Vielen Dank an all diejenigen, die mir Kommentare oder e-mails geschrieben haben und mich gebeten haben diese Story weiter zuschreiben!! Ihr seid die liebsten Menschen auf der Welt und ich würde euch alle knuddeln, wenn ihr grade in Reichweite wärt. ^_____^
Disclaimer: Mir gehört immer noch nichts, nur um das sporadisch mal wieder zu erwähnen … -.-
Warnung: Kitsch. Ich meine … Kitsch. -.- Dazu kommt vermutlich OOC´ness ohne Ende. Und dass ich die gemeine, hinterhältige Veranlagung habe, in den schönsten Momenten immer wieder zu unterbrechen … *träller* *unschuldigFingernägelfeil*
Sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt.
~*~*~*~*~*~
Eine halbe Stunde später, in der ich mich nicht nur mit einer Machete bewaffnet durch Taichis kompletten Kleiderschrank-Dschungel gekämpft hatte, sondern auch noch den gesamten Vorrat seiner Mutter an Haargel und Schaumfestiger verbraucht hatte, standen er und ich schließlich gemeinsam vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer seiner Eltern.
Taichi besaß tatsächlich zu neunzig Prozent Sportklamotten, wie ich feststellen musste. Er hatte sogar eins von diesen kleinen neckischen Dingern, die der Volksmund „Eierschützer" nannte, also die Mann vor sein besagtes bestes Stück schnallte, falls er sich in etwas raueren Sportarten erging und die mich jedes Mal auf schmutzigen Gedanken brachten.
Irgendwo ganz hinten, hatte ich aber doch noch einige brauchbare Klamotten entdeckt.
„Wow", er pfiff anerkennend durch die Zähne. „Ich bin platt. Wie hast du das denn gemacht?"
„Am siebten Tag schuf Gott den Menschen", deklamierte ich hoheitsvoll. „Und am achten Tag kam Yamato und vervollständigte das Kunstwerk."
„Erinnere mich daran, wenn ich eine Religion gründe um dir zu huldigen", grinste er. „Oh, du göttlicher Yamato."
„Hey, bin ich gut oder was?"
„Das bist du allerdings!"
Ich hatte es tatsächlich geschafft etwas aus seinen Haaren zu machen, das halbwegs nach Frisur aussah. Nicht, dass es mich gestört hätte, wie es vorher ausgesehen hatte, im Gegenteil … dennoch war ich von mir selbst sehr beeindruckt. Seine Haare waren zwar immer noch zerwuschelt und ziemlich wild, aber inzwischen sahen sie auf sehr GESTYLTE Art wild aus. Einige dunkle Strähnchen hingen ihm lässig im Gesicht, was so sexy aussah, dass es mir schwer fiel ihn anzusehen ohne weiche Knie zu kriegen.
//Ja, sehr schlau, Matt! Mach einen Sexgott noch ne Spur heißer, damit es ja nicht zu leicht für dich wird ihm zu widerstehen! Guter Plan! Scheiße, bin ich doof!//
„Ich wusste nicht mal, dass ich solche Klamotten besitze …"
Taichi starrte beeindruckt auf die silbergraue Hose und das rote Shirt, die so stylish aussahen, dass sie glatt aus meinem Kleiderschrank stammen könnten. Wenn ich farbige Sache tragen würde, natürlich.
Allerdings war das ja in meinem „Yamato verwandelt sich in einen komplett neuen Menschen, damit Taichi sein bester Freund bleibt" -Plan mit inbegriffen. Werde sportlich. Werde sozial. Zieh mal was anderes an außer schwarz. Sieh andere Menschen nicht immer so finster an, dass sie ein Trauma erleiden. (Das könnte deiner Beliebtheit tatsächlich abträglich sein.) Und lass dir nach Möglichkeit nicht anmerken, dass du dich in ihn verliebt hast und damit zu einer doofen Schwuchtel mutiert bist …
„Findest du wirklich, es steht mir?" fragte er und klang einen Moment lang überraschend unsicher.
Ich nickte heftig.
Wie konnte er denn daran zweifeln?? Er sah so verdammt sexy aus, dass ich mich vor lauter Frust am liebsten zu Boden geworfen und in den Teppich gebissen hätte.
