So, das wars. Das ist das letzte Kapitel von 'Eine Woche Hölle'. Es hat mir viel Spaß gemacht, alle Kommentare zu lesen. Und jetzt ist es vorbei. Snif.

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Naja, wenn ihr wollt, ist es noch nicht ganz vorbei. Von meiner nächsten Story habe ich bereits das erste Kapitel hochgeladen... aber es ist keine Harry Potter Story, sondern ein Highlander/Echte-Kerle-Crossover. Man muss nicht die 'Echten Kerle' kennen, um diese Story zu lesen. Was euch interessieren wird, der Hauptcharacter, Chris Schwenk hat eine sehr sarkastische Ader. Und es ist Slash :-). Der Titel der Story ist '...und das Leben geht weiter'.

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Und jetzt viel Spaß beim letzten Teil.

Der siebte Tag

Merlin, mir tat alles weh. Ich war kaum wach, als ich das Gefühl hatte, in der Hölle zu schmoren. Dann waren da noch die vielen bunten Sternchen, die einen munteren Reigen um meinen Kopf tanzten. Doch als ich meine Augen öffnete, war es hell, viel zu hell. Deswegen schoss ich sie wieder. Dann ich hörte eine angenehme Frauenstimme, die etwas murmelte.

Da ich weder an einen bestimmten Gott noch an irgendwelche Göttercliquen glaubte, konnte ich nicht in einen Himmel, Walhalla oder Ähnliches kommen. Und für eine Hölle war es trotz der Schmerzen zu angenehm.

Blieb also nur die Schlussfolgerung, dass ich noch am Leben war. Aber nicht in Voldemorts Händen, denn jetzt spürte ich, wie jemand ganz sanft meinen Kopf hob und mir etwas zu trinken einflößte. Viel zu sanft für Voldemorts Speichellecker.

Erst als ich schluckte, merkte ich, wie ausgedörrt meine Kehle war. Und dass man mir einen Heiltrank einflößte, denn die Schmerzen ließen nach. Dann wurde es wieder dunkel, und mein Geist versank im Nichts.

Als ich das nächste Mal aufwachte und meine Augen öffnete, wurde ich von einer tief stehenden Sonne geblendet. Wer auch immer mich in dieses Bett verfrachtet hatte, wollte mich wohl quälen. Es war einfach zu hell.

Ganz langsam versuchte ich, mich zu bewegen. Ich hatte in den letzten Tagen genug Erfahrung mit den Sternen gesammelt und wollte ein erneutes Auftauchen und das obligatorische Kreisen um meinen Kopf vermeiden.

Erstaunlicher Weise hatte ich recht wenige Schmerzen, als ich mich aufsetze. Man hatte mir wohl einen sehr effektiven Trank eingeflößt. Und die Sterne blieben auch weg.

Mutiger geworden schaute ich mich um, und fand mich alleine in einem einfachen, weiß gestrichenen Raum. Eindeutig eine Krankenstation, fragte sich nur, welche.

Ich schaute mich nach einer Möglichkeit um, dem Pflegepersonal zu signalisieren, dass ich wach war, doch es war noch nicht mal eine Klingel zu finden. Auf dem Nachttisch stand ein Krug, daneben ein volles Glas mit Wasser und mein Zauberstab lag daneben. Wenn ich wirklich gewollt hätte, dann wäre es für mich ein Leichtes gewesen, durch einen Spruch auf mich aufmerksam zu machen, aber ich wusste nicht, wie viele Reserven ich noch hatte, deswegen ließ ich es. Stattdessen war ich in Versuchung, aufzustehen und mich umzuschauen, doch nach reiflicher Überlegung verzichtete ich auch darauf. Es war wahrscheinlich, dass ich zusammenklappen würde, bevor ich die Tür erreicht hatte, und ich hatte keine Lust, von anderen hochgehoben und wieder ins Bett verfrachtet zu werden.

Ich bemühte mich, gegen die Sonne aus dem Fenster zu schauen und mich zu orientieren. Ich wollte wissen, auf welcher Krankenstation ich war.

Ich bekam einen spektakulären Sonnenuntergang geboten, konnte aber nicht viel von der Umgebung erkennen. Erst wurde ich geblendet, und als die Dämmerung einsetzte, waren überall nur noch Schatten. Ich konnte zwar eine Wiese und Bäume erkennen, aber nichts wirklich Vertrautes.

