Kapitel 8
Schlafende Hunde soll man nicht wecken
Hermine träumte von Wesen die sie verfolgten. Sie hatten keine Gesichter, sahen irgendwie aus wie Menschen und dennoch wie Wölfe. Sie liefen auf allen vieren. Als sie sie gerade umzingelt hatten stellte sich eines dieser Wesen auf zwei Beine und rief: „Du hast ihn geküsst, dafür wirst du sterben!"
Dann erwachte sie plötzlich und konnte sich im ersten Moment gar nicht orientieren. Sie erkannte dass es nur ein Traum gewesen war, aber als sie die Augen öffnete erschrak sie fast zu Tode.
Dort stand das Wesen dass sich aufgerichtet hatte direkt neben ihrem Bett.
Sie brauchte noch ein paar Sekunden um klar zu werden.
Nein, das war kein Wesen aus ihrem Traum.
Die Kerze war so weit hinuntergebrannt dass die Flamme nur noch ein diffuses flackerndes Licht aussendete.
Hermine sah sich die Gestalt genauer an.
Es war Snape!
Was machte er hier mitten in der Nacht.
Als Hermine seinen starren Blick bemerkte wurde es ihr schlagartig klar. 'Na klasse' dachte sie 'ich bin hier mit einem schlafwandelnden Mann eingeschlossen. Irgendwie gruselig.'
Gerade überlegte sie was sie nun tun sollte als sie mit einem mal entsetzt feststellte dass er sich bewegte.
Mit langsamen, irgendwie ferngesteuerten Bewegungen hob er die Bettdecke an, schlug sie zurück und legte sich zu Hermine ins Bett.
Sie war wie erstarrt. 'Oh Gott. Was jetzt? Ich muss ihn wecken,' dachte sie verzweifelt. Doch gleichzeitig spürte sie dass sie unfähig war sich zu rühren.
Für einen moment überlegte sie ob sie sich auf seiner Couch einquartieren sollte. Dann kam ihr ein anderer Gedanke.
Was wäre wenn er dann später im Schlaf beschliessen würde wieder dorthin zu wechseln. Dann würde er sich noch gar auf sie drauflegen!
Nein, da war das Bett schon besser.
Sie lag ja auf ihrer Seite und er auf seiner. Sie betete dass dies so blieb. Im gleichen Moment verlosch die Kerze endgültig und Hermine fiel wieder in Schlaf.
Am nächsten morgen wurde sie so plötzlich aus dem Schlaf gerissen, dass ihr im ersten Moment richtig schlecht wurde.
Snape hatte geschrien.
Es klang irgendwie nach: "Was ist hier los? Was machen Sie hier?"
Sie grübelte noch über diese merkwürdige Frage nach, als sie vorsichtig die Augen öffnete. Ja, es musste bereits Morgen sein, denn Licht drang durch die Tür vom Wohnzimmer herein.
Mit einem mal fiel ihr wieder ein was sich in der letzten Nacht zugetragen hatte. Sie drehte ihren Kopf in Snapes Richtung und bemühte sich gelassen zu bleiben. Jetzt wo es hell war fiel ihr auf wie nah sie doch nebeneinander gelegen hatten.
Snape war offensichlich auch gerade erst erwacht, denn er sah ziemlich verstört aus.
Hermine bedauerte es auf einmal nicht vor ihm aufgewacht zu sein. Sie war sich sicher dass er noch vor ein paar Minuten diesen friedlichen Ausdruck auf dem Gesicht gehabt hatte. Schade, sie hätte ihn gerne noch einmal so gesehen. So dicht neben ihr und so verletzlich...
'Hermine!" fauchte sie sich in Gedanken an.
„Miss Granger, haben Sie eine Erklärung hierfür?" fragte Snape.
Sie sortierte ihre Gedanken. Da er unmöglich wissen konnte was sich gerade in ihrem Kopf abgespielt hatte brauchte sie nun wirklich kein schlechtes Gewissen zu haben.
„Sie zogen es offensichlich vor in ihrem eigenen Bett zu schlafen," sagte sie so gleichgültig dass es schon wieder aufgesetzt klang.
„Vielleicht war die Couch ja doch nicht so bequem," schloß sie lahm.
Snape sah sie entgeistert an. Er schien in seinem Geist nach einer Erinnerung zu wühlen.
„Ich bin geschlafwandelt?" fragte er dann unsinnigerweise.
Hermine sah es ihm nach. Sie nickte kurz. Er griff nach der Bettdecke und zog sie etwas höher.
Hermine verstand nun gar nichts mehr.Eigentlich hatte sie erwartet dass er wie ein Blitz aus dem Bett schießen würde, brüllend vielleicht, sie beschimpfend und danach, nun ja, bestimmt kein Wort mehr darüber verlieren würde.
Aber er tat nichts davon.
Er war geschockt, er war verwirrt und irgendwie schien es dem unerschütterlichen Mann sogar peinlich zu sein. Aber er rührte sich trotzdem nicht. Er blieb neben ihr liegen.
Hermine war so verwundert darüber dass sie gar nicht auf die Idee kam, dass sie statt seiner ebensogut das Bett verlassen könnte. Ihr war die Situation zu ihrem eigenen Erstaunen gar nicht so peinlich. Naja, sie hatte ja auch mitbekommen dass er sich zu ihr ins Bett gelegt hatte und war somit einigermaßen auf den Morgen vorbereitet gewesen. Ganz im Gegensatz zu ihm.
Vorsichtig sah sie zu ihm.
Er sah noch blasser aus als sonst. Hektisch sah er zu ihr und wich ihrem Blick dann aus.
„Wenn das jemand erfährt..." murmelte er.
Hermine hätte fast gelacht. Sie verkniff es sich ganz schnell. Sie wollte lieber nicht riskieren ihn in dieser Situation wütend zu machen.
„Es wird doch nie jemand erfahren," sagte sie und hoffte das es irgendwie beruhigend klang.
