Date: 16. Dezember

Author: Chrissi (Lyrikerin)

Category: Short Story

Characters/Pairing: Hermione/Ginny

Genre: Tragedy/Romance

Rating: PG

A/N: Ok, das hier ist mein Beitrag zum AK 2004 und wie immer ist es natürlich eine furchtbar tragische Geschichte hust Ich kann irgendwie nichts weihnachtlich-fröhliches schreiben…egal. Inspiriert von ASP's „Und wir tanzten" (siehe Titel lol), aber nur zu Anfang, dann hat es sich vollkommen anders entwickelt. Wenn jemand mit dem Pairing ein Problem hat, was ich nicht hoffe, tut es mir leid, aber ich gebe zu, ich mag es

Ginny könnte etwas OOC sein warnt mal lieber vor


Und wir tanzten

Hermione fluchte, als sie, den Arm voller Einkaufstüten, eine Weile vergeblich versuchte ihre Wohnungstür aufzuschließen und ihr der Schlüssel schließlich aus den Fingern glitt und zu Boden fiel. „Verdammt!"

Seufzend setzte sie die Tüten ab, griff nach dem Schlüssel und öffnete die Tür, was sich mit so klammen Händen, wie sie sie nach gut drei Stunden einkaufen hatte, als schwierig herausstellte. Im Innern der Wohnung war es kalt, leer und ungemütlich. Unwillkürlich verlangsamte Hermione ihren Schritt, als sie durch den Flur zur Küche ging und ihre Last auf dem Tisch abstellte. Ron war noch im Ministerium, seit Wochen machte er tagtäglich Überstunden und Hermione bekam ihn höchstens morgens noch zu sehen, wenn sie gewillt war ebenso früh wie er aufzustehen.

Gedankenversunken begann sie den Inhalt der Tüten auf dem Tisch und den Ablageflächen zu verteilen, dabei wanderte ihr Blick immer wieder zum Fenster, hinter dem sich ein grauer, mit Wolken verhangener Himmel offenbarte, der sich noch immer beharrlich weigerte die Welt unter sich in strahlendes Weiß zu betten. Im Gegensatz zu ihren Freunden, die sich bitter darüber beklagten, kümmerte Hermione sich nicht darum, sie war ehrlich gesagt froh, dass wenigstens der Schnee als Vorbote für Weihnachten dieses Jahr so lange auf sich warten ließ. Überhaupt hätte sie einiges dafür gegeben, um sowohl die Tage vor dem Fest als auch dieses selbst aus ihrem Kalender streichen zu können und sich sofort in das neue Jahr zu stürzen, in der Hoffnung endlich zu vergessen.

Doch das versuchte sie seit nun fast einem Jahr vergeblich und noch immer kehrten Erinnerungen und Bilder an ihr letztes Weihnachtsfest zurück. Es hatte mitten im Krieg stattgefunden und war dementsprechend bescheiden und still ausgefallen. Beinahe jeder in der Widerstandsgruppe, die sich in Hogwarts versammelt hatte, um effektiv gegen das Regime des dunklen Lords vorzugehen, hatte ein Familienmitglieder oder einen Freund zu betrauern und die ständig eintreffenden Schreckensnachrichten hatte jede Weihnachtsstimmung im Keim erstickt. Ein trauriges Lächeln erschien auf Hermiones Gesicht, es war trotz allem, trotz des Krieges und des Terrors ihr schönstes Weihnachtsfest gewesen, und all das wegen ihr.

Noch immer war ihre Erinnerung an diese Nacht, in der sie und Ginny sich heimlich aus der Großen Halle davongestohlen hatten und einige Stunden lang vergessen hatten, woran man doch immer wieder erinnert wurde, so klar, als wäre es erst ein paar Tage oder Wochen her. Hermione schloss die Augen, als die kleine Lichtung wieder vor ihrem geistigen Auge auftauchte und mit ihr die Sehnsucht und Verzweiflung, die unabänderlich mit ihr verbunden waren. Wie immer, wenn sie an Ginny und die wenigen Wochen des Glücks, die sie mit ihr verbracht hatte, zurückdachte, wurde ihre Umgebung unscharf und irgendwann völlig aus ihrem Bewusstsein verdrängt. Dann stand sie Ginny wieder gegenüber, sah die kleinen, leichten Schneeflocken, die sich sanft auf ihre roten Locken setzten und ihr Lächeln, das gleichzeitig von Zuneigung und Traurigkeit geprägt war und Hermione zwar all das Leid, aber auch die schönen, kurzen Moment zeigte, die sie beide in den letzten Wochen erfahren hatten. Die Momente der Zweisamkeit, in denen sie zu einem wurden und auch ohne Musik einen gemeinsamen Rhythmus fanden, der sie von all dem Schmerz wegtrug.

