Kapitel 15

Der Liebe Wunden kann nur heilen, wer sie schlug

Schließlich sah Hermine ihn unsicher an und fragte dann leise: „Bereust du es?"

Er sah sie ernst an. Dann antwortete er leise, aber bestimmt: „Nein, ich bereue es nicht. Was ist mit dir?"

Sie schüttelte lächelnd den Kopf. „Keine Sekunde..." sagte sie dann glücklich.

Er schmunzelte. „Du bist erstaunlich, weißt du das? Ich werde nicht aus dir schlau," sagte er dann kopfschüttelnd.

Hermine sah ihn kritisch an. „Und das sagst ausgerechnet du? Bei mir gibt es keine Geheimnisse. Im Gegensatz zu dir!"

Er zog eine Augenbraue hoch und taxierte sie dann mit einem ungläubigen Blick. „Du bist eine ganz passable Lügnerin," sagte er dann anerkennend. Hermine sah ihn überrascht an. „Was meinst du damit? Ich bin keine Lügnerin...außer, naja, gut, ich habe heute alle meine Freunde belogen. Aber ich denke doch, das war ganz in deinem Sinne. Was wirfst du mir also vor?"

Er grinste. „Ja, du hast recht. Deine Freunde – und natürlich auch sonst niemand darf erfahren was sich hier zwischen uns abgespielt hat. Aber das meinte ich eigentlich auch gar nicht."

Hermine wurde nun unsicher. „Was meinst du dann?" fragte sie vorsichtig.

„Ich meine deine Lüge was Madam Pomfrey betrifft. Du hast mir gesagt, sie hätte dir geschrieben, du dürftest erst am nächsten Tag in deinen Turm zurückkehren. Du solltest wissen, dass sie mir ebenfalls einen Brief dagelassen hatte..."

Hermine war sprachlos. Sie fühlte sich durchschaut. Dann bemerkte sie sein Grinsen und griff nach dem Kissen und schlug es ihm um die Ohren. „Du hinterhältiger Kerl. Das hättest du mir ruhig etwas früher sagen können," rief sie wütend. Er lachte und wehrte nur kläglich ihre Schläge ab. Schließlich ließ sie von ihm ab und drückte sich das Kissen an die Brust und senkte ihren Kopf hinein.

„Das ist so peinlich..." nuschelte sie in das Kissen.

„Hermine," sagte er jetzt eindringlich, „ich konnte es dir unmöglich sagen. Durch diese Lüge habe ich zum ersten mal begriffen, was du für mich empfindest. Aber ich wollte es nicht zulassen. Ich durfte nicht, verstehst du? Und, habe ich mich nicht redlich bemüht, dich davon abzubringen?"

Sie tauchte nun aus dem Kissen wieder auf und sah ihn ernst an. „Tja, Herr Professor, ich würde mal sagen, dass ist Ihnen gründlich misslungen," dann gluckste sie lachend.

Er sah an sich hinunter, wie er da unbekleidet neben seiner Schülerin saß und sagte: „Ja, sieht ganz so aus."

Sie wurde plötzlich wieder ernst, dann sagte sie: „Severus, ich liebe dich."

Er sah sie an, als könne er ihre Worte nicht einordnen. Es stach ihr ins Herz, als sie bemerkte, dass er durch diese einfachen Worte überfordert schien. Leiser als vorhin fügte sie an: „Ich weiß, dass es dir nicht möglich ist, dasselbe zu mir zu sagen. Aber was auch immer jetzt weiterhin passiert. Ich dachte, du solltest es wissen."

Sie stand auf und ging ins Wohnzimmer. Dort sammelte sie ihre Kleidung vom Boden auf und begann sich anzuziehen. Als sie gerade fertig war erschien er im Türrahmen. Auch er hatte sich inzwischen angezogen und sah sie nun ernst an.

„Ich möchte dir nun auch etwas schenken," sagte er unsicher. Hermine schüttelte stumm den Kopf. Schließlich sagte sie: „Du bist mir nichts schuldig. Wie ich bereits sagte, es war auch mein Geschenk."

Er ging ein Stück auf sie zu. „Dennoch möchte ich, dass du es annimmst..." sagte er leise.

Sie zuckte kurz mit den Schultern, dann sagte sie: „O.K."

Er schien auf einmal sehr nervös. „Ich möchte dir meine Ausgabe von Dorian Gray schenken," sagte er und deutete auf das Buchregal. Sie stutzte. „Nachdem du es wie ein Besessener vor mir verteidigt hast, möchtest du es mir nun schenken?" fragte sie mit einem unsicheren Lächeln.

