2. Dezember

## She was beat incomplete
She'd been had
She was sad and blue
But you made her feel
Yes you made her feel
Shiny and new ##

Madonna/Moulin Rouge – Like a Virgin

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„Alfred!"

Chagal stampfte ungehalten durch den Schlossflur. Alfred und Professor Abronsius drehten sich zu ihm um.

„Wisst ihr, wo Magda ist?" Chagal wirkte nicht besorgt sondern stocksauer.

Die beiden Männer wussten genau wo Magda sich befand: Sie, Rebecca und Sarah bereiteten als Überraschung für den dicken Wirt eine Torte für dessen einjährigen Todestag vor (was bei Vampiren etwas ähnliches wie ein Geburtstag war).

Zu gerne hätte Alfred dem wütenden Vater seiner ehemaligen Flamme gesagt, wo sich dessen Geliebte befand, aber Rebecca hatte ihm mit ihrer Salami gedroht. „Mach irgendwas, wenn er dich fragt, aber verrate bloß nichts!" Auch Magda hatte ihn um strengste Geheimhaltung gebeten. „Wenn nötig, sing irgendwas! Aber für mich und Yoine ist das auch gleichzeitig so etwas wie ein Jubiläum, weil wir uns da erst angefangen haben, uns gegenseitig richtig zu mögen."

„Wir waren verabredet", erklärte Chagal schnaubend. „Und sie ist nicht da! Wahrscheinlich ist sie ganz versehentlich mit einem anderen Mann zusammengestoßen", fügte er –ganz klar eifersüchtig – hinzu. „Dabei ist heute unser einjähriges Jubiläum." Mit einem mal sah er ganz traurig aus.

„Sie… sie… sie ist beichten gegangen", ließ sich der Professor von seinem Sprachgefühl leiten.

Alfred starrte seinen Mentor entsetzt an.

„Beichten?!" Was auch immer Chagal erwartet hatte – das war es nicht gewesen.

„Sie… sie hatte plötzlich den Drang, einem Priester ihre Sünden anzuvertrauen…"

„WAS?!" Chagal war sprachlos. Das war ja nun überhaupt nicht Magdas Art. Seit wann machten ihr denn kleine Sünden etwas aus?

„Nun ja…" Endlich fand auch Alfred die Sprache wieder. "Sie… sieht diese Nacht als ihre Hochzeitsnacht an…", sagte er, in Erinnerung an Magdas 'Wenn nötig, sing irgendwas'. Er wollte um Gottes Willen nicht singen, also griff er auf ein Zitat aus einem Film zurück, den er mal bei einem Studentenvideoabend gesehen hatte.

„Ihre Hochzeitsnacht?", fragte Chagal schwach und fragte sich gleichzeitig ernsthaft, ob jemand den beiden irgendetwas ins Essen gemischt haben könnte.

Der Professor schien ebenfalls auf diesem Videoabend gewesen zu sein, denn er begriff, worauf sein Student hinauswollte und fuhr in leicht abgeänderter Weise fort.

„Weil es doch euer Jubiläum ist. Sie sagte…" Er beugte sich zu Chagals Ohr vor. "Sie sagte, sie fühlt sich in deiner Gegenwart…" Er zögere kurz. „… wie eine Jungfrau."

Chagal war zu überrascht um fassungslos zu sein. Erstens, dass sich Magda ausgerechnet in seiner Gegenwart wie eine Jungfrau fühlen sollte – und zweitens, diese Nachricht von dem sonst so logisch denkenden Professor zu hören - das war einfach Absurd. „Jungfrau?!"

„Du weißt schon… zum ersten mal berührt. Sie sagt, es fühlt sich sooo gut an, wenn du sie im Arm hältst und berührst…"

„Wie eine Jungfrau?!" Die Fassungslosigkeit war nun doch zu Chagal vorgedrungen zu sein. Stand der Professor etwa unter Drogen? Hatte der Graf zu viel Zucker in die Weihnachtsschokolade füllen lassen?? Aber es kam noch schlimmer. Denn…

Alfred konnte nicht wieder stehen. Er fing erst an zu singen, dann zu sprechen:

„She's made it through the wilderness somehow
She made it though
She didn't know how lost she was
Until she found you."

Herbert bog um die Ecke. Und als er die letzte Zeile hörte, wusste er genau, welches Lied sein Alfi da zitierte. Zusammenhanglos trällerte er die nächste Strophe, ohne zu wissen, warum sein Angebeteter etwas für ihn so untypisches tat.