„Außer..." fuhr sie dann zögernd fort.
„Außer was?" fragte Snape tonlos.
„Außer Sie sagen es jemandem. Ich sage es nun wirklich niemandem!" schloss sie bestimmt.
Snape räusperte sich, eine Antwort blieb er schuldig. Hermine hatte auf einmal Spaß an der Geschichte. Wann erlebte sie ihren Lehrer schon einmal schamhaft sprachlos? Sie beschloß das ganze noch ein wenig auszukosten auch wenn sie später bestimmt dafür bezahlen musste.
„Ähm, möchten Sie zuerst ins Bad? Schließlich müssen Sie noch in die große Halle vor dem Unterricht. Oder frühstücken wir heute im Bett?"
Er sah sie an als wolle er sagen: 'Ich finde das ganz und gar nicht lustig' aber er sagte immer noch nichts.
Dann hörte sie wie er leise erwiderte: „Wenn das je jemand erfährt bin ich meinen Job los. Was glauben Sie wie das aussieht...ich mit einer Schülerin im...Bett," schloss er betreten.
„Hören Sie," sagte Hermine nun bestimmt. „Es ist doch nichts passiert...ich meine Sie haben mich ja noch nicht mal geküsst..." sie versuchte ihn dazu zu bringen das Ganze von der lustigen Seite zu nehmen.
Offensichlich der falsche Weg, denn er sah sie erschrocken an.
„Ähm, einer von uns sollte jetzt vielleicht aufstehen bevor Poppy noch zur Tür reinplatzt und wir wirklich ein Problem bekommen," sagte Hermine.
Snape sah weg und murmelte:"Machen Sie den Anfang."
Hermine verließ das Bett und ging barfuß ins Bad. Sie grübelte immer noch warum Snape in dem Bett wie angewurzelt schien. Wenn Poppy tatsächlich früher käme würde sie es sicher merkwürdig finden wenn er in dem Bett lag welches eigentlich ihrer Patientin vorbehalten war.
Sie hoffte dass die Krankenschwester wirklich so spät wie Gestern aufkreuzen würde. Eigentlich war sie sich dessen sicher. Poppy würde Snape aus dem Weg gehen wo sie nur konnte.
'Snape...' dachte Hermine verträumt. Irgendwie war er süß wenn er verlegen war. Es war ihm nicht wirklich anzumerken. Er wurde nur sehr still und hatte so einen Ausdruck in den Augen.
Auf einmal kam ihr ein ganz und gar boshafter Gedanke für den sie sich einerseits schämte, andererseits rief er ein kribbeldes Gefühl in ihrem Bauch hervor.
Sie hatte ihn in der Hand!
Mit seinem versehentlichen Ausflug in ihr Bett hatte er sich erpressbar gemacht. Wenn Hermine ihn anschwärzen würde, müsste er unter dem Veritas-Serum zugeben dass er mit ihr eine Nacht im Bett verbracht hätte. Das würde reichen ihn von der Schule fliegen zu lassen...wenn nicht noch Schlimmeres.
Hermine wusste dass sie ihm das nie antun würde. Aber es war irgendwie erregend diese Macht über ihn zu spüren.
Als sie im Bad fertig war ging sie in der Erwartung zurück ihn immer noch im Bett liegend vorzufinden.
Das Bett war jedoch leer. Statt dessen stand er komplett angezogen an der Eingangstür und fuhr sich hektisch mit den Händen durch die Haare.
„Wollen Sie nicht noch ins Bad?" fragte Hermine zögernd. Snape murmelte etwas aus dem sie nur das Wort 'Katzenwäsche' heraushörte.
„Ich muss jetzt gehen..." sagte er dann und griff nach der Türklinke.
„Professor..." sagte Hermine.
Er hielt inne und sah zu ihr. Sie bekam Panik. Was hatte sie ihm sagen wollen? Warum hatte sie ihn zurückgehalten.
Sie nahm all ihren Mut zuammen: „Machen Sie sich keine Sorgen. Es ist alles in Ordnung!" sie erwartete einen abfälligen Kommentar auf ihren Gefühlsausbruch.
Statt dessen lächelte er dankbar...und verschwand durch die Tür.
Harrys Schultag war bisher recht ereignislos gewesen. Er hatte in Verwandlung mehrere Gegenstände in Tiere verwandelt und wieder zurück. Sie hatten die Aufgabe gehabt die Tiere so schnell wieder zurückzuverwandeln dass sie nicht die Gelegenheit fanden sich aus dem Staub zu machen.
Ein paar seiner Mitschüler hatten nicht ganz so viel Geschick wie er beweisen können und so waren drei Mäuse und zwei kleine Affen vor dem Rückverwandlungszauber geflüchtet.
Die Affen hatten die Klassenzimmertür geöffnet und so waren die Tiere auf den Flur geflüchtet und inzwischen Gott weiß wo.
Professor McGonagall sagte, sie sei zu alt um diesen Ausreissern hinterherzulaufen, innerhalb einer halben Stunde würde sie sich ohnehin zurückverwandeln, dann müsse man eben die Augen nach den verschwundenen Gegenständen aufhalten.
Die Schüler hätten es im Normalfall sicher amüsant gefunden hinter den Tieren herzulaufen und sie wieder einzufangen. Aber zur Zeit schienen sie regelrecht auf ihren Stühlen festzukleben und niemand hatte Lust sich mehr zu bewegen als unbedingt notwendig.
Als die Stunde zu ende war erhoben sich alle schwerfällig und schlichen zu den Kerkern hinunter, da als nächstes Zaubertrankunterricht anstand.
Ron schien wie erstarrt während die anderen Schüler aufgrund der kühleren Temperaturen im Schlossgewölbe zusehends lebhafter wurden.
„Hey Ron, was ist los mit dir? Du hast heute noch gar nichts gesagt. Streß mit Emilie?"fragte Harry einfühlsam.
Ron schüttelte den Kopf. „Ne...alles in Ordnung...ich hab nur so ein ungutes Gefühl."
