Ich liebe eure Kommentare, bin fast schon süchtig danach. Danke. Aber da ich etwas Streß habe, kommt ‚nur' ein Update, antworten werde ich beim nächsten Update.
Aisling


Drei Stunden später waren zwei Tränke fertig. Ein Heiltrank, der Harrys gebrochenen Arm, meinen inzwischen ziemlich vereiterten Zeh und unsere ganzen anderen sichtbaren Blessuren in Ordnung bringen würde, und einen Stärkungstrank, der uns beiden wieder Kraft verleihen würde. Ich hatte es verworfen, einen weiteren Trank für mich herzustellen, da eine Kombination von allen Dreien für mich fatale Folgen haben konnte. Und mit den Fluchauswirkungen würde ich schon fertig werden.

Jetzt fehlte nur noch eine Nacht Schlaf, und dann konnten Harry und ich nach Hogwarts zurückkehren, vorausgesetzt, die Schule existierte noch.

Petunia, die mir die ganze Zeit zugeschaut hatte, reichte mir nun zwei große Glasflaschen, in die ich einen Großteil der Flüssigkeit abfüllte, den Rest teilte ich in Portionen für Harry und mich auf. Meinen Anteil nahm ich sofort ein, Harrys goss ich in zwei Becher und brachte sie nach oben.

Harry lag dort noch immer genau so, wie ich ihn verlassen hatte. Er war aber nicht mehr bewusstlos, sondern schien zu schlafen. Er schien zu träumen, denn er bewegte sich sehr unruhig. Ich hatte nicht den Eindruck, dass es ein schöner Traum war, und beschloss, ihn zu wecken.

Als ich ihn leicht an der Schulter schüttelte, wachte er sofort auf.

Ich stützte Harry und flößte ihm die Tränke ein. Er schlucke sie auch herunter. Anschließend schüttelte er sich geschlagene fünf Minuten vor Ekel.

Heiltränke schmecken zwar nicht besonders gut, aber so schlecht hatte es nun wirklich nicht geschmeckt. Ich hatte sie selbst probiert.

Ich unterdrückte den aufkommenden Ärger und wartete, bis Harry sich wieder beruhigt hatte.

"Haben Sie mitbekommen, was Voldemort heute Morgen bei Ihnen versucht hat, Harry?"

"Ja, Sir, er hat versucht, in meinen Geist einzudringen, um uns aufzuspüren. Ich habe versucht, ihn daran zu hindern, ich wollte ihn aus meinem Kopf vertreiben, aber ich konnte es nicht."

Der Junge zog seine Beine an den Körper undumklammerte sie mit seinen Armen. Den Kopf stützte er auf die Knie.

"Wenn ich damals in Ihrem Unterricht aufgepasst und mich wirklich darum bemüht hätte, dann…"

Innerlich tief seufzend fragte ich mich, wofür man mich jetzt bestrafte?

Muggelpsychologe und jetzt auch noch Seelentröster für Harry Potter. Aber was tat man nicht alles, um die Welt zu retten.

"Harry, Sie hatten keine Chance. In Ihrem körperlichen Zustand ist es fast schon ein Wunder gewesen, dass Sie Voldemort so lange widerstehen konnten."

"Sie haben es schon wieder getan!"

"Was habe ich getan?"

"Sie haben mir das Leben gerettet."

Merlin, wie kam ich jetzt nur aus dieser Situation raus? Es war mir peinlich.

"Ja, und? Darin habe ich ja Übung!"

"Das ist ja das Schlimme." Harrys Stimme war zu einem Flüstern abgesunken. "Sie haben mir in den letzten Jahren schon so oft das Leben gerettet, und ich habe mich noch nie dafür bedankt. Jedes Mal, wenn ich mich bedanken wollte, dann sind Sie so ekelhaft zu mir gewesen, dass ich Sie am liebsten umgebracht hätte. Als Sie mir dann den Privatunterricht gaben, da fragte ich mich manchmal, warum Sie mir jemals geholfen und sogar mein Leben gerettet haben. Ich hatte das Gefühl, dass Sie mich hassen. So sehr…" Er stotterte und kam nicht weiter.

"Was erwarten Sie jetzt von mir? Soll ich Ihnen jetzt sagen, dass ich Sie nicht hasse, dass Sie sich getäuscht haben? Oder möchten Sie von mir hören, dass ich erkannt habe, dass Sie kein unreifer Junge sind, dass ich Sie achte und respektiere? Eher wird sich ein Einhorn freiwillig von Ihnen streicheln lassen, als dass ich Ihnen sage, dass ich Sie mag."

