie sagte vorsichthalber nichts.

Er nahm die Kleidungsstücke vom Stuhl und legte sie in ein Fach seines Kleiderschrankes, dann zog er den Stuhl zum Bett hinüber und setzte sich darauf.

Hermine konnte immer noch nichts sagen.

Es war beunruhigend ihren Lehrer in seiner Freizeitkleidung zu sehen. Ob sie nun alle Varianten von ihm gesehen hatte?

Seine langen schwarzen Haare fielen ihm wie ein Vorhang vors Gesicht als er auf Hermine hinunterblickte, die im Bett lag.

Ihr fiel auf dass er sie nicht zurückstrich, fast so als würden sie ihm einen Schutz geben als er fragte:

„Warum haben Sie Madam Pomfrey gesagt ich würde mich gut um Sie kümmern?"

Hermine schluckte.

Sie hatte mit dieser Frage nicht gerechnet.

„Nun, tun Sie das nicht?"

„Sie wissen sehr wohl dass ich das nicht tue. Sie lassen doch sonst keine Gelegenheit aus mir zu zeigen was Sie von mir halten. Warum haben Sie ihr nicht erzählt was für ein egoistisches Schwein ich bin?"fragte er in Anlehnung an ihren Disput vor zwei Tagen.

Hermine dachte kurz nach.

Dann erwiderte sie leise:

„Ich glaube Sie verwechseln mich mit jemandem. Ich denke nicht schlecht über Sie. Das mit dem 'egoistischen Schwein' war doch nur weil Sie mich wütend gemacht haben. Ich finde Sie nur...naja...unberechenbar"endete sie unsicher wie er darauf reagieren würde.

Er lächelte gequält.

„Ich bin nicht unberechenbar. Jeder weiß was er von mir zu erwarten hat. Jeder geht mir aus dem Weg und das ist auch besser so. Wenn unsere Zwangsgemeinschaft hier beendet ist rate ich Ihnen auch dazu. Sie müssen lediglich Ihr Versprechen mich einzuschließen einhalten. Und bald sind Sie auch davon erlöst."

„Ach, ich habe den Schlüssel jetzt. Poppy hat ihn mir gebracht."

Er sah sie erbost an.

„Keine Sorge, sie weiß ja gar nicht dass sie ihn mir gebracht hat, er war ja in einer Tamponpack..."

erschrocken hielt sie inne und wurde knallrot.

Snape schloß kurz die Augen und sagte dann:

„Hauptsache Sie haben ihn. Verstecken Sie ihn aber jetzt lieber woanders. Nicht dass ich beim Schlafwandeln noch auf die Idee komme ihn zu holen."

Hermine nickte eifrig.

„Sie sind bestimmt müde..." sagte sie unsicher.

Snape schaute sie nun prüfend an.

„Ich habe versprochen eine Partie Schach mit Ihnen zu spielen. Ich bin daran gewöhnt meine Versprechen im Allgemeinen zu halten. Es sei denn Sie wollen nicht mehr."

Hermine zuckte mit den Schultern um ihm zu bedeuten dass sie die Entscheidung ihm überlassen wollte.

Da er nichts mehr darauf erwiderte nahm sie das Brett und begann die Figuren aufzustellen.

„Welche Farbe möchten Sie," fragte sie.

Als sie seinen Blick sah hätte sie sich am liebsten selbst geohrfeigt.

Was für eine blöde Frage!

Sie drehte das Brett damit die schwarzen Figuren auf seiner Seite waren.

Sie eröffnete indem sie ihren Springer von G1 nach F3 zog.

Er bewegte einen Bauer zwei Felder vorwärts.

Sie waren gerade mitten in der Eröffnungsphase als Hermine beschloß, dass sie wenigstens herausfinden wollte ob er ihr etwas über ihre Freunde mitteilen würde.

Sie hatte sie immerhin zwei Tage nicht gesehen und war sehr gespannt wie sich alles entwickelt hatte.