Harry nickte nachdenklich. „Du meinst wegen Snape...bisher scheint er deine Eltern noch nicht informiert zu haben. Schließlich hätte dir deine Mom sonst sicher direkt einen Heuler geschickt...oder?"
„Ja. Wahrscheinlich. Oder zumindest einen Brief. Aber ich hab keine Post bekommen."
„Vielleicht wird Snape senil. Er hat es sicher längst vergessen," versuchte Harry seinen Freund zu trösten, obwohl er in keinster Weise an das glaubte was er hier von sich gab.
Ron lächelte auch nur spöttisch seinen Freund an. Jeder setzte sich nun an seinen Platz und in der Klasse war es augenblicklich still als der Zaubertrankmeister den Raum betrat.
Ron hatte insgeheim erwartet das Opfer des Tages zu werden. Aber zu seinem großen Erstaunen ließ Snape ihn in Ruhe.
Die Stunde verflog im Nu und Ron wollte schnell den Klassenraum verlassen als Snapes Stimme ihn zurückhielt:
„Mr. Weasley, kommen Sie bitte zu mir."
Ron sah kurz zu Harry. 'Da kann man nichts machen' sagte sein Blick. Harry sah ihn mitfühlend an. Dann verschwand er da er sowieso nichts für ihn hätte tun können.
Ron hatte den Kopf gesenkt und schlich durch seinen Pony schielend in Richtung Lehrerpult.
„Sir?" fragte er als er davor stand.
Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals. Was mochte Snape sich zur Strafe ausgedacht haben? Hatte er seine Eltern schlicht und einfach noch gar nicht erreicht?
Snape atmete geräuschvoll durch. „Setzen Sie sich," knurrte er dann.
Ron sah sich hilflos um. Er nahm den erst besten Stuhl und liess sich daraufsinken.
„Mr. Weasley, Sie wissen dass Sie gegen die Schulordnung verstossen haben?"
Ron war unsicher. Gab es in der Schulordnung tatsächlich einen Punkt der das Küssen untersagte? „Ähm...ja...schon..."sagte er deshalb unsicher.
„Nun, vielleicht werden Sie in Zukunft in der Lage sein Ihre Hormone im Zaum zu halten. Wenn nicht..." der Lehrer sah ihn nun drohend an.
„...falls nicht werde ich meine Drohung Ihre Eltern zu informieren augenblicklich in die Tat umsetzen. Habe ich mich klar ausgedrückt?"
Ron konnte gar nicht klar denken. Was hatte Snape da gesagt? Also waren seine Eltern noch nicht informiert...und würden es auch nicht, wenn er sich ab jetzt benahm.
Snape sah ihn abwartend an.
Ron nickte. „D..d..Danke Sir," stotterte er erleichtert. Snape musste sich ein Grinsen verkneifen. Als er sich erhob schien sein Schüler unter ihm zu schrumpfen.
Der Lehrer ging um das Pult zu ihm herum. Als er direkt vor ihm stand sagte er leise: „Man kann alles tun, Mr. Weasley, man darf sich nur nicht dabei erwischen lassen."
Ron sah seinen Lehrer jetzt entgeistert an. Dieser blickte ernst auf ihn herab und Ron zweifelte plötzlich dass er überhaupt etwas gesagt hatte. „Aber wenn man erwischt wird," fuhr Snape auf einmal fort, „ dann muss man dafür geradestehen...und das werden Sie...das nächste Mal!"
Ron konnte immer noch nichts sagen, deshalb beschränkte er sich auf ein erneutes Nicken.
„Ach, und teilen Sie das auch bitte Miss Taylor mit. Äh, Sie haben doch noch Kontakt zu ihr, oder?"
Nun war Ron erst recht perplex. Wie sollte er jetzt darauf reagieren? War das etwa eine Fangfrage?
Er entschied sich trotz seiner Bedenken für die Wahrheit. „Ja, Sir,"krächzte er.
„Gut, gut," murmelte Snape.
„Also, Sie können gehen...gehen Sie!"sagte er dann barsch. Ron sprang so hastig vom Stuhl auf dass er diesen fast umgeschmissen hätte. Er verließ eilig den Klassenraum. Snape setzte sich auf den Stuhl, auf dem vor kurzem noch sein Schüler gesessen hatte. Er hatte die nächste Stunde keinen Unterricht und wollte in die Gewächshäuser um neue Zutaten zu holen, aber das hatte Zeit.
Er saß einfach nur da und dachte über das nach was er gerade getan hatte.
Ausgerechnet diesen Weasley hatte er laufen lassen. Er hätte ihn ruhig noch zappeln lassen können. Aber es hätte ihm keinen Spaß gemacht. Nein, schlimmer noch, er hätte sich deswegen schlecht gefühlt.
'Was ist nur los mit mir?' fragte er sich insgeheim. 'Das ist nur die Granger schuld' dachte er dann wütend. 'Sie schleicht sich in meine Gedanken und beeinflusst mein Handeln. Das darf ich nicht zulassen.'
Doch mit einem mal hatte er das merkwürdige Gefühl in sich entschlüsselt. 'Ich bin glücklich' schoss es ihm durch den Kopf. 'Es macht mich froh jemandem geholfen zu haben.'
Er versuchte sich zu erinnern wann er dieses Gefühl das letzte mal hatte. Es musste Ewig her sein, denn er wusste es nicht mehr.
'Du bist ein Idiot' schalt er sich.
'Du machst dich lächerlich. Niemand wird dich respektieren wenn du nachsichtig bist. Wenn du nicht hart durchgreifst wird man die Schwächen in dir erkennnen. Du musst dich zusammenreissen. Was macht es schon wenn ein paar junge Leute darunter leiden müssen'.
Ja, was machte das schon? Die Antwort war es machte viel. Es zerstörte das Leben eines Jugendlichen. Es brachte ihn nicht um...nein, das nicht, und es machte ihn härter...so wie es ihn härter gemacht hatte. Eine endlose Schleife nahm ihren Anfang wenn er dies zuliesse.