Weil … ja, wieso eigentlich? Weil er nicht meiner war und niemals sein würde? (Also Taichi natürlich, nicht der Teppich …) Weil er ein Junge war und ich blöderweise auch, und es nicht grade normal war, dass man einen anderen Jungen, IRGENDEINEN anderen Junge so unglaublich anziehend fand? Und das man ein riesiges Problem hatte, wenn es nicht nur irgendein Junge war, sondern ausgerechnet der beste Freund? Und …
„Du siehst gut aus, wirklich!" sagte ich schnell, bevor die dämliche Masse in meinem Kopf, die sich als Gehirn bezeichnete, anfing mich noch mehr durcheinander zu bringen, als ich es ohnehin schon war.
„Cool." Er grinste mich an, schräg durch ein paar dunkle Strähnen, die ihm in die Augen fielen und seine Augen funkelten. „Dann kann ich mich ja endlich mal neben dir sehen lassen."
„Versuchst du grade witzig zu sein?" knurrte ich misstrauisch.
„Nein, das war ernst gemeint! Du … siehst eben immer toll aus."
„Haha. Du spinnst ja!" Hastig wandte ich mich ab, damit er nicht sah, dass ich rot wurde.
Er brachte mich jedes Mal durcheinander wenn er so etwas sagte und ich hatte das dumpfe Gefühl, dass er das auch ganz genau wusste. Und das es ihm aus unerfindlichen Gründen Spaß machte.
Ich sah scheiße aus und er wie ein Gott. So. Punkt. Noch ein Grund warum das mit uns nie was werden würde. Mal abgesehen von den tausend anderen Sachen …
„Matt … danke", sagte er leise hinter mir. „Dass du mir geholfen hast und so."
„Ach das …" ich schluckte heftig und zuckte gleichzeitig abwertend mit den Schultern. „Das war doch gar nichts …"
„Nein wirklich … ich … danke! Du bist …" er stotterte. Was war los? Taichi stotterte niemals. Und er wurde niemals rot. Und schon gar nicht zweimal an einem Tag!! War er krank oder so was? Fragend drehte ich mich zu ihm um. „… niemand ist so … kann das so toll wie du", endete er schließlich und starrte angestrengt auf den Spiegel und zupfte an seinem ohnehin perfekt sitzenden T-Shirt herum.
Wieso hatte ich auf einmal das dumpfe Gefühl, dass es hier um mehr ging, als bloß ein paar Stunden Haare bearbeiten?
Vielleicht lag es an der Art wie Taichi mich grade ansah, eigentlich eher die Art wie er mich nicht ansah … und immer noch so dicht, so verdammt dicht vor mir stand. Vielleicht war ich wirklich einfach nur bemerkenswert begriffsstutzig - aber ich kapierte echt nicht, warum er mich im Spiegel plötzlich so ansah. So abwartend. So … keine Ahnung …
Ich kam mir plötzlich vor, wie ein Schauspieler, der mitten auf der Bühne seinen Text vergessen hatte. Oder das richtige Stichwort. Oder der gar nicht wusste, in welchem STÜCK er grade mitspielte. So in der Richtung.
„Haha", lachte ich nervös. „Ich weiß doch, ich bin der Beste!"
Das war vermutlich nicht grade die beste Reaktion, ich geb´s zu, aber leider das erste was mir einfiel. Zu meiner Überraschung stieg Taichi, der sonst jede Gelegenheit für einen blöden Spruch nutzte, nicht auf den Scherz ein.
Er drehte den Kopf vom Spiegel weg und lächelte mich einfach an. Nicht irgendein Lächeln. Nicht das patentierte freche, leicht verlegene Taichi Grinsen, dass er sonst drauf hatte. Es war anders. Lieb und ein bisschen schüchtern und auf verdammt einladende Weise irgendwie sexy.
„Du bist der Beste", wiederholte er leise.
„Äh … das war nicht ernst gemeint", sagte ich hastig und merkte wie rot wurde unter seinem intensiven Blick, und begann dahin zu schmelzen wie Eis in der Sonne. „Ich mach doch bloß … Witze …"
Er trat einen Schritt auf mich zu und ich wich automatisch zurück bis ich gegen etwas Hartes stieß … und fand mich plötzlich zwischen Spiegel und Taichi eingeklemmt wieder.