Als die Sonne endgültig hinter dem Horizont verschwunden war, hörte ich ein leises Räuspern. Da es im Raum fast dunkel war, konnte ich nicht erkennen, wer eingetreten war. Ich ärgerte mich, dass ich nicht mitbekommen hatte, dass jemand den Raum betreten hatte. Es konnte doch nicht sein, dass mich so ein kitschiger Sonnenuntergang derart abgelenkt hatte.

"Accio mein Zauberstab!"

In weniger als einer Sekunde hielt ich ihn sicher in meiner Hand.

"Ich dachte, dass wir uns nicht mehr bekämpfen würden."

Es war Harry, eindeutig amüsiert. Womit hatte ich das verdient? Ich war krank und benötigte meine Ruhe.

"Stimmt, aber wenn Sie sich so lautlos anschleichen..."

"Ich wusste nicht, ob Sie schon wach waren, und wollte Sie nicht wecken. Als Sie so versunken in den Sonnenuntergang gestarrt haben, da wollte ich auch nicht stören und habe gewartet, bis das Spektakel vorbei war."

Es hörte sich so an, als ob er nicht glaubte, was er gerade gesehen hatte. Ich fand es auch unglaublich, sah aber keinen Grund, ihm zuzustimmen.

"Sehr nett von Ihnen. Wenn Sie schon mal da sind, dann können Sie mir auch sagen, wie viel Zeit vergangen ist und wo ich bin."

Denn es war ganz bestimmt nicht mehr Samstag, dafür fühlte ich mich einfach zu gut.

"Wir sind auf Hogwarts. Da die Krankenstation noch immer viel zu voll ist, hat man Sie in angrenzende Räume untergebracht. Sie haben fast sechsunddreißig Stunden im Heilschlaf verbracht. Wollen Sie sonst noch etwas wissen?"

So groß wie Hogwarts war, war es kein Wunder, dass ich nicht alle Räume kannte. Und um alles, was mit der Krankenstation zu tun hatte, machte ich immer einen großen Bogen. Zu oft war ich schon als Patient dort gewesen.

Woher hatte der Bengel nur diese selbstherrliche Ausstrahlung? Gut, da er noch lebte, hatte er Voldemort besiegt, aber das war kein Grund, sich so zu verhalten. Aber ich konnte ihn nicht zusammenstauchen, erst brauchte ich mehr Informationen.

"Setzen Sie sich doch, Potter. Wenn Sie noch Zeit für mich erübrigen können, dann wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir erzählen, was ich verpasst habe."

Leider war es zu dunkel, um zu erkennen, ob mein Ton gewirkt hatte. Ich hatte mich bemüht, nicht zu ironisch zu sein.

Harry nahm jedenfalls einen Stuhl und setzte sich zu mir ans Bett.

"Lumos!"

Von meinem Zauberstab ging ein sanftes Licht aus, und ich konnte jetzt in Harrys Gesicht sehen. Er hatte eine fast schon steinerne Miene aufgesetzt, die nicht erkennen ließ, was er gerade dachte. Er sah nicht so aus, als ob er mir bereitwillig etwas erzählen wollte. Wenn ich meinem Ruf gerecht werden sollte, dann müsste ich jetzt mit Folter drohen, nein, besser, ohne Vorwarnung ein ‚Crucio' aussprechen, um aus Harry alle Informationen herauszupressen.

Ich war wirklich weichherzig geworden, denn stattdessen redete ich ihm gut zu.

"Fangen Sie am besten damit an, was passierte, nachdem ich bewusstlos wurde."

"Ich weiß nicht genau, wann Sie nichts mehr mitbekommen hatten. Ich war zu sehr mit Voldemort beschäftigt, um mich darum zu kümmern."

Wollte er mich unbedingt zur Weißglut bringen?

Auch wenn ich einen Ruf zu wahren hatte... Ich schluckte meinen Ärger runter und bemühte mich, ruhig zu bleiben. Es brachte mir nichts, wenn wir uns stritten, schließlich musste ich erfahren, in welcher Position ich mich befand. Denn wenn man in mir immer noch einen Verräter sah, war er meine einzige Hoffnung.

"Harry, jetzt erzähl mir doch einfach, was passiert ist. Ich kann mich nur noch daran erinnern, dass ich versucht habe, einen Fluch gegen Voldemort zu sprechen, aber ich weiß noch nicht mal, ob er überhaupt gewirkt hat."