Nein, manchmal musste der Kreis durchbrochen werden. Güte zu zeigen konnte auch Größe beweisen, er sah dies an Dumbledore.
Und selbst wenn er später unter seiner Schwäche von vorhin leiden würde – er war es schließlich gewohnt.
Resigniert schloss er die Augen. Diese ungewohnten Gefühle und das Grübeln verursachten ihm Kopfschmerzen. Er raffte sich auf und ging zu den Gewächshäusern . Ein wenig frische Luft – und sei sie noch so heiß- würde ihm gut tun.
„Das hat er gesagt," fragte Harry ungläubig und eine Spur zu laut.
Die Köpfe der Schüler vor ihnen drehten sich in ihre Richtung. Ron sah seinen Freund vorwurfsvoll an. „Könnte das unter uns bleiben?"zischte er dann.
„Ja, sicher," sagte Harry nun viel leiser. „Obwohl man das eigentlich am schwarzen Brett veröffentlichen müsste."
„Stimmt," grinste Ron nun. „Aber jetzt, da ich mit einem blauen Auge davon gekommen bin, möchte ich lieber nichts riskieren, verstehst du?"
Harry nickte. „Mann, hast du ein Glück," sagte er dann, „Du hast eine tolle Freundin und offensichlich Snape an einem seiner besten Tage erwischt. Was als nächstes, gewinnst du im Muggellotto?"
Ron grinste verschämt, „ne, spiel ich ja gar nicht..." sagte er dann kichernd.
„Ach Harry, Emilie und ich wollen heute nach Hogsmeade gehen und ein Eis essen. Kommst du mit, schließlich ist heute Freitag, du willst doch sicher auch nach Hogsmeade, oder?"
Harry schien einen Moment zu überlegen. „Ja, schon..." sagte er dann zögernd. „Aber ich gehe sicher nicht mit euch beiden Eis essen. Wo ihr doch schon mal die Gelegenheit habt euch zu küssen ohne von den Lehrern erwischt zu werden, werde ich euch doch nicht davon abhalten. Mal sehen, ich habe vor auch etwas gegen mein Junggesellendasein zu unternehmen. Da stören mich zwei Turteltauben wie ihr doch eh bloß."
Ron lachte jetzt. „O.K. Schon verstanden. Viel Glück dann."
Hermine hatte den Vormittag wieder einmal mit Lesen verbracht. Langsam verschwammen ihr jedoch die Buchstaben vor den Augen und sie legte das Buch zur Seite.
Die Augen geschlossen lag sie reglos da als sie Poppys Stimme vernahm. „Hallo Hermine. Es tut mir leid. Ist etwas später geworden. Du musst ja halb verhungert sein."
Mit diesen Worten stellte sie das Tablett mit dem Frühstück vor Hermine ab.
„Da ist auch schon was für heute Mittag dabei. Alles kalte Sachen. Bei der Hitze kochen die Elfen kein warmes Essen...das rührt eh keiner an."
Hermine warf einen Blick auf die Sachen und griff nach dem Müsli.
Poppy holte ihr Stethoskop hervor und begann mit der üblichen Untersuchung.
„Wie läuft es denn so mit euch?" fragte sie wie nebenbei.
„Hm?" machte Hermine.
„Na mit dir und Professor Snape."
„Äh, ganz gut..." stammelte Hermine.
Poppy grinste schief. „Na, ehrlich gesagt, ich würde nicht mit dir tauschen wollen. Aber..." sie blickte auf das Thermometer das sie gerade unter Hermines Arm wieder hervorgezogen hatte. „...ich denke du kannst schon morgen wieder in den Griffindorturm zurückkehren," verkündete sie dann strahlend.
Hermine war wie benommen. 'Endlich weg hier', dachte sie. 'Genau was du dir die ganze Zeit gewünscht hast. Diesem gräßlichen Kerker mit seinem gräßlichem Bewohner entfliehen.'
Sie hätte sich doch freuen müssen. Ein echtes Lächeln der Erleichterung wollte ihr nicht über die Lippen kommen, also setzte sie ein falsches auf und sagte: „Das ist toll. Wirklich toll..."
Poppy sah einen Moment kritisch aus, dann lächelte sie zustimmend. „Ja, ich dachte mir dass du dich darüber freuen würdest. Bestimmt wird auch der Professor sehr erleichtert sein...ich meine dass du wieder so gut genesen bist natürlich," fügte sie dann mit einem schiefen Lächeln hinzu.
„Das wird er wohl..." sagte Hermine unbestimmt.
Nachdem Poppy wieder verschwunden war verfiel Hermine in Grübeln. Ab morgen würde sich der Kontakt zwischen ihr und Snape also wieder normalisieren.
Das war gut.
Das war sehr gut.
Das war, naja, irgendwie schade...
'Hallo, Erde an Hermine...' rief sie sich dann selbst. Spätestens wenn sie ihm später mitteilte dass er sie los war würde sie ihn das erste mal wirklich erfreut erfreut sehen, dessen war sie sich sicher.
Sie würde ihn natürlich nach wie vor noch einschliessen müssen, aber wie hatte er so treffend bemerkt:"Sie brauchen mich nicht jedesmal persönlich zu begrüssen!"
Nein, das würde er nicht wünschen und so sah sie ihn nur noch im Unterricht. 'Naja, es ist einfach zu viel passiert,' dachte sie dann. 'Ich werde ihn wohl nie mehr mit den Augen von früher sehen. Ich habe den Mensch hinter der Fassade erkannt. Einen Menschen der fühlt. Der verletzbar ist. Der fürsorglich ist und manchmal sogar amüsant."
Sie war so in Gedanken versunken dass die Zeit verflogen war. Das es bereits Mittag sein musste erkannte sie daran, dass Snape auf einmal in der Tür stand.
„Hallo Miss Granger. Ist Ihnen nicht gut?"