„Ich nicht."
Er hob die Hand und strich mir eine helle Haarsträhne, die mir in die Augen gefallen war zurück. Aber er ließ sie nicht los, sondern fing an mit ihr zu spielen, während er mich weiterhin mit diesem Lächeln ansah, dass mich dazu brachte, dass ich mich plötzlich wie glühende Lava aufzulösen drohte und zu zerfließen schien. Die andere Hand hatte er direkt neben meinem Gesicht abgestützt.
„Du bist der Beste", murmelte er und es klang tatsächlich ein bisschen schüchtern. „Das weißt du doch!"
Was redete er denn da? Ich war doch ein totaler Versager, das hatten wir ja heute zur Genüge feststellen können. Und dazu noch ein SCHWULER, sozialer Versager, vielen Dank auch!
„Blödsinn …", stieß ich leise hervor, in dem vergeblichen Versuch ganz normal zu klingen. „Eher das Gegenteil …"
Er seufzte. „Wieso machst du dich eigentlich immer so runter? Das hast du doch gar nicht nötig."
Ich erstarrte und stammelte: „Was?"
Woher wusste er denn …?
Seine Finger spielten immer noch ganz sanft mit meinem Haar.
„Ich wäre ein mieser bester Freund, wenn ich das nicht mitkriegen würde, oder?"
Konnte er jetzt auch noch Gedanken lesen?
„Nein, aber du denkst so laut, dass man es gar nicht überhören kann."
Moment mal … hörst du das etwa?
„Ja."
Das auch?
„Matt!!" Mit einem Seufzen trat er einen Schritt zurück. Ich kam mir plötzlich vor, als ob ich die ganze Szene ruiniert hätte … dabei wusste ich wie gesagt noch nicht mal in was für einem Stück wir grade spielten.
„Ich versteh nicht, wieso du immer so an dir zweifelst", er verdrehte die Augen und ließ meine Haarsträhne los. „Ryo findet übrigens auch, dass du gut aussiehst … und der müsste ja eigentlich wissen wovon er redet."
Ich bekam einen Hustenanfall. „Waaass?!"
Okay, diesmal hatte er es geschafft mich aus der Fassung zu bringen. Scheiße … schon wieder wurde ich rot … ich hasste Komplimente … ich hasste wenn Taichi mich so angrinste … ich hasste wenn blöde Schwuchtel, die ich nicht leiden konnte mich für gut aussehend hielten.
„Tut er NICHT!!" fauchte ich, sobald ich wieder Luft bekam. Na toll! Hatten etwa er und Taichi später unter der Dusche über mich geredet?? Sich am besten darüber lustig gemacht, dass ich kein Fußballspielen konnte? Oder noch schlimmer - darüber geredet wie scheiße ich in kurzen Hosen aussah? Herrlich … das war ja ein toller Gedanke.
Tais Grinsen wurde wenn möglich noch breiter. „Doch, tut er! Er findet du bist niedlich … nur leider furchtbar schüchtern …"
NIEDLICH?? Oh man, er war tot!!! Ryo war so was von tot!
„Niedlich?!" zischte ich mit geballten Fäusten. „Der kann sehen wie niedlich ich bin, wenn ich ihm die Fresse poliere!"
„Nun mach dir nicht ins Hemd" Taichi grinste immer noch breit. „Er wird dich schon nicht anbaggern …"
„Das will ich für ihn hoffen!! Wenn ja – das überlebt er nicht!"
Er sollte mich nicht angucken und für niedlich halten. Er sollte nicht mal wissen, dass ich existierte!
Ja zugegeben ich war paranoid – aber scheiße, es war schon schlimm genug, wenn ich bei manchen Mädchen das aberwitzige Gefühl hatte, dass sie mich mit Blicken auszogen. Ich hasste das - wirklich!
„Hey." Taichis Hand auf meinem Arm ließ mich in meinem Ausbruch inne halten. „Ich passe schon auf dich auf. Er wird dich in Ruhe lassen in der Hinsicht, okay?"