Jetzt lächelte Harry. Es war dieses Mal kein selbstherrlicher oder eitler Gesichtsausdruck, sondern wirkte offen und ehrlich.

"Er hat nicht seine volle Wirkung entfaltet, aber es hat gereicht, Voldemort langsamer werden zu lassen. Und dann war ich schneller."

Er schien nicht erzählen zu wollen, wie er ihn getötet hatte, ehrlich gesagt, wollte ich auch keine blutigen Details wissen. Und doch, ich hatte einen Zweifel.

"Und Sie sind sicher, dass er endgültig besiegt ist?"

Ich wünschte es so sehr. Aber es war Voldemort schon einmal gelungen zurückzukehren, und ich hatte Angst, dass es wieder passieren konnte.

"Ja, ich bin sicher. Ich kann spüren, dass er weg ist. Jetzt wo er nicht mehr da ist, da weiß ich, dass er seit meiner frühesten Kindheit in mir, nein, in meinem Geist", verbesserte er sich, "präsent war. Ich habe das Gefühl, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben wirklich frei bin."

War ich wirklich so angespannt gewesen? Jedenfalls merkte ich, dass ich mich nach dieser Antwort entspannte und in meine Kissen zurücklehnte.

"Professor?"

"Was ist, Harry?"

"Wissen Sie, dass Sie der einzige waren, der nicht an die Prophezeiung geglaubt hatte? Ohne Sie hätte ich Voldemort nicht besiegen können. Auch wenn Sie keinen Dank hören wollen, verdanke ich Ihnen mein Überleben."

Und ich hatte meine Rache vollendet. Nach über zwanzig Jahren war der Tod meiner Mutter gesühnt. Und jetzt fühlte ich keine Zufriedenheit oder Genugtuung, sondern einfach nur eine Leere in mir. Rache war bisher mein einziger Lebensinhalt gewesen, und ich wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Aber ich hatte auch keine Lust, darüber nachzudenken. Erst mal musste ich wissen, was überhaupt in der Welt los war.

"Wissen Sie, Sie brauchen mir nicht zu danken, Potter. Sagen Sie mir nur, wie die Lage in der Zauberwelt ist und welche Rolle ich im Moment spiele, und dann bin ich zufrieden."

"Können Sie sich bitte erst entscheiden?"

Was wollte er?

"Wofür entscheiden?"

"Ob Sie mich nun Harry oder Potter nennen. Aber es würde mich freuen, wenn es bei Harry bliebe."

Es war mir gar nicht aufgefallen, dass ich ihn geduzt hatte, ich musste wirklich noch ziemlich mitgenommen sein.

"Solange du nicht verlangst, dass wir Freunde werden..."

Was sagte ich da? Hatte man mir irgendeinen Trank eingeflößt, dessen Wirkung ich nicht kannte?

"Nein, das wäre doch etwas zu viel des Guten, aber…"

Doch Harry schwieg und schüttelte den Kopf, als ob er den Gedanken, den er gerade hatte, verscheuchen wollte.

"Was für ein Aber…"

"Nichts… Sir."

Hatte ich jemals erwähnt, dass dieser Junge die Pest war? Frech und aufsässig. Und inzwischen wusste ich, dass er es von seiner Mutter und nicht von seinem Vater hatte. Und deswegen nervte es nicht mehr so sehr. Denn James war einfach nur selbstgefällig gewesen.

"Gut, Harry, wie du willst, aber hättest du ganz zufällig und wenn es dir überhaupt nichts ausmacht, die Güte, mir zu sagen, was das soll?"

Diesen zuckersüßen Ton kannte er. Denn soweit hatte er mich schon viel zu oft getrieben.

Abwehrend hob er seine Hände.

"Professor Snape, aber nicht doch. Ich werde Ihnen alles sagen. Es ist nur so schwierig, einen Anfang zu finden."

Dieses 'Professor' hörte sich aus seinem Mund so falsch an. Schließlich nannte ich ihn jetzt ja auch Harry.

"Serverus, bitteschön. Und solltest du meinen, diese Vertrautheit jemals in meinem Unterricht auszunutzen, dann wirst du die nächsten zwei Monate nicht wissen, wie du dein Pensum an Strafarbeit schaffst, das ich dir dafür aufbrummen werde."