„Äh, doch...wieso?" fragte sie verwirrt.
„Na weil ich den Eindruck habe dass Sie immer noch vor ihrem Frühstück sitzen," sagte er und deutet auf das Tablett.
Sie sah darauf als sei es ihr völlig unvertraut. „Ach so. Nein, nein, das ist gleichzeitig das Mittagessen. Nur Brot und Obst und so..." sagte sie lahm.
„Hm," machte er und verschwand im Bad. Hermine stellte das Tablett zur Seite und setzte sich mit angezogenen Beinen auf das Bett.
Als er das Bad verließ entschied sie dass es ein guter Augenblick wäre ihm die gute Nachricht mitzuteilen.
„Poppy hat gesagt dass ich morgen wieder in meinen Turm zurück kann."
Snape der dabei war seine Haare trockenzurubbeln hielt einen Moment inne und sah sie an. „Das...ist, äh, schön für Sie," sagte er forschend, als habe er eine Frage gestellt.
Sie stutzte.
„In erster Linie ist es doch wohl eher schön für Sie," sagte sie dann.
„Ja, natürlich," stimmte er ihr zu. „Endlich bin ich wieder mit mir allein..." sagte er dann und Hermine hatte fast den Eindruck als hätte er es scherzhaft gemeint.
„Genau," stimmte Hermine zu. „Sie müssen dann nicht mehr bis spät in die Nacht Spiele spielen, oder sich unterhalten."
Snape grinste nun. „Ja, und Sie müssen keine Angst mehr haben dass ich mich zu Ihnen ins Bett schleiche.." sagte er bedeutsam.
Hermine stockte der Atem. „Ich hatte keine Angst..." sagte sie dann bestimmt.
Er sah sie durchdringend an. „Außerdem," sagte er dann wieder in seinem üblichen Tonfall, „ muss ich dann nicht länger diese Farben ertragen," er deutete mit dem Finger auf Hermine.
Sie sah an sich hinunter.
Rosa Nachthemd.
Pinker Bademantel.
Nicht gerade sein Fall!
Sie lächelte liebenswürdig. „Sie wollten mir Ihren Bademantel ja nicht leihen, ansonsten wäre Ihnen dieser Anblick erspart geblieben. Selber Schuld!" schloss sie dann keck.
Er schien einen Moment zu grübeln, dann ließ er das Handtuch sinken:"Ja, ich bin anscheinend vieles selber Schuld," sagte er dann leise und verließ den Raum.
Hermine hatte einige Zeit verstreichen lassen. Dann fasste sie sich ein Herz. Sie stand auf, zog den Bademantel fester um sich und ging zur Tür. Als sie sich an den Vorfall von Gestern erinnerte klopfte sie sachte an die Verbindungstür um ihren Lehrer nicht abermals zu überfallen.
Als sie seine Bestätigung hörte trat sie ins Wohnzimmer. Er war gerade dabei Tee einzuschenken. Sie bemerkte dass er zwei Tassen hervorgeholt hatte.
'Er wäre also auch gleich zu mir gekommen' dachte sie und war darüber erfreut.
„Tee?" fragte er auch sogleich in seiner gewohnt knappen Art wenn er etwas offerierte.
„Gerne," gab sie ebenso kurz zurück.
„Darf ich ein bißchen bei Ihnen bleiben?" fragte sie dann und spürte wie sie rot anlief.
Er musterte sie kurz und sagte dann:"Wenn Sie möchten..."
Hermine setzte sich in den Sessel der neben der Couch stand. Snape schmiss die Bettdecke über die Lehne und setzte sich dann auf die Couch.
„Was haben Sie heute vor?" fragte Hermine, eigentlich nur um eine Unterhaltung in Gang zu kriegen.
Snape sah sie erstaunt an. Dann antwortete er unsicher:"Ich weiß nicht. Nichts bestimmtes. Vielleicht werde ich spazierengehen."
„Aha," sagte Hermine und kam sich blöd vor.
„Kommen Sie doch mit!" sagte er unvermittelt.
Hermine glaubte nicht richtig gehört zu haben. „Naja, Sie scheinen doch wieder genesen zu sein. Ein Spaziergang im Wald, wo es schattig ist sollte nicht allzu viel Schaden anrichten, "sagte Snape um einen gleichgültigen Tonfall bemüht.
Hermine wollte nicht lange grübeln.
„Gerne," erwiderte sie deshalb.
„Nun, dann sollten wir uns vielleicht umziehen," sagte Snape und erhob sich bevor Hermine Gelegenheit hatte ihm in die Augen zu blicken.
Sie stellte ihre halbvolle Teetasse zurück auf das Tablett und ging hinter ihm her ins Schlafzimmer. Er wühlte kurz im Schrank und ging wieder ins Wohnzimmer um sich umzuziehen. Hermine suchte aus ihren Sachen etwas das passend für einen Spaziergang in unebenem Gelände wäre.
Sie fand ein rotes T-Shirt das ganz passabel schien und eine dreiviertellange beige Hose. Socken, ebenfalls in beige, hatte Poppy dazugepackt. Das war soweit ganz gut. Dann noch Turnschuhe dazu und sie war fertig.
Als sie die Sachen an hatte war die Tasche so gut wie leer. Nur noch Wechselunterwäsche, ein weiteres Nachthemd und ein paar Socken in weiss waren darin. Poppy hatte aus ihrem Schrank anscheinend einfach die neutralste Freizeitkleidung genommen die sie finden konnte.
Das versöhnte Hermine wieder etwas mit der sonstigen Auswahl der Krankenschwester. Sie setzte sich aufs Bett um zu warten bis Snape fertig wäre. Auf keinen Fall wollte sie ihn drängen.
Doch da hörte sie ihn auch schon rufen: "Fertig Miss Granger? Kann's losgehen?"
Sie schoss durch die Tür: "Ja, bin schon lange fertig," übertrieb sie. Er sollte doch nicht glauben dass sie zu den Frauen gehörte die immer eine Ewigkeit brauchten um sich anzuziehen.