„Wenn er die Aufdringlichkeits-Gene seiner Schwester geerbt hat, wäre ich mir da nicht so sicher …"
Seine Hand war so warm … wie schaffte es Taichi nur immer so warm zu sein? Als hätte er eine kleine Heizquelle in sich versteckt. Ich war immer so kalt, egal ob Sommer oder Winter. Vielleicht fror ich deswegen so oft. Taichi war das einzige was es schaffte mich jemals wieder warm zu kriegen. Warmer, warmer Taichi …
„Mach dir keine Gedanken …", Sein Grinsen wandelte sich in ein sanftes Lächeln und er wuschelte durch mein geheiligtes Haar. „Überlass das ruhig mir, Yama. Ich rette dich schon."
Ich blinkte. „Oh … gut."
Unter normalen Umständen hätte mich sein seltsamer Gesichtsausdruck, als er das sagte gewundert, aber diesmal war ich zu abgelenkt. Yama? Wieso Yama? Moment … hatte er mich vorhin auf dem Spielfeld nicht schon mal so genannt? Was für eine dämliche Abkürzung meines Namens war das denn?
„Tai …" ich wollte ich grade danach fragen, aber er unterbrach mich.
„Oh, mist!" fluchte er mit einem Blick auf die Uhr. „Wir sind schon wieder viel zu spät. Hilfst du mir schnell alle zerbrechlichen Gegenstände verschwinden zu lassen und das Wohnzimmer ein bisschen umzuräumen? Die kommen gleich alle."
Ich nickte. „Wie ist es mit essen? Soll ich irgendwas machen? Wollen wir ne Pizza bestellen?"
„Nö." Er schüttelte unbarmherzig den Kopf. „Die brauchen nichts. Die wollen sich doch sowieso nur voll laufen lassen."
„Ja, klar." Ich rollte mit den Augen. „Ich kümmere mich gleich darum."
Also machten wir uns auf ins Wohnzimmer um alles was irgendwie so aussah, als ob Frau Yagami einen Anfall erleiden würde, wenn es kaputt ginge, in Sicherheit zu bringen und eventuell hinderliche Möbelstücke aus dem Weg zuräumen.
Es war zwar anstrengend die ganze Zeit Tische und Sofas hin und her zu schieben, aber ich fand es auch irgendwie ganz angenehm etwas von den ganzen seltsamen Gedanken, die die ganze Zeit in meinem Kopf Tischtennis spielten, abgelenkt zu werden.
Natürlich wurde ich nur abgelenkt so lange Taichi nicht in meiner Nähe war und … irgendetwas machte. Zum Beispiel einatmete.
Er angelte nach einem Bilderrahmen auf dem oberen Regal, so, dass sein T-Shirt hoch rutschte und einen schönen Blick auf seinen flachen, harten Bauch gab.
Scheiße … wurde ich verrückt? Wieso war es plötzlich so unheimlich sexy wie er ein und aus atmete? Er fuhr sich durch die Haare und warf mir ein schnelles Lächeln zu … und mir wäre vor lauter Sexualhormonen, die bei seinem Anblick in meinen Blutkreislauf ausgeschüttet wurden beinah schwindelig geworden. Machte er das mit Absicht? Was war los?
Oder wenn er wie jetzt unter das Sofa kroch um nach etwas zu fischen, dass darunter gerollt war und in dem Prozess mit seinem kleinen, knackigen Hintern wackelte, um sich tiefer nach unten zu schieben …
Oh … shit. Weggucken. Schnell.
Mit hochrotem Kopf wandte ich mich ab und versuchte tief durch zuatmen. Es ging einfach nicht an, dass ich hier anfing, wie ein peinliches Fangirl bei seinem Anblick auf den Teppich zu sabbern.
Man, reiß dich zusammen, Matt! Immerhin bist du Yamato Ishida, kälter als ein Gefrierschrank Stufe drei. Du sabberst NICHT!
Ich hatte definitiv einen Ruf zu verlieren.
Mir selbst gut zuredend, baute ich mich vor dem großen Eichenschrank auf und angelte nach einer der scheußlichen Vasen auf dem obersten Regal, bei der ich genau wusste, dass Taichis Mutter mit uns den Boden wischen würde, wen ihr etwas passieren würde.