Es war zwar nicht nett gewesen dass sie sie dort einfach in der Sonne vergessen hatten, aber schließlich war sie ja auch selber Schuld gewesen. Sie hätte sich zumindest schon im Schloß mit Sonnenschutz eincremen müssen, wie es die anderen offensichlich getan hatten, da die ja anscheinend nicht wie gekochte Hummer aussahen oder mit den Auswirkungen eines Sonnenstichs kämpften.

„Ähm, Professor, haben Sie was von Harry und Ron gehört?"

Snape sah auf und sein Blick verfinsterte sich von einer Sekunde zur anderen.

„Potter ist mir zum Glück heute nicht sonderlich auf die Nerven gegangen. Was man von Weasley nicht gerade behaupten kann," erwiderte er sauer.

Hermine stutzte.

„Was hat er denn gemacht?" versuchte sie es erneut.

Snape knirschte mit den Zähnen während er seinen nächsten Zug plante.

„Das wenige Hirn das er besitzt läßt er sich jetzt auch noch von so einem Weibsbild matschig machen," sagte Snape ungerührt.

Hermine las zwischen den Zeilen.

„Ah, dann ist er jetzt wirklich fest mit Emilie zusammen," rief sie erfreut.

Snape sah sie aus den Augenwinkeln an.

„Zusammen? Ja, das waren sie tatsächlich. Sie haben sich unsittlich verhalten. Ich habe dafür gesorgt dass das ein Ende hat."

Hermine stutzte, dann schaute sie ihn entgeistert an.

„Was meinen Sie jetzt mit 'unsittlich'," fragte sie unsicher ob sie die Antwort überhaupt hören wollte.

„Sie haben sich geküsst," sagte Snape anklagend.

Hermine entfuhr ein:"Achso, und ich dachte schon..."

Snape sah sie bitterböse an.

„Der körperliche Kontakt zwischen minderjährigen Schülern hat zu unterbleiben. Bei einem Fehlverhalten müssen unverzüglich die Erziehungsberechtigten informiert werden."

Hermine blieb die Luft weg.

Da sie nun den nächsten Zug machen musste griff sie sich die erstbeste Figur und setzte sie planlos auf ein anderes Feld.

„Miss Granger, der Läufer geht diagonal. Ich dachte Sie kennen die Schachregeln."

Hermine war mit ihren Gedanken völlig woanders.

Sie nahm den Läufer und setze ihn auf ein anderes Feld in der Hoffnung dass dies nun richtig war.

Snape seufzte.

„Wollen Sie aufhören?"fragte er.

„Das können Sie doch nicht machen," sagte Hermine empört.

Snape brauchte eine Weile um den Zusammenhang zu erkennen.

„Sie irren sich, das muss ich sogar machen. Schließlich habe ich die Aufsichtspflicht."

„Ja schon, aber...erstens ist Ron doch schon 16, er wird in zwei Monaten 17. Und zweitens...sind die beiden bestimmt schon genug bestraft weil Sie sie erwischt haben. Überlegen Sie doch mal wie peinlich das ist."

Snape sah sie unbewegt an.

„Und drittens?"fragte er dann ungerührt.

Hermine kam ins schwimmen.

Ein Gedanke schlich sich in ihren Kopf.

„Ja und drittens..." sagte sie dann, „haben Sie denn nie während ihrer Schulzeit ein Mädchen geküsst?"

Snape war viel zu verblüfft über diese Frage als dass er hätte seine Miene verschließen können.

Hermine wurde schlagartig klar dass sie ins Schwarze getroffen hatte.

„Ich wüsste nicht was Sie das angeht," versuchte Snape sie zurechtzuweisen.

Hermine musste nun wieder ein Stück zurückrudern.

„O.K. Nehmen wir bloß mal an das wäre so..." versuchte sie es vorsichtig.

„Stellen Sie sich vor ihre Eltern hätten davon erzählt bekommen, wäre das nicht schlimm gewesen?"

Snape verzog jetzt, offensichlich ganz in Gedanken, das Gesicht zu einer gequälten Grimasse.