„She was beat incomplete
She'd been had
She was sad and blue
But you made her feel
Yes you made her feel
Shiny and new."

"Like a virgin", schmetterte Abronsius und began, um Chagal herum zu tänzeln."

„Touched for the very first time
Like a virgin
When your heart beats close in time"

"Gonna give you all her love
Her fear is fading fast
She's saving it all for you
Only love can last", sangen Herbert und Alfred und sprangen zwei mal um den dicken Wirt herum.

Der Gesang hatte inzwischen auch drei andere Vampire angelockt: Graf von Krolock, seinen Schwager Jonathan von Catine und den Teen-Vampir Julian Toulus Delius. Die drei wussten –durch Julians Informationsnetz - ebenfalls von der Überraschungsaktion der Frauen – im Gegensatz zu Herbert, der immer noch nur zum Spaß mittollte.

„She's so fine and she's thine", gab eben dieser gerade von sich.

„She'll be yours 'till the end of time", trällerte Alfred hinterher.

"Cause you made her feel, yes, you made her feel, she has nothing to hide", trötete Abronsius und lachte vergnügt.

"Like a virgin", rief Jonathan begeistert, als er das Lied erkannte.

„Touched for the very first time…", ergänzte der Graf und dachte dabei an seine Sarah.

„Like a virgin. When your hearts beat, both in time", taten sich nun Alfred, Herbert und Julian zusammen und begannen – nicht gerade passend – im Takt Cancan zu tanzen.

„Like a virgin", zwitscherte der Professor, griff sich eine Tischdecke von einer antik aussehenden Kommode und schlang sie sich ums Haupt, sodass es aussah wie ein Kopftuch.

„Feels so good inside", säuselte er dabei.

„When you hold her, and you touch her", riefen von Krolock und Jonathan mehr als dass sie sangen.

Alfred und Julian stülpten Herbert zwei Kränze rotten, flatternden Lametta über das silberne Haar.

Da endlich reagierte Chagal – von dem ganzen Gesinge irritiert dachte er beim Anblick des Grafensohnes an Magda und stürzte auf ihn zu.

„Ah", kreischte dieser entsetzt, als Chagal kurz davor war, ihn zu umarmen.

Nach einem kurzen Katz- und- Maus- Spiel packten von krolock und Abronsius den dicken Wirt an den Schultern, schleiften in das nächst beste Zimmer und drückten ihn dort in einen Haufen Kissen.

Alfred, Julian und Jonathan liefen mit einem sich das Lametta vom Kopf rupfenden Herbert im Schlepptau hinterher.

Als sie im Zimmer ankamen, hatte Chagal das Lied wieder aufgenommen.

„She's so fine and she's mine. Makes me strong, yes she makes me bold
Now her love thawed out, yes, her love thawed out. What was scared and cold.", sang er, rappelte sich wieder auf die Beine und stützte sich an Professor Abronsius ab, der immer noch die Tischdecke trug.

„Like a virgin", kreischte dieser und betete, dass er ihn weder mit Magda noch mit Herbert verwechseln würde – denn aus dem Klammergriff des dicken Wirtes konnte er sich nicht entwinden.

„Touched fort he very first time", ergänzten Alfred, Herbert und Julian.

"Like a virgin, when our hearts beat both in time", trällerten Graf von Krolock und Jonathan und dachten dabei beide an ihre Frauen.

Die jungen Männer, Abronsius und Chagal setzten nun zum Finale an: Sie sangen, tanzten und hüpften gleichzeitig.

„Like a virgin, feels so good inside.

When you hold her, and you touch her, when you hold her, and you touch her."

Julian und Herbert setzten wieder zum Cancan an, Alfred, Jonathan, Abronsius, von Krolock und Chagal erhoben die Stimmen.

„LIKE A VIRGIN!"

Stille.

"Äääh, ja…", kam es von der Tür.

Die Männer hoben die Köpfe – und Chagal, Graf von Krolock und Alfred wären am liebsten im Erdboden versunken.

Im Türrahmen standen Sarah und Magda, Magda hielt einen riesigen Kuchen im Arm, auf dem mit Zuckerguss „Herzlichen Glückwunsch zum 1-jährigen" geschrieben stand.

„Sarah, ich glaube die Weinachtskalenderschokolade ist manipuliert", stellte die junge Magd angesichts ihres zerzausten Geliebten, des glitzernden Herberts, des knallroten Grafen (sah man ja auch nicht alle Tage) und des verhüllten Professors fest.

„Fröhliche Weihnachten", presste Sarah lachend heraus.

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Und, habt ihr die Filmszene erkannt? 