Das blöde Ding stand allerdings höher als erwartet. Ich reckte mich so sehr ich konnte und balancierte auf Zehenspitzen, aber ich erreichte sie immer nur mit den Fingerspitzen. Nicht genug um ihr volles Gewicht halten zu können. Genervt versuchte ich mich an dem Schrank etwas hochzuziehen.
Eine plötzliche Stimme hinter mir ließ mich zusammen fahren und beinah das Gleichgewicht verlieren.
„Warte", sagte Taichi dicht an meinem Ohr. „Ich mach das schon."
Er ging direkt hinter mir auf Zehenspitzen, so dicht, dass ich unwillkürlich zwischen ihn und das Regal gequetscht wurde. Sein warmer Körper schmiegte sich im Prozess von hinten an mich, während er seine Arme dicht an meinen entlang nach oben streckte. Der plötzliche Körperkontakt, als er sich von hinten an mich lehnte ließ mich zusammenschaudern. Ich riss die Augen auf und versuchte gleichmäßig zu atmen, mein plötzlich glühendes Gesicht gegen das kühle Holz gedrückt. Mein Herz hämmerte gegen die glatte Oberfläche des Eichenschranks. Taichis Geruch, Taichis Wärme, Taichis Körper … überall nur Taichi um mich herum …
Noch zehn Sekunden länger und ich würde garantiert die Besinnung verlieren.
Als er sich reckte, reichten seine Hände grade soviel über meine, dass er das riesige Ding endlich zu fassen bekam. Sehr, sehr langsam und behutsam holte er es herunter. Wobei er aufpasste, damit nicht gegen meinen Kopf zu stoßen.
Er trat einen vorsichtigen Schritt zurück und ich hätte am liebsten aufgeseufzt beim plötzlichen Verlust seiner Nähe.
Falls ich das noch nicht erwähnt habe – Tai und ich sind normalerweise, oder waren es bis vor kurzem zumindest noch etwa gleichgroß. Aber da wir beide grade mitten in der Pubertät steckten, entschied immer der jeweilige Wachstumsschub wer von uns der Größere war.
Es schien, als hätte Tai in den letzten Wochen mal wieder einen gehabt. Denn als ich mich umdrehte, atemlos und erschreckt, und beinah mit ihm zusammenstieß, fiel mir auf, dass meine Augen nur ungefähr auf Höhe seines Mundes waren, was vor ein bis zwei Monaten noch nicht der Fall gewesen war. Scheinbar war er aktuell der Größere von uns beiden.
Das erklärte, warum er die Vase erreicht hatte und ich nicht.
Was es nicht erklärte, war wieso mein Herz plötzlich diese seltsame Show in meiner Brust abzog und einen Salto nach dem anderen schlug.
Es erklärte auch nicht wieso ich mich plötzlich um seinen Hals werfen … und diesen gefährlich dichten Mund küssen wollte. Mir war klar, dass er sich nur ein bisschen herunter neigen musste und so dicht wie wir zusammenstanden … würden unsere Lippen sich treffen … einfach so.
Moment. Was dachte ich da eigentlich?
Hormone … es mussten einfach Hormone sein. Mein Körper spielte verrückt. Pubertät. Genau – das war´s.
„Na bitte", sagte Taichi zufrieden und betrachtete die stilistische Scheußlichkeit in seinen Händen. „Am besten stell ich sie zu mir ins Zimmer, da dürfte sie relativ sicher sein."
Ich nickte stumm.
Hätte ich versucht etwas zu sagen, hätte ich vermutlich losgeheult.
Wie … wie konnte das nur sein, dass er, seine simple Nähe so einen unglaublichen Effekt auf mich hatten …und ich so gar keine auf ihn?? Ich hatte das Gefühl meine Knie würden gleich unter mir nachgeben und er kümmerte sich um die verdammte Vase!
Fuck. Fuck. Fuck.
Das war wieder mal klasse! Taichi bekam einen Wachstumsschub und ich ein Hormonproblem. Wo war die Gerechtigkeit dabei??