Er blieb ernst. „Ja, nimm es bitte," sagte er dann bestimmt. Hermine sah ihn ungläubig an, während sie zum Buchregal ging. Sie schickte ihm noch einen letzten unsicheren Blick, als sie das Buch herauszog. Er schien unglaublich nervös. Sie hielt das Buch in den Händen und begann es flüchtig durchzublättern. Mit einem mal fiel etwas zu Boden. Hermine erschrak, weil sie im ersten Moment glaubte, eine Seite hätte sich gelöst. Als sie sich jedoch bückte, um das Papier aufzuheben erkannte sie, dass es keine Buchseite, sondern ein Foto war. Langsam drehte sie das Foto in ihrer Hand und erkannte erstaunt, dass es das Bild war, das Severus bei ihrem Ausflug in den Wald von ihr gemacht hatte.

Sie sah ihn überrascht an. Er schluckte und trat auf sie zu. Hermine wusste, dass er kein Mann großer Worte war. Dennoch wollte sie das Geschehene in Worte fassen. „Du sagtest eben, du hättest erst durch meine Lüge begriffen, wie ich für dich empfinde. Aber dieses Foto...du hast es vorher gemacht."

Er lächelte nun unsicher. „Ja, das stimmt. Du weißt, was das bedeutet?" fragte er sanft.

Sie schüttelte langsam den Kopf. Er atmete durch, dann sah er ihr tief in die Augen und sagte mit ganz ungewohnter samtener Stimme: „Ich liebe dich auch. Ich habe mich schon vor einiger Zeit in dich verliebt. Aber ich erwartete nicht, dass du ebenso für mich empfinden würdest."

Sie umarmte ihn stürmisch. „Aber das ist wundervoll," sagte sie begeistert. Er löste ihre Arme behutsam und sah sie nun eindringlich an. „Hermine, es kann nicht gut gehen. Es gibt zu viele Geheimnisse. Zu viele Gefahren, wenn dies jemand entdeckt. Ich bin so viel älter als du – und noch dazu dein Lehrer. Du weißt, dass es nur schlecht für uns ausgehen kann."

Hermine setzte nun eine energische Miene auf als sie erwiderte: „Ja, ich denke du hast recht. Es wird sehr schwierig und sehr gefährlich. Aber hat dich Schwierigkeit oder Gefahr je von etwas abgehalten?"

Er sah sie zweifelnd an. „Ich werde mich nicht mehr ändern Hermine. All die Dinge, die du mir in letzter Zeit vorgeworfen hast, sind wahr. Aber so bin ich nun mal. Ich bin einfach zu alt um mich zu ändern."

Hermine griff nun nach seiner Hand. „Ich habe nicht von dir verlangt dich zu ändern. Und was dein Alter betrifft...nun ja, es gibt Dinge, die lassen sich nun einmal nicht ändern. Aber ich will meine Liebe zu dir nicht unterbinden, nur weil du zu früh geboren worden bist," sie lächelte jetzt schelmisch.

Er lächelte ebenfalls und küsste ihre Hand. „Du wirst lügen müssen, Hermine. Deine Freunde würden es nie verstehen. Im Unterricht werde ich weiterhin dein Lehrer sein..."

Sie sah ihn nun ernst an. „Das alles ist mir bewusst. Ich weiß, was auf dem Spiel steht. Ein weiteres Jahr werde ich deine Schülerin sein – und deine Geliebte, wenn du mich läßt."

Er zog sie an sich und umarmte sie. „Ich kann dir nicht versprechen jemals wirklich frei zu sein, Hermine. Lord Voldemort wird mich, wenn nicht ein Wunder geschieht, immer in seiner Hand haben. Du hattest recht, es gibt tatsächlich Wunden, die nie heilen. Dieses Todessermal gehört dazu. Aber eines möchte ich dir dennoch versprechen. Eines Tages werden alle erfahren wen ich liebe. Und wenn es mich das Leben kostet, ich werde zu dir stehen, sobald die Umstände es erlauben."

Hermine konnte nichts darauf erwidern. Zu viele Gefühle durchströmten ihren Geist. Sie konnte ihr Glück nicht in Worte fassen. Er hatte ihr tatsächlich seine Liebe gestanden – und mehr als das, er sah eine Zukunft für sie.

Wie diese Zukunft aussah konnte niemand vorhersagen, aber dies war im Moment völlig unwichtig.

tbc