Bei jedem Satz zuckte Harry etwas zusammen. Als ich fertig war, wirkte er wie ein Häufchen Elend. Sein Gesicht hatte er gesenkt. Jetzt war es wohl an der Zeit, ihn etwas aufzubauen.

"Es ist nicht so, dass Sie kein Potenzial haben, Harry", fuhr ich fort. "Sie nutzen es nur nicht richtig."

"Und was sollte ich Ihrer Meinung nach ändern?", kam es fast schon trotzig von dem Jungen zurück.

"Sich auf das Wesentliche konzentrieren."

"Was ist denn für Sie das Wesentliche? Dass ich meinen Abschluss mit Auszeichnung bestehe, dass ich aufpasse, wenn Sie mich unterrichten? Dass ich Ihr Denkarium in Ruhe lasse? Was soll ich tun?"

Ach, er hatte gemerkt, dass ich damals sehr sauer gewesen war. Aber aus anderen Gründen, wie er wohl dachte. Ich wollte damals nicht, dass er versehentlich einen falschen Eindruck von seinem Vater bekam, der mir damals mit diesem Streich mehr oder weniger eine Freikarte zu den Todessern geschenkt hatte. Dass ich im Denkarium auch meine Reaktion und meine Rache abgespeichert hatte, war Harrys Aufmerksamkeit entgangen. Das war mein Vorteil, denn so war es Harrys Problem, dass er jetzt anders von seinem Vater dachte.

"Besiegen Sie Voldemort. Sie können es. Sie sind wesentlich stärker als Sie denken."

"Was glauben Sie, was ich die letzten Jahre immer versucht habe? Denken Sie, es hat mir Spaß gemacht, dass ein Freund nach dem anderen gestorben ist und ich nichts dagegen unternehmen konnte?"

Er hatte sein eigentliches Problem noch gar nicht erkannt.

"Eben das ist ja Ihre schwache Stelle! Wenn Sie sich bei der letzten Schlacht auf Voldemort konzentriert hätten und nicht darauf, ob Mr. Weasley oder Ms. Granger überleben würden, dann hätten wir gesiegt!"

"Aber ich kann doch meine Freunde, die für mich in die Schlacht gezogen sind, nicht im Stich lassen!"

"Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie wirklich, dass Ihre Freunde nur aus einer irregeleiteten Zuneigung für Sie in eine Schlacht auf Leben und Tod gehen? Könnte es nicht sein, dass Weasley, Granger und alle andere gegen Voldemort kämpfen, um sich und ihren Kindern eine bessere Zukunft zu bieten? Eine Zukunft, in der jeder Zauberer, egal ob reinblütig oder Schlammblut, die gleiche Chance hat und nicht mit Verfolgung und Sklaverei rechnen muss?"

In diesem Moment konnte ich Harry einfach nicht verstehen.

"Denken Sie doch endlich nach, bevor Sie etwas sagen oder bevor Sie handeln. Was meinen Sie, warum immer einer Ihrer Freunde in Gefahr gerät, wenn es für Voldemort gefährlich wird? Er hat Ihre Schwäche schon lange durchschaut und nutzt sie aus. Wenn Sie Voldemort besiegen wollen, dann müssen Sie auch Opfer bringen. Sie können nicht gleichzeitig gegen ihn kämpfen und Ihre Freunde retten. Das geht nicht. Und je eher Sie das begreifen, um so weniger Menschen werden sterben müssen!"

"Haben Sie schon einmal dabei zugesehen, wie man einen Menschen tötete, den Sie liebten? Wissen Sie, was Sie da von mir verlangen? Wie soll ich so etwas nur können?"

Ein Schluchzen schüttelte Harrys Körper.

Wieder brachte er mich in Verlegenheit. Ich wusste ganz genau, was ich von ihm verlangte, schließlich hatte ich selber mit ansehen müssen, wie man meine Mutter umbrachte, und ich hatte ihr nicht helfen können.

"Ich war gerade in meinem ersten Jahr auf Hogwarts, als mein Vater Todesser wurde. Er war einer von Voldemorts ersten Gefolgsleuten. Ein Jahr später tötete er in meinem Beisein meine Mutter, weil sie ein Schlammblut war. Ich kannte damals zwar schon mehr verbotene Flüche als jeder andere Schüler Hogwarts, aber wenn ich den Zauberstab gegen meinen Vater erhoben hätte, dann wäre ich tot gewesen. Ich habe meinen Vater und Voldemort dafür gehasst. Und ich bin damals zu den Todessern gegangen, um den Tod meiner Mutter zu rächen. Meinen Vater tötete ich, als ich achtzehn war, aber Voldemort lebt immer noch."