Während Taichi nach oben lief, lehnte ich mich mit geschlossenen Augen an den Schrank und atmete tief durch. Nicht durchdrehen, bitte … sondern schnell etwas zu arbeiten suchen. Es gab sicher noch etwas, irgendetwas, das weggeräumt werden musste … und was mich daran hindern würde nachzudenken …
Mit zitternden Händen begann ich Herrn Yagamis Plattenspieler, eine echte Rarität beiseite zu schieben. Verdammt … wieso hatte Taichi nur diese Wirkung auf mich?? Wie machte er das? Und wieso … wieso … hatte ich so gar keine auf ihn?
Immerhin bekam er keine Aussetzer, wenn er mir so nahe war … außer er konnte sie verdammt gut tarnen. Aber wie zum Teufel müsste ich sein, damit Taichi mich anziehend finden würde? Ganz abgesehen von der kleinen unbedeutenden Tatsache, dass ich ein Junge war … wie müsste ich sein? Größer? Kleiner? Durchtrainierter? Dunkelhaariger? Weiblicher? Männlicher? Irgendwie mehr … sexy?
Was machte ich falsch? Was müsste anders an mir sein, damit Taichi sich zu mir hingezogen fühlen würde …
Wenn ich es mir recht überlegte, wurde mir klar, dass ich überhaupt nicht wusste, was oder wen Taichi überhaupt für sexy hielt. Was komisch war, denn ich als sein bester Freund sollte eigentlich wissen ob es da jemanden gab. Aber ich hatte echt keine Ahnung. Taichi hatte meines Wissens noch nie für irgendjemand geschwärmt. Er hielt ja offensichtlich nicht mal Kyoko für sexy.
Och, weißt du ...vielleicht steh ich ja mehr auf blond.
Das hatte er vorhin gesagt … auf dem Fußballfeld, als ich ihn gefragt hatte, warum er nicht mit Kyoko ausgehen wollte.
Auf blond …?
War das ein Witz? War das ernst gemeint? Fuck, Taichi, manchmal könnte ich dich mit deinen dummen Sprüchen echt umbringen! Wieso musst du immer solche Witze machen?? Woher soll ich denn noch wissen, was du ernst meinst, und was nicht? Und was überhaupt war das eben für eine blöde Aktion mit der Vase?
Wieso … wieso verwirrst du mich immer so?
//Was für eine Scheiße … am besten bringe ich mich gleich um.//
Ich hatte mit dem Wegräumen aufgehört und unbewusst angefangen mit den Enden des schmalen Lederbändchens zu spielen, das um meinen Hals gebunden war. Ich hatte gar nicht gemerkt, wie ich passend zu meinen morbiden Gedanken immer fester zugezogen hatte … bis Taichis Hand ganz plötzlich meine beschäftigten Finger festhielt. Erschrocken, weil er mich so aus meinen Gedanken gerissen hatte, sah ich auf. Wo kam der denn so plötzlich wieder her?
Leicht amüsiert blickte er mich an.
„Pass lieber auf, sonst erwürgst du dich noch damit."
„Das ist Sinn und Zweck der Angelegenheit", entgegnete ich ohne Nachzudenken. „Man sollte immer was dabei haben, wenn es einen der plötzliche Drang überfällt sich zu strangulieren."
Wie jetzt zum Beispiel, dachte ich bitter.
„Wie typisch für dich, ein Mordinstrument als modisches Accessoire um den Hals zu tragen. An eine harmlose Kette oder so was hast du wohl nicht gedacht." Er klang nicht begeistert.
„Keine Sorge, ersticken gehört nicht zu meinen Lieblingstodesarten. Es dauert so lange …" Langsam. Qualvoll. Wie deine Nähe, Taichi … wieso merkst du das nicht?
„Gut zu wissen", kam die sarkastische Erwiderung. „Gott, bist du morbide manchmal …"
„Rasierklingen", sagte ich verträumt, „oder Schlaftabletten. Die feigen Todesarten, zugegeben, aber das wäre schon eher meine Richtung. Irgendetwas wo man Musik hören kann während man es tut. Ob es ein passendes Lied zum Verbluten gibt, was denkst du …?"
„Hör auf!" unterbrach er mich in so scharfem Tonfall, dass ich erschrocken zusammenzuckte. „Matt, das ist nicht witzig." Der Griff um mein Handgelenk wurde fester und er funkelte mich an.