Unwirsch schüttelte Hermione den Kopf und fuhr fort die Sachen wegzuräumen. Es war höchstens schmerzvoll und aufreibend wieder daran zu denken und es stellte ihre Beziehung zu Ron auf eine harte Probe.

Ron.

Hermione seufzte erneut und ließ eine Packung Spekulatius sinken. Ihre Heirat war eine überstürzte Aktion gewesen, die zwar viele ihrer Freunde verwirrt, aber nicht überrascht hatte. Monatelang hatte Ron sich um Hermione bemüht, nicht ahnend, dass diese nicht ihn, sondern seine Schwester liebte und auf eine gemeinsame Zukunft mit ihr hoffte. Hermione hatte nie den Mut gehabt ihm davon zu erzählen, auch nach ihrer Heirat nicht, die kurz nach Ginnys Tod erfolgt war. Ron hatte sie gebraucht, einen Halt in seinem plötzlich wankenden Leben und sie selbst hatte Ginny vergessen wollen, anstatt den Rest ihres Lebens jemandem nachzutrauern, der ihr nie wirklich gehört hatte.

Nach der misslungen Befreiungsaktion von ein paar Ministeriumsangestellten, bei der Ginny und vier weitere Mitglieder ihr Leben ließen, hatte Hermione begonnen über die Beziehung zwischen ihr und Ginny nachzudenken und einsehen müssen, dass es niemals, egal, ob es von ihrer Umgebung toleriert worden wäre oder nicht, zu etwas wirklich Ernsthaftem hätte werden können. Erst als Ginny fort war und ihre Nächte einsam, kalt und zu einer Aneinanderreihung von Erinnerungen wurden, konnte Hermione die letzten Wochen in einem objektiveren Licht sehen.

Die immer präsente Verletztheit, wenn Ginny sie tagsüber geflissentlich ignorierte, stets drauf bedacht Anspielungen im Keim zu ersticken und sie wie jeden anderen auch behandelte. Obwohl Hermione klar war, dass es ihnen allein durch diese kühle Nichtachtung Ginnys gelungen war ihre Beziehung geheim zu halten, hatte sie sich oftmals betrogen gefühlt und sehr viel seltener auch eine leise Wut auf ihre Geliebte verspürt. Doch niemals hätte sie die Kraft dazu gehabt es von sich aus zu beenden. Ginny war ihr Anker geworden, der ihr nachts Kraft gab den morgigen Tag zu überstehen, sie war diejenige, um die alle Gedanken Hermiones kreisten, wenn sie versuchte in einem der Aufträge ihr Leben zu retten und Hermione hatte sich zu dieser Zeit ein Leben ohne sie nicht vorstellen können.

Das hatte sich geändert, auch wenn sie die ersten Wochen nicht ohne Ron und Harry überstanden hätte. Die beiden ahnten nichts von Hermiones Schmerz, der so viel tiefer ging als ihr eigener, und halfen ihr dadurch ihn in sich einzuschließen, zu verhindern, dass er an die Oberfläche drang und sie zerstörte. Gemeinsam mit Ron hatte sie die ersten Nächte verbracht, hatte sich von ihm wiegen lassen, wenn Albträume ihr Bewusstsein beherrschten und das Verlangen und die Sehnsucht nach seiner Schwester drohten überhand zu nehmen. Dennoch hatte sie einen großen Teil ihrer Liebe und Lebensfreude eingebüßt, hatte ihn gemeinsam mit Ginny an die dunkle, feuchte Erde abgetreten. Ebenso besaß sie nicht länger die Kraft, die sie zu einer ernstzunehmenden Gegnerin gemacht hatte, in den Momenten, wo sie ihren Widersachern gegenüber gestanden hatte, schwand sie immer weiter dahin, ließ sie schwach und ängstlich zurück. Dumbledore hatte bald darauf reagiert und sie schweigend und so unauffällig wie möglich immer weiter aus den Aktionen herausgegliedert. Stattdessen hatte Hermione eine Ausbildung als Heilerin begonnen, die Verantwortung im Krankenflügel übernommen und in diese Aufgabe alles gelegt, was ihr geblieben war.