„Meine Eltern haben es gesagt bekommen. Mein Vater hat mich verprügelt. Meine Mutter hat aus lauter Angst vor seiner Wut drei Tage nicht mit mir geredet," sagte er wie in Trance.

Hermines Augen weiteten sich vor Schreck.

Das konnte einfach nicht wahr sein.

Welches Leid hatte dieser Mann eigentlich sonst noch durch seine eigenen Eltern erfahren?

Sie konnte nichts sagen.

Sie hätte auch gar nicht gewusst was, außer das es ihr leid für ihn tat.

Aber das konnte sie ihm nicht sagen, er hätte einen Tobsuchtsanfall bekommen.

Als habe er gar nichts gesagt zeigte er ihr wo ihr Läufer vor ihrem Zug gestanden hatte, damit sie den Zug nun korrekt ausführen konnte.

'Wie schön wäre es wenn wir unser Leben auch so einfach korrigieren könnten. Einfach ein Stück zurückspulen und von neuem anfangen.'

Es dauerte gerade mal sechs Züge dann war Hermine Schachmatt.

Es machte ihr nichts aus. Das Spiel hatte sie nicht sonderlich interessiert.

Dass Snape ein wenig von sich erzählt hatte bedeutete ihr unendlich mehr.

Leider wollte er offensichlich dass es Ron ebenso schlecht wie ihm erging.

Das schmerzte Hermine irgendwie. Eigentlich weniger wegen Ron, der würde mit Sicherheit keine Prügel von seinen Eltern beziehen.

Es war eher wegen Snape, der offensichlich nicht in der Lage war zu vergeben – am wenigsten sich selbst.

Nach dem Schachspiel hatte er sich verabschiedet und Hermine wollte nur noch ein paar Seiten lesen und dann ebenfalls schlafen.

Sie hatte gerade einen Absatz gelesen da fiel ihr ein dass sie ja noch die Kerkertür abschließen musste.

Also kramte sie in ihrer Tasche bis sie die Tamponpackung gefunden hatte und holte den Schlüssel hervor.

Dann ging sie zur Tür die das Schlafzimmer mit dem Wohnzimmer verband und öffnete sie vorsichig.

Snape lag noch nicht auf der Couch. Er hatte inzwischen seinen Schlafanzug angezogen und stand vor seinem Schreibtisch.

Hermine konnte erkennen dass er ein Arzneifläschen aus seinem eigenen Bestand in der Hand hielt und die Flüssigkeit daraus auf einen Löffel tropfen ließ.

Er zählte dabei leise.

Als er bei dreißig angelangt war schluckte er den Inhalt des Löffels angewidert hinunter.

Hermine war wie angewurzelt stehen geblieben und hatte den Atem angehalten.

'Verdammt, ich hätte klopfen sollen' dachte sie wütend auf sich selbst.

Snape schreckte dann auch merklich zusammen als er sie so überraschend dort stehen sah.

„'tschuldigung," stammelte sie jetzt.

„Ich habe vergessen dass ich noch abschließen muss."

Snape sagte nichts, er nickte nur knapp.

„Sind Sie krank?" fragte sie dann und hätte sich gleichzeitig dafür ohrfeigen können.

„Nein," knurrte Snape.

Hermine kam auf einmal ein Gedanke.

„Ach, war das schon das Gegenmittel wegen dem Schlafwandeln?"

„Nein," knurrte er wieder und Hermine spürte mit einer hundertprozentiger Sicherheit dass sie nun den Mund halten musste.

„Na, dann will ich mal..." sagte sie und schloß rasch die Tür ab.

„Gute Nacht," sagte sie dann noch leise und verschwand in ihr Zimmer.

Dort angekommen versteckte sie den Schlüssel unter ihren Sachen im Kleiderschrank.

Als sie wieder im Bett lag fielen ihr fast wie von selbst die Augen zu.

Sie hatte nicht einmal das Licht gelöscht.

TBC