Ich hatte vergessen, dass Taichi meinen kranken Humor nicht immer besonders zu schätzen wusste. Mehr oder weniger nicht ausstehen konnte, traf es wohl besser.
„Hey, ganz ruhig – es war ja nicht ernst gemeint!"
„Ja klar …" er seufzte. „Jedem anderen würde ich das abkaufen. Bloß du … Du kannst manchmal so …sein."
„Ich kann WIE sein?" fragte ich, plötzlich etwas angepisst. „Was soll dass denn heißen?? Dass ich irgendwie durchgeknallt bin?"
„Nein! Natürlich nicht …"
„Was dann?!"
Oh toll – das war ganz toll! Taichi hielt mich also nicht für absolut unattraktiv und abstoßend, sondern auch nur für ein psychisches Wrack. Vielen dank auch! Weist mich am besten gleich in die geschlossene Anstalt ein.
„So habe ich das nicht gemeint, Matt – das weißt du!" Seine großen, braunen Hundeaugen sahen mich bittend an. „Sag so was einfach nicht, ja? Ich … ich mag mir nicht mal vorstellen, dass du stirbst! Und du machst immer Witze darüber."
Er schien sich wirklich Gedanken zu machen.
Taichi machte sich ständig Gedanken um mich. Ich verstand zwar nicht wieso, aber es brachte mich wieder etwas von meinem Klapsmühlen-Trip herunter.
„Bleib locker, man – ich bin nicht suizidgefährdet oder so", erwiderte ich deshalb, meinen nur halb ernst gemeinten Erstickungsversuch mit dem Kopfkissen heute Morgen gnädig vergessend. „Man, du klingst wie der Therapeut zu dem mich mein Vater nach der Scheidung geschleift hat. Soll ich schnell noch ein paar Tintenkleckse analysieren, Dr. Freud?"
Taichi sah nicht so, als ob er meinen zugegeben ziemlich lahmen Versuch die viel zu ernste Stimmung aufzuheitern besonders komisch fand.
„Matt, wenn du jemals auf die Idee kommen solltest so was Blödes wie Selbstmord auch nur in Erwägung zu ziehen - dann bringe ich dich um!"
Überrascht von dem plötzlich überhaupt nicht mehr scherzhaften Tonfall und dem Ernst in den braunen Augen vor mir, blieb ich still und verkniff mir alle dummen Sprüche, die mir grade auf der Zunge lagen.
Stattdessen nickte ich brav und ließ meine Hand sinken. Zu meiner Überraschung ließ er mein Handgelenk nicht sofort los sondern hielt es einen Moment länger als nötig fest. Ich spürte wie mein Kopf wieder anfing zu glühen.
Was tat er denn da? Ich war doch auch schon so verwirrt genug, vielen Dank!
„Nun mach dir nicht ins Hemd, ich bring mich schon nicht um", sagte ich gespielt lässig. „Auch wenn ich nicht glaube, dass es ein großer Verlust für die Welt wär- …"
„Bitte!" Eine Hand auf meinem Mund ließ mich verstummen.
„Halt die Klappe, Yama", sagte er leise. „Halt einfach nur einmal die Klappe, okay? Und red nicht immer so einen Mist …"
Yama. Er hatte es schon wieder gesagt. Also, war das keine Einbildung von mir. Seit wann nannte er mich denn nicht mehr Matt, so wie alle anderen auch?? Seltsam. Ich hätte ihn in diesem Moment gerne gefragt, aber seine Hand war immer noch auf meinem Mund und so konnte ich nicht.
In diesem Moment klingelte es an der Tür.
Sanft nahm er seine Hand von meinem Mund und ließ sie sinken. Einen Augenblick lang blieben seine Augen so dicht bei mir, dann schenkte er mir ein engelhaftes Lächeln und hauchte voller Inbrunst: „Verdammte scheiße!"
Mit diesen gefühlvollen Worten verschwand Richtung Tür. Ich blieb mehr als nur ein bisschen verwirrt zurück.
^tbc^
Ich trau mich kaum das zu fragen, aber … feedback? ^^** Reviews jeder Art machen mich wirklich sehr glücklich!! ^______^