"Dankeschön, ich weiß es zu würdigen. Aber das mit dem Unterricht hat sich wohl erledigt."

Jetzt war es an mir, ihn fragend anzuschauen.

"Ich fange wirklich am besten von vorne an. Als ich mit Ihnen, entschuldige, mit dir, gestern hier ankam, da wollten sie dich ohne große Diskussionen ins Verließ werfen und einfach vergessen. Sie dachten wirklich, dass du die Seiten gewechselt hattest."

Sie wollten wohl den Schlüssel wegwerfen und mich vergammeln lassen. Und es hörte sich gerade so an, als ob Harry mir schon immer vertraut hatte! Ich konnte nur mühsam ein Schnauben unterdrücken. Ich erinnerte mich da nur zu gut an diverse Ereignisse in den letzten Jahren.

Er musste wohl meine Gedanken erkannt haben.

"Auch wenn ich Sie… dich nicht gemocht hatte, im letzten Jahr ist mir klar geworden, dass du wirklich nicht zu Voldemort gehören konntest. Es fühlte sich einfach falsch an. Aber das gehört jetzt nicht zum Thema. Kann ich fortfahren?"

Ich nickte.

"Es kostete mich einige Mühe, ‚sie'", er hatte einen bitteren Unterton in der Stimme, "davon zu überzeugen, dass du unschuldig bist. Besser noch, dass ich ohne Ihre, deine Hilfe nicht in der Lage gewesen wäre, Voldemort zu besiegen. Man wollte mir einfach nicht glauben, schließlich gab es da ja noch diese dämliche Prophezeihung. Und da sich Voldemorts Körper in Luft aufgelöst hatte, nachdem ich den Kopf vom Rumpf getrennt hatte, gab es noch nicht mal einen Beweis dafür."

"Du hast sie aber überzeugt?"

Es war eine rhetorische Frage, denn sonst wäre ich jetzt tot oder was noch schlimmer wäre: lebendig begraben.

"Nein, auch als ich erzählte, dass ich Voldemort mit Gryffindors Schwert besiegen konnte, weil du seine Bewegungen mit einem ‚Stupor' verlangsamt hattest, glaubten ‚sie' mir nicht. Sie dachten, du hättest mich manipuliert. Verdammt!"

Harry war inzwischen aufgestanden und lief auf und ab.

"Es ist ja nicht das erste Mal, dass man mir nicht glaubt, ich hätte mich inzwischen daran gewöhnen müssen, aber es tut so weh."

Ja, das war 'Der-Junge-der-lebt': verbittert und viel zu hart für sein Alter. Merlin, er hatte in den letzten Tagen Menschen töten müssen. Und niemand in diesem Schloss hatte es scheinbar für nötig gehalten, sich um ihn zu kümmern.

Wieder schien Harry meine Gedanken zu erraten.

"Wenn Hermine nicht gewesen wäre… sie drängte alle anderen dazu, dass man dich erst medizinisch versorgt. Und dass sie dann anschließend munter weiter diskutieren konnten, statt zu handeln."

Es freute mich für Harry und ganz besonders auch für mich, dass Hermine überlebt hatte. Sie war nicht nur intelligent, nein, sie wusste ihr Wissen auch anzuwenden. Aber irgendwie wurmte es mich, jetzt in ihrer Schuld zu stehen.

Ein bitteres Lachen riss mich aus meinen Gedanken.

"Hermine war gar nicht nett zu ihnen. Sie bezeichnete alle als Herde, die ohne Leithammel kopflos durch die Gegend rennen würde und keine eigenen Entschlüsse fassen konnte."

Und Dumbledore war der Leithammel gewesen, ja, der Vergleich passte.

"Wer sind denn 'sie'?"

Harry wusste erstaunlicher Weise sofort, was ich meinte.

"McGonagall, sie ist jetzt die neue Direktorin, Professor Sinistra, Hagrid, Mad Eye Moody, Tonks, Remus Lupin und die überlebenden Sechst- und Siebtklässler."

"Nicht wirklich viele."

"Nein, nur wenige haben den Kampf überlebt. Und von den Schülern der beiden obersten Klassen haben auch nur fünfundzwanzig überlebt."

So wenige? Es war schlimmer, als ich gedacht hatte. Auch Harry war sich dessen bewusst.