Sie wusste nicht genau was sie erwartet hatte. Wahrscheinlich eine neue Variation des Freizeit-Snape...aber sie wurde enttäuscht.
Er stand da wie eh und je.
Das schwarze Hemd mit langen Ärmeln, den Kragen beengend hoch geschlossen. Darüber zu allem Überfluss der schwarze Umhang.
Sie schaute ihn kritisch an. Er hatte gesagt im Wald sei es schattig. Aber wenn sich an der Hitze draußen in den letzten Tagen nichts geändert hatte, würde er trotzdem in seiner Aufmachung schier davonfließen.
„Wollen Sie so gehen?" fragte Hermine vorsichtig.
Snape kniff kurz die Augen zusammen. „Natürlich, was dachten Sie denn?" fragte er bissig.
„Schon gut," gab sie resigniert zurück.
Dann machten sie sich auf den Weg. Hermine hatte ein merkwürdiges Gefühl zum ersten mal seit ein paar Tagen wieder durch das Schloss zu spazieren. Noch dazu mit Snape.
Auf einmal kam ihr der Gedanke dass sie ja jemand sehen könnte. Jemand der sich wunderte warum sie mit ihrem Zaubertranklehrer durch die Gegend lief.
Aber das Schloss schien wie ausgestorben zu sein.
Die meisten Schüler waren wohl heute in Hogsmeade.' Der Rest wird sich am See tummeln', dachte Hermine.
Eine Runde im See schwimmen wäre sicher schön, aber natürlich nach ihrer Krankheit streng verboten. Sie musste erst mal wieder richtig auf den Damm kommen.
Dass sie noch keinesweg fit war merkte sie daran, dass sie es kaum schaffte mit ihrem Lehrer Schritt zu halten.
Er schien es jedoch eilig zu haben aus der Blickweite des Schlosses zu kommen und so musste sie wohl oder übel immer mal wieder ein Stück laufen um ihn einzuholen.
Kaum hatten die ersten Büsche und Bäume die Sicht zum Schloss versperrt wurde er merklich langsamer und wie sie fand, sehr viel entspannter.
Sie gingen ein Stück ohne zu sprechen. Es war tatsächlich viel kühler hier. Eine Wohltat, denn Hermine hatte, als sie das Schloss verlassen hatten, fast einen neuen Hitzeschlag bekommen.
Die Luft flirrte vor Hitze. Hier im Wald war es erträglicher. Kleine Insekten schwebten in den Sonnenstrahlen die sich Wege durch das dichte Blätterdach bahnten. Die Luft roch leicht modrig und Vögel sangen irgendwo oben in den Bäumen. Gelbe Schlüsselblumen säumten den Weg, auf dem sie gingen.
„Der Wald sieht jetzt gar nicht gefährlich aus," sagte Hermine.
Snape wandte sich kurz zu ihr um. „Täuschen Sie sich nicht. Er ist nach wie vor gefährlich. Aber ich werde die Augen offen halten."
Hermine musste unwillkürlich lachen. „Das hatten Sie bei unserem letzten Ausflug in den Wald auch – hat nicht viel genützt. Sie wären trotzdem fast in eine Schlucht gestürzt."
Er verzog einen Mundwinkel und seine Augen schienen zu lachen. Dann blieb er unvermittelt stehen und begann seinen Umhang auszuziehen. Hermine konnte erkennen dass er einen Rucksack darunter verborgen hatte der nun zum Vorschein kam.
Als er den Umhang im Rucksack verstaut hatte begann er sein Hemd aufzuknöpfen. Hermine schluckte. Sie wusste dass sie ihn nicht so anstarren durfte. Warum sagte das nur keiner ihren Augen?
Sie konnte einfach ihren Blick nicht von ihm abwenden. Er war nun endlich mit aufknöpfen fertig und zog das Hemd aus.
Hermines Augen wurden größer. Er trug ein schwarzes T-Shirt darunter. Während er die restlichen Kleidungssachen ebenfalls im Rucksack verstaute starrte sie auf seine muskulösen Arme. Sie sahen nicht aus wie bei einem Bodybuilder, aber auf attraktive Art trainiert.
Das Todessermal stach auffällig auf der hellen Haut hervor. Er bemerkte ihr Starren. „Nun schauen Sie nicht so. Sie wissen doch dass ich dieses Mal habe. Macht es Sie nervös?"
Hermine schüttelte heftig den Kopf. „Nein, macht mich nicht nervös..." versicherte sie hektisch.
Er runzelte die Stirn.
'Oh Gott, lassen Sie es einfach auf sich beruhen' betete Hermine.
„Was ist es dann?" fragte er auch sogleich.
Hermine sagte nichts.
„Sie brauchen nicht wegen dem Wald nervös zu sein. Ich kenne mich hier aus. Schließlich gehe ich hier fast jedes Wochenende spazieren."
„Ich bin nicht wegen dem Wald nervös..." sagte Hermine und wollte das Thema beendet wissen.
„Also sind Sie nervös," beharrte Snape weiterhin. „Jetzt sagen Sie mir schon den Grund, ich will nicht dass Sie mir hier gleich umkippen..."
Hermine fühlte wie sie wütend wurde. Er kümmerte sich doch sonst einen Scheiß um alles. Warum musste er ausgerechnet jetzt so hartnäckig sein.
Verdammt..."Sie machen mich nervös...o.k? Können wir jetzt weitergehen oder was?"
Snape entgleisten sämtliche Gesichtszüge. „Ich? Wieso mache ich Sie nervös?" fragte er empört.
Hermine fuhr sich mit der Hand an die Stirn. Männer konnten so blöd sein... „Oh Mann," stöhnte sie auf. „Sie wissen doch wohl dass Sie einen gewissen Eindruck auf Frauen machen...naja, außerdem ist es ungewohnt für mich dass ein Mann sich vor mir auszieht..."