Wieder glitt Hermiones Blick zum Fenster und nachdem sie ein paar Sekunden gedanklich weit weg auf die graue, mit Autos und Menschen überfüllte Straße geblickt hatte, erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht, das beinahe als echt hätte durchgehen können. Sie ließ die Einkäufe liegen, ging mit raschen, bestimmten Schritten ins Schlafzimmer und zog ihren Reiseumhang hervor, der seit Wochen unbenutzt im Schrank gelegen hatte.

Nur wenige Minuten später huschte eine kleine Gestalt mit einem Besen in der Hand unerkannt durch die Gassen Londons, blickte sich immer wieder suchend um und erhob sich schließlich in einem unglaublichen Tempo hinauf in den grauen Himmel.

Hermione wusste nicht, was sie so plötzlich dazu bewegt hatte diesen Schritt zu unternehmen, doch es war ihr im Moment auch ziemlich egal, unbeirrt flog sie weiter Richtung Hogwarts und ließ den scharfen, kalten Wind die Tränen, die ihre Wangen ungehindert hinab rannen, fortwehen. Die Welt unter ihr verschwamm bei dem hohen Tempo, das sie flog, wurde unwesentlich und aus ihrem Bewusstsein verdrängt. Das klare Bild der kleinen Lichtung, wo sie mit ihr getanzt hatte und wo sie schließlich ihre letzte Ruhe gefunden hatte, stand ihr dagegen so klar und deutlich vor Augen, dass es ihr vorkam, als müsse sie ihren Besen gar nicht lenken, als wüsste er von selbst, was ihr Ziel war.

Die Stunden vergingen und langsam legte sich die Dunkelheit über das Land, ein runder Mond erschien am Nachthimmel und als die ersten Schneeflocken zu fallen begannen, hatte Hermione ihr Ziel beinahe erreicht. Das hell erleuchtete Schloss tauchte vor ihr auf, doch Hermione würdigte es nicht mit einem einzigen Blick, sondern hielt schnurgerade auf den Wald zu, der sich im Dunklen kaum mehr von den Ländereien abhob.

Achtlos ließ sie ihren Besen auf der in kaltes Mondlicht getauchten Wiese liegen und lief mit langen Schritten in den Wald hinein. Ihre Füße fanden den Weg von allein, wichen Wurzeln, Steinen und Löchern so geschickt aus, als würden sie diesen Weg jeden Tag laufen. Nun, das waren sie damals auch und Hermione hatte keine der Nächte vergessen, in denen sie diesen Weg entlang gerannt war, immer wissend, dass Ginny bereits auf sie warten würde. So war es immer gewesen.

Doch als sie jetzt die kleine Lichtung erreichte, war sie leer. Obwohl sie es natürlich gewusst hatte, versetzte es Hermione einen Stich und unwillkürlich glitt ihr Blick zu jenem Baumstamm hinüber, auf dem Ginny sie jedes Mal erwartet hatte. Er war verrottet, an mehreren Stellen auseinander gebrochen und nur die kleinen, hellen Striche im Holz verrieten ihr, dass sie sich nicht täuschte. Langsam ging sie auf den Stamm zu, kniete sich davor und fuhr mit den Fingerspitzen über die eingeritzten Initialen. Ein Unwissender, der ihre Geschichte nicht kannte, hätte sie wahrscheinlich nicht mehr als G und H erkannt, doch Hermione kannte jede kleine Unebenheit, jeden dunklen Fleck auf dem hellen Holz so genau, dass sie es mit geschlossenen Augen hätte nachmalen können.

Es war vollkommen ruhig im Wald, die sonst üblichen Geräusche waren verstummt und machten vor der Lichtung halt. Hermiones Blick wanderte über die Lichtung, erkannte alles wieder und rief noch mehr Erinnerungen hervor, bis er an einer Grasstelle hängen blieb. Sie hob sich durch nichts vom Boden ab, doch Hermione erkannte die Stelle, hatte in so wenigen Tagen so oft davor gehockt, dass sie sich für immer in ihr Gedächtnis gebrannt hatte.