"Der Sieg über Voldemort hat einen zu hohen Preis gefordert. Aber wo war ich stehen geblieben? Nachdem wir dich Poppy anvertraut hatten, gab es eine außerordentliche Sitzung des Ordens."

"Immer noch eine Hammelherde oder glichen sie jetzt gackernden Hühnern?"

Dieser Satz brachte Harry zum Grinsen, und er setzte sich wieder hin. Jetzt wirkte er wesentlich entspannter.

"Nein, sie waren überraschend vernünftig. Arthur Weasley hat man zum neuen Zaubereiminister bestimmt. Und erstaunlicher Weise hat er auch sofort an Ihre Unschuld geglaubt. Er hat veranlasst, dass du jetzt als freier Mann hier liegst."

Was wäre dieser Mann ohne seine Frau? Im Endeffekt hätte man direkt Molly zum Minister ernennen müssen.

"Ihm habe ich es zu verdanken, dass keine Auroren mit gezücktem Zauberstäben vor meinem Bett stehen?"

"Ja, und er wird dich bitten, wieder als Lehrer für Zaubertränke zu arbeiten, wenn Hogwarts nach den Ferien eröffnet wird."

Doch so wie Harry es ausgesprochen hatte, war da noch ein Haken.

"Und was verschweigst du mir?"

"Man hat mir angeboten, ‚Verteidigung gegen die dunklen Künste' zu unterrichten."

Bei dieser Antwort konnte er mir nicht in die Augen sehen. Stattdessen stand er auf, ging zum Fenster und blickte in die Dunkelheit.

Ich war erst einmal sprachlos. Nicht dass es mich überraschte, dass man mich übergangen hatte. Das war nichts Neues, doch dass Harry es mir erzählte, war schon eine Sensation.

"Und warum erzählst du es mir?"

"Weil ich der Meinung bin, dass du den Job bekommen sollst. Du hast wesentlich mehr Erfahrung und Voldemort jahrelang getrotzt. Ich dagegen... was habe ich denn in meinem Leben getan? Ich habe doch nur versucht zu überleben. Das habe ich auch McGonagall gesagt."

"Und? Wie hat sie reagiert?"

"Dass du als ehemaliger Todesser nicht wirklich tragbar für diese Stelle wärst."

Wieder war da dieser bittere Ton in der Stimme. Aber da war noch etwas, was mich viel mehr störte.

"Harry! Schau mich an."

Nach einem Augenblick drehte er sich um und kam näher, damit ich ihn ansehen konnte.

"Auch wenn ich dir das Leben gerettet habe, brauchst du meine Kämpfe nicht auszutragen. Ich bin alt genug, um das selber zu machen. Und es ist bestimmt nicht so, dass es mir an Schlagfertigkeit fehlt."

Er war einsichtig genug, dass er den Kopf senkte, um sein Grinsen zu verbergen. Und ich tat so, als ob ich es nicht mitbekommen hätte.

"Und was soll ich jetzt machen?"

"Wenn du dir sicher bist, dass du den Job möchtest, dann nimm ihn an. Ich will ihn nicht mehr. Ich habe in der letzten Zeit so viele Flüche eingesteckt, dass ich endgültig genug davon habe. Ich bin zufrieden damit, Zaubertränke zu unterrichten, da explodieren zwar Kessel, aber ich kann keine Flüche abbekommen."

Es war mir noch nicht bewusst gewesen, aber als ich es aussprach, wusste ich, dass es die Wahrheit war. Vielleicht war ich auch zu alt dafür.

"Ich weiß, dass ich kein Auror werden möchte. Ich will niemanden mehr töten. Und professionell Quidditch zu spielen, damit tausend Verehrerinnen um mich rumtanzen, ist auch nicht mein Ding."

Harry drehte sich wieder um und schaute aus dem Fenster. Kurz darauf sprach er weiter.

"Ich habe nie wirklich damit gerechnet, den letzten Kampf gegen Voldemort zu überleben. Mir ging es eigentlich darum, dafür zu sorgen, dass meine Freunde in Sicherheit sind. Und jetzt ist er noch keine vierundzwanzig Stunden tot und man will, dass ich über meine Zukunft entscheide. Das ist so unfair!"

Hatte der Junge nicht bei Gringotts ein Verließ mit mehr als genug Geld, um die nächsten Jahre unbesorgt leben zu können? Und warum erzählte er mir von seinen Zweifeln?