Snape stand da wie vom Donner gerührt. Er schien sprachlos. Dann hatte er sich gesammelt und sagte: „Was heißt hier ausziehen? Meine Güte ist ja nicht gerade so als wäre ich nackt. Naja, jedenfalls doch jetzt nicht. Und was soll das heißen 'einen gewissen Eindruck auf Frauen?"
„Na wenn Sie das nicht selber wissen kann ich Ihnen auch nicht helfen," sagte Hermine gespielt verärgert.
„Und mal ehrlich, wenn Sie im T-Shirt vor mir stehen ist das mehr als ungewöhnlich, das müssen Sie doch wenigstens zugeben."
Er schien nachdenklich. „Ja, da haben Sie recht. Ich dachte Sie hätten sich dran gewöhnt, nachdem Sie mich schon völlig unbekleidet und einmal nur in Unterwäsche gesehen haben."
„Das ist jetzt irgendwie anders..." sagte Hermine unbestimmt.
„Wieso?" fragte er neugierig.
„Na weil das vorher doch eher unfreiwillig war. Unbewusst...verstehen Sie?"
Er atmete tief durch. „O.K." sagte er dann und griff nach dem Rucksack.
„Was haben Sie vor?" fragte Hermine wohlbegreifend was er tat.
„Na, ich zieh die Sachen wieder an..." sagte er als würde er mit einem begriffsstutzigen Kind sprechen.
Hermine verdrehte die Augen, dann stöhnte sie genervt. „Oh Gott, jetzt machen Sie sich doch nicht lächerlich. Es reicht doch wohl dass ich mich hier schon zum Superdeppen gemacht habe. Können wir das Kleiderthema jetzt fallen lassen?"
Er sah sie abschätzend an. Schließlich murmelte er: "O.K."
Sie gingen weiter und eine zeitlang ging es steil bergan. Hermine spürte wie ihre Kräfte nach einer Weile nachliessen. Sie blieb einen Moment stehen und rang nach Atem. Snape drehte sich zu ihr um und suchte dann nach einem geeigneten Sitzplatz für sie beide. Als Hermine sich auf dem umgestürzten Baumstamm niederließ tanzten Sterne vor ihren Augen.
„Alles in Ordnung?" fragte Snape.
„Bin gleich wieder voll da," murmelte Hermine.
Er betrachtete sie besorgt. „Ich hätte Sie nicht mitnehmen sollen," murmelte er. Hermine, die ihre Augen für einen Moment geschlossen hatte, blickte ihn nun schuldbewusst an.
„Tut mir leid dass ich Ihnen den Tag verderbe," sagte sie zerknirscht.
„So meinte ich das nicht. Ich habe nur nicht überlegt dass es Ihnen mehr schaden als nutzen könnte an die frische Luft zu kommen. Wir werden hier einfach eine ausgedehnte Rast machen. In Ordnung?"
Hermine nickte nur. Sie fand es sehr ungewohnt ihn derart fürsorglich zu erleben. 'Na er wird wohl Angst haben dass er Ärger kriegt wenn mir hier was passiert' dachte sie.
Kaum dass er saß begann er wieder in seinem Rucksack zu kramen. Er legte seine abgelegte Kleidung auf den Baumstamm und wühlte tiefer unten in der Tasche während er fragte: "Möchten Sie was trinken oder essen?"
Hermine war nun wirklich überrascht. Er hatte tatsächlich an so etwas gedacht.
„Am besten Sie nehmen sich selbst etwas," sagte er als er eine zweite, kleinere Tasche aus dem Rucksack genommen hatte und warf ihn ihr zu.
Sie fing ihn auf und nahm eine kleine Flasche Wasser und ein Käsesandwich heraus. Snape war unterdessen damit beschäftigt einen Fotoapparat aus der kleineren Tasche zu holen und entfernte den Blendenschutz vom Objektiv.
Dann blickte er prüfend in die Umgebung welche Aufnahmen vielversprechend sein würden.
Hermine beobachtete ihn schweigend.
Er war völlig vertieft.
Einige male hatte sie den Auslöser klicken hören und sie vermutete dass ein einzelner Baum auf einer Anhöhe seine Aufmerksamkeit geweckt hatte. Als er genug Aufnahmen gemacht zu haben schien sah er in ihre Richtung und bemerkte ihren fragenden Blick.
„Ich arbeite zur Zeit an einer Serie. Dieser Baum ist das Hauptmotiv. Ich habe ihn in den verschiedenen Jahreszeiten, aber auch zu verschiedenen Tageszeiten, also mit unterschiedlichen Lichteinwirkungen fotografiert. Mal sehen... es ist eigentlich eher ein Experiment," sagte er dann vage.
„Wird sicher schön..." sagte Hermine, da sie nicht sicher war was er hören wollte.
„Fotografieren Sie nur Landschaften?" fragte sie dann weil sie wieder an die Fotos in seinem Wohnzimmer denken musste.
„Ja, eigentlich schon...aber es gibt eine Person, bei der würde ich eine Ausnahme machen..." sagte er ernst.
Hermine stutzte. Sie hatte keinen Schimmer wer dies sein könnte. Aber ihr Ehrgeiz war geweckt. Vielleicht entlockte sie ihrem Lehrer ja noch mehr Privates.
„Darf ich raten?" fragte sie vorsichtig.
„Nur zu!" ermunterte er sie.
„Also...tja, vielleicht Professor Dumbledore?"
Er wirkte enttäuscht. „Wie kommen Sie denn auf den?" fragte er.
Jetzt kam Hermine die Idee selber blöd vor. „Naja, dann vielleicht...Lord Voldemort," sagte Hermine mit einem gewissen Unterton.
„Waaas? Wieso sollte ich das tun?" fragte er völlig schockiert.
„Na, dann könnte Ihr Bild für Fahndungsfotos verwendet werden," sagte Hermine um ihm zu zeigen dass sie bloß einen Scherz gemacht hatte.