Ich wusste nicht, warum ich es Harry erzählte, vielleicht lag es daran, dass wir uns doch ähnlicher waren als wir es selber wollten. Innerlich schüttelte ich mich bei diesem Gedanken. Nein, wir waren uns bestimmt nicht ähnlich.

"Ich schütze Sie, weil ich weiß, dass Sie ihn besiegen können. Ich will, dass Voldemort endlich stirbt. Dafür würde ich selbst dem Teufel meine Seele verkaufen, und es ist nur ein geringer Aufwand, mich um den-Jungen-der-lebt zu kümmern. Aber ich kann Sie nicht mehr schützen, da ich Voldemorts Vertrauen verloren habe. Also reißen Sie sich zusammen und kämpfen Sie gegen ihn, ohne sich von irgendetwas ablenken zu lassen. Sie können es!"

Da tropfte nur so der Pathos aus meiner Stimme, aber der Junge brauchte es. Während dieser kleinen Rede hatte er aufgehört zu weinen, mich angeschaut und aufmerksam zugehört. Ich hoffte, ihn mit meinem Appell überzeugt zu haben, denn ohne Selbstbewusstsein würde er nicht gewinnen.

Einer musste schließlich überzeugt sein, Voldemort besiegen zu können, wenn ich schon meine Zweifel hatte. Vielleicht änderte sich am nächsten Tag meine Meinung, wenn beide Tränke gewirkt hatten und ich wieder fit war.

Harry sagte nichts mehr, er schien mit dem Schlaf zu kämpfen, und ich beobachtete die nächsten Minuten, wie er den Kampf verlor. Erst dann stand ich auf, verließ das Schlafzimmer und schloss leise dir Tür.

Den restlichen Tag verbrachte ich sehr ruhig. Bei der Wirkung, die diese beiden Tränke auf meinen Körper hatten, war es auch kein Wunder.

Ich saß im Wohnzimmersessel und döste vor mich hin. Dudley hatte ich aus dem Badezimmer geschleift und dazu beordert, sich neben mich zu setzen und aus einem Muggelbuch vorzulesen. Ich hatte es einfach aus dem Regal gezogen und stellte nun fest, dass Viktoria Holt garantiert nicht meine Lieblingsautorin werden würde. Dudley hatte keine schöne Stimme, und er stockte mehr, als dass er vernünftig las, aber dafür hatte ich ihn unter Kontrolle.

Jedesmal, wenn er glaubte, dass ich eingeschlafen war, hörte er auf zu lesen, erhob sich und wollte sich davon schleichen, aber es reichte, dass ich meine Augen öffnete, und er ließ sich wieder in seinen Sessel fallen und fuhr fort vorzulesen.

Am Abend ging ich kurz nach oben, um mich von Harrys Gesundheitszustand zu überzeugen.

Er schlief. Seine Wangen hatten mehr Farbe bekommen, und er wirkte nicht mehr ganz so ausgemergelt. Auch schien er keinen Albtraum zu haben. Vorsichtig, um ihn nicht aus seinem Schlaf zu wecken, flößte ich ihm sowohl vom Heiltrank als auch vom Stärkungsmittel ein.

Wenn die Heilungsprozesse genauso schnell weitergingen, dann würden wir beide am nächsten Morgen wieder gesund sein.

Das Abendessen verlief friedlich. Petunia hatte es geschafft, obwohl sie ein Muggel war, ein Abendessen zu kochen, das selbst die Hauselfen nicht besser hinbekommen würden, und als ich es ihr sagte, errötete sie leicht.

Muggel konnte man so leicht eine Freude machen.

Vernon verhielt sich neutral, und Dudley bekam vor Angst kein Wort heraus. Als er sowohl von Petunia als auch von mir einen strafenden Blick zugeworfen bekam, weil er sich noch eine zweite Portion nehmen wollte, schien er zu schrumpfen.

Genauso wie Harry verordnete ich mir eine weitere Portion der Tränke und ging früh ins Bett, natürlich nicht, ohne Dudley vorher in den Schrank einzusperren.

Beduselt von den Tränken war es mir egal, dass Harry auch in dem Bett lag.

Ich schob ihn einfach ein Stück zur Seite und legte mich dazu.


Wie ihr wisst, motivieren mich eure Kommentare ungemein, ein neues Kapitel hochzuladen.