"Kann es sein, dass du hier bist, um dir einen Rat zu holen? Und warum glaubst du, dass du bei mir, ausgerechnet bei mir, Hilfe bekommst?"

Harry besaß die Unverschämtheit, sich noch nicht mal umzudrehen und nur mit den Schultern zu zucken.

"Es war ja einen Versuch wert. Ich wusste eben nicht, wen ich fragen sollte."

Danke, und da war ich die absolute Notlösung. Am liebsten hätte ich Harry für sein anmaßendes Verhalten Punkte abgezogen.

"Schön, dass Sie da an den Tränkemeister gedacht haben, der ja hilflos auf der Krankenstation liegt und nichts Besseres zu tun hat."

Dass ich ihn in diesem Moment nicht duzte, war eine bewusste Handlung. Denn mit so einer Handlung hatte er jedes Recht darauf verwirkt.

Auch Harry schien zu merken, dass der Fettnapf, in den er gerade getrampelt war, sehr groß war, und verteidigte sich

"So war das doch nicht gemeint. Ich hatte überlegt, Remus Lupin, Hermine oder Molly Weasley zu fragen. Aber sie sind nicht objektiv genug. Ich weiß jetzt schon, was sie sagen werden. Lupin wird mir empfehlen, Lehrer zu werden, Molly wird mir raten, eine Ausbildung zum Auror zu machen, und Hermine, tja, sie wird mir sagen, dass ich erst mal einen richtigen Abschluss machen soll, bevor ich über so was nachdenke."

Jetzt hatte er mich. Um mein Gesicht zu wahren, musste ich ihm tatsächlich einen Rat geben. Und den Fettnapf hatte er damit auch aus den Weg geräumt. Dieser gerissene Bengel!

"Willst du denn weiter lernen?"

Er schien überrascht, dass ich ihm die Frage stellte, und dachte einen Moment nach.

"Nein, ich habe im letzten Jahr so viele Sonderstunden gehabt, dass ich manchmal das Gefühl hatte, mein Kopf würde platzen. Wussten Sie, dass mir Dumbledore den Zeitumkehrer gegeben hatte?"

Das wusste ich nicht, aber es erklärte einiges.

"Du willst nicht kämpfen, hast keine Lust auf Groupies und vom Lernen hast du auch genug. Habe ich dich richtig verstanden?"

Gut, ich hatte es nicht nett formuliert. Aber ich wollte auch nicht nett sein, denn inzwischen waren die Schmerzen zurückgekehrt und auch mein Kopf fing wieder an zu dröhnen.

"Ja, das hast du. Wenn du es so formulierst, dann bleibt nur eine Möglichkeit offen..."

"Stimmt, Lehrer zu werden. Aber beruhig' dich, du bist nicht der erste, der diesen Beruf wählt, weil er nichts anderes kann."

Ich wartete darauf, dass er hoch ging oder einen biestigen Kommentar von sich gab, doch er tat es nicht. Stattdessen starrte er in die Dunkelheit.

"In DA hat es mir Spaß gemacht, den anderen beizubringen, wie man sich gegen Todesser verteidigt, und Lupin hat mir in meinem dritten Schuljahr gezeigt, wie man den Unterricht spannend gestalten kann. Es wäre wirklich eine Möglichkeit..."

Scheinbar hatte er nicht wirklich daran gedacht, Lehrer zu werden, und schien sich gerade mit dieser Vorstellung anzufreunden. Es lag mir auf der Zunge, ihm zu erzählen, dass pubertierende Mädchen viel schlimmer sein konnten als der schlimmste Groupie, aber ich unterließ es. Rache musste sein.

"Du weißt ja, dass es auf Hogwarts inzwischen eine Tradition gibt."

Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet, dass er sich umdrehte. Aber jetzt tat er es. Inzwischen kannte er mich gut genug, um zu wissen, dass er antworten musste, um von mir eine Information zu bekommen.

"Welche Tradition meinst du?"

Hermine hätte es gewusst, aber sie war auch ein Ausnahmetalent.

Ich merkte, dass ich die Unterhaltung beenden musste. Denn ich spürte, wie sehr mich das Sprechen anstrengte und ich immer schwächer wurde. Ich befürchtete, bald wieder Sterne zu sehen. Und mir tat einfach nur alles weh. Aber diese Blöße wollte ich mir nicht geben. Deswegen musste ich Harry abwimmeln.