Er schüttelte den Kopf und schien nicht wirklich amüsiert zu sein. „Na, jetzt aber mal im Ernst...Sie wissen wirklich nicht wen ich meine?"
Sie überlegte, dann schüttelte sie den Kopf. Blitzschnell hob er die Kamera und schoß ein Foto von Hermine, deren Haare beim Kopfschütteln locker um ihren Kopf schwangen. „Jetzt wissen Sie es," sagte er trocken und packte die Kamera weg als sei nichts geschehen.
Hermine, viel zu perplex um etwas zu sagen, versuchte das Geschehene einzuordnen. 'Er hat dich doch nur reingelegt. Er wollte nicht wirklich ein Foto von dir machen, er wollte nur dein dummes Gesicht sehen,' sagte sie sich.
Nachdem er die Kamera wieder verstaut hatte nahm auch er etwas Proviant aus dem Rucksack und setzte sich neben Hermine um zu essen.
Sie wusste nicht was sie sagen sollte.
Irgendwie wusste sie nicht was auf einmal mit ihm los war.
'Na, du hast doch eigentlich nie zu denen gehört die ernsthaft geglaubt haben dass er sich in seiner Freizeit in einen Sarg zurückzieht. Worüber bist du eigentlich so überrascht? Vielleicht darüber dass er Hobbys hat? Oder dass er Scherze macht? Womöglich sogar noch darüber dass er ißt und schläft und duscht? Ja, genau über all diese Dinge' dachte sie dann und musste plötzlich lachen.
Er sah sie von der Seite an. Was ist so komisch, fragte sein Blick. Sie schüttelte leicht den Kopf. „Darf ich Sie was fragen?" sagte sie dann.
Er schickte ihr einen gespielt gequälten Blick: „Warum fragen Sie mich das nie im Unterricht? Da bombadieren Sie mich ja geradezu mit Fragen ohne vorher eine Erlaubnis einzuholen."
Hermine sah nun ebenfalls gequält aus. „Sie machen es einem nicht gerade leicht..." sagte sie vorwurfsvoll.
Er zuckte mit den Schultern. „Nun fragen Sie schon..."
„Ähm, also wegen dem Schlafwandeln...ich meine hatten Sie das schon immer?"
Seine Miene wurde undurchdringlich. Hermine erkannte dass ihm das Thema wohl äußerst unangenehm war. Darum war sie um so erstaunter als er ihr antwortete: „Nicht so stark wie in letzter Zeit. Ich bin schon als Kind ab und an geschlafwandelt. Aber das gehörte eher zu den Ausnahmen. Als ich älter wurde schlafwandelte ich zum Glück immer seltener, bis es schließlich ganz aufhörte."
Hermine sah ihn überrascht an. „Und warum ist es jetzt so schlimm geworden?"
Er zögerte. Dann gab er resigniert auf und sagte: „Es liegt an einem Trank den ich einnehme."
In Hermines Augen spiegelte sich nun Unverständnis. „Wieso nehmen Sie ihn dann?"
Sein Blick wurde abweisend. „Weil ich muss," erwiderte er knapp.
'Dann war das also das Mittel bei dessen Einnahme ich ihn überrascht habe,' dachte sie.
Hermine überlegte ob sie weiter in ihn dringen sollte. Er sah ihren Kampf und gab seinen Widerstand auf.
„Der dunkle Lord verabreicht seinen Anhängern seit einiger Zeit bei jedem Treffen eine Droge. Es reicht ihm nicht mehr unsere Loyalität zu haben. Zu oft gab es Abtrünnige in letzter Zeit.Er möchte dass seine Anhänger auch physisch von ihm abhängig sind. Nur so hat er die vollständige Kontrolle."
Hermine nickte schockiert.
„Sie nehmen also ein Gegenmittel da Sie ihm diese Kontrolle über sich nicht geben möchten" sagte sie.
„Ja, denn wenn er absolute Kontrolle über mich hätte würde das unsere ganze Mission zunichte machen."
Hermine wurde wütend. „Jetzt fangen Sie nicht schon wieder mit Ihrem dann-wäre-ich-nicht-mehr-von-nutzen-Gerede an. Ich hasse das! Hat Ihnen eigentlich jemals einer vom Orden gedankt für das was Sie tun?"
Er sah sie unsicher an. Offensichtlich hatte er keine Ahnung warum sie auf einmal wütend war.
„Professor Dumbledore gibt mir wesentlich mehr als seinen Dank. Er gibt mir mehr als ich verdiene..." schloss er traurig.
Hermine hatte wieder dieses merkwürdige Gefühl dass sie dieses Gespräch vielleicht nur träumte. Ihr Lehrer war traurig. Ein trauriger Snape, wer hatte das schon erlebt?
„Aber Sie gehen jeden Monat dort hin und riskieren Ihr Leben," wandte sie ein.
„Ja und jedes mal tue ich Dinge mit denen ich solche Schuld auf mich lade, dass mein Leben für immer verwirkt ist. Wenn Sie von diesen Dingen wüssten würden Sie es nicht ertragen hier neben mir zu sitzen."
Sie sah ihn milde an. Sein Blick wurde düster. „Ich weiß Sie suchen etwas Gutes in mir. Glauben Sie mir. Es gibt nichts!"
Hermine war erschrocken über die Endgültigkeit die aus seinen Worten sprach. Tränen traten ihr in die Augen. Sie senkte sofort den Kopf.
Sie schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter, dann sagte sie leise: „Noch vor ein paar Tagen hätte ich Ihnen das sofort geglaubt...aber jetzt bin ich mir sicher dass Sie unrecht haben. Ich hoffe eines Tages werden das alle erkennen und ich hoffe dass es dann nicht zu spät ist."
Sie nahm all ihren Mut zusammen und hob den Kopf um ihm in die Augen zu blicken. Aber er drehte nun augenblicklich seinen Kopf weg.
Doch es war zu spät.
Hermine hatte die Tränen in seinen Augen bereits glitzern sehen.
TBC