Langsam erhob sie sich, ging zu ihr herüber und blieb davor stehen. Unter diesem Fleck Erde lag ihre Hoffnung, ihre Liebe, ihr Leben und wurde langsam von den Bewohnern des Bodens aufgefressen. Sie kniete sich hin, strich zärtlich mit den Finger über die wenigen Grashalme, die dem Winter trotzten, und starrte so lange unbewegt auf die Fläche, bis ihre Augen zu tränen begannen und sie blinzeln musste.

„Warum bist du gegangen?"

Ihre Stimme war ein heiseres Wispern, ihr rascher Atem stieg in weißen Wölkchen vor ihr auf und Hermione begann zu zittern, während unzählige Tränen über ihre kalten Wangen liefen. Gedanken wirbelten rasend schnell durch ihren Kopf, verwirrten sie, ließen sie Kontrolle über ihr Tun und Denken verlieren und eine plötzliche, unbändige Wut verdrängte die Trauer.

„Du hast niemals mich gesehen, sondern nur Hermione, deine Freundin, die dich vergessen ließ, die dir das gab, was du wolltest und brauchtest, die dir alles von sich gegeben hätte. Und der du nie genug zurückgeben hast."

Ein Stein flog gegen einen Baum, schreckte einige Vögel auf, die aufgeregt emporstiegen und verschwanden.

„Du hast mich niemals so behandelt, wie ich es verdient hätte, wie ich es mir gewünscht habe. Du hast an dich gedacht, an deine Stellung, an Konsequenzen, an Folgen und niemals an mich. Du hast gewusst, dass ich dich zu sehr brauchte, um dich jemals verlassen zu können und dass ich dir niemals hätte sagen können, wie sehr du mich in der ganzen Zeit verletzt hast."

Einen Haufen Erde regnete auf das Gras, ließ die kleinen Halme umknicken.

„In jedem der Momente, wo du mich ignoriert hast, wo du mich wie jeden anderen behandeltest und mich daran zweifeln ließest, ob du und die Frau, die ich nachts liebte, wirkliche eine Person waren. Oder die Ungewissheit, ob du hier sein würdest, ob du mich auffangen und halten würdest, wenn ich immer wieder falle. Ich habe es ertragen, habe mir immer wieder gesagt, dass es besser wird, dass es sich ändern würde, wenn dieser ganze Krieg erst vorbei wäre, dass er dich zu dem gemacht hätte und ich in dir wieder die Person hervorholen könne, in die ich mich damals verliebt habe. Und du? Du verschwindest, lässt mich allein!"

Hermiones Stimme wurde immer lauter, hallte auf der Lichtung mit all der Wut und dem Schmerz wider, den sie monatelang in sich vergraben und ignoriert hatte, und wurde immer wieder von heftigen Weinkrämpfen unterbrochen. Ihr Körper zitterte, sackte in sich zusammen und ihre Stimme erstarb zu einem kaum mehr hörbaren Flüstern.

„Du hast meine Liebe nicht verdient, niemals. Und niemand wird mich je wieder verletzen…niemals."

Ein paar Sekunden verharrte der Körper zuckend, dann wurde er reglos und die Stille kehrte zurück.

Als Hermione sich erhob, die Tränen abwischte und ihren Umhang zurecht zog, erschien ein Lächeln auf ihrem Gesicht, trotz der Tränenspuren, das seit Ginnys Tod zum ersten Mal ihre Augen erreichte. Mit langsamen, aber bestimmten Schritten verließ sie den Wald und trat hinaus auf die mittlerweile mit Schnee bedeckte Wiese.

Noch immer fühlte sie sich, als wäre mit Ginny ein Teil von ihr gegangen, doch die Gewissheit, dass es zwar schmerzte, aber letztendlich eine Erleichterung für sie dargestellt hatte, hatte ihr geholfen den entscheidenden Schritt zu tun und endlich ein neues Leben zu beginnen. Hermione griff nach ihrem Besen, warf einen letzten Blick zurück auf den Wald und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht, bevor sie auf den Besen stieg und Hogwarts hinter sich zurückließ.