"Dass es kein Verteidigungs-Lehrer länger als ein Jahr aushält. Es ist deine Entscheidung, ob du dieser Tradition folgst oder eine neue beginnst."

Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, doch bevor er antwortete, öffnete sich die Tür und Pomfrey kam ins Zimmer.

Sie hatte wohl weder erwartet, dass ich wach war, noch, dass Harry immer noch da war.

Wen sah sie jetzt strafender an?

Mir war es ehrlich gesagt egal. Ich kannte diese Miene und ignorierte sie. Und nahm mir fest vor, am nächsten Tag wieder in meine Räume zurückzukehren. Gleich, welche Konsequenzen Pomfrey mir androhte. Und wenn sich tausend Sterne um meinen Kopf drehten. In diesem Zimmer, das tagsüber viel zu hell war, würde ich nur eine Nacht schlafen.

Harry dagegen schien bei ihrem Eintreten um einige Zentimeter geschrumpft zu sein. Er hatte wohl ziemlichen Respekt vor ihr, kein Wunder, so oft, wie er schon bei ihr in Behandlung gewesen war.

"Harry, ich hatte Ihnen doch gesagt, dass Sie Professor Snape nur für fünf Minuten besuchen dürfen. Und jetzt, jetzt sind Sie fast eine halbe Stunde bei ihm geblieben. Bitte lassen Sie uns jetzt allein."

Und als der Bengel nicht zu reagieren schien, da schob sie noch ein energisches "Sofort!" hinterher. Es wirkte. Harry nickte mir nur kurz zu und war dann auch schon verschwunden. Wieso tat er das nicht bei mir? Einfach so, ohne große Diskussionen, meinen Anordnungen folgen? Aber es war ein Wunschtraum, einen fügsamen Harry zu kennen. Denn mit so einem Charakter hätte Voldemort ihn sehr schnell beseitigt.

"Und nun zu Ihnen, Serverus."

War da etwa ein Vorwurf in ihrer Stimme? Was konnte ich dafür, dass Harry mich die ganze Zeit belästigte?

Aber darum ging es nicht. Sie nahm aus den Weiten ihres Umhangs eine Flasche und einen Löffel. Die grünbraune Flüssigkeit, die sie mir anschließend zum Einnehmen unter meine empfindliche Nase hielt, stank bestialisch. Nun, leider musste es so stinken. Es war meine Spezialkreation, die die Schäden der ‚Unverzeihlichen' stark linderte. Und genau das, was mein Körper jetzt brauchte. Ohne zu zögern nahm ich ihr den Löffel ab und schluckte den Trank runter. Ich schaffte es sogar, die Ekelschauer zu unterdrücken, und gab Pomfrey den Löffel zurück, ohne dass meine Hand zitterte.

"Müssen Sie wieder diese Spielchen spielen, Serverus?"

Oh, wie hasste ich diesen leicht vorwurfsvollen Ton.

"Mir brauchen Sie nicht vorzuspielen, wie stark Sie schon sind. Ich habe Sie gestern untersucht und weiß, wie viele Flüche man Ihnen in den letzten Tagen angehext hat. Es ist ein Wunder, dass sie noch leben. Und eigentlich hätten Sie bei den Schmerzen, die Sie überstanden haben, wahnsinnig werden müssen. Wussten Sie das?"

Nun, bei ihrem Tonfall war ich nahe daran, wahnsinnig zu werden. Und wenn ich nicht so schwach gewesen wäre, dann hätte ich garantiert eine entsprechende Antwort gegeben. Stattdessen fühlte ich, wie ich auf ein Mal unheimlich müde wurde und mir fast die Augen zufielen. Kein Wunder bei dem Trank.

In dem Moment war es mir auch egal, dass sich Pomfrey an meiner Bettwäsche zu schaffen machte. Ich wollte nur noch schlafen.

Meine letzten Gedanken galten Harry. Nicht dass ich den Jungen jetzt mochte, er war immer noch eine Plage. Aber zuzuschauen, wie er sich als Lehrer machte, würde mein Leben bestimmt interessanter machen. Wie hieß noch mal der asiatische Fluch? ‚Mögest du in interessanten Zeiten leben'. Ich war wohl verflucht, aber da die schlimmsten Zeiten vorbei waren, war es immer noch besser, als vor Langeweile zu sterben.

Und dann, dann schlief ich ein und träumte von einer Zukunft ohne Voldemort.

Fin